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Gina-Lisa Lohfink – und was kommt jetzt noch?

FragezeichenDas Verfahren um Gina-Lisa Lohfink (GLL) hat in den vergangenen Tagen die Gazetten bewegt. Auch in den Blogs ist dazu Stellung genommen worden. Ich hatte es mir bislang verkniffen, dazu etwas zu schreiben, hatte dann aber gestern über Facebook zwei Beiträge geteilt, und zwar einmal : „Gestern verurteilt – heute im Früh-TV“ und dann noch „Prozess um Gina-Lisa Lohfink: „Alice Schwarzer bezeichnet Urteil als „Skandal“.

Ich wiederhole/teile beide Beiträge dann auch hier, und: Es hat sich bei Facebook eine bemerkenswert umfangreiche Diskussion zu der Problematik entwickelt, die ich dann gerne hier noch einmal aufgreife.

Bei dem „Alice Schwarzer-Beitrag“ waren es die Kommentare, die mich zum Teil dann doch amüsiert haben. Davon dann nur eine kleine Auslese:

Zunächst den einer Frau – zum Glück haben die Damen auch mitdiskutiert -:

„Die, die am wenigsten Ahnung haben, machen ihren Mund immer am weitesten auf. In Bezug auf Frau Schwarzer gilt dieser Erfahrungssatz umso mehr. Ich bin genervt, vor allem als Frau.“
Schön dann auch:

„Naja, sie wird vielleicht ja auch schon bei der Hummel an der Blüte ihrer Blumen laut „Vergewaltigung“ schreien …
Wenn man AS liest und hört, fragt man sich, ob die erlebten und als richtig empfundenen Freisprüche in Vergewaltigungsverfahren nicht doch alles nur Fehlurteile waren ….
Und der „Gipfel“:

„Die höchste moralische Instanz“
Ich frage mich, was an dem Urteil des AG eigentlich der „Skandal“ sein soll: Das AG ist nach einer Beweisaufnahme zu der Feststellung gekommen, das GLL gelogen hat und hat sie deshalb verurteilt. In meinen Augen nichts anderes als „Tagesgeschäft“, um das nicht so viel Aufhebens gemacht würde, wenn nicht die Verteidigung von GLL so viel Aufhebens gemacht hätte.
Und damit sind wir bei dem zweiten Punkt, vielleicht dem eigentlichen „Skandal“ – wenn man das Wort mit „ein Aufsehen erregendes Ärgernis und die damit zusammenhängenden Ereignisse oder Verhaltensweisen“ übersetzt: Das Verhalten der Verteidigung in (?) und nach dem Verfahren. Zum Verhalten „im Verfahren“ will ich nichts sagen. Wir kennen alle die Akten nicht und wissen nur das, was in der Presse oder im Netz berichtet worden ist. Aber das Verhalten „nach dem Verfahren“. Das ist für mich schon ungewöhnlich – ein Ärgernis. Denn: Warum lässt man die Angeklagte – so ist es wohl im Früh-TV bei Sat I gewesen, wie diejenigen berichten, die es gesehen haben – ihre Vorwürfe noch einmal wiederholen? Ich hatte den von mir bei FB geteilten Beitrag mit der Überschrift versehen:
„Auf in die nächste Instanz – und wenn man nicht aufpasst – in das nächste Verfahren. Allmählich kann man über den Kollegen nur den Kopf schütteln….“
Und dabei bleibe ich. Abgesehen davon, dass man m.E. der Angeklagte mit noch mehr Medienöffentlichkeit nicht hilft, obwohl das Verfahren an sich nach §§ 153, 153a StPO schreit, das „nächste Verfahren“ ist ggf. vorprogammiert. Denn, wenn die Vorwürfe weiter/erneut öffentlich erhoben werden, dann haben wir neue Taten…. also eine Art perpetuum mobile oder ein (Verteidigungs)Abo.
Wenn ich das so schreibe, stellt sich mir aber auch hier/noch einmal die Frage: Will die Angeklagte überhaupt Hilfe und/oder eine geräuschlose Erledigung des Verfahrens. Nun, das wird jetzt kaum noch möglich sein, aber vielleicht wollte sie – und auch ihre Verteidigung – das ja von Anfang an nicht. Promi-Big-Brother und Dschungel-Camp rufen. Was hatte dazu gestern noch ein Kommentator geschrieben:

