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Verfahrensgebühr bei der Trunkenheitsfahrt, oder: Wenn Beschwerdeverfahren „unterbezahlt“ werden

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Und dann am RVG-Freitag zwei gebührenrechtliche Entscheidungen, einmal AG, einmal LG.

Ich starte mit dem AG Linz, Beschl. v. 22.03.2023 – 3 Cs 2080 Js 32837/22. Das AG äußert sich zur Bemessung der Verfahrensgebühr für das Vorverfahren (N. 4104 VV RVG) in einem verkehrsstrafrechtlichen Verfahren, in dem der Rechtsanwalt u.a. im § 111a-Verfahren tätig geworden ist.

Der Verteidiger hatte nach Beendigung des Verfahren wegen Trunkenheit Im Verkehr die zu erstattenden notwendigen Auslagen des Angeklagten geltend gemacht. Dabei hat er für die Verfahrensgebühr Nr. 4104 VV RVG die Höchstgebühr angesetzt. Der Kostenbeamte hat diese lediglich in Höhe der Mittelgebühr festgesetzt. Dagegen hat der Verteidiger Erinnerung eingelegt. Er ist der Ansicht, dass insbesondere der Umstand, dass er sich im Ermittlungsverfahren zu der Sicherstellung des Führerscheins geäußert, den Tatort besichtigt und Fotos gefertigt habe, den Ansatz der Höchstgebühr rechtfertige. Die Erinnerung hatte nur teilweise Erfolg:

„Die angemeldete Verfahrensgebühr Nr. 4104 VV RVG ist In der angesetzten Höhe (Höchstgebühr von 319,00. EUR) nicht erstattungsfähig. Erstattungsfähig ist insoweit lediglich ein Betrag von 208,75 EUR:

Zwar bestimmt grundsätzlich der Rechtsanwalt selbst die Höhe der Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung der Kriterien des § 14 RVG nach billigem Ermessen. Die Bestimmung ist allerdings dann nicht verbindlich, wenn sie nach Ansicht des zahlungspflichtigen Dritten hier der Landeskasse – unbillig ist. Davon ist auszugehen, wenn die vom Rechtsanwalt bestimmt Höhe der Gebühr um mehr als 20 % über der vom erstattungspflichtigen Dritten als angemessen angesehene Höhe der Gebühr liegt (LG Demold, Beschluss vom 9. Juni 2008 4 ls 47/08 Rn. 13, juris).

Dies ist vorliegend der Fall. Der Umstand, dass sich der Verteidiger im Ermittlungsverfahren zur Beschlagnahme des Führerscheins bzw. vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis schriftsätzlich äußerte bzw. Beschwerde gegen die vorläufige Entziehung i.S.d. § 111a StPO einlegte, den Tatort besichtigte und Fotos von der Örtlichkeit fertigte, rechtfertigt den Ansatz einer Verfahrensgebühr In Höhe von 319,00 EUR nicht. Die Mittelgebühr beträgt 181,50 EUR, Eine Erhöhung um ca. 76 % gegenüber der Mittelgebühr ist nicht gerechtfertigt.

Gemäß § 14 RVG ist die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und -Vermögensverhältnisse des Auftraggebers zu bemessen. In der hiesigen Sache ging es um ein Verkehrsstrafverfahren vor dem Amtsgericht (Strafrichter), das keine Besonderheiten aufwies, Der Sachverhalt war überschaubar, sämtliche Kriterien des § 14 RVG sind vorliegend als durchschnittlich bis leicht überdurchschnittlich einzustufen.

Soweit der Verteidiger sich im Ermittlungsverfahren zur Beschlagnahme des Führerscheins bzw. zur vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis geäußert hat, ist zwar zutreffend, dass dies bei der Bemessung der Verfahrensgebühr grundsätzlich, mitzuberücksichtigen ist, Denn für Beschwerden gegen § 111a-Beschlüsse bzw. das Auseinandersetzen mit der Beschlagnahme des Führerscheins entsteht keine besondere Gebühr. Das Beschwerdeverfahren ist vielmehr aufgrund des in Vorbem. 4.1 Abs. 1 VV RVG normierten Pauschalcharakters der Gebühren durch die jeweiligen Verfahrensgebühren mit abgegolten (vgl. Burhoff/Volpert, RVG, Rn 570 ff). Hierdurch wird jedoch zugleich deutlich, dass dem Beschwerdeverfahren keine besondere, eigenständige Bedeutung bei der Bemessung der Gebühren zuerkannt wurde, so dass dies bei der Ermittlung der hier in Rede stehenden Verfahrensgebühr allenfalls zu einer leicht überdurchschnittlichen Bemessung führt.

