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Entziehung der Fahrerlaubnis, oder: Wirksame Ersatzzustellung beim GmbH-Geschäftsführer

entnommen wikimedia.org Urheber: Sarang

Bei der zweiten Entscheidung, die ich heute vorstelle, handelt es sich um den VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 23.04.2018 – 10 S 358/18, der in einem § 80 Abs. 5-er-Verfahren wegen Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 4 StVG ergangen ist. Bei dem Antragsteller handelt es sich um den Geschäftsführer eine GmbH, dem wegen des Erreichens von neun Punkten im Fahreignungsregister die Fahrerlaubnis entzogen und der unter Anordnung des Sofortvollzugs und Androhung von Zwangsmitteln zur Ablieferung des Führerscheins verpflichtet worden ist. Dabei ist davon ausgegangen worden, dass ein Bußgeldbescheid vom 02.10.2017, aufgrund dessen wegen mehrerer am 25.08.2017 begangener Verkehrsordnungswidrigkeiten zwei Punkte im Fahreignungsregister eingetragen wurden, dem Antragsteller unter der Adresse der pp.  GmbH, deren alleiniger Geschäftsführer er ist, ordnungsgemäß zugestellt worden.

Der VGH hat die Zustellung als wirksam angesehen:

Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und hat die Fahrerlaubnisbehörde – ohne dass ihr insoweit Ermessen eingeräumt wäre – die Fahrerlaubnis zu entziehen, sobald sich im Fahreignungsregister ein Punktestand von acht oder mehr Punkten ergibt. Mit Blick auf die hierauf gestützte Entziehungsverfügung macht die Beschwerde allein geltend, in den Geschäftsräumen einer GmbH könne eine wirksame Ersatzzustellung von an deren Geschäftsführer persönlich gerichteten Schriftstücken gemäß §§ 178, 180 ZPO nicht erfolgen. Dieser Einwand gegen die Berücksichtigung der mit dem Bußgeldbescheid vom 02.10.2017 geahndeten Verkehrsverstöße vom 25.08.2017, die im Fahreignungs-Bewertungssystem mit zwei Punkten bewertet wurden (§ 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 StVG), greift nicht durch.

Voraussetzung für die Eintragung von Punkten im Fahreignungsregister ist, dass die zugrundeliegende Straftat oder Ordnungswidrigkeit rechtskräftig geahndet ist (§ 4 Abs. 2 Satz 3 StVG). Ein Bußgeldbescheid wird rechtskräftig, wenn gegen ihn – wie hier – nicht innerhalb von zwei Wochen nach seiner Zustellung Einspruch erhoben wird (§ 66 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a, § 67 Abs. 1 Satz 1 OWiG). Für die Zustellung des Bußgeldbescheids gelten gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 OWiG i. V. m. § 3 Abs. 2 Satz 1 LVwZG die Regeln der §§ 177 bis 182 ZPO entsprechend. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass der Bußgeldbescheid danach wirksam unter der Adresse der .pp. GmbH zugestellt werden konnte. § 180 Satz 1 i. V. m. § 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO erlaubt eine Ersatzzustellung durch Einlegen des zuzustellenden Schriftstücks in den zum Geschäftsraum gehörenden Briefkasten, wenn die Zustellung nicht ausführbar ist, weil weder der Zustellungsempfänger selbst noch eine dort beschäftigte Person als Ersatzzustellungsempfänger angetroffen wird. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt (§ 180 Satz 2 ZPO). Diese Regelung gilt für den Antragsteller als GmbH-Geschäftsführer ungeachtet dessen, dass der Bußgeldbescheid keine Angelegenheit der Gesellschaft betraf, sondern an ihn persönlich gerichtet war. Denn die Ersatzzustellung im Geschäftsraum kann auch dann erfolgen, wenn die Sendung keine geschäftliche, sondern eine persönliche Angelegenheit betrifft (vgl. bereits RG, Urteil vom 22.06.1886 – II 174/86RGZ 16, 349, 351). Die Zustellungsvorschriften regeln insoweit kein Rangverhältnis des Zustellungsortes (vgl. BGH, Urteil vom 31.10.2000 – VI ZR 198/99BGHZ 145, 358, 364).

