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Einziehung III: Kein Abzug von Aufwendungen, oder: Was ist bei leichtfertiger Geldwäsche erlangt?

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Und dann habe ich noch das LG Hildesheim, Urt. v. 12.10.2023 – 25 NBs 5/23.

Das hat in etwa folgenden Sachverhalt:

Das AG hatte die Angeklagte wegen Geldwäsche in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe verurteilt, die Einziehung des Werts des Erlangten in Höhe von 15.184,25 EUR angeordnet und sie vom Vorwurf der – ebenfalls leichtfertigen – Geldwäsche in zwei weiteren Fällen freigesprochen. Auf die Berufungen der Angeklagten, die vollständigen Freispruch erstrebt hat, und der Staatsanwaltschaft hat das LG die Angeklagte wegen leichtfertiger Geldwäsche in vier Fällen verurteilt und die Einziehung des Werts des Erlangten in Höhe von 17.324,25 EUR angeordnet.

Das LG ist von folgenden Feststellungen ausgegangen: Im März 2022 las die Angeklagte in der Zeitung eine Annonce einer pp. GmbH aus Stuttgart, die eine Tätigkeit als „Transfermanagerin im Homeoffice“ anbot. In der Annahme, dass es sich um ein seriöses Arbeitsangebot handele, kontaktierte die Angeklagte die pp. GmbH. Die Angeklagte wurde sodann als Transfermanagerin auf 20-Stunden-Basis mit einem Stundenlohn von 18,75 € und 2% Provision pro getätigter Transaktion, die jeweils in dem „Umtausch“ von auf einem vorgeblichen Treuhandkonto eingehenden Überweisungen in Kryptowährungen bestehen sollte, eingestellt. Sie eröffnete auf Weisung eines Teammanagers P auf ihren Namen ein vorgebliches Treuhandkonto bei der Deutschen Kreditbank, welches für die Transaktionen dienen sollte, ferner ein Konto bei der Kryptowährungsbörse Bitpanda, über das dann die eigentlichen Transaktionen von Euro in die Kryptowährung Bitcoin erfolgen sollten. Sodann führte die Angeklagte die vier Transaktionen durch, wobei sie sich aufgrund des ihr in Aussicht gestellten, aber nie erhaltenen guten Verdienstes, der sich zunehmend aufdrängenden Einsicht verstellte, dass sie sich so an der Weiterleitung betrügerisch erlangter Geldbeträge beteiligte:

Am 22.3.2022 ging auf dem vorgenannten DKB-Konto eine Gutschrift über 1.940 EUR von P. mit dem Verwendungszweck „Privat“ ein. Die Angeklagte überwies diesen Geldbetrag am gleichen Tage auf ihr Konto bei der Bitpanda GmbH. Dort erfolgte der Umtausch in Bitcoin zum Zugriff durch den vorgeblichen P. oder anderen Verantwortlichen der PB Capital GmbH.

Weiter erhielt die Angeklagte am 28.3.2022 eine Gutschrift in Höhe von 5.584 EUR einer gesondert verfolgten B. mit dem Verwendungszweck „Auftrag“ auf das e Konto bei der DKB Bank überwiesen. Die Angeklagte überwies zunächst 200 EUR als Auslagenersatz auf ihr Privatkonto weiter. Die übrigen, auf dem DKB Konto der Angeklagten verbliebenen, 5.384 EUR wurden aufgrund eines Überweisungsrückrufes an B. zurück überwiesen. Die Angeklagte hatte aber bereits einen Bitcoinkauf bei der Bitpanda GmbH durchgeführt, weswegen sie inzwischen von dieser Gesellschaft auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird. Sodann sperrte wegen eines dort entstandenen Geldwäscheverdachts die DKB-Bank das Konto.

Der vorgebliche Herr P. bat die Angeklagte, kurzfristig ihr Privatkonto zur Verfügung zu stellen, u.a. weil nunmehr Echtzeitüberweisungen erfolgen sollten, die die DKB nicht anbiete. Ferner sollte sie ein Konto bei der Kryptowährungsbörse Kraken eröffnen.

