Ein Kollege hat mir den LG Frankfurt, Beschl. v. 16.08.2012 – 5/27 Qs 40/12 übersandt. In der Sache geht es um die Beiordnung eines Pflichtverteidigers nach dem (neue) § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO wegen Inhaftierung des Beschuldigten. Die Entscheidung ist aus zwei Gründen interessant.
Zunächst: Das LG hat sich der – inzwischen wohl h.M. – angeschlossen, wonach einem Beschuldigten gem. § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO, auch wenn die Untersuchungshaft in anderer Sache vollzogen wird, ein Pflichtverteidiger zu bestellen (s. z.B. auch OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 22.04.2010, 3 Ws 351/10).
Und dann: Eile tut not. Denn das LG rügt inzidenter, dass das Ag zu zögerlich gearbeitet hat.
„Dem Amtsgericht ist zwar zuzugeben, dass die Anwendung dieser Vorschrift nicht mehr in Betracht kommt, wenn zum frühstmöglichen Zeitpunkt der Entscheidung keine Untersuchungshaft mehr vollzogen wird. Dieser Zeitpunkt hätte jedoch – entgegen der Auffassung des Amtsgerichts – noch vor der Haftentlassung der Beschuldigten gelegen. Sofern das Amtsgericht seiner Entscheidung eine aktuelle Vollstreckungsübersicht zugrunde legen wollte, so hätte es diese unverzüglich nach Eingang des Beiordnungsantrags am 09.03.2012 anfordern können. Eine Antwort auf diese Anordnung wäre in jedem Fall vor dem 16.03.2012, dem Entlassungstag der Beschuldigten, zu erwarten gewesen. Indem das Amtsgericht die Vollstreckungsübersicht jedoch erst am 27.03.2012 anforderte und am 29.03.2012 die Haftentlassung mitgeteilt bekam, hat es den Entscheidungszeitpunkt für den Beiordnungsantrag ohne erkennbaren Grund – weitere vorrangige Bearbeitungsschritte sind der Akte nicht zu entnehmen – nach hinten verschoben, so dass der Beschwerde zu entsprechen war.“
Folge: Beiordnung des Rechtsanwalts, obwohl der Beschuldigte sich nicht mehr in Haft befunden hat.