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Divers III: Die mündliche Anklage im beschleunigten Verfahren, oder: Was ist in der HV passiert?

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Und als dritte und letzte Entscheidung dann nochder LG Bochum, Beschl. v. 31.03.2021 – 17 Ns 45/20. Ergangen ist er im Berufungsverfahren in einem beschleunigten Verfahren. Das LG hat das Verfahren eingestellt:

„Der Durchführung des Berufungsverfahrens steht ein Verfahrenshindernis entgegen, das — auch in zweiter Instanz — zur Einstellung des Verfahrens nach § 206a StPO führt (vgl. BGH NStZ 1997, 331, 332 m.w.N.). Es fehlt an einer ordnungsgemäßen Anklageerhebung gemäß § 418 Abs. 3 i.V.m. §§ 199, 200 StPO.

Im beschleunigten Verfahren erfolgt die Anklageerhebung entweder durch Einreichung einer Anklageschrift oder mündlich zu Beginn der Hauptverhandlung (§ 418 Abs. 3 StPO), wobei die mündliche Anklageerhebung nicht dazu führt, dass die Voraussetzungen des § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO hinsichtlich des Anklagesatzes nicht gelten würden. Die mündliche Anklageerhebung ist ebenso wie die Verlesung des Anklagesatzes nach § 273 Abs. 1 StPO als wesentliche Förmlichkeit in das Hauptverhandlungsprotokoll aufzunehmen, wobei nach § 418 Abs. 3 Satz 2 StPO der wesentliche Inhalt der Anklage in das Protokoll aufzunehmen ist, d.h. der den Anforderungen des § 200 Abs. 1 Satz 1 entsprechende (abstrakte und konkrete) Anklagesatz (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 19. Oktober 2000 — 3 Ss 346/00 —, juris; Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 18. August 2011 — 3 – 16/11 (REV) juris; LG Köln, Beschluss vom 31. Januar 2002 — 152 – 20/01 —, juris; KK-StPO/Graf, 8. Aufl. 2019, StPO § 418 Rn. 8). Der Beweis darüber, dass mündlich Anklage erhoben worden ist und welchen wesentlichen Inhalt sie hat, kann als wesentliche Förmlichkeit der Hauptverhandlung nach § 274 StPO nur durch die Sitzungsniederschrift bewiesen werden (vgl. KK-StPO/Graf, a.a.O.).

Aus dem Hauptverhandlungsprotokoll ergibt sich weder eine schriftliche Anklage noch ein ihr gleichkommender Antrag auf Aburteilung im beschleunigten Verfahren noch eine wirksame mündliche Anklageerhebung. Die Anforderungen an die Aufnahme des wesentlichen Inhalts der Anklage in das Sitzungsprotokoll nach § 274 StPO sind nicht erfüllt. Im Hauptverhandlungsprotokoll heißt es: „Die Staatsanwaltschaft klagte den Beschuldigten an, am 21.09.2020 in Recklinghausen eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht weggenommen zu haben, die Sache sich rechtswidrig zuzueignen. Verbrechen — Vergehen nach § 242 Abs. 1 StGB.“ Jegliche weitere Konkretisierung des Vorwurfs fehlt. Es fehlt auch jegliche Bezugnahme auf den bei den Akten befindlichen — nicht unterzeichneten —Antrag auf Entscheidung im beschleunigten Verfahren. Ein derartiger schriftlicher Antrag wird im Hauptverhandlungsprotokoll nicht erwähnt und ist auch nicht als Anlage zu Protokoll genommen worden. Der Inhalt des Antrags muss aber nach § 418 Abs. 3 Satz 2 StPO der Sitzungsniederschrift selbst zu entnehmen sein (vgl. Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, a.a.O. m.w.N.). Umstände, die zum Wegfall der Beweiskraft des Protokolls führen könnten, sind nicht ersichtlich.“

StPO I: Rückwirkende Bestellung des Pflichtverteidigers, oder: Eine kleine Rechtsprechungsübersicht

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Ich stelle heute dann StPO-Entscheidungen vor, und zwar vornehmlich Pflichtverteidigungsentscheidungen vor. Da hat sich in den letzten Wochen einiges angesammelt, was mir die Kollegen geschickt haben. Allen besten Dank.

Zunächst kommen Entscheidungen zur Frage der rückwirkenden Beiordnung. Da es so viel ist, mache ich hier mal nur eine kleine Rechtsprechungsübersicht. Unterteilt in: „Pro“ und „Contra“.