Die Angeklagte erhielt ebenfalls am 28.3.2022 eine Überweisung vom Konto des F. in Höhe von 6.752,13 EUR auf ihr Sparkassenkonto. F. war dazu gebracht worden, Transaktionsnummern (TAN) seines Volksbankkontos einem vorgeblichen Bankmitarbeiter mitzuteilen. So wurde die Überweisung von seinem Konto mit dem Verwendungszweck „Rechnung Mercedes“ ausgelöst. Die Angeklagte überwies einen Geldbetrag in Höhe von 6.752 EUR von ihrem auf ihr Konto bei der Kryptowährungsbörse Kraken (Payward Limited) weiter. Es erfolgte ebenfalls eine Umwandlung in einer Krypotwährung mit Zugriff durch den vorgeblichen P. oder andere Verantwortliche der PB Capital GmbH

Am gleichen Tag überwies die Angeklagte noch weitere 8.432 EUR auf ihr Kraken-Konto und transferierte es in eine Kryptowährung, wobei das Geld aus einer Gutschrift in Höhe von 8432,12 EUR vom Konto des Y. stammte und welches aus einem vorangegangenen Betrug/Computerbetrug herrührte, was die Angeklagte ebenfalls nicht wusste.

Das LG ist in allen vier Fällen von einer leichtfertigen Geldwäsche (§ 261 StGB) ausgegangen und hat die Angeklagte, gegen die inzwischen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, insoweit verurteilt.

Zur Einziehung führt es aus:

„3. Die den Konten der Angeklagten überwiesenen und von ihr an P. oder andere Verantwortliche der PB Capital GmbH weitergeleiteten Geldbeträge sind von ihr im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB erlangt worden. Es ist daher die Einziehung des Werts des Erlangten in Höhe von insgesamt 17.324,25 € (Fall II.a 1.940 €, II.b. 200 €, II.c. 6.752,13 €, Fall II.d 8.432,12 € anzuordnen (§ 73c StGB).

Aufgrund der weitgehenden Rückbuchung des im Fall II.b erlangten Betrages ist nach Maßgabe des § 73e StGB in diesem Fall die Einziehung nur noch in Höhe der von der Angeklagten auf ihr Privatkonto überwiesenen 200 € anzuordnen. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen steht der Anordnung der Einziehung nicht entgegen.

Obschon die Angeklagte nicht vorsätzlich handelte, kommt ein Abzug ihrer Aufwendungen – die bis auf die von ihr auf ihr Privatkonto überwiesenen 200 € den erlangten Beträgen entsprächen – nach § 73d Abs. 1 S. 1 StGB nicht in Betracht. Zwar ist anerkannt, dass bei einem bloß fahrlässig handelnden Täter dieser Abzug vorzunehmen ist (vgl. Urteil der hiesigen Strafkammer 11 – 4. gr. Wirtschaftsstrafkammer v. 27. Oktober 2017, 22 KLs 14 Js 10671/14 unter D.II.1; zit. n. juris; best. durch Urteil d. BGH v. 23. Juli 2019, 1 StR 107/18; BGHSt 64, 161ff.; Fischer, a. a. O., Rn. 6 zu § 73d m. w. N.).

Dies kann aber nach Auffassung der Kammer aus rechtssystematischen Gründen nicht für den leichtfertig handelnden Täter gelten. Selbst ein nicht Tatbeteiligter Dritter ist ohne Abzugsmöglichkeit der Einziehung des Erlangten ausgesetzt, wenn er dessen kriminelle Herkunft hätte erkennen müssen, also sie leichtfertig verkannt hat (vgl. § 73b Abs. 1 S. 2 StGB, s. a. LK-Lohse, 13. Aufl. 2020, Rn. 15 zu § 73d m. w. N.; Fischer a. a. O.; a. A. Rübenstahl in Leipold/Tsambikakis/Zöller, Anwaltskommentar StGB, 3. Aufl. 2020, Rn. 17). Dieselbe Wertung folgt auch aus dem Vergleich mit dem zivilrechtlichen Kondiktionenrecht (§§ 812ff. BGB), dem die strafrechtliche Einziehung nachempfunden ist. § 817 S. 2 BGB schließt die Rückforderung einer vorsätzlich oder leichtfertig gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten erbrachten Leistung aus (vgl. BGH, Urteil v. 23. Februar 2005, VIII ZR 129/04, NJW 2005, 1490 m. w. N.; Grüneberg-Sprau, BGB, 82. Aufl. 2023, Rn. 17 zu § 817).“

