Archiv der Kategorie: Beweiswürdigung

Klassischer Fehler, an der Grenze zum Anfängerfehler, oder: Die Unglaubwürdigkeit des Zeugnisverweigerungsberechtigten…

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In der letzten Zeit häufen sich m.E. Revisionsentscheidungen des BGH zu Beweiswürdigungsfehler.  Dazu zählt auch der BGH, Beschl. v. 05.10.2017 – 3  StR 401/17 -, ergangen in einem Verfahren wegen schwerer räuberischer Erpressung. Das LG Oldenburg hat den bestreitenden Angeklagten verurteilt. Der Zeugenaussage des Vaters des Angeklagten, wonach dieser ihn zur Tatzeit in einer Therapieeinrichtung besuchte, hat die Strafkammer nicht geglaubt. Sie hat dies mit folgenden Erwägungen begründet: Der Vater des Angeklagten habe „nicht annähernd plausibel erklären“ können, „warum er erst jetzt entsprechende Angaben gemacht habe“, obwohl er, wie er selbst eingeräumt habe, bereits kurze Zeit nach der Tat erfahren haben wolle, dass sein Sohn an der Tat beteiligt gewesen sein könnte. Dies sei umso weniger verständlich, als er eingeräumt habe, zunächst selbst geglaubt zu haben, dass sein Sohn an dem Überfall beteiligt gewesen sei. Er habe seinen Sohn dann aber – mindestens etliche Monate vor der Hauptverhandlung – darauf angesprochen, dass dieser ihn am Tattage doch besucht habe. Die Frage, warum er seinen Sohn dann „nicht bereits vorher durch Mitteilung des mutmaßlichen Alibis bei der Polizei“ entlastet habe, habe der Zeuge „nicht plausibel erklären“ können.

Das passt dem BGH so nicht:

„b) Diese Würdigung der Aussage des Vaters des Angeklagten R. verstößt gegen den vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung her-vorgehobenen Grundsatz, dass die Unglaubwürdigkeit eines zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigten Zeugen aus Rechtsgründen nicht daraus hergeleitet werden darf, dieser habe im Ermittlungsverfahren geschwiegen und erst in der Hauptverhandlung seine entlastenden Angaben gemacht; denn selbst die Verweigerung des Zeugnisses hätte nicht zum Nachteil des Angeklagten R. gewertet werden dürfen. Würde die Tatsache, dass ein Zeugnisver-weigerungsberechtigter von sich aus (zunächst) nichts zur Aufklärung beigetragen hat, geprüft und gewertet, so könnte er von seinem Schweigerecht nicht mehr unbefangen Gebrauch machen, weil er befürchten müsste, dass daraus später nachteilige Schlüsse zu Lasten des Angeklagten gezogen würden (BGH, Urteil vom 2. April 1987 – 4 StR 46/87, BGHR StPO § 52 Abs. 1 Verweigerung 1; Beschlüsse vom 13. August 2009 – 3 StR 168/09, NStZ 2010, 101, 102; vom 8. Dezember 2015 – 3 StR 298/15, NStZ 2016, 301).“

Klassischer Fehler des LG – an der Grenze zum Anfängerfehler…

Beweiswürdigung, oder: Wenn eine Vertrauensperson etwas gehört hat

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Heute ist ja an sich Gebührentag. Leider reicht mein Material aber nur für eine gebührenrechtliche Entscheidung, die ich dann heute Mittag vorstelle. Vorher bringe ich dann den BGH, Beschl. v. 07.09.2017 – 1 StR 329/17. In ihm nimmt der BGH noch einmal zur Frage der Beweiswürdigung bei Angaben von Vertrauenspersonen Stellung.