„GLL macht aus ihren Möglichkeiten das Beste: 20.000 PR-Kosten. 150.000 Dschungel-Fee. Macht einen Deckungsbeitrag von 130.000. Für einen C-Promi ist das echt gut….“
Man fragt sich, was kommt jetzt noch? Nun, zunächst das angekündigte Berufungsverfahren, sicherlich auch gut medial „aufbereitet“. Und dann? Vielleicht ein Auftritt bei Markus Lanz im ZDF – na ja, wahrscheinlich dann doch nicht, ist ja öffentlich-rechtlich -, aber in diversen anderen Talksshows und/oder vielleicht auch in den diversen Rückblicken am Jahresende, u.a. unter dem Titel: „Menschen des Jahres“. Man weiß es nicht.
Ach so: Ein besseres Bild hatte ich nicht. Es gibt zwar eins von GLL bei wikimedia. Aber das lasse ich lieber. Nicht, dass es noch um dieses Bild einen Rechtsstreit gibt 🙂 .

Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, oder: Wann haftet der Anzeigeerstatter auf die Verteidigerkosten?

© fotomek - Fotolia.com

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Ich hatte vor einigen Wochen über das AG Pfaffenhofen, Urt. v. 07.12.2015 – 1 C 764/15 berichtet (vgl. dazu  Lachen oder weinen?, oder: Verteidiger braucht man nicht, man kann der StA vertrauen). Da ging es um die Frage der Erstattung der Kosten, die einem Beschuldigten durch eine „unberechtigte“  Strafanzeige entstanden waren. Das AG hatte abgelehnt. Anders jetzt das AG Brandenburg, Urt. v. 26.05.2016 – 34 C 40/15 mit den Leitsätzen:

  1. Die Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens kann eine schadensersatzauslösende unerlaubte Handlung sein.
  2. Die bloße Anhörung einer Beschuldigten in einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft stellt aber noch keinen derartig schweren Eingriff in das Persönlichkeitsrecht dar, dass hierdurch einen Anspruch auf Geldentschädigung in Form von Schmerzensgeld begründet werden könnte.

Allerdings: Hier ist dem Anzeigeerstatter eine falsche Verdächtigung nachgewiesen worden:

Wer aber – wie hier der Beklagte entsprechend dem Ergebnis der Beweisaufnahme in dem Zivilprozessverfahren – eine falsche Verdächtigung begeht, haftet hierfür nach § 823 Abs. 2 BGB auch für die Schäden, die aus dieser Verletzung entstanden sind (BGH, NJW 1975, Seite 50; BGH, VersR 1971, Seiten 820 f.; BGH, BGHZ Band 8, Seiten 288 ff.; BGH, Urteil vom 07.01.1953, Az.: VI ZR 39/52, u.a. in: LM Nr. 3 zu § 823 (Be) BGB = JZ 1953, Seite 184; OLG Hamm, Streit 2014, Seiten 34 ff.; OLG Dresden, FamRZ 2013, Seiten 410 ff.; OLG Koblenz, NJW-RR 2012, Seiten 600 f.; OLG Hamm, VersR 2007, Seiten 512 f.; OLG Koblenz, NJW-RR 2002, Seiten 1539 ff.; OLG Köln, NJW-RR 2002, Seiten 1392 f.; OLG Hamm, Urteil vom 08.05.2000, Az.: 13 U 7/00, u.a. in: „juris“; OLG Brandenburg, NJW 2000, Seiten 3579 f.; OLG Dresden, OLG-Report 2000, Seiten 508 ff.; OLG Celle, OLG-Report 2000, Seiten 195 ff.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.09.1999, Az.: 26 U 10/99, u.a. in: „juris“; OLG Karlsruhe, Die Justiz 1999, Seite 445; OLG Karlsruhe, NStZ-RR 1997, Seiten 37 f.; KG Berlin, VersR 1975, Seite 1030; AG Ibbenbüren, DAR 2014, Seiten 330 f.; AG Bremen, NJW-RR 2014, Seiten 207 ff.; AG Hamburg, Urteil vom 13.08.2008, Az.: 7c C 31/07, u.a. in: „juris“; AG Kenzingen, AGS 2003, Seiten 133 f.; AG Hamburg, VersR 1993, Seiten 1363 f.).