Zur Sache: Man ist immer wieder erstaunt, wie leichtgläubig doch mancher ist, wenn es um das „Geld verdienen“. Dass das, was man der Angeklagten hier angetragen hat, nicht koscher sein konnte, lag m.E. auf der Hand. Teures Lehrgeld

Einziehung II: Einziehung von Taterträgen, oder: Abzug von Aufwendungen?

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Die zweite „Einziehungsentscheidung“ kommt mit dem OLG Karlsruhe, Beschl. v. 18.03.2019 – 2 Rb 9 Ss 852/18 – aus dem Bußgeldverfahren. Zugrunde liegt folgender Sachverhalt:

Das AG hatte gegen die Betroffene, eine GmbH, die Einziehung eines Geldbetrages in Höhe von 5.878,70 € angeordnet. Die Einziehungsbeteiligte betreibt ein Speditionsunternehmen und war mit dem Abtransport von Erdaushub von einer Großbaustelle beauftragt. Die Fahrer waren regelmäßig von der Einziehungsbeteiligten angewiesen worden, nicht überladen zu fahren. Bei insgesamt 102 Abtransportfahrten haben die für den Abtransport des Aushubs von der Baustelle eingesetzten Fahrzeuge der Einziehungsbeteiligten, so bezeichnete „40-Tonner“-Sattelzüge, das zulässige Gesamtgewicht von 40 Tonnen überschritten. Zur Bestimmung der Höhe des Einziehungsbetrages hat das AG ausgeführt, die Fahrer der Einziehungsbeteiligten hätten bei den in Rede stehenden Überladungsfahrten insgesamt 2.939,35 Tonnen Erd- und Steinaushub transportiert, sodass der Einziehungsbeteiligten auf der Grundlage eines Entgelts von vier Euro/t ein Gesamtbetrag von 11.757,40 € für die in Rede stehenden Überladungsfahrten an die Einziehungsbeteiligte ausgezahlt worden sei. Diesen Betrag hat das AG um die Hälfte reduziert.

Auf die Rechtsbeschwerde der Einziehungsbeteiligten hat das OLG das Urteil mit Ausnahme der Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen aufgehoben und insoweit zurückverwiesen.  DAS OLG geht davon aus, dass für die subjektive Komponente des § 29a Abs. 3 Satz 2 OWiG n. F. auch der Kenntnisstand des unmittelbar Handelnden, hier: also der Fahrer eines Lastwagens, genügt. Zum Abzug von Aufwendungen nach § 29a Abs. 3 OWiG in der Fassung vom 13.04.2017 führt dazu u.a. aus

„3. Das Amtsgericht durfte zur Bestimmung des von der Einziehungsbeteiligten im Sinne von § 29a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 OWiG erlangten Etwas – unabhängig von der Frage, wie hoch die Überladung letztlich war – im Ausgangspunkt die für die durchgeführten Transporte insgesamt erhaltene Gegenleistung zugrunde legen (zu § 29a OWIG in der vor aufgrund Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.04.2017 geltenden Fassung: Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 27.08.2015 – 2 Ss Owi 95/15 (60/15) -, juris Rn. 16; HansOLG Hamburg, Beschluss vom 02.01.2014 – 2 – 43/13 (RB), 3 Ss Owi 62/13, NZWiSt 2014, 146, 147; weitere Nachweise bei BeckOK OWiG/Meyberg aaO OWiG § 29a Rn. 42.2; vgl. auch Senat, Beschluss vom 23.12.2014 – 2 (6) SsBs 601/14-AK 160/14 Rn. 6 ff.; zur insoweit unveränderten Bestimmung des erlangten Etwas nach Neugestaltung des § 29a Abs. 2 OWiG: Mitsch, NZWiSt 2017, 338, 343).

