StPO I: Beweisverwertungsverbot, oder: Im Ermittlungsverfahren muss man nicht widersprechen….

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Heute dann drei StPO-Entscheidungen.

Und den Reigen eröffne ich mit dem BGH, Beschl. v. 06.06.2019 – StB 14/19. Der steht verhältnismäßig frisch auf der Homepage des BGH. Er ist zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen, was seine Bedeutung unterstreicht.

Der Entscheidung liegt in etwas folgender Sachverhalt zugrunde

Der GBA führt gegen den Beschuldigten seit dem 23.11.2018 ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Beihilfe zum Verbrechen gegen die Menschlichkeit und hiermit zusammenhängender weiterer Delikte. Am 07.02.2019 hatte der Ermittlungsrichter des BGH gegen den Beschuldigten einen Haftbefehl (4 BGs 25/19) erlassen, der ab dem 12.02.2019 vollzogen worden war. Gegenstand des Haftbefehls waren die Vorwürfe, der Beschuldigte habe in der Zeit vom 01.07.2011 bis zum 15.01.2012 im Rahmen eines ausgedehnten und systematischen Angriffs gegen die Zivilbevölkerung als Mitarbeiter des syrischen Allgemeinen Geheimdienstes anderen dazu Hilfe geleistet, in dem Gefängnis der Abteilung 251 dieses Geheimdienstes in Damaskus eine nicht näher bestimmbare Anzahl von Menschen, mindestens aber 2.000, zu foltern, die sich im Gewahrsam oder in sonstiger Weise unter der Kontrolle der dortigen Mitarbeiter befunden hätten, indem ihnen erhebliche körperliche und seelische Schäden und Leiden zugefügt worden seien, und eine nicht näher bestimmbare Anzahl von Menschen, mindestens aber zwei, aus niedrigen Beweggründen zu töten.

Mit Schriftsatz vom 26.04.2019 hatte der Verteidiger des Beschuldigten mündliche Haftprüfung beantragt. Der Ermittlungsrichter des BGH hatte daraufhin Termin zur mündlichen Haftprüfung auf den 27.05.2019 bestimmt und die Antragsschrift dem Generalbundesanwalt übersandt, ohne eine Frist zur Stellungnahme zu setzen.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 17.05.2019 (4 BGs 128/19) hat der Ermittlungsrichter des BGH den Haftbefehl – „aus Gründen der Zügigkeit ohne Durchführung“ der beantragten mündlichen Haftprüfung – aufgehoben und die unverzügliche Entlassung des Beschuldigten aus der U-Haft in dieser Sache angeordnet. Begründung: Zumindest derzeit sei der Beschuldigte der ihm angelasteten Beihilfetaten nicht dringend verdächtig, weil ein Nachweis diesbezüglich nur mit den Angaben bei seiner polizeilichen Einvernahme als Zeuge am 16.08.2018 zu führen wäre, der weit überwiegende Teil dieser Aussage aber nicht mehr in die Verdachtsprüfung eingestellt werden dürfe. Denn jedenfalls kurz nach Beginn der Zeugenvernehmung habe aufgrund seiner Äußerungen ein Tatverdacht gegen ihn auf der Hand gelegen, der zwingend erfordert habe, ihm den Beschuldigtenstatus zuzuerkennen, sodass er gemäß § 136 Abs. 1 Satz 2, § 163a Abs. 4 Satz 2 StPO zu belehren gewesen sei. Da der Verteidiger mit der Antragsschrift der Sache nach einen Verwertungswiderspruch erklärt habe, was er auch telefonisch klargestellt habe, führe der Verfahrensverstoß dazu, dass die Angaben des Beschuldigten einem Beweisverwertungsverbot unterfielen. Die ihm von der Polizei erteilte „Belehrung nach § 55 Abs. 2, § 163a Abs. 5 StPO“ (gemeint: § 55 Abs. 2, § 163 Abs. 3 Satz 2 StPO), keine Angaben machen zu müssen, mit denen er sich selbst belasten könnte, könne die Belehrung über die Rechte auf vollumfängliche Aussageverweigerung und Verteidigerkonsultation nicht ersetzen.

Gegen den den Haftbefehl aufhebenden Beschluss hat der GBA Beschwerde eingelegt. Er hat beanstandet, dass ihm entgegen § 33 Abs. 2 StPO keine ausreichende Gelegenheit gegeben worden sei, zu der beabsichtigten Aufhebung des Haftbefehls vor Durchführung der mündlichen Haftprüfung Stellung zu nehmen. Überdies hat er geltend gemacht, dass weder zu Beginn noch im Verlauf der polizeilichen Vernehmung vom 16.08.2018 eine Belehrung über die Beschuldigtenrechte habe erteilt werden müssen und diese Zeugenaussage somit insgesamt verwertbar sei. Die Entscheidung, ob die Strafverfolgungsbehörde einen Verdächtigen als Zeugen oder Beschuldigten vernehme, unterliege deren pflichtgemäßer Beurteilung. Hier habe vor und während der Aussage kein so starker Tatverdacht vorgelegen, dass die Grenzen des Beurteilungsspielraums willkürlich überschritten worden seien. Die Beschwerde hatte teilweise Erfolg.

Dre BGh nimmt umfangreich auch zu den Verfahrensproblemen in Zusammenhang mit der Vernehmung des Beschuldigten Stellung. Hier – wegen des Umfangs der Entscheidung – nur die insoweit interessierenden Leitsätze:

  1. Im Ermittlungsverfahren sind Beweisverwertungsverbote unabhängig von einem Widerspruch des Beschuldigten von Amts wegen zu beachten, auch wenn der zugrundeliegende Verfahrensmangel eine für ihn disponible Vorschrift betrifft.
  2. Zur Begründung der Beschuldigteneigenschaft durch die Stärke des Tatverdachts (Fortführung von BGHSt 51, 367).

Die Entscsheidung bitte selbst lesen. Ist lesenswert, auch wenn der BGH ein Beweisvrwertungsverbot (natürlich) ablehnt. Ich würde im Übrigen trotz der Ausführungen des BGH widersprechen….

Die mit Beweisverwertungsverboten und einem ggf. erforderlichen Widerspruch zusammenhängenden Fragen sind natürlich :-9 auch <<Werbemodus an >> umfassend dargestellt in den beiden Handbüchern zum Ermittlungsverfahren bzw. zur Hauptverhandlung. Bestellen kann man die im „Paket“ hier. <<Werbemodus aus>>.

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