Der Beklagte ist somit hier der Klägerin gegenüber für die begangene Tat auch grundsätzlich dann ersatzpflichtig (BGH, VersR 1977, Seite 183; BGH, Urteil vom 07.01.1953, Az.: VI ZR 39/52, u.a. in: LM Nr. 3 zu § 823 (Be) BGB = JZ 1953, Seite 184; Reichsgericht, GruchB 51, Seite 990; OLG Hamm, Streit 2014, Seiten 34 ff.; OLG Dresden, FamRZ 2013, Seiten 410 ff.; OLG Koblenz, NJW-RR 2012, Seiten 600 f.; OLG Hamm, VersR 2007, Seiten 512 f.; OLG Koblenz, NJW-RR 2002, Seiten 1539 ff.; OLG Köln, NJW-RR 2002, Seiten 1392 f.; OLG Hamm, OLG-Report 2001, Seite 231; OLG Celle, OLG-Report 2000, Seiten 195 ff.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.09.1999, Az.: 26 U 10/99, u.a. in: „juris“; KG Berlin, VersR 1975, Seite 1030; AG Ibbenbüren, DAR 2014, Seiten 330 f.; AG Bremen, NJW-RR 2014, Seiten 207 ff.; AG Hamburg, Urteil vom 13.08.2008, Az.: 7c C 31/07, u.a. in: „juris“; AG Pinneberg, SchlHA 2003, Seiten 143 f.; AG Kenzingen, AGS 2003, Seiten 133 f.; AG Hamburg, VersR 1993, Seiten 1363 f.).

Der Beklagte hat hier nämlich entsprechen dem Ergebnis der Beweisaufnahme gezielt die Klägerin einer Straftat verdächtigt, indem er diese bei der Polizei wider bes-seres Wissen angezeigt hat. Damit aber übertrat er die Strafbestimmung des § 164 StGB, handelte also einem Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB zuwider, welches die geschädigte Klägerin schützen wollte.“

Strafverteidiger aufgepasst, oder: Finger weg von falschen Einlassungen/Verdächtigungen

Entnommen wikimedia.org Urheber Mediatus

Entnommen wikimedia.org
Urheber Mediatus

Da kann man nur sagen: (OWi-)Verteidiger aufgepasst, wenn man zwei obergerichtliche Entscheidungen aus der letzten Zeit sieht/liest.