Ja, inzwischen gibt es einige Entscheidungen, die entgegen der wohl h.M. die rückwirkende Bestellung ablehnen. Teilweise hat man zumindest den Versuch einer Begründung unternommn, die sich aber letztlich immer nur auf das Argument: „Pflichtverteidigung dient nicht dem Kosteninteresse des Verteidigers“ zurückzieht. Und dann wird häufig auch nur alte Rechtsprechung bzw. Rechtsprechung zum neuen Recht zitiert, die sich selbst dann nur auf alte Rechtsprechung bezieht. Nicht so toll. Wenn man schon ablehnt, sollte man es vielleicht mal mit neuen Argumenten versuchen und nicht nur das Mantra der OLG zum alten Recht wiederholen.

Hier dann also:

Pro rückwirkende Bestellung

Contra rückwirkende Bestellung

Einziehung II: Nix mehr da vom „Erlangten“, oder: Absehen von der Vollstreckung

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Bei der zweiten Entscheidung, die ich vorstelle, handelt es sich um den LG Bochum, Beschl. v. 24.4.2020 – 12 KLs 6/19 -, den mir der Kollege Düllberg aus Bochum geschickt hat. In ihm hat das LG über das Absehen von der Vollstreckung einer Einziehungsentscheidung entschieden:

Zum Sachverhalt und zu den Gründen;

Die Kammer hat den Angeklagten mit inzwischen rechtskräftigem Urteil vom 23.04.2019 wegen Untreue in 75 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt (Az. 12 KLs-450 Js 18/16-5/18),

Nach den Urteilsfeststellungen entnahm der Angeklagte in der Zeit vom 12.01.2015 bis zum 18.07.2016 einen Betrag in Höhe von 165.363,65 EUR aus dem Vermögen des Vereins pp. e.V.“, kurz „pp. als dessen alleiniges Vorstandsmitglied und 1. Vorsitzender der Angeklagte fungierte, um das Geld für sich und seinen Lebensunterhalt zu verwenden. Bei diesen Geldern handelte es sich um Fördergelder, die dem Verein aus dem Grunde zuflossen, weil die Fördermitglieder von einer zweckgemäßen Verwendung – der Förderung und Unterstützung bedürftiger Menschen – ausgingen. Dem Angeklagten war spätestens Ende 2014 bewusst, dass angesichts der Kosten für die Verwaltung, Telefon, Miete, Fahrzeuge und Gehälter eine finanzielle Unterstützung gemeinnütziger Projekte im Sinne des Vereinszwecks nicht mehr möglich war. Vielmehr war ihm daran gelegen, sich letztendlich selbst zu verwirklichen.

Durch Beschluss vom 24.03.2017 eröffnete das Amtsgericht Bochum (pp..) wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung über das Vermögen des „pp.“ das Insolvenzverfahren. Der Verein ist inzwischen aufgelöst.

Zum Zeitpunkt seiner Verurteilung hatte der Angeklagte Schulden beim Finanzamt in nicht näher aufklärbarer Höhe. Ferner gab er zum wiederholten Male – letztmalig feststellbar am 16.08.2016 – eine eidesstattliche Versicherung ab. Seit dem Scheitern seiner letzten selbstständigen Tätigkeit im Jahr 2016 lebt er von staatlichen Unterstützungsleistungen nach dem SGB II.

Wegen der der weiteren Feststellungen zur Person des Angeklagten sowie zur Sache wird Bezug genommen auf das Urteil der Kammer vom 23.04.2019.

Im Rahmen des Hauptverhandlungstermins vom 10.04.2019 hat die Kammer beschlossen, u.a. das Verfahren über die Einziehung des Taterlangten bzw. des Wertes des Taterlangten zur gesonderten Verhandlung und Entscheidung nach Maßgabe der §§ 422, 423 StPO abzutrennen (Az. 12 KLs-450 Js 18/16-6/19).

Mit rechtskräftigem. Beschluss vom 02.102019 hat die Kammer daraufhin die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 165.369,65 EUR angeordnet.

Mit Schreiben vom 15.10.2019 hat der Angeklagte beantragt, das Unterbleiben der Vollstreckung anzuordnen. Zur Begründung führt er u.a. aus, dass der Wert des Erlangten nicht mehr in seinem Vermögen vorhanden sei. Ausweislich der Erörterungen in der Hauptverhandlung sei er inzwischen auf den Bezug von Leistungen nach dem SGB II angewiesen. Eigenes Vermögen sei gänzlich nicht mehr vorhanden. Durch den Verbrauch des erlangten Betrages ersparte Aufwendungen seien dem Vermögen des Angeklagten ebenfalls entzogen.

