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Haft II: Dringender Tatverdacht in der Beschwerde, oder: Bewertung des Tatgerichts hat Vorrang

entnommen wikipedia.org

Im zweiten Posting dann etwas vom BGH, und zwar der BGH, Beschl. v. 06.08.2024 – StB 48/24, in dem der BGH noch einmal zur Beurteilung des dringenden Tatverdachts durch das Beschwerdegericht im Beschwerdeverfahren Stellung genommen hat.

Der Angeklagte befand sich vom bis zum 0 in U-Haft aufgrund Haftbefehls des Ermittlungsrichters des ), nach Anklageerhebung neu gefasst durch . Gegenstand des zuletzt maßgeblichen, der Anklage entsprechenden Haftbefehls ist der Vorwurf, der Angeklagte habe sich zwischen dem 20.05. und Ende Juni 2015 in der Arabischen Republik Syrien durch neun selbständige Handlungen an der ausländischen terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ (IS) beteiligt (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 StGB) und verschiedene Straftaten begangen (wegen der Einzelh. s. den Volltext des BGH).

Wegen dieser Vorwürfe findet seit dem 0 die Hauptverhandlung vor dem OLG Koblenz statt. Dieses hat den Haftbefehl durch Beschluss vom 0 mit der Begründung aufgehoben, dass der Angeklagte nach vorläufiger Bewertung des bisherigen, an über zwanzig Verhandlungstagen gewonnenen Beweisergebnisses der ihm zur Last gelegten Taten nicht mehr dringend verdächtig sei.

Dagegen die Beschwerde des GStA, die keinen Erfolg hatte:

Die nach § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 1 StPO statthafte und auch im Übrigen zulässige (§ 306 Abs. 1 StPO) Beschwerde ist unbegründet.

1. Die Beurteilung des dringenden Tatverdachts, die das erkennende Gericht während laufender Hauptverhandlung vornimmt, unterliegt im Haftbeschwerdeverfahren in nur eingeschränktem Umfang der Nachprüfung durch das Beschwerdegericht. Allein das Gericht, vor dem die Beweisaufnahme stattfindet, ist in der Lage, deren Ergebnisse aus eigener Anschauung festzustellen und zu würdigen sowie auf dieser Grundlage zu bewerten, ob der dringende Tatverdacht nach dem erreichten Verfahrensstand noch fortbesteht oder weggefallen ist. Das Beschwerdegericht hat demgegenüber keine eigenen unmittelbaren Erkenntnisse über den Verlauf der Beweisaufnahme. Allerdings muss es auch im Fall der Aufhebung eines Haftbefehls in die Lage versetzt werden, seine Entscheidung über ein hiergegen gerichtetes Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft auf einer hinreichend tragfähigen tatsächlichen Grundlage zu treffen. Hieraus folgt indes nicht, dass das erkennende Gericht alle bislang erhobenen Beweise in der von ihm zu treffenden Entscheidung einer umfassenden Darstellung und Würdigung zu unterziehen hat. Seine abschließende Bewertung der Beweise und ihre entsprechende Darlegung ist den Urteilsgründen vorbehalten. Das Haftbeschwerdeverfahren führt insoweit nicht zu einem über die Nachprüfung des dringenden Tatverdachts hinausgehenden Zwischenverfahren, in dem sich das Tatgericht zu Inhalt und Ergebnis aller Beweiserhebungen erklären müsste.

Um dem Beschwerdegericht eine eigenverantwortliche Entscheidung zu ermöglichen, bedarf es daher einer – wenn auch knappen – Darstellung, ob und inwieweit sowie durch welche Beweismittel sich der zu Beginn der Beweisaufnahme vorliegende Verdacht bestätigt oder verändert hat und welche Beweisergebnisse gegebenenfalls noch zu erwarten sind. Das Beschwerdegericht beanstandet die Beurteilung des dringenden Tatverdachts, soweit die Würdigung des Erstgerichts offensichtliche Mängel aufweist, welche die Einschätzung der Verdachtslage als unvertretbar erscheinen lassen. Der Beschwerde vermag es indes nicht zum Erfolg zu verhelfen, wenn der Rechtsmittelführer die Ergebnisse der Beweisaufnahme abweichend bewertet (s. insgesamt BGH, Beschlüsse vom StB 38/20, juris Rn. 12 f. mwN; vom StB 28/20, BGHR StPO § 112 Tatverdacht 5 Rn. 16 f.).