  • Zunächst ist es das BGH, Urt. v. 10.02.2015 – 1 StR 488/14 -, das sich zu den Grenzen der Selbstbegünstigung bei falscher Verdächtigung verhält: Im Pkw des Angeklagten waren zwei Feuer­werkskörper polizeilich sichergestellt worden. In dem wegen Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz eingeleiteten Verfahren be­hauptete der Angeklagte bewusst wahrheitswidrig, die beiden Gegenstände gehörten nicht ihm, sondern seinem Sohn, woraufhin das AG ihn freigesprochen. Wie von dem Angeklagten billigend in Kauf genommen, wurde nunmehr ein Ermittlungsverfah­ren gegen seinen Sohn eingeleitet. Das LG hat den Angeklagten u.a. wegen falscher Verdächtigung verurteilt. Der BGH hat die Revision verworfen. Eine auf zulässiges Verteidigungsverhalten eines Beschuldigten im Strafverfahren oder dessen Selbstbelastungsfreiheit gestützte Einschränkung des Tatbestandes der falschen Verdächtigung gem. § 164 Abs. 1 StGB kommt in der Konstellation nach Auffassung des BGH nicht in Betracht. Ob eine in der obergerichtlichen Rechtsprechung (BayObLG NJW 1986, 441, 442; OLG Düsseldorf NJW 1992, 1119; OLG Frankfurt DAR 1999, 225) befürwortete Tatbestands­einschränkung für Fallgestaltungen, in denen der Täter wahrheitswidrig eine allein als alternativer Täter in Frage kommende Person ausdrücklich als sol­chen bezeichnet, angenommen werden kann, lässt der BGH offen. Jedenfalls dann, wenn eine Person konkret verdächtigt wird, für deren Tatbegehung bzw. Tatbeteiligung bis dahin keine Anhaltspunkte bestanden, komme im Hinblick auf das durch § 164 StGB auch gewährleistete Rechtsgut des Schutzes der innerstaatlichen Strafrechtspflege vor unberechtigter Inanspruchnahme (BGH StraFo 2013, 79) eine Tatbestandseinschränkung nicht in Betracht. Anders als in Fallgestaltungen, in denen außer dem falsch Verdächtigenden überhaupt nur eine weitere Person als Täter der fraglichen rechtswidrigen Tat in Betracht kommt, werde in der hier vorliegenden Konstellation erstmals eine andere Person als vermeintlicher Täter bezichtigt. Erst dadurch würden die Ermittlungsbehör­den zu einer auf eine materiell unschuldige und bis zur Falschbezichtigung un­verdächtige Person bezogenen Ermittlungstätigkeit veranlasst.
  • Und zum Zweiten ist es das OLG Stuttgart, Urt. v. 23.07.2015 – 2 Ss 94/15: Da war gegen den Angeklagten 1 ein Bußgeldverfahren wegen Über­schrei­tung der zuläs­si­gen Höchst­ge­schwin­dig­keit anhängig. mes­sen. Der Angeklagte 1 verabredete mit sei­nem Arbeits­kol­le­gen, dem Ange­klag­ten 2, dass die­ser sei­nen Namen und seine Adresse in den dem Ange­klag­ten 1 zuge­sand­ten Anhö­rungs­bo­gen ein­tragen sollte und an die Buß­geld­stelle zurück­schickt. Gegen den Buß­geld­be­scheid, der dann gegen diesen Angeklagten erging, legte die­ser Ein­spruch ein. Beim AG teilte der Ver­tei­di­ger dann mit, dass bei einem Licht­bild­ab­gleich nun/nachträglich fest­ge­stellt wor­den sei, dass der Angeklagte 2 nicht gefah­ren sei. Das Ver­fah­ren gegen den Angeklagten wurde ein­ge­stellt. Gegen den Angeklagten 1 war auch nichts mehr zu machen, da Ver­fol­gungs­ver­jäh­rung  ein­ge­tre­ten war. Es erfolgt Anklage gegen 1 und 2 mit dem Ergebnis der Verurteilung.

Der Leitsatz aus dem OLG Stutt­gart, Urt. v. 23.07.2015 – 2 Ss 94/15lautet:

„Führen der Täter einer Ordnungswidrigkeit und eine mit ihm zusammenwirkende, an der Tat unbeteiligte Person die Bußgeldbehörde bewusst in die Irre, indem sich die weitere Person selbst zu Unrecht der Täterschaft bezichtigt, kann dies für den Täter zu einer Strafbarkeit wegen falscher Verdächtigung in mittelbarer Täterschaft und für die weitere Person wegen Beihilfe hierzu führen.“

Also Vorsicht, wenn die Mandanten mit solchen „Verteidigungsstrategien“ kommen. Finger weg….