Das LG hat den Angeklagten u.a. wegen besonders schweren Raubes verurteilt. Der Angeklagte hatte die Tat bestritten hat. Das LG stützt seine Überzeugung im Wesentlichen auf die Angaben einer Vertrauensperson, die diese gegenüber einem Kriminalbeamten gemacht hat. Der hatte erklärt, eine von ihm geführte Vertrauensperson habe berichtet, sie habe gehört, dass der Angeklagte das Uhrengeschäft überfallen habe, nachdem ein Mittäter bereits vorher das Geschäft betreten habe. Dieselbe Vertrauensperson habe zudem später telefonisch mitgeteilt, dass der Angeklagte plane, am 8. Mai 2016 die S. -Tankstelle in Er. zu überfallen, was sich als zutreffend erwiesen habe. Das LG hat die Angaben der Vertrauensperson aufgrund weiterer Indizien als bestätigt angesehen. Dem BGH reicht die Beweiswürdigung des LG nicht:

„3. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters (§ 261 StPO). Ihm obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 2015 – 4 StR 420/14, NStZ-RR 2015, 148 mwN). Das Revisionsgericht hat die tatrichterliche Beweiswürdigung selbst dann hinzunehmen, wenn eine andere Beurteilung näher gelegen hätte oder überzeugender gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 2015 – 5 StR 521/14, NStZ-RR 2015, 178, 179). Die revisionsgerichtliche Prüfung erstreckt sich allein darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unter-laufen sind. Dies ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 1. Februar 2017 – 2 StR 78/16, NStZ-RR 2017, 183 [insoweit nicht abgedruckt] und vom 13. Juli 2016 – 1 StR 94/16, juris Rn. 9). Insbesondere sind die Beweise erschöpfend zu würdigen. Dabei ist der Tatrichter gehalten, sich mit den von ihm festgestellten Tatsachen unter allen für die Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkten auseinanderzusetzen, wenn sie geeignet sind, das Beweisergeb-nis zu beeinflussen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 2015 – 4 StR 420/14, NStZ-RR 2015, 148 mwN). Aus den Urteilsgründen muss sich außerdem ergeben, dass der Tatrichter die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert ge-wertet, sondern in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt hat (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 2. Februar 2017 – 4 StR 423/16, NStZ-RR 2017, 223).

4. Nach diesem Maßstab begegnet die Beweiswürdigung des Land-gerichts durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Beweiserwägungen sind lückenhaft, da das Landgericht sich nicht mit den von ihm festgestellten Tatsachen unter allen für die Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkten auseinan-dergesetzt hat. Zudem hat es die erhobenen Beweise nicht erschöpfend gewürdigt und die einzelnen Beweisergebnisse nicht in eine umfassende Gesamt-abwägung eingestellt. Dabei kann dahinstehen, ob die vom Landgericht gegenübergestellten Gesichtspunkte, die für und gegen die Annahme der Täterschaft des Angeklagten sprechen, schon die Anforderungen an eine Gesamtwürdigung erfüllen, weil das übergreifende wertende Element nicht erkennbar ist. Jedenfalls wäre eine solche Gesamtwürdigung lückenhaft.

a) Das Landgericht ist im Ansatz hinsichtlich der mittelbar eingeführten Angaben der Vertrauensperson zwar zutreffend von einem lediglich eingeschränkten Beweiswert ausgegangen und hat gesehen, dass die Bekundungen äußerst sorgfältig und zurückhaltend zu würdigen sind und durch andere ge-wichtige Beweisanzeichen außerhalb der Aussage bestätigt werden müssen (BVerfG, Beschluss vom 8. Oktober 2009 – 2 BvR 547/08, NJW 2010, 925, 926 Rn. 14 f.; BGH, Urteil vom 25. Juli 2000 – 1 StR 169/00, BGHSt 46, 93, 106; Beschluss vom 29. November 2006 – 1 StR 493/06, BGHSt 51, 150, 155 je-weils mwN; Sander in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 261 Rn. 83a f.; KK-StPO/Ott, 7. Aufl., § 261 Rn. 29a). Es hat diese Beweisanzeichen jedoch nicht unter allen für die Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkten erschöpfend gewürdigt…………….“

Sexueller Missbrauch, oder: Die Lücke in der Beweiswürdigung bei Aussage-gegen-Aussage

