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„Ich fahre schwarz“ – an der Mütze rettet nicht….

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Ein Zettel mit der Aufschrift“ Ich fahre schwarz“ an der Mütze rettet, wenn man ohne Fahrschein ist, nicht vor einer Verurteilung wegen Erschleichens von Leistungen/Beförderungserschleichung (§ 265a StGB). Das haben in der Vergangenheit bereits einige OLG entschieden und dem ist jetzt das OLG Köln im OLG Köln, Beschl. v. 02.09.2015 – 1 RVs 118/15 – gefolgt.

„Insbesondere hat die Strafkammer auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zu Recht angenommen, dass das Verhalten des Angeklagten den objektiven und subjektiven Straftatbestand der Beförderungserschleichung gemäß § 265a Abs. 1 Alt. 3 StGB erfüllt.

Nach der Rechtsprechung wird eine Beförderungsleistung bereits dann im Sinne des § 265a Abs. 1 StGB erschlichen, wenn der Täter ein Verkehrsmittel unberechtigt benutzt und sich dabei allgemein mit dem Anschein umgibt, er erfülle die nach den Geschäftsbedingungen des Betreibers erforderlichen Voraussetzungen (vgl. BGH, Beschluss vom 08.01.2009 – 4 StR 117/08 -, zitiert nach juris, Leitsatz und Rn. 13). Die Vereinbarkeit dieser Auslegung des Tatbestandsmerkmals „Erschleichen“ mit dem Bestimmtheitsgebot des Artikels 103 Abs. 2 GG hat das Bundesverfassungsgericht bereits zuvor bestätigt (Beschluss vom 09.02.1998 – 2 BvR 1907/97; Beschluss vom 07.04.1999 – 2 BvR 480/99, zitiert nach juris).

Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass sich der Angeklagte mit dem Einsteigen in den abfahrbereiten ICE und der anschließenden Sitzplatzsuche im Zug mit dem „Anschein der Ordnungsgemäßheit“ im Sinne der zitierten Rechtsprechungsgrundsätze umgeben hat. Der an seiner Mütze angebrachte Zettel mit der sicht- und lesbaren Aufschrift „Ich fahre schwarz“ war nicht geeignet, den durch das Einsteigen in den Zug gesetzten Anschein zu erschüttern. Insoweit wäre erforderlich gewesen, dass in offener und unmissverständlicher Weise nach außen zum Ausdruck gebracht wird, die Beförderungsbedingungen nicht erfüllen und den Fahrpreis nicht entrichten zu wollen (KG Berlin, Beschluss vom 02.03.2011 – (4) 1 Ss 32/11 (19/11) – zitiert nach juris; OLG Naumburg, Beschluss vom 06.04.2009 – 2 Ss 313/07 – zitiert nach juris). Dies war dem Gesamtverhalten des Angeklagten schon nicht zu entnehmen. Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Vorlageverfügung, die dem Verteidiger bekanntgemacht worden ist und auf die der Senat zur Begründung ergänzend Bezug nimmt, zutreffend darauf hingewiesen, dass sich der Angeklagte mit Ausnahme des an der Mütze zur Schau getragenen Zettels nach außen ordnungsgemäß verhielt, indem er im Ler Hauptbahnhof ohne Erregung von Aufmerksamkeit den Zug bestieg wie alle anderen zahlenden oder zahlungswilligen Fahrgäste, durch die Wagen ging und einen Sitzplatz suchte, den er auch fand. Sein Verhalten erschien insbesondere auch deshalb zunächst regelkonform, weil die Beförderungsbedingungen im konkreten Fall ein Nachlösen der Fahrkarte im Zug ermöglichten. Die Zugbegleiter wurden auf die fehlende Bereitschaft des Angeklagten, das Beförderungsentgelt zu entrichten, erst bei der routinemäßigen Fahrscheinkontrolle während der Fahrt und damit nach Vollendung der Tat aufmerksam. Daraus lässt sich ohne weiteres schließen, dass es dem Angeklagten tatsächlich darum ging, die Beförderung nach Möglichkeit unentgeltlich zu erlangen, was indes nur gelingen konnte, weil sich der Angeklagte bis zu seiner Kontrolle durch die Zugbegleiter nicht hinreichend offenbart hatte. Der Senat schließt sich der auch insoweit zutreffenden Auffassung der Strafkammer an, nach der es nicht darauf ankommt, dass andere Fahrgäste vor dem Einsteigen oder während der Fahrt die Kundgabe mangelnder Zahlungsbereitschaft tatsächlich wahrgenommen haben. Abgesehen davon, dass sich der Fahrgast eines öffentlichen Verkehrsmittels nach der Lebenserfahrung regelmäßig nicht dafür interessiert, ob andere Fahrgäste die Beförderungsbedingungen erfüllen, sind Fahrgäste jedenfalls nicht befugt, den Fahrpreisanspruch der Deutschen Bahn AG durchzusetzen oder einen Fahrgast, der seine mangelnde Bereitschaft, das Beförderungsentgelt zu entrichten, zum Ausdruck bringt, am Betreten des Zuges oder an der Fortsetzung der Fahrt zu hindern.“