Diesen Antrag hat die Kammer an die zuständige Strafvollstreckungskammer weitergeleitet, die mit Beschluss vom 18.02.2020 die Entscheidung an die Kammer als Gericht des ersten Rechtszuges abgegeben hat.

II.

1. Der Antrag auf Unterbleiben der Vollstreckung gemäß § 459g Abs, 5 StPO ist zulässig. Die Kammer ist nach Maßgabe von § 462a Abs. 1 S. 3 StPO für die Entscheidung hierüber zuständig, da die nach § 462a Abs. 1 S. 1 StPO primär zuständige Strafvollstreckungskammer im Bezirk der Strafanstalt, in der der Verurteilte aufgenommen ist, die Entscheidung bindend abgegeben hat.

2. Der Antrag des Angeklagten hat auch in der Sache Erfolg.

Gemäß § 459g Abs. 1 S. 1 StPO unterbleibt auf Anordnung des Gerichts die Vollstreckung, soweit der Wert des Erlangten nicht mehr im Vermögen des Betroffenen vorhanden ist oder die Vollstreckung unverhältnismäßig wäre,

Der Angeklagte kann sich vorliegend auf einen Wegfall der Bereicherung berufen.

Abweichend vom früheren Recht in § 73c Abs. 1 S. 2 StGB a.F., der dem erkennenden Gericht bei Entreicherung lediglich das Ermessen eröffnete, von Verfallsentscheidungen abzusehen, schreibt § 459g Abs. 5 S. 1 StPO das Unterbleiben der Vollstreckung zwingend vor, wenn der Wert des Erlangten nicht mehr im Vermögen des Tatbeteiligten vorhanden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 22. März 2018 – 3 StR 577/17). Eine wertende Entscheidung des zuständigen Gerichts, die etwa die Gründe für die Entreicherung einbezöge (vgl. zum früheren Recht BGH, Beschluss vom 3. Februar 2018 1 StR 606/15, NStZ-RR 2017, 14, 15 m.w.N.), ist nicht mehr möglich. Das Ausbleiben der Vollstreckung erfolgt selbst dann zwingend, wenn festgestellt wird, dass zwar Vermögen beim Betroffenen vorhanden ist, dieses aber ohne jeden Zusammenhang mit den zugrunde liegenden Straftaten erworben worden ist.

Ausweislich der Urteilsfeststellungen hatte der Angeklagte zum. Zeitpunkt der Urteilsverkündung Schulden beim Finanzamt in nicht näher aufklärbarer Höhe. Ferner gab er zum wiederholten Male – letztmalig feststellbar am 16.08.2016 – eine eidesstattliche Versicherung ab. Seit dem Scheitern seiner letzten selbstständigen Tätigkeit im Jahr 2016 lebte er von staatlichen Unterstützungsleistungen nach dem SGB II. Anhaltspunkte dafür, dass sich seine wirtschaftliche Situation seit dem Zeitpunkt der Urteilsverkündung verbessert haben könnte, sind seitens der Kammer weder ersichtlich noch feststellbar. Damit befinden sich die seitens des Angeklagten erlangten Tatbeträge in Höhe von 165.369,65 EUR oder ein entsprechender Wertersatz nicht in seinem Vermögen.

Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass der Angeklagte womöglich unter zivilrechtlichen Gesichtspunkten nach Maßgabe von §§ 818 Abs. 4, 819 BGB verschärft haftet Denn entgegen einer in der Literatur teilweise vertretenen Auffassung (vgl. etwa Köhler/Burkhard, NStZ 2017, 665, 674 f.; Volkmer, in: Körner/Patzak/Volkmer, Betäubungsmittelgesetz, 9. Auflage 2019,. § 33 Rn. 177) sind die Rechtsgedanken der genannten Vorschriften für die Interpretation und Auslegung des § 459g StPO nicht heranzuziehen. Der dem ersten Anschein nach vorhandenen Parallelität zur im Zivilrecht geregelten Interessenlage zum Trotz geht es beim Bereicherungsrecht allein um die Bewältigung eines Konflikts bei der Vermögenszuordnung, während im Kontext der Vermögensabschöpfung sowohl Belange der Vermögensabschöpfung und Rückgewinnungshilfe als auch die Auswirkungen auf die Strafzwecke und Vollstreckungsziele zu beachten sind. Erkennbar hat sich der Gesetzgeber für eigenständige Wertungen des Vollstreckungsrechts entschieden, um zwar einerseits die Vermögensabschöpfung zu effektivieren, andererseits aber die „Tatbeteiligten vor der Gefahr der „erdrosselnden“ Wirkung der Wertersatzanordnung trotz möglicher Entreicherung zu schützen“ (so die amtliche Begründung des Regierungsentwurfs zur Neufassung des § 459g StPO, BT-Drs. 18/9525, S. 94).