2. Unter Beachtung dieses Maßstabes ist die vorläufige Beweiswürdigung des Oberlandesgerichts hinzunehmen. Dieses hat in der angefochtenen Entscheidung und vertiefend mit Beschluss vom zur Nichtabhilfe die Gründe dargelegt, aus denen es einen dringenden Tatverdacht nicht mehr für gegeben erachtet. Diese Ausführungen sind ausreichend, um eine Prüfung nach den beschriebenen Grundsätzen zu ermöglichen und die im derzeitigen Verfahrensstand vorrangig vom Tatgericht vorzunehmende Bewertung der Beweislage zumindest als noch vertretbar anzusehen.

a) Das Oberlandesgericht ist nach Darlegung der Einlassung des Angeklagten und der bisher in der Hauptverhandlung erhobenen Beweise zu der Einschätzung gekommen, dass aufgrund der seit der Anklageerhebung und durch die Beweisaufnahme neu bekannt gewordenen Umstände die Möglichkeit nicht fernliege, dass der Angeklagte durch einige Zeugen zu Unrecht belastet worden sei. Beispielsweise hätten Zeugenvernehmungen Belastungstendenzen ohne sachlichen Hintergrund erbracht. Zudem habe die das Verfahren auslösende Nichtregierungsorganisation wesentliche entlastende Beweisergebnisse zum Teil über ein Jahr zurückgehalten und diese nur anlässlich der Zeugenvernehmung eines verantwortlichen Mitarbeiters in der Hauptverhandlung offenbart. Im Folgenden hat sich das Oberlandesgericht mit jedem einzelnen Tatvorwurf befasst und die aus seiner Sicht maßgeblichen Gründe für das Entfallen des dringenden Tatverdachts aufgezeigt.

b) Die dagegen mit der Beschwerde vorgebrachten Einwände dringen, zumal unter Berücksichtigung der weiteren Ausführungen im Nichtabhilfebeschluss, im Ergebnis nicht durch. Obschon in der Beschwerdebegründung erörterte Umstände nahelegen, dass eine andere Würdigung des aktuellen Beweisergebnisses möglich wäre, ergeben sich daraus keine offensichtlichen Mängel der angefochtenen Entscheidung.

aa) Das Oberlandesgericht hat in Bezug auf Fall 2 berücksichtigt, dass das Opfer des dem Angeklagten zur Last gelegten versuchten Tötungsdeliktes bislang nicht in der Hauptverhandlung vernommen worden ist und sonst keine das konkrete Geschehen betreffenden Beweismittel bekannt sind. Im Rahmen der vorläufigen Bewertung der Beweislage hat es einstellen dürfen, dass der sich in den Niederlanden aufhaltende Zeuge zu dem für seine Vernehmung vorgesehenen Hauptverhandlungstermin nicht erschienen ist, er seine Aussagebereitschaft von einem – aktuell nicht absehbaren – Familiennachzug abhängig gemacht hat und seine Vernehmung nicht zwangsweise herbeigeführt werden kann. Denn für die Beurteilung des Tatverdachts kommt es jedenfalls nach Beginn der Hauptverhandlung darauf an, ob die Verurteilung mit vollgültigen Beweismitteln hochwahrscheinlich ist (vgl. die entsprechende st. Rspr. zum hinreichenden Tatverdacht, etwa , BGHSt 64, 1 Rn. 14 mwN). Dass die – von der Einschätzung des Generalbundesanwalts abweichende – Prognose des Oberlandesgerichts zu einer Vernehmungsmöglichkeit des Zeugen unvertretbar ist, ist nicht ersichtlich. Im Übrigen hat es zur Bewertung der Beweislage den konkreten Tatvorwurf nicht unmittelbar betreffende Erkenntnisse aus der Beweisaufnahme heranziehen dürfen, die ihm Anlass gegeben haben, die bisherigen, sich aus den Akten ergebenden Aussagen des Zeugen kritischer als zuvor zu bewerten.