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Ich habe gerade erst gestern auf das BGH, Urt. v. 04.9.2017 – 4 StR 45/17 hingewiesen (s. Freispruch vom Vergewaltigungsvorwurf, oder: Aussage-gegen-Aussage), das die Aufhebung eines Freispruchs vom Vorwurf der Vergewaltigung in einer Aussage-gegen-Aussage-Konstellation zum Gegenstand hatte. Heute ist auf der Homepage des BGH der BGH, Beschl. v. 21.09.2017 – 2 StR 275/17 – eingestellt worden. Die Revision richtete sich gegen ein Urteil des LG Gera, durch das der Angeklagte u.a. wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern, versuchten schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern, jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern und wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zwei Monaten verurteilt worden ist. Der BGH hat (ebenfalls) aufgehoben, weil er in der gegebenen Aussage-gegen-Aussage-Konstellation Rechtsfehler bei der landgerichtlichen Beweiswürdigung sieht. Die sei lückenhaft:

„In Fällen, in denen – wie hier – „Aussage gegen Aussage“ steht, hat der Bundesgerichtshof zudem besondere Anforderungen an die Darlegung einer zur Verurteilung führenden Beweiswürdigung formuliert. Die Urteilsgründe müssen in einem solchen Fall erkennen lassen, dass das Tatgericht alle Umstände, welche die Entscheidung zugunsten oder zuungunsten des Angeklagten zu beeinflussen geeignet sind, erkannt, in seine Überlegungen einbezogen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. April 1987 – 3 StR 141/87, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 1; Beschluss vom 22. April 1997 – 4 StR 140/97, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 13; Senat, Beschluss vom 10. Januar 2017 – 2 StR 235/16, aaO) und auch in einer Gesamtschau gewürdigt hat (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Beschluss vom 10. Januar 2017 – 2 StR 235/16, aaO mwN). Dabei sind gerade bei Sexualdelikten die Entstehung und die Entwicklung der belastenden Aussage aufzuklären (vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 2002 – 1 StR 40/02, NStZ 2002, 656, 657; Senat, Beschluss vom 10. Januar 2017 – 2 StR 235/16, aaO).

b) Den danach an die Beweiswürdigung zu stellenden strengen Anforde-rungen ist das Landgericht nicht gerecht geworden. Seine Beweiswürdigung leidet unter durchgreifenden Erörterungsmängeln. Der Generalbundesanwalt hat insoweit in seiner Antragsschrift vom 19. Juli 2017 ausgeführt:

„Hinsichtlich des Kerngeschehens der sechs festgestellten Taten liegt eine ‚Aussage gegen Aussage‘-Situation vor. Anders als die Feststellungen zur Aussageentstehung sind die Feststellungen und Erwägungen zur Aussageentwicklung, die für die Bewertung der Aussage von Geschädigten des sexuellen Missbrauchs von besonderer Bedeutung sind (vgl. auch BGH, Beschluss vom 24. April 2014 – 5 StR 113/14, NStZ-RR 2014, 219), lückenhaft.

Das Landgericht führt aus, dass die Geschädigte ihre Erleb-nisse zunächst gegenüber dem Zeugen M. , dann auch detailreicher gegenüber der Polizei und schließlich ebenfalls umfassend vor der Kammer geschildert hat (UA S. 9). Aufgrund der Aussage der Kriminalhauptkommissarin B. stellt die Kammer sodann fest, dass die von der Geschädigten vor der Kammer gemachten Angaben mit denen übereinstimmen, die sie schon bei der Polizei gemacht hat. Auch hier habe sie schon die genaueren Details dazu – gemeint sind die als sexuelle Übergriffe bezeichneten Handlungen des Angeklagten – mitgeteilt. Dem Urteil sind jedoch diese genaueren Details der Aussage insbesondere zum Kerngeschehen nicht zu entnehmen. Ansatzweise werden lediglich die Situation nach dem letzten erlebten Übergriff im Jahr 2011, als die Geschädigte ihre Mutter aufgefordert hatte, sie abzu-holen (UA S. 11) und die Vorkommnisse geschildert, in denen der Angeklagte die Geschädigte an der Brust gestreichelt und mit der Zunge berührt hat (UA S. 25, 29). Ebenso nur in Ansätzen (UA S. 15, 27 f.) wird wiedergegeben, was die Geschädigte gegenüber ihrem Vater und ihrer Mutter zu den Taten des Angeklagten erzählt hat, als sie sich diesen anvertraut hatte.

