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Fristenkontrolle – bitte selbst machen

entnommen open.clipart.org

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Wer versäumt schon gern eine Frist? Ist immer unangenehm, wenn man zu spät kommt. Besonders unangenehm ist die Fristversäumung für einen Rechtsanwalt. Lässt sie doch den Eindruck entstehen, dass er „seinen Laden nicht im Griff“ hat. Hinzu kommt, dass er ggf. für den aus der Fristversäumung dem Mandanten entstehenden Schaden haftet.

Im Straf- und Bußgeldverfahren sind die Folgen einer Fristversäumung nicht ganz so schlimm, da das Verschulden des Rechtsanwalts/Verteidigers hier dem Beschuldigten/Betroffenen nicht zugerechnet wird. Anders allerdings z.B. bei der Nebenklage oder im Klageerzwingungsverfahren. Daher muss auch der im Strafverfahren tätige Rechtsanwalt seine Fristenkontrolle gut organisiert haben. Und deshalb sind auch für ihn Entscheidungen der Zivilsenate des BGH, die sich mit Fristversäumungen befassen, von Interesse. So also auch der BGH, Beschl. v. 27.11.2013 – XII ZB 116/13, ergangen in einem Kindesunterhaltsverfahren. In dieser „Leitsatzentscheidung“ nimmt der BGH noch einmal grundsätzlich zur Frage der Wahrung von Rechtsmittelfrost Stellung:

a) Die Sorgfaltspflicht in Fristsachen verlangt von einem Rechtsanwalt alles ihm Zumutbare zu tun, um die Wahrung von Rechtsmittelfristen zu gewährleisten. Überlässt er die Berechnung und Notierung von Fristen einer gut ausgebildeten, als zuverlässig erprobten und sorgfältig überwachten Bürokraft, hat er durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden. Zu den zur Ermöglichung einer Gegenkontrolle erforderlichen Vorkehrungen im Rahmen der Fristenkontrolle gehört insbesondere, dass die Rechtsmittelfristen in der Handakte notiert werden und die Handakte durch entsprechende Erledigungsvermerke oder auf sonstige Weise erkennen lässt, dass die Fristen in alle geführten Fristenkalender eingetragen worden sind. Wird dem Rechtsanwalt die Sache im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Verfahrenshandlung zur Bearbeitung vorgelegt, hat er die Einhaltung seiner Anweisungen zur Berechnung und Notierung laufender Rechtsmittelfristen einschließlich deren Eintragung in den Fristenkalender eigenverantwortlich zu prüfen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 2. November 2011 XII ZB 317/11 FamRZ 2012, 108 Rn. 11 und vom 19. Oktober 2011 XII ZB 250/11 FamRZ 2012, 106 Rn. 9 jeweils mwN), wobei er sich dann grundsätzlich auf die Prüfung der Vermerke in der Handakte beschränken darf (vgl. Senatsbeschluss vom 23. Januar 2013 XII ZB 167/11 FamRZ 2013, 1117 Rn. 11; BGH Beschlüsse vom 10. März 2011 VII ZB 37/10 NJW 2011, 1597 Rn. 12 und vom 22. Januar 2008 VI ZB 46/07 NJW 2008, 1670 Rn. 6 mwN).“

Die Mahnung gilt natürlich nicht nur für Strafverteidiger, sondern für alle 🙂 😀 .

Und: Ceterum censeo: Hier geht es zur Abstimmung Beste Jurablogs Strafrecht 2014 – wir sind dabei, die Abstimmung läuft…

Selbsterkenntnis ist der erste Weg zur Besserung, oder: Die chaotische Fristenkontrolle…

Eine ordnungsgemäße Fristenkontrolle ist auch in Strafsachen, in denen im Rahmen der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein Verteidigerverschulden dem Mandanten ja i.d.R. zwar nicht zugerechnet wird, dennoch eine der ersten Pflichten. Ob das alle mit Strafsachen befassten Rechtsanwälte so sehen, kann man bezweifeln, wenn man den Beschl. des OLG Köln v. 08.04.2010 – 2 Ws 197/10 liest. Dort ging es um eine versäumte Berufungsfrist. Das OLG hat Wiedereinsetzung gewährt. Allerdings:

Die Darstellung des Verteidigers, er sei von dem Angeklagten unmittelbar nach der Urteilsverkündung mit der Einlegung der Berufung beauftragt worden, er habe die Erledigung dieses Auftrags aber versäumt, erscheint in der Gesamtschau nunmehr ausreichend glaubhaft. Die Kalendereinträge vom 02.12. und 04.12.2009 bieten zwar das Bild einer völlig unzulänglichen, vom Verteidiger selbst treffend als „chaotisch“ bezeichneten Fristenkontrolle, die mit der Erkrankung der damit betrauten Anwaltsangestellten kaum gerechtfertigt werden kann, zumal der Kalender – soweit zu entziffern – auch offenbar private Eintragungen („Impfung“, „Weihnachtsmarkt“, „Toto“ u.a.m.) enthält und berufliche und private Angelegenheiten nicht in der gebotenen Weise voneinander trennt.

Eine anwaltliche Fehlleistung liegt des weiteren darin, dass der Verteidiger seine Pflichtverteidigergebühren mit Schriftsatz vom 30.11.2009 geltend gemacht hat, ohne sich – wie das angesichts des Ausfalls seiner Angestellten geboten gewesen wäre – persönlich zu vergewissern, ob Berufung eingelegt war, was mit nur geringer Mühewaltung feststellbar und ggfs nachholbar gewesen wäre.

Befremdlich erscheint auch, dass der Verteidiger nach den vom Senat nicht in Zweifel gezogenen Ausführungen des Landgerichts einen mit eigenem Anwaltsverschulden begründeten Wiedereinsetzungsantrag sinngemäß als „tolle Masche“ bezeichnet hat, „gegen die ein Rechtsmittelgericht nicht ankomme“. Eine derartige Haltung ist mit den beruflichen Pflichten eines Rechtsanwalts, der nach § 1 BRAO die Stellung eines Organs in der Rechtspflege hat, unvereinbar…“

Aber, die Rettung kommt:

„Anlaß zu der Annahme, die Eintragungen betr. den Angeklagten B. entsprächen nicht den tatsächlichen Vorgängen und seien etwa nachträglich hinzugefügt worden, bietet all das gleichwohl nicht.

Denn nach der mit der Beschwerde vorgelegten Erklärung der Rechtsanwältin W., die die Richtigkeit der darin enthaltenen Angaben anwaltlich versichert hat, hat der Angeklagte vor Ablauf der Rechtsmittelfrist in der Kanzlei des Verteidigers angerufen, um mit Rechtsanwalt H. „wegen seines Verfahrens und der Einlegung des Rechtsmittels zu sprechen“, aber nur Rechtsanwältin W. erreicht. Wenngleich nicht ohne weiteres nachvollziehbar ist, dass der alltägliche Vorgangs eines mehr als drei Monate zurückliegenden Anrufs eines Mandanten in einer Anwaltskanzlei dem Gesprächspartner in Erinnerung geblieben ist, kann der Erklärung von Rechtsanwältin gefolgt werden. Denn sie hat ihre Erinnerung damit motivieren können, dass ihr der Angeklagte aus anderer Sache persönlich bekannt gewesen sei und sie deswegen Anlaß gehabt habe, aufgrund des Anrufs die Fristen im Kalender anzusehen, worauf auch ihre Erinnerung beruhe, dass der Anruf noch innerhalb der Rechtsmittelfrist erfolgt sei.“

Fazit: Gerade noch mal das Ziel erreicht. Und: Auf Besserung ist zu hoffen.