bb) Hinsichtlich des Falles 4 hat das Oberlandesgericht insbesondere erwogen, dass der bislang nicht in der Hauptverhandlung vernommene, laut Anklagevorwurf von der Geiselnahme Betroffene – nach vorläufiger Einschätzung der übrigen Beweislage – unzutreffende Angaben zu den Fällen 7 und 8 gemacht habe; daher sei die Richtigkeit des von ihm zu seiner eigenen Entführung Bekundeten nicht hochwahrscheinlich. Insofern macht der Generalbundesanwalt zwar berechtigterweise geltend, dass die Glaubhaftigkeit der Aussagen zu unterschiedlichen Vorfällen nicht einheitlich beurteilt werden müsse. Allerdings handelt es sich hierbei letztlich um eine Wertung, die während der Hauptverhandlung gerade dem Tatgericht vorbehalten ist. Ähnliches gilt für die Frage, inwieweit dem Umstand Gewicht zukommt, dass andere Zeugen ausgesagt haben, sie seien ebenfalls im „Gästepalast“ festgehalten, der Betroffene ihres Wissens aber nicht dort inhaftiert worden.

cc) Bezüglich der Fälle 7 und 8 habe, so das Oberlandesgericht, keiner der bisher vernommenen Zeugen von einer weiteren Hinrichtung zweier Kämpfer der „Freien Syrischen Armee“ über die Fälle 5 und 6 hinaus berichtet. Da der Bruder desjenigen Zeugen, auf den insoweit der dringende Tatverdacht bislang gestützt worden sei, nach dem bisherigen Ergebnis der Hauptverhandlung nach Zeugen für Anschuldigungen gegen den Angeklagten gesucht habe, erschienen aufgrund der engen familiären Verbundenheit auch die Aussagen des Zeugen und seiner Ehefrau nicht mehr geeignet, einen dringenden Tatverdacht zu begründen. Ferner habe der Zeuge nach Aktenlage Vorwürfe gegen einen Bruder des Angeklagten erhoben, die mit dem vorläufigen Ergebnis der Beweisaufnahme nicht in Einklang stünden. Dass das Oberlandesgericht vor diesem Hintergrund keinen dringenden Tatverdacht mehr sieht, ist nach den eingangs dargelegten Maßstäben vertretbar.

dd) Dies gilt ebenfalls für den Vorwurf zu Fall 9, demzufolge der Angeklagte mit anderen das von dem Bruder des vorgenannten Zeugen bewohnte Haus ausgeräumt und zur Nutzung durch den IS vorbereitet habe. Aus den bereits aufgezeigten Gründen hält das Oberlandesgericht die sich aus den Akten ergebenden Aussagen der Brüder und der Ehefrau für nicht ausreichend, um einen dringenden Tatverdacht zu begründen. Hinzu kommt, dass der das Haus ursprünglich bewohnende Bruder nach Bekundungen mehrerer Zeugen schon vor der Ankunft des IS geflohen gewesen sei und daher zu etwaigen Tätern aus eigener Anschauung keine Angaben machen könne.

ee) Für die aktuelle Beurteilung der Beweislage durch das Tatgericht ist schließlich nicht entscheidend, dass es bei Erlass des geänderten Haftbefehls insgesamt aufgrund der Aktenlage einen dringenden Tatverdacht angenommen, bislang aber die dort genannten Augenzeugen für die Fälle 2, 4 und 7 bis 9 nicht vernommen hat. Das Oberlandesgericht hat den möglichen weiteren Erkenntnisgewinn durch die ausstehenden Zeugenaussagen bedacht, die nach der letzten Haftentscheidung gewonnenen anderweitigen Erkenntnisse aus den von ihm plausibel dargelegten Gründen jedoch für so gewichtig gehalten, dass es seine ursprüngliche Einschätzung der Verdachtslage nicht mehr aufrechterhalten hat.“