Die Konstanz der Aussage der Geschädigten ist jedoch für die Verurteilung des Angeklagten von besonderer Bedeutung. Diese muss für das Revisionsgericht nachprüfbar sein, wodurch detaillierte Angaben zu den verschiedenen Aussagen der Zeugin erforderlich sind. Dies gilt umso mehr, als die Kammer im Zusammenhang mit den Feststellungen der Taten 5 und 6 selbst von Abweichungen zwischen der Aussage der Geschädigten vor Gericht und ihrer polizeilichen Vernehmung ausgegangen ist (UA S. 29).

Die von der Kammer nachvollziehbar (UA S. 9, 18 ff.) als widerlegt angesehene Einlassung des Angeklagten und als unglaubwürdig angesehenen Ausführungen der Zeugin U. (UA S. 11 f., 15 ff.) vermögen diese Mängel in einer Gesamtschau ebenso wenig (zu) beseitigen, wie die Aussagen der Zeugen M. und M. -U. zu vergleichbaren Taten des Angeklagten zum Nachteil der Zeugin Mü. .“

Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat an.

Und sonst scheint der BGH mit dem landgerichtlichen Urteil auch nicht zu recht zufrieden zu sein:

„3. Zur sprachlichen Abfassung eines Urteils verweist der Senat auf Meyer-Goßner/Appl, Die Urteile in Strafsachen, 29. Aufl., Rn. 207 ff.“

Poliscan Speed, oder: Heiligsprechung der PTB durch das OLG Frankfurt

entnommen wikimedia.org
Author Rvin88

Poliscan, Poliscan, Poliscan und kein Ende oder auch: PTB, PTB, PTB und keine Ende. Seit längerem ja nun schon wird die Diskussion um die Frage der Verwertbarkeit von Messungen geführt, die mit PoliscanSpeed durchgeführt worden sind. Die OLG verteidigen dieses Messverfahren, gegen das von einigen Sachverständigen erhebliche Bedenken vorgetragen werden, mit Zähnen und Klauen.

Aus der Diskussion stammt die Argumentation zur Bauartzulassung durch die PTB als „antizipiertes Sachverständigengutachten“. Das war in meinen Augen die Seligsprechung der PTB. Nun ist beim OLG Frankfurt der Heiligsprechungsprozess der PTB eingeleitet worden, und zwar in Zusammenhang mit der Diskussion darüber, welche Auswirkungen es hat, wenn von den Vorgaben in der Bauartzulassung abgewichen wird.  Die PTB sagt in ihren Stellungnahmen, nein, denn es ist nicht mit falschen Messergebnissen zu rechnen sei.

Und dazu liegt dann jetzt der/ein Heiligsprechungsbeschluss des OLG Frankfurt vor (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 08.09.2017 – 2 Ss OWi 919/17):

„Durch die obergerichtliche Rechtsprechung ist zudem hinreichend geklärt, dass „PoliScanSpeed“ weiterhin ein standardisiertes Messverfahren darstellt (vgl. I. 3 dazu nur: OLG Braunschweig, Beschluss vom· 14. Juni 2017 – 1 Ss (OWi) 115/17 -. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 27. Januar 2017- 1 OWi 1 Ss Bs 53/16 -, OLG Karlsruhe, Beschluss vom 26. Mai 2017 – 2 Rb 8 Ss 246/17 – , Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Beschluss vom 21. April 2017 – Ss RS 13/20 17 (26/17 OWi) – , jew.n.juris; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 23.06.2017 -2 Ss-OWi 542/17-).