4. Soweit jedoch das Amtsgericht weiter ausführt, dass das im diesem Sinne von der Verfallsbeteiligte Erlangte „nach der Entscheidung des Gesetzgebers für das Bruttoprinzip ohne Abzug etwaiger Kosten vollständig abzuschöpfen“ sei, und es der Frage, ob die Einziehung des für die Überladungsfahrten erhaltenen Gesamtentgelts in voller Höhe gerechtfertigt ist oder Abschläge vorzunehmen sind, nur im Rahmen der Ermessensausübung nachgeht, greifen die Überlegungen indes zu kurz. Denn sie lassen die vom Gesetzgeber mit Einführung des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung eingeführte Regelung des § 29a Abs. 3 OWiG n.F. außer acht. Insbesondere lässt sich, anders als das Amtsgericht offenbar meint, auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen gerade nicht begründen, dass etwaige im Zusammenhang mit den Überladungsfahrten angefallenen Aufwendungen der Einziehungsbeteiligten dem Abzugsverbot nach § 29a Abs. 3 Satz 2 OWiG unterliegen (vgl. zur Neuregelung eingehend BeckOK OWiG/Meyberg aaO OWiG § 29a Rn. 3a f, 35a, 43 ff.).

a) Aufgrund der Neugestaltung des § 29a OWIG ist nach der Vorstellung des Reformgesetzgebers das erlangte Etwas, dessen Wert nach § 29a OWIG n.F. der Einziehung unterliegen kann, nunmehr in zwei Schritten zu ermitteln, wobei in einem ersten Schritt das Erlangte im Sinne von § 29a Abs. 1, Abs. 2 OWiG rein gegenständlich und einem zweiten Schritt der Wert bzw. Umfang des Erlangten auf der Grundlage einer wertenden Betrachtungsweise zu bestimmen ist (Gesetzesentwurf Bundesregierung, BT-Drs. 18/9525, S. 105 unter Verweis auf S. 67, S. 62).

In Ausgestaltung dieser im zweiten Schritt anzustellenden wertenden Betrachtungsweise, die der Gesetzgeber als „Konkretisierung des Bruttoprinzips“ verstanden wissen will (vgl. BT-Drs. 18/9525, S. 62), ist in § 29a Abs. 3 OWiG im Einzelnen geregelt, inwieweit Gegenleistungen und sonstige Aufwendungen in Abzug zu bringen sind.