Gleiches gilt auch für die vom Verteidiger im Ermittlungsverfahren vorgenommene Besichtigung des Tatorts und Fertigung von Lichtbildern. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Kosten eigener Ermittlungstätigkelt des Verteidigers grundsätzlich nicht notwendig I. S. d. § 464a Abs, 2 StPO sind, denn die Ermittlung belastender und entlastender Umstände im Ermittlungsverfahren ist gemäß § 160 StPO Aufgabe der Staatsanwaltschaft. Darüber hinaus sind die prozessualen Möglichkelten – etwa durch das Stellen entsprechender Beweisanträge – auszuschöpfen und gehen privaten Ermittlungen vor (vgl. BeckOK StPO/Niesier, 46, Ed. 11.2023, StPO § 464a Rn. 23; Meyer-Goßner; StPO, § 464b, RdNr, 16; LG Detmold, Beschluss vom 9. Juni 2008 4 Qs 47/08 Rn. 13, Julis). Dennoch soll diese: für das Verfahren durchaus zielführende Tätigkeit des Verteidigers – vorliegend nicht gänzlich außer Ansatz bleiben, sondern Ist bei der Bemessung der Verfahrensgebühr mit zu berücksichtigen, was jedoch ebenfalls im Ergebnis nur eine leichte Erhöhung der Mittelgebühr rechtfertigt.“

Dazu ist Folgendes anzumerken. Zutreffend ist der grundsätzliche Ansatz des AG betreffend die Ermittlung der angemessenen Gebühr. Hinsichtlich der vom AG ermittelten Gebührenhöhe muss man m.E. dem AG aber widersprechen. Ich räume allerdings ein, dass die vom Verteidiger in Ansatz gebrachte Höchstgebühr sicherlich nicht gerechtfertigt war. Denn die mitgeteilten zusätzlichen Tätigkeiten rechtfertigen eine so hohe Gebühr nicht. Die Kriterien waren – so das AG – (alle) „leicht überdurchschnittlich“.

Waren aber alle (!!) Kriterien, wie es das AG ausführt, leicht überdurchschnittlich, dann ist die Verfahrensgebühr m.E. mit einer Überschreitung der Mittelgebühr von nur 15 % zu knapp bemessen. M.E. hätte man die Mittelgebühr schon um 50 % überschreiten können, was zu einer Gebühr in Höhe von 272,25 EUR geführt hätte. Dabei spielt der Umstand, dass alle Kriterien (zumindest) leicht überdurchschnittlich waren sicherlich die entscheidende Rolle.

Unzutreffend ist in dem Zusammenhang die Argumentation des AG betreffend das strafverfahrensrechtliche Beschwerdeverfahren. Es ist einfach falsch, wenn aus der Tatsache, dass die Tätigkeiten in Beschwerdeverfahren über Vorbem. 4.1 VV RVG mit den jeweiligen Verfahrensgebühren abgegolten werden/sind, (rück)schließen will, der Gesetzgeber habe den Beschwerdeverfahren keine „besondere eigenständige Bedeutung“ zugemessen. Denn: Dass im Strafverfahren keine Beschwerdegebühr – wie im Zivilverfahren die Nr. 3500 VV RVG – vorgesehen ist, beruht allein darauf, dass sich in der Expertenkommission, die dem Gesetzgebungsverfahren des RVG vorausgegangen ist, diejenigen, die für eine eigene Beschwerdegebühr plädiert haben, sich nicht haben durchsetzen können und das BMJ gegenüber den Ländern, die gegen eine solche Gebühr argumentiert haben, eingeknickt ist. Natürlich wäre und ist es angemessen (gewesen), die Tätigkeiten des Rechtsanwalts im strafrechtlichen Beschwerdeverfahren eigenständig zu honorieren. Man denke nur an umfangreiche und arbeitsintensive Haftbeschwerden oder eben auch Beschwerden in § 111a-Verfahren, die viel Arbeit machen können. Aber leider sieht man das nicht als erforderlich an. Um so traurige ist es, wenn dann auch noch die Arbeit des Verteidigers in einem Beschwerdeverfahren über § 14 RVG gering bewertet und honoriert wird.