Die verlorene Monatskarte, oder: U-Bahn-Fahren ohne Mitführen der Monatskarte

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Der angeklagte Jugendliche hatte zwar für den Monat April 2011 eine Monatskarte für die Berliner U-Bahn erworben, die hatte er jedoch – so seine Einlassung, der das AG auch gefolgt ist – verloren. Dennoch fuhr er am 05.04.2011 mit der Berliner U-Bahn. Bei einer Kontrolle fällt auf, dass er ohne gültigen Fahrausweis fährt. Es wird ein Verfahren gegen den Jugendlichen eingeleitet, das mit einer Verurteilung durch das AG wegen Erschleichens von Leistungen endet. Gegen dieses Urteil legt der Jugendliche Sprungrevision zum KG ein, die Erfolg hat. Der KG, Beschl. v. 15.06.2012 – (4) 121 Ss 113/12 (149/12) – hebt das AG-Urteil auf und spricht den Jugendlichen frei:

„Die Strafbarkeit nach § 265a StGB setzt einen Vermögensschaden voraus, der darin liegt, dass der Täter die Leistung eines Transportunternehmens in Anspruch nimmt, ohne diese bezahlt zu haben. Wenn es ein Verkehrsbetrieb einem Kunden ermöglicht, nach Bezahlen einer Monatskarte innerhalb eines zeitlichen und räumlichen Geltungsbereichs beliebige Fahrten zu unternehmen, erleidet er nicht dadurch einen Vermögensschaden, dass der Fahrgast, der die Karte zuvor tatsächlich bezahlt hat, sie bei einer Kontrolle lediglich nicht bei sich führt (vgl. KG, Beschluss vom 16. Juli 2008 – 3 Ws 201/08 -). Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob der (…) (Angeklagte) die Mitnahme der Karte vergessen oder sie (…) verloren hat. Soweit der Angeklagte in der Absicht handelte, das Fahrgeld nicht zu entrichten (…), handelt(e) es sich um ein Wahndelikt (vgl. KG aaO.)“.

Diese Ansicht, wonach bereits der objektive Tatbestand des Erschleichens von Leistungen nicht erfüllt ist, entspricht der herrschenden Meinung (vgl. OLG Koblenz NJW 2000, 86; BayObLG NJW 1986, 1504; Fischer, StGB 59. Aufl., § 265a Rn. 9, jeweils m.w.N.) und trifft jedenfalls für den hier gegebenen Fall zu, dass es sich bei dem Dauerfahrausweis um eine nicht übertragbare, also personengebundene Fahrkarte handelt. Ob anders zu entscheiden ist, wenn die Monatskarte übertragbar ist (dagegen OLG Koblenz aaO; dafür mit beachtlicher Argumentation Kudlich NStZ 2001, 90f.), braucht der Senat hier nicht zu entscheiden. 