§ 29a Abs. 3 OWiG sieht hierzu grundsätzlich vor, dass bei der Bestimmung des Werts des Erlangten die Aufwendungen des Täters oder des „anderen“ (gemeint ist nach dem Regelungszusammenhang derjenige Dritte, der – wie hier – aufgrund des Handelns des Täters etwas erlangt hat) in Abzug gebracht werden müssen (§ 29a Abs. 3 Satz 1 OWiG). Etwas anderes gilt nur, soweit die Aufwendungen „für“ die Vorbereitung oder Begehung der Tat selbst getätigt worden sind (ausnahmsweises Abzugsverbot nach § 29a Abs. 3 Satz 2 OWiG). Nach der Vorstellung des Gesetzgebers enthält das Tatbestandsmerkmal „für“ dabei eine subjektive Komponente. Er hatte dabei ausgehend von dem für das Abschöpfungsrecht von ihm fruchtbar gemachten Rechtsgedanken des § 817 Satz 2 BGB, wonach (nur) das in ein verbotenes Geschäft Investierte unwiederbringlich verloren sein müsse, bei der Ausgestaltung des Abzugsverbots Fallgestaltungen im Auge, bei denen der Täter oder Teilnehmer (zu den Auswirkungen des im Ordnungswidrigkeitenrecht geltenden Einheitstäterbegriffs auf die Neufassung des § 29a OWiG: Beschlussempfehlung und Bericht zum Gesetzesentwurf, BT-Drs. 18/11640 S. 91) Aufwendungen willentlich und bewusst für die Vorbereitung oder Begehung einer Tat aufwendet oder einsetzt (BT-Drs. 18/9525, S. 105, 55, 67 a.E., 68; BT-Drs. 18/11640, S. 78 f., 91; hierzu auch Köhler NStZ 2017, 497 ff.; Fischer, StGB, 66. Aufl. 2019, § 73d Rn. 5). Nach dem Verständnis des Gesetzgebers sind insoweit nunmehr solche Aufwendungen bei der Bestimmung des Erlangten abzuziehen, die zwar für ein verbotenes Geschäft angefallen sind, bei denen der Täter (oder Teilnehmer) das Verbotene des Geschäfts jedoch lediglich fahrlässig verkannt hat, so dass die Aufwendungen nicht „bewusst (vorsätzlich)“ für eine Straftat getätigt wurden (vgl. zur neuen Rechtslage nach § 29a OWiG n.F. bereits Senat, Beschluss vom 21.11.2017 – 2 Rb 4 Ss 699/17-, juris Rn. 26; BT-Drs. 18/9525, S. 67 ff., 69 oben [zur Neugestaltung des § 73d StGB, dem das Abzugsverbot nach § 29a Abs. 3 Satz 2 OWiG entlehnt ist]; BT-Drs. 18/11640, S. 78 f., 91; vgl. dazu Köhler NStZ 2017, 497 ff. [mit Fallbeispielen]).

b) Gemessen an diesen Maßstäben tragen die Feststellungen des Amtsgerichts dessen Annahme, der Abzug von Aufwendungen komme nach § 29a Abs. 3 Satz 2 OWiG von vorneherein nicht in Betracht, nicht. Es fehlt an tragfähigen Feststellungen zu der im Abzugsverbot (§ 29a Abs. 3 Satz 2 OWiG) durch das Tatbestandsmerkmal „für“ vorausgesetzten subjektive Komponente. Insoweit durfte das Amtsgericht nicht – wie hier geschehen – sowohl die Frage etwaiger Verantwortlichkeiten des damaligen Geschäftsführers der Einziehungsbeteiligten als auch die Frage, inwieweit die Fahrer vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hatten, offenlassen.

1) Vor dem Hintergrund, dass Gegenstand der Einziehung vorliegend bei der Einziehungsbeteiligten aus den Überladungsfahrten entstandenen Vorteile waren und sie die Adressatin der Einziehungsanordnung ist, hätte es im Ausgangspunkt nahegelegen, bei der Prüfung der subjektiven Komponente des Abzugsverbots nach § 29a Abs. 3 Satz 2 OWiG zunächst auf das bei der Einziehungsbeteiligten vorhandene Vorstellungsbild abzustellen. Da es sich vorliegend bei der Einziehungsbeteiligten um eine juristische Person handelte, wäre insoweit auf das Wissen der zum Zeitpunkt der Ausführung der Taten verantwortlichen Geschäftsführungsorgane abzustellen gewesen, deren Kenntnisstand sich die Einziehungsbeteiligte zurechnen lassen muss (insoweit zu Recht Hellmann, Wirtschaftsstrafrecht, 5. Aufl., § 17 Rn. 1118).

Unter diesem Gesichtspunkt wäre der Einziehungsbeteiligten eine Geltendmachung naheliegend getätigter Aufwendungen wie Benzinkosten und zur Entlohnung der Fahrer aufgewendete Geldbeträge nach § 29a Abs. 3 Satz 2 OWiG daher dann verwehrt gewesen, wenn eines der damaligen geschäftsführenden Organe „bewusst und willentlich“ in die Überladungsfahrten verstrickt war, also aus dessen Sicht gezielt oder zumindest unter billigender Inkaufnahme der Überladung in die Fahrten investiert worden war (in vergleichbarem Sinne Köhler, NStZ 2017, 497, 509, zu einer von einem gutgläubigen Werkzeug zugunsten eines „Dritten“ ausgeführten Gewässerverunreinigung). Mit Blick darauf, dass nach den bisherigen Feststellungen auch der damalige Geschäftsführer frühzeitig über das Problem der Überladungen informiert wurde, liegt ein entsprechendes Bewusstsein jedenfalls für nachfolgende Fahrten nicht fern.