Schneckenpost in Beschwerdeverfahren? – Nein, das KG treibt zur Eile

© frogarts -Fotolia.com

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Ganz gut zum BVerfG, Beschl. v. 02.12.2014 – 1 BvR 3106/09 (vgl. dazu Schneckenpost aus Karlsruhe – das BVerfG schafft 1,75 Worte/Tag) passt der KG, Beschl. v. 27.10.2014 – 2 Ws 360/14. In ihm geht es auch um eine Art „Schneckenpost“, so dass ich das Posting zu diesem Beschluss der Entscheidung des BVerfG gleich hinterher schicke. Und zwar um „Schneckenpost“, wenn es um die Vorlage einer Beschwerde beim Beschwerdegericht geht. Da sieht § 306 Abs. 2 StPO eine 3-Tagesfrist vor, innerhalb der die Akten vorzulegen sind. Die Frist wird in Strafverfahren häufig übersehen – ob bewusst oder unbewusst lassen wir mal dahingestellt. Das KG hat jetzt – wie auch schon früher andere OLG – die Einhaltung dieser Frist, vor allem in Haftsachen, mit deutlichen Worten eingefordert. Dazu aus dem Beschluss mit dem zugrundeliegenden Sachverhalt

„Nachdem der Verteidiger gegen das Urteil des Landgerichts Revision eingelegt hatte, erhob er mit Schriftsatz vom 31. August 2014 Haftbeschwerde, die noch am selben Tag beim Landgericht einging. Darin wies er u.a. darauf hin, dass die Untersuchungshaft unverhältnismäßig lang andauere und der Haftbefehl deshalb aufzuheben sei. Das Landgericht fasste eine Nichtabhilfeentscheidung jedoch erst am 10. September 2014; beim Kammergericht ging die Beschwerde mit einem Beschwerdeband gar erst am 21. Oktober 2014, mithin erst 51 Tage später ein. Im  Einzelnen:

 Am 10. September 2014 vermerkte der Strafkammervorsitzende, dass die Akte wegen der eingelegten Revision zur Staatsanwaltschaft übersandt worden sei und er der Haftbeschwerde nicht abhelfe; zugleich verfügte er unter „Haftbeschwerde Eilt sehr“ die Übersendung des Schriftsatzes an die Staatsanwaltschaft. Ob die – schon bis dahin – schleppende Bearbeitung der Haftbeschwerde auf einer verspäteten Vorlage des Schriftsatzes durch die Geschäftsstelle des Landgerichts oder auf einer zögerlichen Bearbeitung des Vorsitzenden beruht, lässt sich dem Beschwerdeband nicht entnehmen. Gleiches gilt für den Zeitpunkt, zu der der Aktenband bei der Staatsanwaltschaft einging. Fest steht hingegen, dass am 1. Oktober 2014 – mithin mehr als einem Monat nach Eingang der Beschwerde beim Landgericht – die dort zuständige Staatsanwältin vermerkte, dass die ihr bislang unbekannten Akten nach Dezernatswechsel am 30. September 2014 erstmals vorgelegen hätten. Da jedenfalls ausweislich eines Eintrags in MESTA die Akten beim Landgericht seien, verfügte sie zunächst die Rücksendung des Beschwerdebandes an das Landgericht, um diesen vervollständigen zu lassen. Da sich diese Verfügung und der Eingang der Sachakten gekreuzt hatten, verfügte sie am 2. Oktober 2014 die Fertigung von Ablichtungen aus den Sachakten (u.a. der Nichtabhilfeentscheidung). Dies geschah indes erst am 7. Oktober 2014, obwohl die Verfügung mit „Eilt! Haft! Sofort!“ überschrieben war. An diesem Tag verfügte die Staatsanwältin sodann die Übersendung an die Generalstaatsanwaltschaft, wo der Beschwerdeband am 10. Oktober 2014 einging und mit Stellungnahme an den Senat weitergeleitet worden ist (Eingang hier am 21. Oktober 2014).

