Archiv der Kategorie: Gebührenrecht

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Vorverfahrensgebühr für Meldung nach Anklagezustellung?

Am Freitag hatte ich die Frage Ich habe da mal eine Frage: Vorverfahrensgebühr für Meldung nach Anklagezustellung?, die aus dem Rechtspflegerforum stammt, zur Diskussion gestellt.

Hm, was soll man zu der Frage sagen? Ich denke, dass der ein oder andere Leser ebenso wie ich mit dem Kopf geschüttelt hat. Wohlgemerkt: Rechtspflegerforum.

Es hatte dazu dann auch Antworten gegeben, und zwar u.a.:

Nein. Entscheidender Zeitpunkt ist der Eingang der Anklageschrift bei Gericht. Wenn das Gericht die Anklage zustellt, sind die Messen für die 4104 gesungen, es kann nur noch die 4106 anfallen. Natürlich vorausgesetzt, es hat nicht vorher eine Tätigkeit erbracht, die ggf nicht aus der Akte ersichtlich ist.

und unter Hinweis auf die vorstehende Antwort:

Steht sogar ausdrücklich in der Anmerkung zu Nr. 4104 VV RVG drin.

Dem ist nichts hinzuzufügen, außer: Ein Blick ins Gesetz…..

Ich habe da mal eine Frage: Vorverfahrensgebühr für Meldung nach Anklagezustellung?

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Im Moment sieht es mit Fragen mau aus, daher habe ich mal wieder im Rechtspflegerforum gestöbert und bin dabei auf folgende Frage gestoßen:

„Entsteht die Gebühr Nr. 4104 VV RVG, wenn sich der Rechtsanwalt erstmals nach Anklagezustellung, aber vor dem Eröffnungsbeschluss zur Akte meldet?

Konkret:

30.12.2022 Anklage

06.01.2023 Zustellung der Anklage

02.02.2023 RA beantragt Akteneinsicht, ordnungsgemäße Bevollmächtigung wird versichert

14.02.2023 RA reicht Akte zurück, beantragt Pflichtverteidigerbestellung

24.02.023 RA wird als Pflichtverteidiger bestellt

08.03.2023 Eröffnungsbeschluss und Terminsbestimmung“

Gegenstandswert für das Adhäsionsverfahren, oder: Spätere Reduzierungen

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In der zweiten Entscheidung des Tages, dem LG Halle, Beschl. v. 05.06.2024 – 3 Qs 40/24 – geht es um den Gegenstandswert für das Adäsionsverfahren.

Dem ehemaligen Angeklagten wurde eine vorsätzliche Körperverletzung vorgeworfen. Mit einem Formularschreiben vom 12.09.2022, machte der Geschädigte im Adhäsionsverfahren Schadensersatz und Schmerzensgeld gegen den Angeklagten geltend. Er verlangte Schadensersatz in Höhe von 500 EUR und Schmerzensgeld i.H.v. 1000 EUR sowie ein weiteres Schmerzensgeld von mindestens 1500 EUR. Der anwaltliche Vertreter des Geschädigten erklärte dann aber mit Schriftsatz vom 04.01.2023, dass klargestellt werde, dass lediglich ein Schmerzensgeld i.H.v. 500 EUR geltend gemacht werde und der zunächst beantragte Schadensersatzanspruch in diesem Verfahren nicht weiterverfolgt werde.

Mit Urteil vom 19.12.2023 verurteilte das Amtsgericht Eisleben den Angeklagten wegen vorsätzlicher Körperverletzung. Ferner wurde er verurteilt, an den Verletzten ein Schmerzensgeld in Höhe v. 1.500 EUR zu zahlen.

Der Verteidiger hat die Festsetzung des Gegenstandswertes im Hinblick auf das Adhäsionsverfahren. beantrag.  Das AG hat den Streitwert für das Adhäsionsverfahren auf 500 EUR festgesetzt.

Das dagegen gerichtete Rechtsmittel des Verteidigers hatte Erfolg:

„Die Beschwerde des Verteidigers ist zulässig. Der Beschwerdegegenstand beträgt hier mehr als 200 EUR (§ 33 Abs. 3 RVG). Die Beschwerde ist auch begründet. Der Streitwertbeschluss vom 13.03.2024 war deshalb aufzuheben.

