Und im zweiten Posting dann der BayObLG, Beschl. v. 18.12.2023 – 201 ObOWi 1077/23 – zur Frage eines Verstoßes gegen pandemiebedingte Maskenpflicht an der Arbeitsstätte wegen bloßer Mitfahrt eines Beschäftigten in Firmenfahrzeug.
Das AG hat den den Betroffenen wegen eines vorsätzlichen Ordnungswidrigkeit des Verstoßes gegen die Maskenpflicht gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 3 der 9. BayIfSMV zu einer Geldbuße von 250 EUR verurteilt.
Nach den Feststellungen des AG befand sich der Betroffene, der Malermeister ist, am 07.12.2020 mit weiteren fünf Personen in einem Transporter auf dem Weg zu einer Baustelle in Neumarkt in der Oberpfalz. Der Mindestabstand von 1,5 Metern im Fahrzeug wurde nicht eingehalten, keiner der Insassen trug einen Mund-Nasen-Schutz. Das AG hat in rechtlicher Hinsicht ausgeführt, dass auch ein Firmenfahrzeug, das von den Mitarbeitern genutzt wird, als Arbeitsplatz i.S.v. § 24 Abs. 1 Nr. 3 der 9. BayIfSMV anzusehen sei. Der Betroffene habe vorsätzlich gehandelt, weil er gewusst habe, dass er keinen Mund-Nasen-Schutz trage und dies auch nicht beabsichtigte. Er habe deshalb vorsätzlich gegen die Maskenpflicht nach § 24 Abs. 1 Nr. 3 der 9. BayIfSMV verstoßen.
Dagegen die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, die Erfolg hatte. Das BayObLG legt – wie gewohnt 🙂 – umfangreich das, warum wegen der bloßen Mitfahrt eines Beschäftigten in einem Firmenfahrzeug kein Verstoß gegen die pandemiebedingte Maskenpflicht an der Arbeitsstätte vorliegt. Insoweit beschränke ich mich hier wegen des Umfangs der Begründung auf die Leitsätze der Entscheidung, die lauten:
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- Die Maskenpflicht am Arbeitsplatz bzw. an der Arbeitsstätte dient dem Arbeitsschutz. Deshalb sind die Begriffe der Arbeitsstätte und des Arbeitsplatzes in der 9. BayIfSMV entsprechend der Begrifflichkeit im Arbeitsschutzgesetz und der Arbeitsstättenverordnung zu verstehen.
- Ein Firmenfahrzeug, das von Mitarbeitern für die Fahrt zu einer Baustelle genutzt wird, ist nicht als Arbeitsplatz oder Arbeitsstätte i.S.v. § 24 Abs. 1 Nr. 3 der 9. BayIfSMV anzusehen. Eine weitergehende Auslegung überschreitet die Grenze des möglichen Wortsinns und widerspricht den Begriffsdefinitionen aus arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen.
Die Begründung dann bitte im Volltext selbt lesen.
Aber: Frei gesprochen hat das BayObLG nicht, sondern zurückverwiesen. Begründung:
„3. Nach den insoweit getroffenen Feststellungen des Amtsgerichts kommt somit kein Verstoß gegen § 24 Abs. 1 Nr. 3 der 9. BayIfSMV in Betracht, wohl aber ein Verstoß gegen die in § 3 Abs. 1 Nr. 2 der 9. BayIfSMV angeordnete Kontaktbeschränkung. Danach war der gemeinsame Aufenthalt im öffentlichen Raum, in privat genutzten Räumen und auf privat genutzten Grundstücken nur gestattet mit den Angehörigen des eigenen Hausstands sowie zusätzlich den Angehörigen eines weiteren Hausstands, solange dabei eine Gesamtzahl von insgesamt höchstens fünf Personen nicht überschritten wird. Dies gilt nach § 3 Abs. 3 der 9. BayIfSMV nicht für berufliche und dienstliche Tätigkeiten, bei denen ein Zusammenwirken mehrerer Personen zwingend erforderlich ist.
Da sich hier nach den Feststellungen sechs Personen im Fahrzeug aufhielten, kommt eine Ordnungswidrigkeit nach § 29 Nr. 1 der 9. BayIfSMV in Betracht.
a) Hinsichtlich der möglichen Verwirklichung des Tatbestandes des Verstoßes gegen die Kontaktbeschränkung erweisen sich die Urteilsfeststellungen aber als lückenhaft (§ 267 Abs. 1 Satz 1 StPO, sodass dem Senat keine eigene Entscheidung möglich ist.
Zum einen gilt die Kontaktbeschränkung nicht für berufliche und dienstliche Tätigkeiten, bei denen ein Zusammenwirken mehrerer Personen zwingend erforderlich ist. In dem Urteil sind keine Feststellungen zu der Art der in Aussicht genommenen Tätigkeit und der Notwendigkeit der gemeinsamen Fahrt enthalten.
Zum anderen ergibt sich aus dem Urteil (konsequenterweise) auch nichts Tragfähiges zum subjektiven Tatbestand des Betroffenen bezüglich der Kontaktbeschränkung.
b) Da die Fahrt am 07.12.2020 erfolgte, ist im Falle des fahrlässigen Verstoßes gegen § 3 Abs. 1 Nr. 2 der 9. BayIfSMV die Tat bereits verjährt. Am 07.12.2020 waren vorsätzliche Ordnungswidrigkeiten nach § 73 Abs. 2 IfSG a.F. mit einer Geldbuße bis zu 25.000 Euro bedroht, sodass die fahrlässige Ordnungswidrigkeit nach § 73 Abs. 2 IfSG a.F., § 17 Abs. 2 OWiG mit Geldbuße bis zu 12.500 EUR bedroht war. Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 31 Abs. 2 Nr. 2 OWiG zwei Jahre. Eine Anhörung (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG) erfolgte am 07.12.2020, der Bußgeldbescheid (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 OWiG) wurde erst am 12.12.2022 und damit nach Ablauf der Zwei-Jahres-Frist erlassen.
…..“
Nun ja, kann man machen. Aber m.E. schreit die Sache nach mehr als drei Jahren aber mehr nach § 47 Abs. 2 OWiG als nach einer erneuten Hauptverhandlung.