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Vollstreckung ausländischer Geldsanktionen – da ist (endlich) mal ein Beschluss

Am 28.10.2010 ist das Gesetz zur Umsetzung des EU-Rahmenbeschlusses zur Vollstreckung ausländischer Geldsanktionen – EU-GeldG – in Kraft getreten. Eine nicht ganz einfache, m.E. verhältnismäßig komplizierte Regelung. Wer nun gedacht hatte, dass nach Inkrafttreten dieser Regelung, die – vereinfacht ausgedrückt – die Vollstreckung ausländischer „Knöllchen“ in der Bundesrepublik ermöglicht, ein Run auf die deutschen AG einsetzen und diese von ausländischen Anträgen überflutet würden, hat sich geirrt. Ich habe vor einiger Zeit hier irgendwo im Internet gelesen – finde ich jetzt natürlich nicht wieder -, dass das zuständige Bundesamt für Justiz in Bonn bisher nicht mehr als rund 200 ausländische Anträge vorliegen hatte (wie war das noch mit dem Elefanten und der Maus :-)).

Mir war auch bislang kein veröffentlichter Beschluss eines AG bekannt. Darum war ich dann sehr erfreut, dass mir der für die Fragen der Vollstreckung ausländischer Geldsanktionen zuständige Kollege des AG Bochum seinen ersten zu der Problematik erlassenen Beschluss übersandt hat. Der AG Bochum, Beschl. v. 27.02.2012 – 29 Gs 2/12 – befasst sich (ein wenig) mit § § 87b Abs. 3 Nr. 9 IRG – der sog. Halterhaftung. Da dazu von der Betroffenen jedoch nichts vorgetragen war, konnte sich das AG an der Stelle kurz fassen. Fazit daraus dennoch: Nicht übersehen werden darf, dass man sich auf das Vollstreckungshindernis des § 87b Abs. 3 Nr. 9 IRG berufen (haben) muss.

Zusatz: Über den Beschluss wird bereits auch an anderer Stelle – auf der Grundlage des von mir zu diesem Posting auf meiner HP eingestellten/vorbereiteten Beschlusses – berichtet (vgl. hier). Da im Internet ja nichts geheim bleibt, verliert man so seinen Aufschlag :-).

„zum jetzigen Zeitpunkt verspätet“

Mit der Begründung hatten AG und LG Berlin Einwendungen des Halters gegen den Kostenbescheid nach § 25a StVG zurückgewiesen. Der Betroffene hatte erst in diesem späten Verfahrensstadium zum Parkverstoß Stellung genommen. Dazu dann aufgrund der Verfassungsbeschwerde der VerfGH Berlin, Beschl. v. 15.04.2011 VerfGH 97/09:

„Wendet der Betroffene gegen einen Kostenbescheid nach § 25a StVG ein, er habe den im Bußgeldverfahren formlos an ihn abgesandten Anhörungsbogen nicht erhalten, und legt er mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§ 25a Abs. 3 StVG) substantiiert dar, ein Parkverstoß liege unabhängig von der Frage der Halterverantwortlichkeit nicht vor, so ist das Amtsgericht verpflichtet, letzteren Vortrag im Rahmen der Überprüfung des Kostenbescheides zu würdigen. Es verletzt das Grundrecht des Betroffenen auf Gewährung rechtlichen Gehörs vor Gericht und auf effektiven Rechtsschutz, wenn es diesen Vortrag als „zum jetzigen Zeitpunkt verspätet“ zurückweist.“

Der VerfGH Berlin weist ausdrücklich darauf hin, dass  eine Präklusion mit Verteidigungsvorbringen im gerichtlichen Verfahren nur dann mit dem Anspruch auf rechtliches Gehör vor Gericht und der Garantie effektiven Rechtsschutzes vereinbar ist, wenn der betroffene Beteiligte nachweislich Gelegenheit erhielt, sich zur Sache zu äußern, diese aber schuldhaft ungenutzt verstreichen ließ (vgl. zB zum Bundesrecht: BVerfGE 55, 72, 94). Daran fehlt es nach Auffassung der VerfGH Berlin, wenn nicht positiv feststeht, dass der die Gewährung rechtlichen Gehörs im Bußgeldverfahren bezweckende Anhörungsbogen dem betroffenen Halter zugegangen ist. Mit der formlosen Absendung des Anhörungsbogens und dem Umstand, dass dieser nicht als unzustellbar zurückkam, werde der hierfür erforderliche Nachweis nicht erbracht.