Insoweit verdeutlicht aber bereits die in § 495g Abs. 5 Satz 1 StPO enthaltene Gesetzesformulierung – heißt es dort doch: „… soweit der Wert des Erlangten nicht mehr im Vermögen des Betroffenen vorhanden ist oder die Vollstreckung sonst unverhältnismäßig ist“ , dass stets die Grenze der Unverhältnismäßigkeit zwingend zu beachten ist (vgl. auch BGH, Beschluss vom 28. März 2019 — 4 StR 45/19 -, NStZ-RR 2019, 252 f.) und dass die Entreicherung den vertypten Regelfall der Unverhältnismäßigkeit darstellt Bei der Bestimmung der Entreicherung — welche durchaus der Anwendung von Wertungskriterien zugänglich ist – läuft aber eine schlichte Anwendung des Rechtsgedankens aus §§ 818 Abs 4, 819 BGB dem Maßstab der Verhältnismäßigkeit deutlich zuwider. Denn dies würde dazu führen, dass Tatbeteiligte stets im Sinne dieser Vorschriften verschärft haften (OLG Schleswig, Beschl. v. 30.01.2020, Az. 2 Ws 69/19 (40/19).

Nach alledem war daher wie erkannt zu entscheiden.

Die Kammer weist jedoch darauf hin, dass, sofern sich an den festgestellten Umständen in Zukunft etwas ändern sollte, eine Wiederaufnahme der Vollstreckung nach Maßgabe von § 459g Abs. 5 S. 2 StPO in Betracht kommt.“

Sollte man auf dem Schirm haben…..

Pflichti I: Vollstreckung in Frankreich steht im Raum, dann gibt es einen Pflichtverteidiger

entnommen wikimedi.org
Urheber: SKopp

So, heute dann mal wieder ein paar Entscheidungen zur Pflichtverteidigerbestellung. Zunächst zum Auftakt den LG Beschluss, Beschl. v. 02.02.2018 – 8 KLs 46 Js 244/15 – 24/17 – ergangen im Vollstreckungsverfahren. Kurz und zackig sagt das LG:

„…. als Pflichtverteidiger beigeordnet, soweit es die laufenden Verfahren auf Gewährung von Strafaufschub und auf Übertragung der Vollstreckung der Strafe aus dem Urteil der Kammer vom 10.07.2017 auf die Französische Republik betrifft.

Gründe:

Die Beiordnung eines Pflichtverteidigers ist erforderlich, weil nicht gewährleistet ist, dass die Verurteilte, die mit den gesetzlichen Regelungen über einen Strafaufschub sowie über die Vollstreckung eines deutschen Strafurteils im Ausland kaum vertraut sein wird, ihre Rechte trotz Schwangerschaftskomplikationen und sprachlicher Defizite auch ohne anwaltliche Hilfe sachgemäß wahrnehmen kann. Bei dieser Sachlage ist eine Pflichtverteidigerbestellung im Vollstreckungsverfahren zulässig und geboten, § 140 Abs. 2 StPO analog (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl. 2017, § 140 Rn. 33). Jedoch war die Beiordnung auf den gegenwärtigen Vollstreckungsabschnitt zu beschränken (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, § 140 Rn. 33a).“

 

ihre Rechte trotz Schwangerschaftskomplikationen und sprachlicher Defizite auch ohne anwaltliche Hilfe sachgemäß wahrnehmen kann..“ ist wohl anders gemeint 🙂 .

