Schlagwort-Archive: LG Berlin

Urteil im Prozess gegen zwei Bundespolizisten – keine U-Haft

Das LG Berlin meldet mit PM 34/2010 v. 06.07.2010 folgendes:

„LG Berlin: Urteil im Prozess gegen zwei Bundespolizisten Das LG Berlin hat zwei 27 und 42 Jahre alte Angeklagte unter anderem wegen schweren Raubes in acht Fällen zu Gesamtfreiheitsstrafen von drei Jahren und neun Monaten und vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Des Weiteren wurden die Angeklagten von dem Vollzug der Untersuchungshaft verschont.

Die Kammer kam unter anderem zu folgenden Feststellungen: Die beiden Angeklagten waren bei der Bundespolizei tätig. Im Rahmen ihres Dienstes kontrollierten sie ohne Grund vietnamesische Staatsangehörige, nahmen ihnen in acht Fällen Geldbeträge in Höhe von 3 Euro bis zu 300 Euro ab und zerstörten teilweise die SIM-Karten, damit die Geschädigten keine Hilfe holen konnten. In einem Fall schlug der 42 Jahre alte Angeklagte einen vietnamesischen Staatsangehörigen. Teilweise veranlassten die Angeklagten, dass die Geschädigten in das Polizeifahrzeug einsteigen sollten. Anschließend fuhren die Angeklagten die Geschädigten zu Orten, die diese nicht kannten, und ließen sie dort aussteigen. Die Feststellungen beruhen auf den umfassenden Geständnissen der Angeklagten. Die Angeklagten hätten ihr Amt missbraucht, führte der Vorsitzende in der mündlichen Urteilsbegründung an. Die Taten habe der 42 Jahre alte Angeklagte nur begangen, da er unzufrieden gewesen sei.

Das Gericht ging bei allen Fällen von einem „minder schweren Fall“ im Sinne des StGB aus, da die Taten von dem Regelfall des schweren Raubes abweichen würden. Die Angeklagten hätten nämlich umfassende Geständnisse abgelegt und im Wesentlichen seien die Drohungen gegenüber den Geschädigten durch das äußere Erscheinungsbild – nämlich das Tragen der Polizeiuniform- ausgegangen. Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass beide Angeklagte ihre Arbeitsplätze verlieren würden. Allerdings sei zu Lasten der Angeklagten anzuführen, dass sie die Straftaten im Dienst begangen und damit dem Ansehen der Polizei schweren Schaden zugefügt hätten. Es sei keine einmalige Entgleisung gewesen. Vielmehr seien alle Taten nach demselben Muster ausgeführt worden. Die Angeklagten hätten sich wehrlose Opfer gesucht und die Taten seien aus nichtigem Anlass begangen worden, erklärte der Vorsitzende in der Urteilsbegründung weiter.

Urteil des LG Berlin vom 06.07.2010 Az.: (532) 34 Js 125/10 KLs (8/10)

Quelle: Pressemitteilung Nr. 34/2010 des LG Berlin vom 06.07.2010″

Natürlich ist die Entscheidung interessant; besonders interessant ist aber, dass die Angeklagten vom weiteren Vollzug der U-Haft verschont worden sind. Und das bei den „hohen Freiheitsstrafen“.

LG Berlin: Sind die Kassen so leer?

Die öffentlichen Kassen müssen ja doch recht leer sein. Jedenfalls hat man den Eindruck, wenn man die der Entscheidung des LG Berlin vom 27.10.2009 – 510 Qs 153/09 zugrundeliegende amtsgerichtliche Entscheidung liest. Da erscheint der Verteidiger zum Hauptverhandlungstermin, führt mit den Verfahrensbeteiligten ein Rechtsgespräch, benennt eine Zeugin, was dazu führt, dass es nicht mehr zum Aufruf kommt, und dann sagt der Rechtspfleger: Zwar geplatzter Termin, aber Vorbem. 4 Abs. 3 Satz 2 VV RVG greift nicht ein, da du das Nichstattfinden des Termins zu vertreten hast. Zum Glück hat das LG das anders gesehen und auf § 246 Abs. 1 StPO hingewiesen und darauf, dass im Verfahren bis dahin auch die Einlassung des Angeklagten nicht überprüft worden war.