Urteil falsch? Die Aufhebung macht das AG selbst, oder: Soll man lachen oder weinen?

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Soll man lachen, soll mann weinen? Das ist die Frage, wenn man den LG Essen, Beschl. v. 07.1.2017 – 26 Qs 62/17 – liest. Da hat das Ag mal kurz eben sein eigenes Urteil aufgehoben. Nicht überraschend, dass das LG sagt: Geht nicht. Sachverhalt und „Gründe“ dann hier:

I.

Am 05.04.2015 erließ die Stadt Essen gegen den Beschuldigten einen Bußgeldbescheid aufgrund eines Rotlichtverstoßes und setzte eine Geldbuße von 360 Euro sowie ein einmonatiges Fahrverbot fest. Auf die Hauptverhandlung vom 03.09.2015 erging ein den Bußgeld bestätigendes Urteil durch das Amtsgericht Essen. Hiergegen legte der Beschuldigte Rechtsbeschwerde ein. Gemäß dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft Hamm hob das Oberlandesgericht Hamm das Urteil mit Beschluss vom 21.01.2016 mit den zugrunde liegenden Feststellungen auf und verwies es zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Essen zurück. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens, im Zuge dessen die Sachverständige die Zeugen „vernahm“, erging am 25.08.2017 schließlich erneut ein Urteil durch das Amtsgericht Essen, mit welchem der Beschuldigte zur Zahlung einer Geldbuße von 100 Euro verurteilt wurde. Hiergegen legte die Staatsanwaltschaft Rechtsbeschwerde ein und begründete diese mit der mittlerweile eingetretenen Verfolgungsverjährung. Daraufhin hob das Amtsgericht Essen sein Urteil mit Beschluss vom 03.11.2017 auf. Gegen den am 08.11.2017 (Staatsanwaltschaft) bzw. 09.11.2017 (Verteidiger) zugestellten Beschluss legten sowohl die Staatsanwaltschaft am 29.11.2017 als auch der Beschuldigte am 13.11.2017 sofortige Beschwerde ein.

II.
Die gem. § 206a Abs. 2 StPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet.

Das Amtsgericht Essen war für die Aufhebung seines eigenen Urteils auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft hin nicht zuständig. Wie bereits bei der ersten Rechtsbeschwerde war auch bei dieser das Oberlandesgericht Hamm zur Entscheidung über die Rechtsbeschwerde berufen, § 79 Abs. 5 OWiG berufen. Der Aufhebungsbeschluss des Amtsgerichts war daher aufzuheben und ist zur Entscheidung über die Rechtsbeschwerde dem Oberlandesgericht vorzulegen.“

Die vielfach propagierte Verfahrensbeschleunigung ist ja ganz schön, aber so? Und man fragt sich dann doch, was sich der Amtsrichter bei seiner Entscheidung gedacht hat. Hoffentlich hat er überhaupt gedacht. Sieht allerdings m.E. nicht danach aus.

Ach so: Ich habe mich für Weinen entschieden.

Arbeitsverweigerung beim AG, oder: „Setzen Herr Amtsrichter. Ungenügend/Sechs….“

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Der eine oder andere Leser wird sich vielleicht noch an das Posting: Da „springt mir der Draht aus der Mütze“, oder: Arbeitsverweigerung zum OLG Karlsruhe, Beschl. v. 04.08.2016 – 2 (4) Ss 356/16 – AK 124/16 erinnern. Dazu passt ganz gut bzw. in die Kategorie gehört das LG Köln, Urt. v. 28.07.2016 – 152 Ns 59/15, über das der Kollege Siebers in seinem Blog ja auch schon berichtet hat. Der Kollege meint: Kein Urteil sondern eine Frechheit. Ich habe mir daraufhin den Volltext beim LG Köln besorgt – das geht in NRW über NRWE recht fix. Und in der Tat. Schon außergewöhnlich, was für das AG-Urteil noch eine gelinde Umschreibung ist. Der Kollege Siebers liegt mit „Frechtheit“ im Grund genommen gar nicht so verkehrt. Jedenfalls aber auch „Arbeitsverweigerung“, für die der Vorsitzende der Strafberufungskammer beim LG Köln mehr als deutliche Worte gefunden hat, die man „sich auf der Zunge zergehen lassen“ muss.