Unfallmanipulation? – die Daten des Electronic Data Recorders sprechen (auch) dafür

entnommen wikimedia.org

Das LG Bochum, Urt. v. 17.10.2016 – I 5 O 291/15 – behandelt (mal wieder) einen Fall der Unfallschadenmanipulation (um Kommentare zu vermeiden, nehme ich nicht den „getürkten Unfall“ 🙂 ). Die macht im Rahmen einer fiktiven Abrechnung Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall geltend. Hierzu behauptete sie, dass ihr am Straßenrand abgestelltes – hochwertiges – Kfz vom Typ Audi A-7 durch den Beklagten mit einem Fahrzeug beschädigt worden sein soll, welches dieser angemietet hatte. Der Beklagte hat angegeben, dass er in der Nähe vom Unfallort nicht gehalten, sondern gleich in die Straße des Kollisionsortes eingebogen wäre. Bei starkem Regen wäre dann überraschend die Fahrzeugelektronik ausgefallen und dies wäre die Ursache für ein Abkommen nach rechts von der Fahrbahn gewesen.

Das LG geht von einem manipulierten Unfall aus. Insoweit nichts Neues, wenn es ausführt:

„Auf das Vorliegen eines manipulierten Unfallereignisses kann bereits dann geschlossen werden, wenn ein solches nicht mit Sicherheit festgestellt werden kann, jedoch hinreichend starke Indizien dafür sprechen, dass eine Absprache der Beteiligten vorliegt (vgl. OLG Hamm, Beschl v. 25.6.2014 -Az. 20 U 66/14). Entscheidend ist dabei eine Gesamtschau aller Umstände, nicht die isolierte Würdigung einzelner Aspekte des Sachverhalts (KG, Urt. v. 6.2.2006 -12 U 4/04).“

Auch die herangezogenen Indizien sind dann nicht neu: Hochwertiges Fahrzeug wird durch ein gemietetes Fahrzeug beschädigt, Abrechnung auf der Grundlage fiktiver Reparaturkosten,  zeitnaher Verkauf des geschädigten Fahrzeugs, vermeintlich klare Haftungslage.

Aber ein Kriterium ist dann doch „neu“ bzw. macht die Entscheidunge berichtenswert. Nämlich:

„Neben der Vielzahl der dargestellten Indizien spricht jedoch insbesondere das auf der Auswertung des „Electronic Data Recorder“ basierende Gutachten für einen gestellten Verkehrsunfall. Aus den insgesamt gut nachvollziehbaren Ausführungen – ¬denen die Klägerin ebenfalls nicht entgegengetreten ist – ergibt sich ein Unfallhergang, der vollständig von den Schilderungen des Beklagten zu 1) abweicht. Hiernach stand das Fahrzeug fünf Sekunden vor der Kollision und wurde dann relativ stark auf eine Geschwindigkeit von 34 km/h beschleunigt. Das Lenkrad war dabei nach links gedreht. Anschließend folgte eine leichte Lenkbewegung nach rechts sowie ein leichtes Abbremsen. Sodann kam es zu der Kollision. Dies weicht erheblich von den Schilderungen des Beklagten zu 1) ab und stellt kein plausibles und nachvollziehbares Fahrmanöver dar.

Es besteht zudem kein Grund an dem Parteigutachten, das durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen erstattet wurde, zu zweifeln. Insbesondere besteht kein Grund zu der Vermutung, dass die vom „Electronic Data Recorder“ zur Verfügung gestellten Daten durch einen etwaigen Ausfall der Elektronik beeinflusst worden sind. Dies ergibt sich ebenfalls aus dem Gutachten. Wäre es zu einem solchen Ausfall gekommen, hätte der „Electronic Data Recorder“ andere oder ggf. gar keine Daten aufgezeichnet.

Es bestehen im Hinblick auf die Auswertung dieser Daten auch keine datenschutzrechtlichen Bedenken. Bei den Aufzeichnungen des Electronic Data Recorder dürfte es sich um personenbezogene Daten im Sinne des BDSG handeln, da dieser Begriff weit auszulegen ist und keine gesteigerte Persönlichkeitsrelevanz oder Eingriffsintensität voraussetzt (Tager/Gabel-Buchner, BDSG, § 3 Rn. 11). Die Datenverarbeitung ist jedoch nach § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG zulässig, da sie zur Wahrung berechtigter Interessen erforderlich ist und keine überwiegenden schutzwürdigen Interessen des Betroffenen ersichtlich sind. Im Rahmen der erforderlichen Abwägung überwiegt das Interesse an der Aufklärung des Geschehensablaufs das Interesse des Betroffenen am Schutz der personenbezogenen Daten, zumal diese hier nahezu keine Rückschlüsse auf persönlichkeitsrelevante Merkmale erlauben (vgl. Pötters/Wybitul, NJW 2014, 2074, 2076 ff.).“