Ein allein mit pauschaler Kritik an dem eingesetzten standardisierten Messverfahren unter Hinweis auf von der PTB bereits widerlegte Ausführungen aus anderen Verfahren begründete Beweisantrag war daher richtigerweise nicht geeignet, Zweifel an der Zuverlässigkeit der Messung hervorzurufen. Die amtliche Zulassung von Geräten und Methoden verfolgt gerade den Zweck, Gerichte von der Sachverständigenbegutachtung freizustellen (BGHSt 39, 291, 297). Die abstrakt-theoretische Möglichkeit eines Messfehlers vermag keine Zweifel an der Zuverlässigkeit der Messung nahezulegen (vgl. OLG Frankfurt am Main, – 2 Ss-OWi 224/11 -;- 2 Ss-OWi 147/12 -, BayObLG DAR 1998, 481 ; OLG Hamm NZV 1900, 279, OLG Köln VRS 88, 376). Der. Tatrichter würde die Anforderungen an seine Überzeugungsbildung vielmehr überspannen, wenn er ohne konkrete Anhaltspunkte an der Zuverlässigkeit der Messung zweifelt (st. Rspr. des Senats, vgl. OLG Frankfurt am Main,- 2 Ss-OWi 850/12 -, – 2 Ss-OWi 228/13 -, 2 Ss-OWi 269/13 -,jeweils m. w. N.). Das Amtsgericht konnte den Beweisantrag somit gemäß § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG ablehnen (vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 02.02.2017 -2 Ss-OWi 47/17-).

Die Ausführungen der Verteidigung erschöpfen sich darin, ein Sachverständigengutachten dazu einzuholen, ob das Gerät die beschreibenden Teile seiner Funktionsdarstellung, wie z. B. in einer Bauartzulassung wiedergegeben, in jeglicher Hinsicht und jeglicher Wortlautauslegung erfüllt. Die aktuellen Einwände gegen die PoliScanSpeed beziehen sich nicht darauf, dass das Gerät anders messen würde, als es dies zum Zeitpunkt der Prüfung durch die PTB getan hätte, sondern nur dass es angeblich anders misst, als die Funktionsweise in der Bauartzulassung beschrieben sein soll.

Darauf kommt es, wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat nicht an. Das Wortverständnis der Verteidigung zu Begrifflichkeiten in einer Bauartzulassung ist für das Bußgeldverfahren irrelevant. Maßgeblich ist das, was der Zulassungserteiler, vorliegend die PTB, gemeint hat

Die PTB hat immer wieder, zuletzt mit Schreiben vom 12.01.2017 und 29.03.2017 bestätigt, dass das Gerät genau so misst. wie es dies auch schon bei den Prüfungen der PTB getan hat. Die nunmehr diskutierten angeblichen Abweichungen in der Beschreibung der Funktionsweise hat die PTB insoweit erklärt, als die Beschreibung der Funktionsweise lediglich beschreibenden Charakter habe und sich die Bedeutung bei Kenntnis der Funktionsweise des Geräts eindeutig, entgegen der Darstellung der jetzigen Kritiker, ergebe. Die PTB hat insoweit sogar auch bestätigt, dass es für die Aufrechterhaltung der Bauartzulassung, und damit für die Verwertbarkeit ihres antizipierten Sachverständigengutachtens irrelevant wäre, ob die – nach Angaben der PTB verkürzte und vereinfachte – Beschreibung der Funktionsweise des Geräts den tatsächlichen Vorgängen im Gerät inklusive der Zusatzdaten entspricht, weil das Gerät auf jeden Fall genau so misst, wie es dies auch schon bei den extensiven Prüfungen durch die PTB getan hat.