Allein schon der erste Satz des landgerichtlichen Urteils ist „bemerkenswert“:

Obwohl die Staatsanwaltschaft bereits Berufung eingelegt hatte, erschöpfte sich das Urteil in einem ordnungsgemäßen Tenor.

Und dann geht es weiter:

„Anstatt einer auch nur ansatzweise an der Vorschrift des § 267 StPO ausgerichteten Begründung ließ der Erstrichter lediglich die Anklageschrift und das vollständige Sitzungsprotokoll einschließlich sämtlicher Streichungen ablichten und die Kopien nach dem Tenor in das Urteil einfügen. Der Sinn seines Vorgehens erschließt sich der Kammer nicht. Die bloße Wiedergabe von Zeugenaussagen ersetzt keine Beweiswürdigung. Erst recht entbindet das rein mechanische Kopieren des Sitzungsprotokolls – noch dazu mit sämtlichen Streichungen – den Richter nicht davon, die von ihm erhobenen Beweise in ihrer Gesamtheit zu würdigen.

Dieses Vorgehen setzte der Erstrichter in der Folge fort. Als angebliche Einlassung des Angeklagten ließ er den vom Verteidiger im Ermittlungsverfahren zur Akte gebrachten Schriftsatz vom 20. Dezember 2013 vollständig in das Urteil hineinkopieren. Abgesehen davon, dass der Schriftsatz überhaupt nicht in die Hauptverhandlung eingeführt worden war, handelte es sich bei der vom Angeklagten nicht übernommenen Erklärung des Verteidigers gerade nicht um die Einlassung des Angeklagten. Diese erschöpfte sich vielmehr nicht nur in der Berufungsverhandlung in seiner Erklärung, sich aufgrund seines Rauschs an überhaupt nichts mehr erinnern zu können. Er habe lediglich eine „emotionale“ Erinnerung dahingehend, sich damals in irgendeiner Form bedroht gefühlt zu haben.

Schließlich hielt der Erstrichter ohne nähere Ausführungen oder eine Würdigung unter Verweis auf ein inhaltlich ebenfalls nicht mitgeteiltes rechtsmedizinisches Gutachten fest, die „Einlassung“ des Angeklagten lasse sich nicht widerlegen.

Die Kammer unterstreicht vor diesem Hintergrund ihre in der Hauptverhandlung bekannt gegebene Wertung, bei dem von einem Richter unterschriebenen Dokument handele es sich nicht um ein auch nur ansatzweise nach Maßgabe des § 267 StPO begründetes Urteil, sondern schlicht um eine Frechheit. Das Vorgehen des Erstrichters, völlig sinnfrei zu großen Teilen überhaupt nicht in die Hauptverhandlung eingeführte Aktenteile in sein Urteil hineinkopieren zu lassen, wird nicht nur dem Angeklagten und dem Geschädigten sowie den Besonderheiten der abzuurteilenden Taten, sondern auch und gerade dem Strafverfolgungsinteresse der Allgemeinheit in keiner Weise mehr gerecht. Die Fassung eines solchen „Scheinurteils“ bleibt auch vor dem Hintergrund der hohen Arbeitsbelastung der Amtsgerichte unerklärlich. Sie ist schon mit Blick auf §§ 258a, 339 StGB höchst bedenklich.

Schon vor diesem Hintergrund war die Kammer aufgefordert, das auch noch in der Sache (zugunsten des Angeklagten) grob fehlerhafte Urteil aufzuheben und – insofern zu Gunsten des Angeklagten – die beim Amtsgericht angefallenen Verfahrenskosten gemäß § 23 GKG niederzuschlagen.“

Heftig – so der Kollege Siebers -, oder: Da ist der Strafkammer und dem ihr Urteil begründenden Vorsitzenden aber „der Draht aus der Mütze gesprungen“. Ich habe während meiner richterlichen Tätigkeit – und die hat immerhin 1978 begonnen – und auch danach noch nie ein Berufungsurteil gelesen, in dem die Strafkammer dem AG eine solche Abfuhr erteilt. Der amtsrichterliche Kollege scheint bar jeder Kenntnis zu sein, wie man ein Urteil begründet, gegen das Berufung eingelegt ist. Oder ist es besser, zu seinen Gunsten anzunehmen, dass er keine Lust zur ordnungsgemäßen Begründung hat? Ich weiß nicht, was besser/schlimmer ist. Mit „Arbeitsbeslastung“ kann man übrigens nicht alöles gesund beten, da hat die Kammer Recht.