Der Streitwert im Adhäsionsverfahren bemisst sich danach, in welcher Höhe Ansprüche des Geschädigten und Adhäsionsklägers bei Gericht, also dem Amtsgericht Eisleben, anhängig gemacht worden sind. Nach § 404 Abs. 2 StPO hat die Antragstellung dieselben Wirkungen wie die Erhebung der Klage im bürgerlichen Rechtsstreit. Sie treten mit Eingang des Antrags bei Gericht ein. Dies war hier der 14.09.2022. Zu diesem Zeitpunkt begehrte der Geschädigte und Adhäsionskläger insgesamt vom damaligen Angeklagten und letztendlich Verurteilten pp. 3.000 EUR, Daher bemisst sich die Höhe des Streitwertes nach dieser Summe und nicht nach der später ausgeurteilten Summe.

Der Streitwert für das Adhäsionsverfahren war daher auf 3.000 EUR festzusetzen.“

Die Entscheidung ist zutreffend. Spätere Reduzierungen haben auf die Höhe des Gegenstandswertes keinen Einfluss.

Angemessene Gebühren im Strafrichterverfahren, oder: LG Potsdam bemisst angemessen…

Bild von moerschy auf Pixabay

Am Gebührenfreitag kommt hier heute zunächst der LG Potsdam, Beschl. v. 15.08.2024 – 24 Qs 41/24 – zur Bemessung der Rahmengebühren für ein Strafrichterverfahren.

Der Kollege, der mit den Beschluss geschcickt hat, war Nebenklägervertreter. Das AG – Strafrichter – hat den Angeklagten verurteilt und ihm auch die notwendigen Auslagen des Nebenklägers auferlegt. Der Kolleg hat die gegenüber dem Angeklagten geltend gemacht. Das AG hat die anwaltlichen Gebühren für den Kollegen als Nebenklägervertreter oberhalb der Mittelgebühr festgesetzt. Das dagegen gerichtet Rechtsmittel des Angeklagten hatte keinen Erfolg:

„Das zulässige Rechtsmittel ist unbegründet. Es ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht die anwaltlichen Gebühren für den Nebenklägervertreter oberhalb der Mittelgebühr festgesetzt hat.

Dabei bestimmt sich die Angemessenheit einer Rahmengebühr für eine anwaltliche Tätigkeit gemäß § 14 RVG nach dem Umfang sowie der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie den Einkommensverhältnissen des Auftraggebers.

Ausgehend von diesen Zumessungskriterien ist die Kammer zu dem Ergebnis gelangt, dass die anwaltliche Tätigkeit des Nebenklägervertreters wegen der Bedeutung der Angelegenheit von den Durchschnittsfällen, die regelmäßig vor dem Strafrichter des Amtsgerichtes verhandelt werden, abweicht, während im Übrigen der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie die Einkommensverhältnisse des Auftraggebers als durchschnittlich anzusehen sind, wie dem Beschwerdeführer zuzugeben ist.

a) Der Umfang einer anwaltlichen Tätigkeit im Sinne des § 14 RVG bemisst sich nach den tatsächlichen zeitlichen Aufwand des Rechtsanwaltes bei der Bearbeitung des konkreten Mandates (vergleiche Mayer/Kroiß/Winkler, RVG, 8. Aufl. 2021, § 14 Rn. 16 mit weiteren Nachweisen). Eine besondere Berücksichtigung sollen dabei dem Aktenumfang, der Auswertung von Beiakten sowie der Anzahl und dem Umfang der gefertigten Schriftsätze zukommen (hier Mayer/Kroiß/Winkler, RVG, a.a.O., § 14 Rn.17).