Eine solche Verfahrensweise lässt sich mit § 306 Abs. 2 StPO nicht in Einklang bringen. Hiernach ist nach Eingang einer Beschwerde eine (Nicht-) Abhilfeentscheidung zu treffen. Wird der Beschwerde nicht abgeholfen, ist diese „spätestens vor Ablauf von drei Tagen dem Beschwerdegericht vorzulegen“. Der Umstand, dass es sich bei der genannten Regelung allein um eine „Soll-Vorschrift“ handelt (vgl. KG, Beschluss vom 3. Juli 2000 – 3 Ws 303/00 – [juris]; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 57. Aufl. § 306 Rdn. 11; Zabeck in KK, 7. Aufl. § 306 Rdn. 18), darf nicht dazu verleiten, eine Beschwerde erst mit erheblicher Verzögerung an das Beschwerdegericht weiterzuleiten (so auch OLG Naumburg, Beschluss vom 8. August 2000 – 1 Ws 359/00 – [juris]). Vielmehr stellt die unverzügliche Weiterleitung der Beschwerde nach dem Willen des Gesetzgebers den Regelfall, deren Nichteinhaltung hingegen die Ausnahme dar. Die Frist beginnt auch nicht erst mit der Nichtabhilfeentscheidung, sondern bereits mit dem Eingang der Beschwerde beim Gericht (vgl. Zabeck in KK a.a.O.; Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O.). Da sich die Vorschrift nach ihrem Wortlaut an den

Erstrichter wendet, beschreibt sie, bis wann die Vorlage der Beschwerde anzuordnen ist, nicht hingegen den Zeitpunkt bis zum Eingang der Beschwerde beim Beschwerdegericht (vgl. Matt in Löwe/Rosenberg, StPO 26. Aufl. § 306 Rdn. 23).

Auch wenn die Regelung vordergründig nur die Verfahrensweise bis zur Anordnung der Weiterleitung der Akten beschreibt, darf sie nicht dahin missverstanden werden, dass die nachfolgende – die Anordnung ausführende – Übermittlung der Beschwerde samt Akten nunmehr zögerlich erfolgen dürfte. Denn Ziel des § 306 Abs. 2 Halbsatz 2 StPO ist es, dem Obergericht eine möglichst rasche Entscheidung über die Beschwerde zu ermöglichen. Die einfachgesetzliche Regelung stellt daher eine spezielle Ausprägung des Beschleunigungsgrundsatzes dar (vgl. Matt in Löwe/

Rosenberg a.a.O. Fn. 71). Der mit einer frühzeitigen Nichtabhilfeentscheidung erreichte Zeitgewinn würde aber zunichte gemacht werden, wenn die anschließende Weiterleitung der Akten und die Bearbeitung der Beschwerde verspätet erfolgen würde. Mithin gebieten Sinn und Zweck des § 306 Abs. 2 Halbsatz 2 StPO ebenso wie der allgemeine Beschleunigungsgrundsatz – auch nach Erlass der Nichtabhilfeentscheidung – eine insgesamt vorrangige Bearbeitung des Beschwerdeverfahrens. Dies gilt umso mehr, wenn Gegenstand der Beschwerde eine Entscheidung ist, mit der ein Eingriff in die Rechte des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG verbunden ist. Eine Überschreitung der Dreitagesfrist kann hingegen dann zulässig sein, wenn der Beschwerdeführer gegenüber dem iudex a quo weiteren Vortrag angekündigt hat und mit einer dadurch verursachten Verzögerung des Verfahrens einverstanden ist; gleiches kann gelten, wenn zur Bearbeitung der Beschwerde weitere kurzfristige Ermittlungen erforderlich erscheinen (vgl. OLG München NJW 1973, 1143; Matt in Löwe/Rosenberg a.a.O.; a.A. Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O.).

306 Abs. 2 StPO ist keine bloße Ordnungsvorschrift. Sie regelt zwar nicht, welche Folge eine Fristüberschreitung nach sich zieht. Doch darf weder daraus noch aus ihrem Charakter als „Soll-Vorschrift“ geschlossen werden, dass eine Fristüberschreitung ausnahmslos folgenlos bleiben müsste. Jedenfalls bei erheblichen Fristüberschreitungen ist vorstellbar, dass der damit einhergehende Verstoß gegen den Beschleunigungsgrundsatz einer Beschwerde (mit) zum Erfolg verhelfen kann (offen gelassen vom OLG Naumburg, Beschluss vom 8. August 2000 – 1 Ws 359/00 – [juris]).

Die Voraussetzungen waren im vom KG entschiedenen Fall nicht gegeben – noch nicht? Jedenfalls aber ein deutlicher Hinweis und eine Entscheidung, die sich m.E. die Instanzgerichte hinter den sprichwöttlichen „Spiegel stecken“ sollten, wenn es um die Vorlage von Beschwerden geht. Und nicht nur die Gerichte, sondern auch die Staatsanwaltschaften.