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„Verteidiger, komm zurück“ – es gibt auch eine zweite Terminsgebühr

entnommen openclipart.org

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Die Woche eröffne ich mit einer positiven/erfreulichen Entscheidung zum Gebührenrecht. Ich habe sie vom Kollegen Siebers aus Braunschweig erhalten, der sie beim AG Cottbus erstritten hat. Der Kollege und ich hatten vorher über die vom AG zu entscheidende Frage gemailt, und zwar ging es um folgenden Sachverhalt:

Der Kollege war Pflichtverteidiger des Angeklagten beim AG. Er hat an dem auf den 02.06.2016 um 11.00 terminierten Hauptverhandlungstermin teilgenommen. Der Hauptverhandlungstermin wurde um 11.16 Uhr nach § 228 StPO ausgesetzt, weil der Angeklagte nicht erschienen war. Der Kollege und auch die Zeugen wurden entlassen. Der Angeklagte erschien später beim AG. Das AG nahm telefonisch Kontakt zum Kollegen auf und bat ihn um Rückkehr. Der Kollege ist dieser Bitte nachgekommen. Um 12.30 Uhr fand dann am selben Tag erneut ein Hauptverhandlungstermin statt. Der Kollege hat dann beantragt, als Pflichtverteidigergebühr u.a. zweimal die Terminsgebühr Nr. 4108 VV RVG festzusetzen. Festgesetzt worden ist zunächst nur eine Terminsgebühr mit der Begründung, dass auch, wenn zwei Termine an einem Tag stattfinden würde, es sich um einen Hauptverhandlungstag handeln würde und somit nur eine Gebühr nach Nr. 4108 VV RVG entstanden sei.

Über den Sachverhalt haben wir gemailt. Der Kollege suchte Rechtsprechung zu der Frage. Damit konnte ich leider nicht helfen, ich konnte nur auf zwei Fundstellen in unserem RVG-Kommentar und im Gerold/Schmidt hinweisen. Nun, jetzt gibt es Rechtsprechung. Denn das AG Cottbus hat im AG Cottbus, Beschl. v. 04.10.2016 – 72 Ls 1610 Js 19300/12 (14/14) – der Erinnerung des Kollegen abgeholfen:

„….Der Hauptverhandlungstag für den Termin um 11.00 Uhr war um 11.16 Uhr beendet und nach Aussetzung (nicht Unterbrechung) fand der neue Termin zwar an dem gleichen Tag, aber erst um 12.30 Uhr, statt. Es handelte sich um zwei verschiedene Termine, die zufällig auf den gleichen Wochentag gefallen sind, so dass auch zwei Terminsgebühren nach Nr. 4108 VV RVG entstanden sind.“

M.E. ist die Entscheidung zutreffend, auch wenn der Wortlaut der Nr. 4108 VV RVG – „je Hauptverhandlungstag“ – dem entgegen zu stehen scheint. Allerdings wird man die hier entschiedene Konstellation nicht unter die Formulierung in der Nr. 4108 VV RVG fassen können. Denn hier handelt es sich nicht (mehr) um einen bzw. gebührenrechtlich um denselben Hauptverhandlungstag. Die (erste) Hauptverhandlung war mit der Aussetzung wegen Nichterscheinens des Angeklagten beendet. Um 12.30 Uhr hat ein neuer Hauptverhandlungstag mit einem zweiten Hauptverhandlungstermin begonnen. Etwas anderes würde gelten, wenn die Hauptverhandlung nur unterbrochen worden wäre. Dann hätte es sich nur um einen Fortsetzungstermin am selben Tag gehandelt, für den die Beschränkung in der Nr. 4108 VV RVG heranzuziehen gewesen wäre.

Im Übrigen: Die Staatskasse wird durch diese Auffassung nicht schlechter gestellt bzw. belastet. Denn hätte sich der Kollege nicht bereit erklärt, zurückzukommen und erneut zu verhandeln, hätte die Hauptverhandlung an einem anderen Tag neu durchgeführt werden müssen. Dann wäre aber auf jeden Fall eine weitere Terminsgebühr entstanden. Auch das spricht m.E. dafür, dass die Entscheidung des AG zutreffend ist.

„Munition“ für die Akteneinsicht im Bußgeldverfahren – immer wieder Kampf um Eichschein, Bedienungsanleitung u.a.

Der Kollege Melchior berichtet gerade (vgl. hier) über ein Akteneinsichtsgesuch, bei dem ihm der Eichschein nicht übersandt worden ist mit der Begründung (in Bayern), dass der nicht Bestandteil der Akten sei und nur auf gerichtliche Anforderung übersandt werde. Der Kollege Voigt berichtet in einem Kommentar dazu, dass es in NRW etwa heißt, „haben wir nicht, gibt es also auch nicht, im Übrigen sind die Beamten geschult“.

Der dauernde Kampf um diese oder andere Unterlagen erstaunt mich dann doch immer wieder. Schließlich geht es bei der Frage der Akteneinsicht – auch des Umfangs – um das rechtliche Gehör. Wie soll eigentlich der Betroffene die Ordnunsgemäßheit einer Messung überprüfen, wenn er nicht alle Unterlagen kennt, die dafür von Bedeutung sind. Und dazu gehören m.E. Eichschein usw. Auch das Argument: Urheberrecht des Verfassers der Bedienungsanleitung zieht m.E. nicht. Der Anspruch auf rechtliches Gehör geht m.E. vor. M.E. muss sich der Verteidiger auch nicht damit zufrieden geben, dass die Behörde sagt: War geeicht und die Beamten sind geschult. Das ist m.E. nichts anderes als „Parteivortrag“.

In dem Kampf 🙂 muss man gut gerüstet sein. Dazu gehört die entsprechende Rechtsprechung der AG, die sich m.E. auf dem richtigen Weg befinden und dem Verteidiger ein Akteneinsichstrecht in all die Unterlagen einräumen, die auch einem Sachverständigen für ein Gutachten zur Verfügung gestellt werden müssen. Das sind:

Jeweils für Bedienungsanleitung bzw. Messfilm oder Messfoto

über AG Erfurt und AG Schwelm haben wir ja auch hier schon berichtet.

Die Bedienungsanleitung für das Dräger-Gerät findet sich im Internet unter: http://www.draeger.com/DE/de/products/alcohol_drug_detection/evidential/cdi_alcotest_7110_evidential.jsp

Für die sog. Lebensakte ist ganz interessant:

Ach so: Und dann muss man natürlich, wenn man Munition für die Rechtsbeschwerde haben will, mit der Problematik auch verfahrensrechtlich richtig umgehen. Im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde natürlich Antrag nach § 62 OWiG, zu allem anderen: Fortsetzung folgt :-).