2) Unabhängig von etwaigen Kenntnisständen auf der Geschäftsführungsebene hätte es ebenfalls nahegelegen, bei der Prüfung des Abzugsverbots nach § 29a Abs. 3 Satz 2 OWiG der Frage nachzugehen, inwieweit jedenfalls die von der Einziehungsbeteiligten eingesetzten Fahrer als „Täter“ der Überladungsfahrten „bewusst und willentlich“ die Überladung der Fahrzeuge in Kauf genommen hatten. Denn angesichts der vom Amtsgericht an anderer Stelle getroffenen Feststellung, dass die Fahrer regelmäßig von Seiten der Einziehungsbeteiligten angewiesen wurden, nicht überladen zu fahren und sie zudem vom Wiegemeister der Firma Y beim Abladen stets auf die Überladungen hingewiesen wurden, lagen deren bewusste Verstöße gegen das Überladungsverbot durchaus nahe.

3) Den Kenntnisstand der Fahrer müsste sich die Einziehungsbeteiligte als Drittbegünstigte in Bezug auf die Abzugsfähigkeit angefallener Aufwendungen auch zurechnen lassen (so anhand von Fallbeispielen zu Recht Köhler NStZ 2017, 497, 508 f., der unter anderem den Rechtsgedanken der §§ 131, 166 BGB heranzieht; vgl. auch BeckOK OWiG/Meyberg aaO OWiG § 29a Rn. 48). Die von Hellmann insoweit vertretene Auffassung, das Abzugsverbot dürfe nur in Fällen „schuldhafter Verstrickung“ des Einziehungsadressaten selbst greifen, weswegen Hellmann eine Zurechnung schuldhaften Handelns nur auf entsprechendes Handeln von verantwortlichen Leitungspersonen, nicht aber von Mitarbeitern unterhalb der Leitungsebene oder Dritten erstrecken will (Hellmann, Wirtschaftsstrafrecht aaO Rn. 1118 f.; einschränkend auch KK-OWiG/Mitsch, 5. Aufl. 2018, OWiG § 29a Rn. 48; hiergegen zu Recht BeckOK OWiG/Meyberg aaO mit Nachweis zur Rechtsprechung des BVerfG) überzeugt mit Blick auf die Rechtsnatur der Einziehung, die auch nach der Reform gerade keine Strafe oder strafähnliche Sanktion beinhaltet (BeckOK OWiG/Meyberg aaO OWiG § 29a Rn. 48, 7 f.), nämlich nicht.

Der Senat verkennt dabei nicht, dass Fallgestaltungen denkbar sind, in denen die strikte Anwendung des Abzugsverbots im Einzelfall gleichwohl mit besonderen Härten verbunden sein kann. Solchen Härten kann jedoch mit Blick darauf, dass die Einziehung nach § 29a OWiG (anders als im Strafrecht) dem Wortlaut in § 29a Abs. 1, Abs. 2 OWiG nach („kann“) als Opportunitätsentscheidung ausgestaltet ist und die Bußgeldbehörde bzw. der Tatrichter infolge dessen jeweils ein eigenes Ermessen dahingehend auszuüben haben, ob und in welcher Höhe die Einziehung vorzunehmen ist (BeckOK OWiG/Meyberg aaO OWiG § 29a Rn. 77 ff. m.w.N.), im Rahmen dieser Ermessensentscheidung ausreichend Rechnung getragen werden.“

Ich weiß, ist nicht ganz einfach :-), steckt aber ggf. eine Menge Geld für den Mandanten drin.