Die Hinweise der Kammer auf die „§§ 258a, 339 StGB“ sind mehr als deutlich – Frage: Anfangsverdacht, der die StA zum Tätigwerden verpflichten würde? Wahrscheinlich nicht. Und dass eine Berufungskammer von § 23 GKG Gebrauch macht und die Kosten der 1. Instanz niederschlägt -. Formulierung der Kammer: sie war „aufgefordert“ (!!) das zu tun – habe ich, wenn ich micht recht erinnere auch noch nicht gelesen.

Fazit: Setzen Herr Amtsrichter. Ungenügend/Sechs. Die „Versetzung“ ist gefährdet.

Und wenn ich dann das LG Freiburg, Urt. v. 25.02.2016 – 2 KLs 270 Js 21058/12 (dazu: Die Rechtsbeugung des Staatsanwaltes, oder: Scheinerledigung) dazu nehme: Kein gute Bild für die Justiz……

Auf in die dritte Runde, oder: Was schert mich mein OLG?

FragezeichenManchmal versteht man AG/Amtsrichter nun wirklich nicht. Aber vielleicht kann es mir ja jemand erklären, woran es liegt, dass Vorgaben, die das OLG in einer aufhebenden Entscheidung (offenbar) gemacht hat, nicht beachtet = offenbar einfach ignoriert oder überlesen werden. Das ist – jedenfalls für mich – das Fazit aus dem OLG Karlsruhe, Beschl. v. 08.01.2014 – 2 (5) SsBs 649/13. Das OLG hat in seiner Entscheidung nämlich zum zweiten Mal ein Urteil des AG Lörrach aufheben müssen, in dem dieses gegen eine Firma den Verfall eines Geldbetrages von 400 € angeordnet hatte. Grund: „Erneut“ nicht ausreichende Feststellungen. Das OLG – leicht säuerlich:

„Die Urteilsgründe genügen erneut nicht den Anforderungen, die an ein einen Verfall gemäß § 29a OWiG anordnendes Urteil zu stellen sind (hierzu etwa OLG Koblenz B.v.2e.09.2006 – 1 Ss247/06 und Senat B v. 19.02.2012 – 2(6) SsBs 457/11, beide in juris).

Wird gemäß § 29a OWiG der Verfall eines Geldbetrages angeordnet, müssen die die Berechnung der Erlangten tragenden Tatsachen und Grundlagen im Urteil so wiedergegeben und belegt werden, dass eine Überprüfung durch den Senat im Rechtsbeschwerdeverfahren ermöglicht wird. Hieran fehlt es in dem angefochtenen Urteil erneut. Es bleibt unklar, weshalb das Amtsgericht von einer Transportstrecke von 411 km ausgeht. Es erschließt sich ferner nicht, weshalb ein aus den Feststellungen sonst nicht ersichtliches Transportgewicht von 6,2 Tonnen zur Berechnung des Erlangten herangezogen worden ist.

Hinzu kommt, dass den Feststellungen nicht zu entnehmen ist, wer der Täter der Ordnungswidrigkeit war und ob gegen ihn ein Bußgeldverfahren durchgeführt wurde, was ein Verfahrenshindernis darstellen würde (§ 29a Abs. 4 OWiG).

Schließlich stellt es einen durchgreifender, Sachmangel des Urteils dar, dass ihm nicht entnommen werden kann, ob sich das Amtsgericht bewusst war, dass es sich bei der Verfallsanordnung um eine Ermessensentscheidung handelt, und welche Erwägungen der Ermessensausübung gegebenenfalls zugrunde gelegen haben.“

Zweimal „erneut“. Da fragt man sich dann doch, was der Amtsrichter im „zweiten Durchlauf“ eigentlich gemacht hat. Nur die ersten Urteilsgründe umgeschrieben? Das konnte nicht gut gehen. Denn das Urteil hatte das OLG ja schon aufgehoben.

Also jetzt dann die dritte Runde. Zum Glück hat das OLG „an das AG Lörrach“ zurückverwiesen und nicht, was nach § 79 Abs. 6 OWiG möglich ist/gewesene wäre, an ein anderes AG oder eine andere Abteilung. So muss zumindest nicht ein anderer Amtsrichter nacharbeiten, der ursprünglich zuständig bleibt zuständig. Tja, wer keine Arbeit hat, der macht sich welche. 🙁