Damit ist es für das Gericht unerheblich, ob die von den Kritikern nun. vorgebrachten angeblichen Abweichungen bei der Behandlung von Messpunkten außerhalb des Messbereichs zutreffen, oder ob es bei der Frage, was innerhalb des Messbereichs sein muss, von vornherein immer nur auf das Messobjekt selbst (und nicht die Messpunkte) ankam. Entscheidend ist primär, dass die PTB bestätigt hat, dass das Gerät in seiner aktuellen Verwendung genau dem Gerät entspricht, das auch getestet und dessen ordnungsgemäßen Messungen bestätigt wurden. Das Gerät misst nach den Ausführungen der PTB richtig. Eine weitere Beweiserhebung zur Ordnungsmäßigkeit der Messung war mithin nicht geboten.

Angesicht der unverändert fortgeltenden Bauartzulassung der PoliScanSpeed durch die PTB kann das Gericht von der Richtigkeit der Messung ausgehen, wenn das Gerät zum Messzeitpunkt gültig geeicht war und von einem Messbeamten, der über die nötige Sachkunde zur Bedienung des Geräts verfügt, entsprechend der Gebrauchsanweisung eingesetzt wurde und die Messung entsprechend nach der Gebrauchsanweisung ausgewertet wurde.“

Man steht fassungslos, aber auch hilflos vor dieser Argumentation. Die PTB zugleich Sachverständiger und Richter. Das ist die Heiligsprechung. Schade, dass nicht ein OLG mal den A…… in der Hose hat, den BGH mit den Fragen zu befassen. Dazu liest man dann nur: Wir befinden uns auf dem Stand der heiligmachenden Gnade der Weisheit herrschenden Meinung und der Rechtsprechung des BGH und müssen nicht vorlegen (so das OLG Bamberg). Ich bin froh, dass ich keine Fortbildungen mehr mache, weil ich nicht weiß, was ich den Verteidigern an der Stelle noch raten kann/könnte.

Freispruch vom Vergewaltigungsvorwurf, oder: Aussage-gegen-Aussage

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In einem beim LG Zweibrücken anhängigen Verfahren ist der Angeklagte vom Vorwurf der Vergewaltigung frei gesprochen worden. Ihm war zur Last gelegt worden, „die 17-jährige Nebenklägerin im Stadtgebiet von P. am Genick gepackt, ihr den Mund zugehalten und sie unter ihrer erfolglosen körperlichen Gegenwehr in einen nahe gelegenen Park gezerrt. Dort habe er sich, nachdem die Nebenklägerin auf den Boden gefallen und auf dem Rücken zu liegen gekommen war, auf deren Hände gekniet, ihre Leggings zerrissen und habe mit der sich fortdauernd wehrenden Nebenklägerin den vaginalen Geschlechtsverkehr ausgeübt, wobei er ihr seinen Unterarm auf den Mund hielt, um Hilfeschreie zu unterbinden. Danach habe er sie an den Haaren gepackt und sie für den Fall einer Offenbarung der Tat mit dem Tode bedroht, woraufhin sie habe flüchten können.“

Das LG hatte aus tatsächlichen Gründen frei gesprochen. Der BGH hat den Freispruch mit dem BGH, Urt. v. 04.9.2017 – 4 StR 45/17 – aufgehoben:

„1. Es ist schon zweifelhaft, ob das Urteil den formellen Anforderungen genügt, die nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an eine Freispruchsbegründung zu stellen sind (vgl. dazu BGH, Urteile vom 25. September 1990 – 1 StR 448/90, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 5; vom 10. August 1994 – 3 StR 705/93, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 10). Die danach regelmäßig erforderlichen zusammenhängenden Feststellungen zu den für erwiesen erachteten Tatsachen enthalten die Urteilsgründe nicht. Ob dies hier einen sachlich-rechtlichen Mangel darstellt oder ob tatsächlich keine Feststellungen zum eigentlichen Tatgeschehen möglich waren (vgl. dazu BGH, Urteil vom 26. November 1996 – 1 StR 405/96, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 12), kann aber letztlich dahinstehen. Denn jedenfalls die Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