Falsche Verdächtigung im Sorgerechtsstreit endet mit der Nebenklage

© m.schuckart - Fotolia.com

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Durch das 2. OpferrechtsreformG ist das Recht der Nebenklage im Jahr 2009 nicht unerheblich erweitert worden. Nach § 395 Abs. 3 StPO kann sich auch derjenige mit der Nebenklage anschließen, wenn dies aus besonderen Gründen, insbesondere wegen der schweren Folgen der dem Beschuldigten vorgeworfenen Tat, zur Wahrnehmung seiner Interessen geboten erscheint. Zum Anwendungsbereich dieser Neuregelung hat inzwischen schon der BGH, Beschl. v. 09.05.2012 – 5 StR 523/11 – Stellung genommen. Nun auch der LG Bad Kreuznach, Beschl. v. 12.09.2013 – 2 Qs 77/13 hinsichtlich der Frage, ob auch eine falsche Verdächtigung (§ 164 StGB) zum Anschluss berechtigen kann. Da hatte in einem familiengerichtlichen Verfahren der Kindesvater geäußert/vortragen lassen: „… nach Kenntnis des Kindesvaters verkehren in dem von der Kindesmutter und T. bewohnten Haus viele Leute, welche bereits Probleme mit Drogen und Alkohol hatten. Dies gelte vor allem für die Kindesmutter, ihren Lebensgefährten D., dessen Schwester B. und auch für die Mutter der beiden, M. Insofern wird angeregt, dass das Jugendamt in den kommenden Wochen und Monaten unangemeldete Besuche macht, um sich über das Umfeld und das Wohlergehen von T. eigene Eindrücke zu verschaffen.“

Das LG hat den Anschluss der Kindesmutter mit der Nebenklage nach § 395 Abs. 3 StPO durchgreifen lassen:

„Nach § 395 Abs. 3 StPO kann auch eine falsche Verdächtigung gemäß § 164 StGB zum Nebenklageanschluss berechtigen.

Mit der Neufassung des § 395 Abs. 3 StPO durch das Zweite Opferrechtsreformgesetz vom 1.10.2009 (BGBl I S. 2280) wurde ein Auffangtatbestand für die Nebenklagebefugnis von Opfern, die durch die Tat besonders schwerwiegenden Folgen davongetragen haben, geschaffen. Entsprechend dem Wortlaut der Vorschrift sind nunmehr alle rechtswidrigen Taten grundsätzlich anschlussfähig. Der als Korrektiv zur ansonsten uferlosen Weite der Norm geschaffene materielle Anschlussgrund erfordert, dass besondere Gründe den Anschluss zur Wahrnehmung der Interessen des Verletzten gebieten. Maßgeblich für die Zuerkennung der privilegierten Rechtsstellung eines Nebenklägers ist die im Einzelfall zu prüfende prozessuale Schutzbedürftigkeit des möglicherweise durch die Tat Verletzten (BGH StV 2012, 754).

Anhaltspunkte für die notwendige besondere Schutzbedürftigkeit können nach dem Willen des Gesetzgebers schwere physische oder psychische Folgen der Tat darstellen. Besondere Gründe können aber auch darin liegen, dass das Opfer Schuldzuweisungen durch den Beschuldigten abzuwehren hat. Bei der Beurteilung ist auf die individuelle Lebenssituation des Verletzten abzustellen. Das betroffene und geschützte Rechtsgut ist dabei besonders zu beachten. Rein wirtschaftliche Interessen sind indessen nicht ausreichend (vgl. BGH StV 2012, 754 m.w.N.; Weiner in BeckOK, Stand: 28.1.2013; § 395 Rn. 18-20).

Nach diesen Maßstäben ist die besondere Schutzbedürftigkeit der Anzeigeerstatterin S. im vorliegenden Fall gegeben.