Der Wirksamkeit einer Ersatzzustellung durch Einlegung in den zu den Geschäftsräumen der GmbH gehörenden Briefkasten kann der Antragsteller jedenfalls seit der mit dem Zustellungsreformgesetz vom 25.07.2001 (BGBl. I S. 1206) erfolgten Änderung des Zustellungsrechts auch nicht mehr mit Erfolg entgegenhalten, der Gewerbebetrieb einer GmbH sei aufgrund deren rechtlicher Selbständigkeit als juristischer Person allein dieser zuzuordnen (vgl. insoweit zur alten Rechtslage – allerdings mit Vorbehalten für kleinere Gesellschaften, deren Geschäftsführer namentlich in der Firma der GmbH erscheinen und als Inhaber des Gewerbebetriebs auftreten – BGH, Beschluss vom 16.04.1986 – VIII ZB 26/85BGHZ 97, 341, 343 sowie BayObLG, Beschluss vom 17.01.1985 – BReg 2 Z 76/84MDR 1985, 506; Beschluss vom 04.11.1999 – 2Z BR 122/99MDR 2000, 105, 106; OLG Nürnberg, Beschluss vom 30.06.1998 – 1 W 1666/98MDR 1998, 1369; OLG Brandenburg, Beschluss vom 09.10.1995 – 7 W 16/95NJW-RR 1996, 766, 767; OLG Hamm, Urteil vom 06.10.1983 – 2 U 112/83NJW 1984, 2372). Hierauf kommt es seit der am 01.07.2002 in Kraft getretenen Novellierung, mit welcher der Gesetzgeber die Regelungen über die Ersatzzustellung unter Aufgabe der Unterscheidung zwischen der Zustellung an natürliche und juristische Personen im Bereich der Geschäftsräume vereinheitlichen wollte (vgl. hierzu die Begründung des Gesetzentwurfs zum Zustellungsreformgesetz, BT-Drucks. 14/4554, 13 f., 20), nicht mehr an. Denn § 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ist weiter formuliert als § 183 Abs. 1 ZPO a. F. und setzt für die Ersatzzustellung in Geschäftsräumen nicht mehr voraus, dass der Zustellungsempfänger selbst Gewerbetreibender ist. Angeknüpft wird vielmehr allein an den Begriff des Geschäftsraums, der weit auszulegen ist (vgl. Sadler, VwVG/VwZG, 9. Aufl., § 3 VwZG Rn. 89). Es genügt insoweit, dass dem Zustellungsadressaten der Geschäftsraum wie ein eigener zugerechnet werden kann (vgl. Gerecke, JurBüro 2011, 508, 509 f.; Häublein in Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl., § 178 Rn. 19; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 38. Aufl., § 178 Rn. 16; Schultzky in Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 178 Rn. 16, sowie – unter Annahme einer Analogie – Neuhaus/Köther, MDR 2009, 537, 538 f., und Roth in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 178 Rn. 20; a. A. – unter Bezugnahme auf die zur alten Gesetzeslage ergangene Rspr. – LAG Hessen, Beschluss vom 06.10.2006 – 4 Ta 435/06NZA-RR 2007, 266, 267; OLG Bamberg, Beschluss vom 12.12.2005 – 3 Ss Owi 1354/2005NJW 2006, 1078 f.; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 74. Aufl., § 178 Rn. 20; siehe hierzu auch – jeweils offenlassend – SächsVerfGH, Beschluss vom 21.06.2012 – Vf. 154-IV-11 – juris Rn. 12 und BayVGH, Beschluss vom 09.03.2017 – 22 ZB 17.245 – juris Rn. 10). Dies ist beim Antragsteller als alleinigem Geschäftsführer der pp. GmbH der Fall. Aus der vom Antragsteller zitierten Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg ergibt sich nichts anderes. Diese befasst sich nicht mit der Wirksamkeit einer Zustellung an den Geschäftsführer in persönlichen Angelegenheiten, sondern mit der Frage, in welchen Räumlichkeiten eine Ersatzzustellung an die von ihm vertretene juristische Person erfolgen kann (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.12.2011 – OVG 1 N 2.10 – juris Rn. 7, 10). Im Übrigen spricht im Fall des Antragstellers ohnehin Einiges dafür, dass die Ersatzzustellung unter der Adresse der GmbH selbst unter Geltung des alten Zustellungsrechts wirksam gewesen wäre, weil er zumindest mit seinen Initialen in der Firma der Gesellschaft in Erscheinung treten sowie nach außen hin – wie allein schon die Formulierung der erstinstanzlich vorgelegten eidesstattlichen Versicherung vom 22.12.2017 zeigt („meine Geschäftsadresse“, „mein Unternehmen“, „mein Gebäude“) – nicht nur als Angestellter, sondern als Inhaber des Unternehmens auftreten dürfte (vgl. insoweit BVerwG, Urteil vom 09.10.1973 – V C 110.72BVerwGE 44, 104, 107 f.).“

Die Entscheidung hat auch an anderen Stellen Bedeutung.