Von diesen Kriterien ausgehend ist der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit vorliegend als durchschnittlich zu betrachten. Der Aktenumfang umfasst 192 Seiten. Beiakten existieren nicht. Zwar hat der Nebenklägervertreter das Rechtsmittel der Beschwerde eingelegt, um die Einstellung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft Potsdam abzuwenden, und hierdurch die Fortführung des Verfahrens und schließlich die Verurteilung des Angeklagten wegen Körperverletzung auch erreicht. Eine ungewöhnlich aufwendige anwaltliche Tätigkeit ist in der Einlegung des Rechtsmittels jedoch nicht zu erkennen, denn es waren keine schwierigen rechtlichen Fragen zu beurteilen. Letzteres wird auch daran deutlich, dass die Beschwerdeschrift lediglich anderthalb Seiten umfasst.

b) Die Schwierigkeit einer anwaltlichen Tätigkeit im Sinne des § 14 RVG bestimmt sich demgegenüber nach der Intensität von dessen Arbeit. Schwierig ist eine Tätigkeit dabei dann, wenn erhebliche, im Normalfall nicht auftretende Probleme auftauchen, seien sie rechtlicher oder tatsächlicher Natur (wie hier Mayer/Kroiß/Winkler, RVG, a.a.O., § 14 Rd. 22).

Derartige Probleme sind hier ebenfalls nicht zu erkennen. Zwar ist der Nebenkläger vietnamesischer Staatsangehöriger, er arbeitet aber seit vielen Jahren in Deutschland und kommuniziert mit seinen Kollegen in der deutschen Sprache. Er muss deshalb über Sprachkenntnisse verfügen, die alltagstauglich sind und eine Kommunikation mit ihm erlauben. Aus diesem Grunde vermag das Vorbringen des Nebenklägervertreters nicht zu überzeugen, wonach sprachliche Schwierigkeiten, die in der Hauptverhandlung die Hinzuziehung eines Dolmetschers veranlasst hätten, die Schwierigkeiten der anwaltlichen Tätigkeit erheblich erhöht hätten. Deshalb ist auch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit lediglich als durchschnittlich zu beurteilen.

c) Dagegen ist die Bedeutung der Angelegenheit deutlich erhöht gegenüber den Durchschnittsfällen vor dem Strafrichter des Amtsgerichtes.

Für die Beurteilung der Bedeutung der Angelegenheit im Sinne des § 14 RVG ist es demgegenüber entscheidend, welche tatsächliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung die Sache gerade für den Auftraggeber, hier den Nebenkläger, aufweist (vergleiche BeckOK RVG-v. Seltmann, 64. Edition, § 14 RVG Rn. 37).

Vorliegend war die Bedeutung der Angelegenheit dadurch erhöht, dass die vom Angeklagten begangene Körperverletzung bei ihm zu einem Rippenbruch geführt hatte, die nach Lage der Akten eine erstaunliche lange, 10-monatige Arbeitsunfähigkeit des Nebenklägers zur Folge hatte. Die tatsächlichen wie auch die wirtschaftlichen Folgen der Tat – der Nebenkläger hat aufgrund der Arbeitsunfähigkeit nach der Lebenserfahrung keinen Lohn, sondern Krankengeld erhalten -weichen deshalb erheblich von den durchschnittlichen Fällen, die beim Strafrichter des Amtsgerichtes verhandelt werden, ab.

Dies führt im Ergebnis dazu, dass der Nebenklägervertreter vom Grundsatz her zu Recht eine höhere anwaltliche Vergütung als die Mittelgebühr beansprucht und auch festgesetzt bekommen hat. Dabei gilt hinsichtlich der einzelnen Gebühren jedoch folgendes:

aa) Die Festsetzung der Grund- und Verfahrensgebühr durch das Amtsgericht i.H.v. 30 % über der Mittelgebühr ist vorliegend nicht zu beanstanden.

Denn, wie oben ausgeführt worden ist, ist die Bedeutung der Angelegenheit gegenüber den Durchschnittsfällen hier aufgrund der tatsächlichen und wirtschaftlichen Tatfolgen deutlich erhöht. Da ein Rechtsanwalt nach § 14 RVG bei der Bemessung seiner Gebühren ein Ermessen hat, billigt ihm die Kammer in ständiger Rechtsprechung in Übereinstimmung mit der herrschenden Lehre (vgl. nur BeckOK RVG-v. Seltmann, 64. Edition, § 14 RVG Rn. 13; Hartung/Schon/Enders, RVG, 3. Aufl. 2019, § 14 Rn. 23) insoweit einen Toleranzspielraum von bis zu 20 % zu.