Falschparken in Österreich – Halterhaftung – keine Vollstreckung hier

Das FG (!!) Hamburg hat jetzt darauf hingewiesen, dass die Vollstreckung österreichischer Geldbußen wegen Nichtbenennung des Fahrers in der Bundesrepublik Deutschland (vorläufig) nicht möglich ist. Sie könne gegen verfassungsrechtliche Grundsätze, wie dem Verbot des Zwangs zur Selbstbezichtigung oder dem Schutz des Kernbereichs des Angehörigenverhältnisses, verstoßen. Dies gelte auch unter Berücksichtigung von Art. 6 EMRK und des Rahmenbeschlusses 2005/214/JI des Rates der Europäischen Union (FG Hamburg, Beschl. v. 16. 3. 10 – 1 V 289/09).

Sehr schön in der lesenswerten Entscheidung des FG auch die Ausführungen zur Nichtvergleichbarkeit von § 25a StVG mit der österreichischen Regelung des § 2 i. V. m. § 4 Abs. 2 Parkometergesetz 2006. § 25a StVG ordne eine bloße Kostenhaftung für den Halter des Fahrzeugs nur für den ruhenden Verkehr an. Dem Halter werde ausschließlich der durch eine ordnungswidrige Kraftfahrzeugbenutzung verursachte Aufwand in den Fällen auferlegt, in denen Verkehrsverstöße gegen seinen Willen mit vertretbarem Aufwand typischerweise nicht aufgeklärt werden können. Eine Sanktion i.S. einer strafähnlichen Maßnahme ordne § 25 a StVG nicht an, da eine Schuld nicht zugewiesen werde. Insbesondere solle die Vorschrift eine Aussage des Halters nicht herbeiführen (vgl. u.a. BVerfG  NJW 1989, 2679). Demgegenüber sei nach österreichischem Recht eine Schuld bei der Ahndung der Nichtaussage des Halters gem. § 2 i. V. m. § 4 Abs. 2 Parkometergesetz 2006 ohne weiteres anzunehmen.

Verteidiger sollten sich das schon mal merken. Denn: Die Fragen werden auch dann noch von Bedeutung sein, wenn zum 01.10.2010 Gesetz zur Regelung der Vollstreckung von ausländischen Geldsanktionen (vgl. BR-Drs. 34/10) in Kraft tritt. Allerdings führt der Umstand, dass eine ausländische Geldsanktion auf sog. (bloßer) Halterhaftung beruht dazu, dass dann gem. § 87d Abs. 2 IRG-E die Vollstreckung der ausländischen Geldsanktion im Inland abgelehnt werden kann.

Und schließlich: Man fragt sich: Warum ein FG? Das hat mit § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG zu tun. Denn das zunächst angerufene VG hatte an das FG mit bindender Wirkung verwiesen. So kann aber zumindest der BFH, wenn denn die zugelassene Beschwerde eingelegt wird, mal was anderes als Steuern entscheiden :-).

Wochenspiegel für die 13. KW, oder wir blicken mal wieder über den Tellerrand

Da ist mal wieder – wegen meines Urlaubs ein wenig verspätet – eine kleine Zusammenstellung von m.E. interessanten Beiträgen aus anderen Blogs.

  1. Von „Vorermittlungen gegen einen OLG-Richter“ wird hier berichtet.
  2.  „Österreichische Halterhaftung ausgebremst“ meint der Beck-Blog.
  3. Mit der Festnahme von J. Kachelmann befasst sich (noch einmal) der Beitrag „Bemerkungen zur Festnahme von Kachelmann„; im Übrigen sind die Beiträge zu dem Thema inzwischen kaum noch zu überschauen. Dazu passt ganz „gut“ der Beitrag: „Zweierlei Maß„, der auf diesem Artikel der „Rechtsanwäldin“ beruht.
  4. „Strafprozess und anderes Ungereimtheiten“ berichtet über einen Richter, der aufklärt, und zwar hier.

48. VGT fordert ua. Änderungen bei der Halterhaftung

Gestern ist dann der 48. Verkehrsgerichtstag zu Ende gegangen. Mal sehen, was aus den Ergebnissen wird. Dre Bundesgesetzgeber ist ja aufgefordert bei der Halterhaftung was zu tun. Schauen wir mal, ob Schwarz-Gelb das tut und vor allem: Ob man das verfassungskonform auf die Reihe bekommt.