Klein, aber fein: Ersatzzustellung geht „in die Hose“ = Verjährung tritt ein

© Spencer - Fotolia.com

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Klein, aber fein ist das AG Landstuhl, Urt. v. 27.07.2015 – 2 OWi 4286 Js 5892/15, das eine Zustellungsproblematik enhält. Nein, keine „Verjährungsfalle“ oder ein „Vollmachtstrick“ oder sonst so ein (schlimmes) Verhalten des Verteidigers, das dann die Wogen immer hoch schlagen lässt. Nein, einfach nur eine Versehen/eine Unachtsamkeit oder was auch immer des Zustellers, die dann aber die Folge hat: Nicht wirksam zugestellt, daher keine Verjährungsunterbrechung. Zugestellt worden war nämlich weder dem Betroffenen noch dem zustellungsbevollmächtigten Verteidiger, sondern der Bußgeldbescheid war einer Kanzleikraft als „gesetzlichen Vertreter“ des Verteidigers übergeben worden . Dazu das AG: Das ist keine wirksame Ersatzzustellung:

„c) Jedoch wurde nach dieser ersten Unterbrechungshandlung danach keine weitere Unterbrechungshandlung fristgerecht vorgenommen. Insbesondere wurde der Bußgeldbescheid nicht nach §§ 26 Abs. 3 StVG, 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 OWiG innerhalb von 3 weiteren Monaten erlassen und an den bevollmächtigten Verteidiger oder den Betroffenen zugestellt.

aa) An den Betroffenen selbst wurde ausweislich der Akte nicht formell zugestellt. Eine Postzustellungsurkunde befindet sich jedenfalls nicht in der Akte.

bb) An den Verteidiger persönlich zugestellt wurde ebenfalls nicht. Denn ausweislich der Postzustellungsurkunde vom 24.04.2015 wurde der Bußgeldbescheid nicht dem Verteidiger selbst ausgehändigt.

cc) Auch fand keine zulässige und ordnungsgemäße Ersatzzustellung statt. Denn eine solche Handlung ist nicht auf der Postzustellungsurkunde vermerkt (Bl. 68 d.A.). Diesbezüglich entfaltet die Postzustellungsurkunde die ihr innewohnende Beweiskraft, die vorliegend nicht widerlegt wurde oder werden konnte.

dd) Stattdessen wurde ausweislich der Postzustellungsurkunde der Bußgeldbescheid „einem Vertretungsberechtigten (gesetzlichen Vertreter/Leiter)“, einer Frau …, …, übergeben. Dem Gericht ist dabei zum einen aufgrund von Telefonaten in anderen Sachen bekannt, dass es sich bei dieser Frau um die Sekretärin einer Anwältin aus der Kanzlei des Verteidigers des Betroffenen handelt, was zudem auch aus öffentlich zugänglichen Quellen, etwa der Homepage des Verteidigers, unproblematisch ersichtlich ist. Keinesfalls aber handelt es sich bei der empfangenden Person um die gesetzliche oder sonstige Vertreterin des Verteidigers, weder als Person noch in seiner Stellung als Organ der Rechtspflege. Eine solche „Zustellung“ kann aber die Verjährung nicht unterbrechen, denn eine ordnungsgemäße Zustellung lag hier nicht vor.“

Ergebnis: Einstellung durch Urteil.

Wirksamkeit der Ersatzzustellung: „Wohnst“ du da?

© ferkelraggae - Fotolia.com

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Während des Studiums war ich in den Semesterferien Briefträger bei der Post. das war ein schöner Job, bei dem man zwar morgens früh anfangen musste – aufstehen war noch nie ein Problem für mich -, aber dafür i.d.R. auch schon mittags fertig war. Und der Job wurde gut bezahlt. Ich weiß noch, dass bei der Einarbeitung durch erfahrene Kollegen der Post, großes Gewicht auf die Fragen der Zustellung gelegt wurde. Warum und wieso, darüber habe ich damals – das räume ich ein – mir nur wenig Gedanken gemacht. Im Laufe des Studiums usw. lernt man dann sehr schnell, dass die Frage der Wirksamkeit einer Zustellung verfahrensentscheidend sein kann. Daher auch immer in allen FA-Kursen mein Rat: Achten Sie auf die Wirksamkeit der Zustellung, häufig entscheidet sich ggf. schon da das Verfahren für den Mandanten.

