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Zusätzliche Verfahrensgebühr nach § 154er-Einstellung, oder: In der Kürze liegt die Würze

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Die zweite Entscheidung kommt aus Bayern. Das LG Nürnberg-Fürth hat im LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 06.07.2022 – 12 KLs 503 Js 1439/14 – zur zusätzlichen Verfahrensgebühr nach Nr. 4141 VV RVG Stellung genommen.

Das Verfahen war nach § 154 StPO eingestellt worden. Der Kollege Urbanzyk, der mir den Beschluss geschickt hat, hat dann auch die Nr. 4141 VV RVG geltend gemacht. Die ist nicht festgesetzt worden. Dagegen dann die Erinnerung, die Erfolg hat. Das LG begnügt sich mit folgender kurzen Begründung:

„Die mit Festsetzungsbeschluss vom 09.05.2022 abgesetzte Gebühr gem. Nr. 4141 VV RVG in Höhe von 348,00 € ist wie beantragt zu gewähren, da hier eine vorläufige Einstellung des Verfahrensgem. § 154 Abs. 2 StPO erfolgt ist.

„Die Einstellung nach § 154 Abs. 1, 2 StPO ist einer endgültigen Einstellung gleichzusetzen.“ (Gerold/Schmidt, RVG VV 4141 Rn. 17, beck-online)

Hinzu kommt die Umsatzsteuer in Höhe von 19 % gem. Nr. 7008 VV RVG in Höhe von 66,12 €, so dass sich der festgesetzte Betrag auf 414,12 € beläuft.“

Das ist in der Kürze liegt die Würze. Mehr muss man da aber auch nicht schreiben, denn die Frage ist ausgekaut und von der Rechtsprechung zig-mal entschieden. Warum der Kostenbeamte dagegen dann Sturm läuft, erschließt sich nicht. Man könnte in solchen Fragen sich und anderen eine Menge Arbeit ersparen.

Einstellung nach § 154 StPO und Nr. 4141 VV RVG, oder: Falsch Vorgebetetes übernommen

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Und als zweite Entscheidung des Tages dann der AG Nürnberg, Beschl. v. 17.11.2020 – 59 Gs 4066/20. Der befasst sich mit der Nr. 4141 VV RVG in den Fällen der Einstellung nach § 154 StPO. Das AG meint, die zusätzliche Verfahrensgebühr entstehe nicht, wenn das Gericht ungeachtet einer vom Verteidiger vorgetragenen Einlassung des Angeklagten das Verfahren nach § 154 StPO wegen einer zu erwartenden Strafe in einem anderen Verfahren einstellt:

„Die Gebühr Nr. 4141 VV RVG in Höhe von 132,– EUR zzgl. MWSt wurde zu Recht abgesetzt.

Denn vorliegend wurde die Hauptverhandlung nicht durch anwaltliche Mitwirkung entbehrlich. Zwar wird die anwaltliche Mitwirkung gesetzlich vermutet (Gerold/Schmidt, Rn. 13 zu Nr. 4141 VV RVG). Vorliegend ist jedoch auch in der Erklärung des Verteidigers, derzeit keine Einlassungen zur Sache abzugeben, keine auf die Förderung des Verfahrens gerichtete Tätigkeit ersichtlich. Erfolgt die Einstellung des Verfahrens ausdrücklich gemäß § 154 StPO, spielt das vom Verteidiger vorgetragene Einlassungsverhalten des Beschuldigten für die Einstellung des Verfahrens keine Rolle, so dass die zusätzliche Gebühr der Nr. 4141 RVG-VV mangels einer auf die Förderung des Verfahrens gerichteten Tätigkeit nicht entstanden ist. (Amtsgericht Aschaffenburg, Beschluss vom 24. Juli 2017 — 390 AR 46/17 juris).2

Die Entscheidung ist falsch, und zwar genaus so falsch wie die in bezug genommene des AG Aschaffenburg. Über die hatte ich damals hier ja auch berichtet (vgl.  Zusätzliche Verfahrensgebühr, oder: Warum schaut der “Proberichter” nicht mal in einen Kommentar?). Da hatte ich dazu angemerkt:

„M.E. ist die Entscheidung falsch. Denn für das Entstehen der Gebühr Nr. 4141 VV RVG reicht jede auf die Förderung der Erledigung des Verfahrens gerichtete und zur Verfahrensbeendigung „objektiv geeignete“ Tätigkeit des Rechtsanwalts aus (zutreffend BGH RVGreport 2008, 431 = AGS 2008, 491 = StRR 2009, 77 m. zust. Anm. Burhoff; OLG Stuttgart RVGreport 2010, 263 = AGS 2010, 202 = StRR 2010, 440; LG Dresden RVGreport 2010, 69 = StRR 2010, 239; LG Saarbrücken RVGreport 2016, 254 = AGS 2016, 171 = StRR 10/2016, 24; weitere Nachw. bei Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, VV 4141 Rn 11 und bei Burhoff/Volpert/Burhoff, Nr. 4141 VV Rn 18). Und dafür wäre das vom AG selbst erwähnte „Einlassungsverhalten“ des Beschuldigte, der im Zweifel geschwiegen hat, ausreichend gewesen, denn das war objektiv geeignet, zur Beendigung des Verfahrens – durch Einstellung – beizutragen. Ob es das tatsächlich hat, ist eine Frage, die im Rahmen der Nr. 4141 VV RVG keine Rolle spielt. Der Umstand, dass die Staatsanwaltschaft den aus ihrer Sicht vielleicht einfacheren Weg der Einstellung nach § 154 StPO gegangen ist, sagt ja nichts über die Qualität der Mitwirkung des Verteidigers aus. Und das ist m.E. auch zutreffend, denn sonst hätten es die Gerichte in der Hand, durch die Wahl des „richtigen“ Einstellungsgrundes die Voraussetzungen für das Entstehen der Nr. 4141 VV RVG zu legen oder nicht. Das kann aber nicht richtig sein.“

Was ich mich in solchen Sache immer wieder frage: Warum schaut man nicht mal in einen Kommentar, sondern betet stumpf das nach, was andere schon falsch vorgebetet haben?