Die verfahrensgegenständlichen Äußerungen, die der Angeklagte getätigt haben soll, zielen erkennbar darauf ab, dem streitigen familiengerichtlichen Verfahren über das Sorge- und Umgangsrecht betreffend die gemeinsamen Kinder zu einem für die Anzeigeerstatterin negativen Ausgang zu verhelfen. Auf Betreiben des im familiengerichtlichen Verfahren ebenfalls beteiligten Jugendamtes hat sich die Anzeigeerstatterin bereits einem Drogenscreening unterziehen müssen. Die verfahrensgegenständlichen Äußerungen, die der Angeklagte getätigt haben soll, haben mithin erhebliche Auswirkungen auf die Anzeigeerstatterin. Das Sorge- und Umgangsrecht mit den leiblichen Kindern, das hier betroffen ist, stellt ein besonders bedeutendes und grundrechtlich geschütztes Rechtsgut (Art. 6 GG) dar, das auch die individuelle Lebensführung prägt. Die Anzeigeerstatterin hat ein besonderes schutzwürdiges Interesse daran, sich gegen unberechtigte Schuldzuweisungen, die diesen Bereich betreffen, zur Wehr zu setzen.“

Folgen der Einlassung – manchmal da, wo man nicht damit rechnet

© sashpictures - Fotolia.com

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Zu seiner guten Verteidigung gehört immer auch, dass der Verteidiger seinem Mandanten klar macht, welche Auswirkungen seine Einlassung ggf. an einer Stelle haben kann, wo man auf den ersten Blick gar nicht mit Auswirkungen rechnet. Das ist m.E. das Fazit aus dem VGH Hessen, Beschl. v. 10.08.2013 – 5 A 1656/13.Z. Da hatte der früherer Betroffene in seinem Verfahren wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung einen anderen als Fahrer angegeben und war deswegen wegen falscher Verdächtigung verurteilt worden. Diese Verurteilung hatte das Straßenverkehrsamt dem KBA gemeldet. Das führt zu einer Verwarnung des Betroffenen. Dagegen wehrt sich der Betroffene im Rahmen der Anfechtung des mit der Verwarnung verbundenen Kostenbescheides. Er hat damit weder beim VG noch in der Berufung beim VGH Erfolg. Denn:

Denn die Überprüfung der Richtigkeit der Punktebewertung durch die Straßenverkehrsbehörde gemäß §§ 4, 28 Abs. 3 Nr. 1 StVG in Verbindung mit der Anlage 13 zu § 40 Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV – durch das Verwaltungsgericht ist nicht zu beanstanden. Die rechtskräftige Verurteilung des Klägers wegen falscher Verdächtigung gemäß § 164 Abs. 2 StGB wurde zu Recht mit fünf Punkten bewertet, da es sich um eine rechtswidrige Tat im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr handelt. Ein derartiger Zusammenhang mit dem Straßenverkehr ist auch dann gegeben, wenn durch die Tat spezifische Belange der Verkehrssicherheit berührt sind (vgl. OLG Stuttgart, Beschl. vom 5. Februar 2008 – 4 VAs 1/08 -, VerkMitt 2008, Nr. 37 = NStZ-RR 2008, 214). Die im Verkehrszentralregister gespeicherten Daten dienen gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 1 StVG auch der Beurteilung der Eignung und der Befähigung von Personen zum Führen von Kraftfahrzeugen. Vor diesem Hintergrund weist das Verwaltungsgericht zutreffend darauf hin, dass der Kläger die von ihm begangene Geschwindigkeitsüberschreitung einem Dritten zur Last gelegt hat, um einer eigenen Eintragung im Verkehrszentralregister zu entgehen. Die daraus resultierende rechtskräftige Verurteilung wegen falscher Verdächtigung ist damit letztlich auch eine Reaktion auf den Manipulationsversuch des Klägers, Indizien für eigene Eignungsmängel als Kraftfahrer zu verdecken. Damit sind durch die Tat spezifische Belange der Verkehrssicherheit betroffen. Zur weiteren Begründung wird insoweit auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts (Blatt 4 letzter Absatz und 5 des Urteilsumdrucks), Bezug genommen, die sich der Senat zu Eigen macht (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).“

Und: M.E. hätte der Weg über §§ 23 ff. EGGVG gegangen werden müssen.