2. Das Revisionsgericht muss es grundsätzlich hinnehmen, wenn der Tatrichter einen Angeklagten freispricht, weil er Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters (§ 261 StPO), weshalb es ihm obliegt, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein; es genügt, dass sie möglich sind (st. Rspr.; vgl. Senat, Urteil vom 12. Februar 2015 – 4 StR 420/14, NStZ-RR 2015, 148 mwN). Das Urteil muss aber erkennen lassen, dass der Tatrichter solche Umstände, die geeignet sind, die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat. Aus den Urteilsgründen muss sich ferner ergeben, dass die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert gewertet, sondern in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt wurden (BGH, Urteil vom 1. Februar 2017 – 2 StR 78/16). Rechtsfehlerhaft ist eine Beweiswürdigung schließlich dann, wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt worden sind. Dabei ist es weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zu Gunsten des Angeklagten von Annahmen auszugehen, für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte erbracht hat (BGH aaO).

3. Gemessen daran begegnet die Beweiswürdigung des Landgerichts in mehrfacher Hinsicht durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

a) Zum einen weist sie Lücken auf, weil die Strafkammer nicht in einer für das Revisionsgericht nachvollziehbaren Weise dargelegt hat, warum sie dem Gutachten der aussagepsychologischen Sachverständigen Dipl.-Psych. B. nicht gefolgt ist, wonach die Angaben der Nebenklägerin zur Tat und zum Täter mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ erlebnisfundiert seien.

aa) Zwar ist der Tatrichter nicht gehalten, einem Sachverständigen zu folgen. Kommt er aber zu einem anderen Ergebnis, so muss er sich konkret mit den Ausführungen des jeweiligen Sachverständigen auseinandersetzen, um zu belegen, dass er über das bessere Fachwissen verfügt (BGH, Beschluss vom 19. Juni 2012 – 5 StR 181/12, NStZ 2013, 55, 56). Vor allem muss er die Stellungnahme des Sachverständigen zu den Gesichtspunkten wiedergeben, auf die er seine abweichende Auffassung stützt (BGH, Urteil vom 20. Juni 2000 – 5 StR 173/00, NStZ 2000, 550, 551) und unter Auseinandersetzung mit diesen seine Gegenansicht begründen, damit dem Revisionsgericht eine Nachprüfung möglich ist (BGH, Urteile vom 11. Januar 2017 – 2 StR 323/16, NStZ-RR 2017, 222 f.; vom 14. Juni 1994 – 1 StR 190/94, NStZ 1994, 503).

bb) Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Zwar referiert die Strafkammer die gutachterliche Stellungnahme der aussagepsychologischen Sachverständigen, die sich ihrerseits erkennbar an den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten methodischen Anforderungen orientiert (vgl. dazu BGH, Urteil vom 30. Juli 1999 – 1 StR 618/98, BGHSt 45, 164), in aller Breite in den Urteilsgründen. Sie versäumt es aber, eine eigene Bewertung der Ergebnisse des Gutachtens vorzunehmen und im Einzelnen zu erläutern, aus welchem Grund sie sich der Gutachterin nicht anzuschließen vermocht hat. Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als im Hinblick auf das wesentliche Glaubhaftigkeitskriterium der Aussagekonstanz die Beurteilung der Sachverständigen von der Strafkammer, „das Kerngeschehen betreffend“, ausdrücklich geteilt wird (UA 44). Der allgemeine Hinweis darauf, die Bewertung der Angaben der Nebenklägerin durch die Gutachterin (mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ erlebnisfundiert) reiche zur Überführung des Angeklagten nicht aus und deren Bekundungen stünden der Einlassung des Angeklagten auch vor dem Hintergrund des Gutachtens „unvereinbar gegenüber“, kennzeichnet letztlich nur das abstrakte Problem der Aussage-gegen-Aussage-Konstellation, ohne dieses nach den konkreten Umständen des Falles unter Einschluss des psychologischen Gutachtens zu erörtern. Der Senat kann danach auch nicht überprüfen, ob der Einschätzung der Strafkammer in Bezug auf die Ausführungen der psychologischen Sachverständigen die erforderliche Sachkunde zugrunde liegt.“