Deshalb heute dann ein Hinweis auf den OLG Hamm, Beschl. v. 27.03.2013 –  III-5 RVs 50/13, der die mit der Wirksamkeit einer Ersatzzustellung zusammenhängenden Fragen zum Gegenstand hat. Das war der Angeklagte zur Berufungshauptverhandlung im Wege der Ersatzzustellung geladen worden. Als er nicht erschien, hat das LG seine Berufung verworfen. Der Angeklagte hat dann die Unwirksamkeit der Ladung geltend gemacht, weil er an der Stelle, an der geladen worden war, nicht tatsächlich wohnhaft sei.Das OLG hat die Zustellung als wirksam angesehen:

„Dem Angeklagten wurde die Ladungsverfügung im Wege der Ersatzzustellung zuge­stellt. Diese Ersatzzustellung war nicht etwa deswegen unwirksam, weil der Ange­klagte unter der Meldeanschrift nach eigenem Vortrag tatsächlich nicht wohn­haft gewesen sein will.

Zwar ist die Wirksamkeit einer Ersatzzustellung gemäß § 181 ZPO stets nur dann gegeben, wenn diese durch Einlegung in einen zur Wohnung gehörenden Briefkasten erfolgt. Grundsätzlich gilt insoweit als Wohnung der räumliche Lebens­mittelpunkt des Zustellungsempfängers, wobei maßgeblich ist, ob er hauptsächlich in den Räumen lebt; es ist dann sogar unerheblich, ob es sich hierbei um die Meldeanschrift han­delt (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., § 37 Rdnr. 8).

Jedoch ist die tatsächliche Benutzung einer Wohnung dann nicht Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Ersatzzustellung gemäß § 181 ZPO, wenn sich der Adressat nicht nur für diese Wohnung angemeldet hat, sondern sich als dort wohnend geriert, seinen Schriftwechsel unter dieser Anschrift führt und er seine Post dort abholt (vgl. OLG Hamm, VRS 106, 57, 58; OLG Jena, NStZ-RR 2006, 238; BayObLG VRS 106, 452, 453).

So liegt der Fall hier. Der Angeklagte war während des gesamten erstinstanzlichen Verfahrens unter der Ladungsanschrift A-Straße in B. gemeldet und postalisch jederzeit zu erreichen. Zu allen drei Hauptverhandlungsterminen des erstin­stanzlichen Verfahrens konnte er problemlos geladen werden, obwohl er – aus-weislich seines Vorbringens in der Revisionsrechtfertigung – „bereits längere Zeit“ bei seiner Lebensgefährtin gelebt haben will. Indes hat er keinerlei Anstalten unternommen, sich umzumelden, woraufhin noch im November 2012 die Ladung unter der o.g. postalischen Anschrift erfolgt ist. Der Angeklagte muss sich daher die An­schrift A-Straße in B. als Ort im Sinne der gesetzlichen Vorschrift entgegenhalten lassen, an dem Zustellungen an ihn bewirkt werden konnten.

Das Landgericht war auch nicht verpflichtet, weitere Nachforschungen anzustellen. Eine diesbezügliche Verpflichtung hätte nämlich vorausgesetzt, dass der Angeklagte vor der Hauptverhandlung schlüssig einen Sachverhalt vorträgt oder vortragen lässt, der geeignet ist, sein Ausbleiben genügend zu entschuldigen, dem Gericht somit hin­reichende Anhaltspunkte für eine genügende Entschuldigung zur Kenntnis gebracht sind (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 16. Mai 2013 – 5 RVs 34/13 -). Vorliegend hat sich zwar aus dem Bericht der Führungsaufsichtsstelle vom 30. Januar 2013 erge­ben, dass sich der Angeklagte „fast ausschließlich bei seiner Freundin“ aufhalte, je­doch geht aus dem Bericht unmissverständlich hervor, dass er weiterhin bei seiner Mutter unter der Anschrift A-Straße in B. gemeldet ist. Da unter dieser Adresse erst wenige Wochen zuvor erfolgreich eine Ladung zur Hauptver­handlung durchgeführt werden konnte, war das Landgericht nicht gehalten, diesbezüglich weitere Nachforschungen anzustellen.