Pflichtverteidiger für den inhaftierten Mandanten auch nach Verfahrenseinstellung

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Nach dem Beitrag zum Entpflichtungsantrag im NSU-Verfahren (vgl: Ich behaupte: Es wird nicht reichen Frau Zschäpe) dann noch eine Pflichtverteidigungsfrage, aber dann dann aus dem „juristischen Alltag“. Also keine Revolution im Recht der Pflichtverteidigung  ist der LG Trier, Beschl. v. 02.06.2015 – 5 Qs 34/15, er ruft aber noch einmal zwei Punkte ins Gedächtnis, die man als Verteidiger nicht übersehen sollte. Grundlage ist folgender Sachverhalt: Die Staatsanwaltschaft führte gegen den Beschuldigten ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Fahrens ohne Fahrerlaubnis sowie des Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz. Der Beschuldigte befindet sich in einem weiteren gegen ihn geführten Ermittlungsverfahren seit dem 18.02.2015 in Untersuchungshaft. Aufgrund einer Verfügung der Staatsanwaltschaft sollte der Beschuldigte im Verfahren wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis u.a. verantwortlich vernommen werden. Der Beschuldigte ließ erklären, er werde über seine Verteidigerin eine Einlassung abgeben. Mit Schreiben vom 31. 03. 2015 beantragte diese Akteneinsicht und stellte am 22.04.2015 den Antrag auf Beiordnung als Pflichtverteidigerin im Ermittlungsverfahren wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis u.a. Durch Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 29.04.2015 wird das vorliegende Verfahren vorläufig gem. § 154 Abs. 2 StPO eingestellt im Hinblick auf die in dem Verfahren, in welchem sich der Beschuldigte seit dem 18.02.2015 in Untersuchungshaft befindet, zu erwartende Verurteilung. Mit gleicher Verfügung übersandte die Staatsanwaltschaft die Akte an das Amtsgericht zur Entscheidung über den Antrag der Verteidigerin auf Beiordnung als Pflichtverteidigerin. Dieses lehnte die Beiordnung unter Hinweis darauf ab, dass im Ermittlungsverfahren wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis u.a. zu keinem Zeitpunkt Untersuchungshaft vollstreckt worden sei, weshalb die Voraussetzungen einer Beiordnung gem. § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO nicht vorlägen. Das dagegen gerichtete Rechtsmittel hatte beim LG Erfolg  Dieses sagt:

  1. Die Bestellung eines Pflichtverteidigers ist jedenfalls dann rückwirkend nach Einstellung des Verfahrens nach § 154 Abs. 2 StPO zulässig, wenn der Antrag auf gerichtliche Beiordnung, vor Verfahrensabschluss gestellt wurde und die Voraussetzungen des § 140 StPO zu diesem Zeitpunkt bereits vorgelegen haben
  2. § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO gilt auch dann, wenn gegen den Beschuldigten in einem anderen Ermittlungsverfahren Untersuchungshaft vollstreckt wird.

Dazu zunächst: Entgegen der h.M. in der Rechtsprechung der OLG geht das LG – m.E. zutreffend – wie viele andere LG auch in der vorliegenden Fallgestaltung vergleichbaren Konstellationen davon aus, dass auch nachträglich noch ein Pflichtverteidiger bestellt werden kann/muss. Sie ziehen sich nicht auf den Satz: Die Pflichtverteidigung sei nicht im Kosteninteresse des Rechtsanwalts/Verteidigers eingeführt, zurück.

Und: Auch hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen des § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO liegt die landgerichtliche Entscheidung auf der Linie der h.M. in der Rechtsprechung (OLG Frankfurt StV 2011, 218 m. zust. Anm. Burhoff StRR 2011, 23; OLG Hamm StV 2014, 274; LG Frankfurt am Main StV 2013, 19 [Ls.]LG Heilbronn StV 2011, 222; LG Itzehoe StV 2010, 562; LG Köln NStZ 2011, 56; LG Nürnberg-Fürth StV 2012, 658; LG Stade StV 2011, 663 [Ls.]; einschränkend LG Bonn NStZ-RR 2012, 15 m. zust. Anm. Heydenreich StRR 2012, 103 [nur, wenn in dem anderen Verfahren gegen den Beschuldigten auch tatsächlich ermittelt wird]).

Abschließend ein vorsorglicher Hinweis: Die Verteidigerin hatte in ihrem Beschwerdeschriftsatz „lege ich Beschwerde ein“ formuliert. Diese Formulierung ist gefährlich, weil dem Verteidiger kein eigenes Rechtsmittel gegen die nicht erfolgte Bestellung zusteht sondern, nur dem Beschuldigten/Mandanten. Daher sollte eindeutig(er) formuliert werden, dass entweder „der Beschuldigte ….“ das Rechtsmittel einlegt oder eben „lege ich für den Beschuldigten…“. Das erspart dem Beschwerdegericht „Klimmzüge“ hinsichtlich der Zulässigkeit des Rechtsmittels, da das Rechtsmittel dann auf jeden Fall zulässig ist.