Hiervon ausgehend ist die Geltendmachung von Anwaltsgebühren in Höhe von 30 % über der Mittelgebühr für die Grund- und Verfahrensgebühr vorliegend nicht zu beanstanden.

bb) Soweit sich die Verteidigung des Angeklagten gegen die Festsetzung einer um 50 % erhöhten Terminsgebühr wendet, hat sein Rechtsmittel ebenfalls keinen Erfolg.

Dies ergibt sich aus folgendem:

Bei der Bemessung der Terminsgebühr ist die Dauer der Hauptverhandlung nicht das alleinige Kriterium, jedoch ein wesentlicher Anhaltspunkt. Durch sie soll ausschließlich die Tätigkeit des Rechtsanwalts im Termin abgegolten werden, während die Vorbereitung des Termines in den Anwendungsbereich der Verfahrensgebühr nach Nr. 5109 VV RVG gehört (vergleiche Landgericht Detmold, Beschluss vom 03.02.2009,4 Qs 171/08; Landgericht Potsdam, Beschluss vom 15.08.2013, 24 Qs 77/13BeckRS 2013, 21155).

Nach überwiegender Meinung im Schrifttum soll dabei die Mittelgebühr einer Terminsgebühr für die anwaltliche Tätigkeit beim Strafrichter gerechtfertigt sein, wenn die Hauptverhandlung nicht länger als 1 Stunde betragen hat (wie hier Hartung/Schons/Enders, a.a.O., § 14 Rn. 53 mit weiteren Nachweisen; vgl. die Zusammenstellung von Beispielsfällen bei Enders, RVG für Anfänger, 21. Aufl. 2023 Rn. 99). Die Kammer schließt sich aufgrund eigener Erfahrungen dieser Meinung an, da sie den Realitäten strafgerichtlicher Verfahren weiterhin entspricht.

Hiervon ausgehend liegt die vorliegende Dauer der Hauptverhandlung mit 2 Stunden und 30 Minuten deutlich über dem Durchschnitt. Dies rechtfertigt die dem Nebenklägervertreter durch den angegriffenen Beschluss zugebilligte 50 %-ige Erhöhung der Terminsgebühr.

Insgesamt hat das Rechtsmittel deshalb keinen Erfolg.“

Der Entscheidung, die sich recht wohltuend von den sonst üblichen Instanzentscheidungen zur Bemessung der Rahmengebühren unterscheidet, ist im Wesentlichen zuzustimmen. Dabei darf man allerdings nicht übersehen, dass um die Höhe der Gebühren des Nebenklägervertreters gestritten worden ist, bei dem die Rechtsprechung m.E. – ein wenig – großzügiger ist als beim Verteidiger. Unzutreffend ist es m.E. aber, dass das LG die die Vorbereitung des Termines dem Anwendungsbereich der Verfahrensgebühr zuordnet, wobei nicht ganz deutlich wird, ob damit alle Tätigkeiten gemeint sind, also auch die konkrete Vorbereitung des Hauptverhandlungstermins, oder nur die allgemeine Vorbereitung der Hauptverhandlung, was zutreffend wäre.

Ach, und dann mal wieder <<Werbemodus an>> Zu den Rahmengebühren ist nachzulesen bei Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl. 2021, den man hier bestellen kann. <<Werbemodus aus>>.

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Kann ich noch die Wahlanwaltsgebühren geltend machen?

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Und dann noch die Lösung für die Freitagsfrage. Die hatte gelautet: Ich habe da mal eine Frage: Kann ich noch die Wahlanwaltsgebühren geltend machen?

Meine Antwort war:

„Moin,

das stimmt, da es sich dabei ja auch in erster Linie nicht um eine gebührenrechtliche, sondern um eine kostenrechtliche Frage handelt 🙂 .

Sie können die Gebühren der 1. Instanz (natürlich) nicht (mehr) geltend machen. Das AG-Urteil gibt es ja nicht mehr, es ist durch die Berufung der Staatsanwaltschaft und die Einstellungsentscheidung weggefallen.

Tragen Sie es mit Fassung.“