Zustellungsfragen – gerade auch im OWi-Verfahren von Bedeutung

Ob der Bußgeldbescheid wirksam zugestellt worden ist, ist im Hinblick auf die verjährungsunterbrechende Wirkung der Zustellung (§ 33 Abs. 1 Nr. 9 (OWiG) von erheblicher Bedeutung. Gerade an der Stelle setzt ja auch die Diskussion um den sog. „Vollmachtsverweigerer“ bzw. der Hinweis an, als Verteidiger eben keine schriftliche Vollmacht vorzulegen. Um die Frage geht es im AG Karlsruhe, Beschl. v. 23.08.2013 – 14 OWi 430 Js 13775/13 nicht – obwohl: Der Verteidiger hatte eine Vollmacht nicht vorgelegt :-).

Im Verfahren war dem Betroffenen der Bußgeldbescheid im Wege der Ersatzzustellung zugestellt worden. Und die war im Hinblick auf die Rechtsprechung des BGH nicht wirksam, denn:

„Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs, Urteil vom 16.06.2011 – III ZR 342/09 – genügt es nämlich für die Wirksamkeit einer Ersatzzustellung nach § 178 bis 181 ZPO nicht, dass der Adressat in zurechenbarer Weise den Rechtsschein geschaffen hat, unter der Zustellanschrift eine Wohnung oder Geschäftsräume zu nutzen. Insbesondere reicht nicht, dass er nach Aufgabe der Wohnung oder der Geschäftsräume ein Schild mit seinem Namen an dem Briefeinwurf belässt. Dass dem Betroffenen vorliegend doloses Verhalten anzulasten wäre, ist weder aus dem Akteninhalt noch aus sonstigen Umständen ersichtlich. Weil mithin nach dem Erlass des Bußgeldbescheides dieser nicht binnen zwei Wochen zugestellt worden war, ist die Verfolgungsverjährung eingetreten.

 

 

„Ein Haftraum ist kein „Briefkasten“……

Mal wieder etwas aus dem Strafvollzug, und zwar zur Ersatzzustellung im Strafvollzug. Einem Verurteilten wird im Strafvollstreckungsverfahren ein Beschluss der Strafvollstreckungskammer „zugestellt“, und zwar, da der Verurteilte wohl nicht in seiner Zelle anwesend war, im Wege der „Ersatzzustellung“ dadurch, dass der Beschluss – im wahrsten Sinne des Wortes – in der Zelle niedergelegt wird. Das OLG Hamm bezweifelt im OLG Hamm, Beschl. v. 11.04.2013 – 1 Vollz (Ws) 106/13 – die Wirksamkeit der Zustellung:

„Zwar war die Zustellung des angefochtenen Beschlusses am 17.08.2012 womöglich unwirksam, da nach der Gefangenenzustellungsurkunde eine Ausfertigung des Beschlusses lediglich im Haftraum hinterlegt, hingegen nicht dem Gefangenen übergeben wurde. Es erscheint zweifelhaft, ob eine Hinterlegung der Sendung im Haftraum den Anforderungen an eine Ersatzzustellung nach §§ 120 StVollzG, 37 StPO, 180 ZPO genügt. Der Haftraum ist kein „Briefkasten“. Ob er als „ähnliche Vorrichtung“, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat, anzusehen ist, ist ebenfalls zweifelhaft. Für das Niederlegen von Sendungen an irgendeiner Stelle in der Wohnung des Adressaten durch den Postzusteller ist höchstrichterlich entschieden, dass dies die Anforderungen an die Ersatzzustellung nicht erfüllt, weil dies keine Gewähr mehr dafür bietet, dass der Empfänger die Mitteilung auch tatsächlich vorfindet, vielmehr besteht die Gefahr, dass er sie achtlos beiseite legt oder wegwirft, weil er sie an diesen Stellen üblicherweise nicht erwartet (BVerwG NJW 1973, 1945). Etwas anders kann nach Auffassung des Senats auch nicht für den Haftraum eines Sicherungsverwahrten gelten.“

Entscheiden musste der Senat die Frage nicht, da die Rechtsbeschwerde des Verurteilten aus anderen Gründen, auch wenn die Zustellung als unwirksam angesehen worden wäre, keinen Erfolg gehabt hätte.