Soweit das Jugendschöffengericht darauf abgestellt hat, dass infolge Verlustes und Untergangs der Karte als Inhaberpapier im Sinne des § 807 BGB der Inhaber des Papiers „keine Leistung mehr einfordern“ könne, hat es unzulässig die zivilrechtliche Seite mit der Frage der Strafbewehrung vermengt. Es hat übersehen, dass die vertragliche Verpflichtung, die Entgeltzahlung zu beweisen, also den Fahrausweis vorzuweisen, durch § 265a StGB nicht sanktioniert ist. Ein Verstoß gegen die Beförderungsbedingungen ist von der Strafbarkeit nach § 265a StGB zu unterscheiden. Sinn der Pflicht zum Beisichführen des Fahrausweises ist die Beweiserleichterung, die darin liegt, dass nicht der Verkehrsbetrieb die Nichtzahlung, sondern der Fahrgast durch Mitführen des Fahrscheins die Zahlung des Entgelts nachzuweisen hat. Ist das Entgelt tatsächlich bezahlt worden, kann die bloße Nichteinhaltung einer derartigen Regelung eine Vermögensstraftat nicht begründen (vgl. OLG Koblenz und BayObLG, jeweils aaO).“

 

In der Kürze liegt die Würze – das gilt aber nicht immer…

In dem amtsgerichtlichen Urteil, das dem OLG Naumburg, Beschl. v. 07.06.2012 – 2 Ss 68/12 – zugrunde liegt, dürfte nur sehr wenig Text gestanden haben. Anders lassen sich die Gründe des OLG-Beschlusses nicht erklären. Verurteilt worden ist der Angeklagte vom AG wegen Erschleichens von Leistungen (§ 265a StGB) und wegen Bedrohung (§ 241 StGB). Dazu das OLG:

„…Das Rechtsmittel hat in vollem Umfang Erfolg. Die lückenhaften Feststellungen des Amtsgerichts tragen die Verurteilungen in beiden Fällen nicht, weil sich nicht feststellen lässt, ob der Angeklagte sich strafbar gemacht hat.

1. Hinsichtlich des Erschleichens von Leistungen ist bereits zweifelhaft, ob das Amtsgericht festgestellt hat, dass der Angeklagte nicht im Besitz einer gültigen Monatskarte der Magdeburger Verkehrsbetriebe war. Die Verteidigung weist zu Recht darauf hin, dass auch der Besitz einer übertragbaren Monatskarte, selbst wenn diese bei der Fahrt nicht mitgeführt wird, eine Strafbarkeit ausschließen kann. Letztlich kommt es hierauf aber nicht an. Das Amtsgericht hat lediglich festgestellt, dass der Angeklagte nicht „im Besitz des erforderlichen Fahrscheines“ war. Indes macht sich nach § 265 a StGB nur strafbar, wer die Beförderung durch ein Verkehrsmittel erschleicht. Dies setzt nach allgemeiner Auffassung voraus, dass sich der Täter mit dem Anschein der Ordnungsmäßigkeit umgibt (BGHSt 53, 122; Fischer, StGB, 59. Aufl., Rdnr. 4 a zu § 265 a). Hierzu findet sich im Urteil nichts.

2. Auch die Feststellungen zum Vorfall am 02. Oktober 2011 tragen eine Verurteilung des Angeklagten (hier: wegen Bedrohung) nicht. Nach § 241 StGB macht sich nur strafbar, wer ein Verbrechen in Aussicht stellt, das bei dem Bedrohten den Eindruck der Ernstlichkeit erwecken soll und hierzu nach seinem objektiven Erklärungsgehalt auch geeignet ist (vgl. Fischer, Rdnr. 3a zu § 241). Auch hierzu findet sich im Urteil nichts…“

Es heißt zwar: „In der Kürze liegt die Würze“. Das gilt im Strafverfahren aber nicht immer. Hier kann man auch sagen: Gewogen und zu leicht befunden.