Die dritte StPO-Entscheidung kommt aus dem OWi-Verfahren :-). Thema: Wirksamkeit der Zustellung des Bußgeldbescheides und damit Unterbrechung der Verfolgungsverjährung?
Dazu das AG Landstuhl im AG Landstuhl, Beschl. v. 26.01.2023 – 2 OWi 4211 Js 13113/22 -, den mir der Kollege Gratz geschickt hat:
„Entgegen der Auffassung der Verwaltungsbehörde kommt es im vorliegenden Fall für die Unterbrechung der Verfolgungsverjährungsfrist nach § 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 OWiG sowie für deren Verlängerung nach § 26 Abs. 3 S. 1 Alt. 2 StVG auf einen Nachweis des Zugangs des Bußgeldbescheids beim Betroffenen an. Aus der von der Verwaltungsbehörde (der Sache nach) in Bezug genommenen Entscheidung des OLG Koblenz (Beschl. v. 31.03.2022, Az.: 1 OWi 32 SsBs 233/21 ? veröffentlicht u.a. in BeckRS 2022, 11004) ergibt sich nichts anderes, da sich die vorliegende Fallkonstellation von der dortigen Fallkonstellation unterscheidet. Selbst wenn man eine Heilung von Zustellungsmängeln auch dann als möglich erachten wollte, wenn der Zustellungswille der Verwaltungsbehörde auf eine Zustellung beim Betroffenen gerichtet war, ein anderer Zustellberechtigter das Schriftstück aber tatsächlich erhält, kommt eine Heilung vorliegend nicht in Betracht, da der Verteidiger – mangels nachgewiesener Vollmacht (§ 53 Abs. 3 S. 1 OWiG) – nicht zustellberechtigt ist. Eine entsprechende Zustellberechtigung derjenigen Person, die tat-sächlich Kenntnis von dem zuzustellenden Schriftstück erhält, ist jedoch für die Bewirkung einer Heilung nach § 51 Abs. 1 S. 1 OWiG i.V.m. § 1 Abs. 1 u. 2 Nr. 4 LVwZG RP, § 8 VwZG zwingend erforderlich (so auch OLG Koblenz, a.a.O. (Rn. 7 f.)). Da vorliegend keine gesetzliche Zustellvoll-macht vorliegt und sich die Erteilung einer rechtsgeschäftlichen Zustellvollmacht dem Akteninhalt nicht entnehmen lässt, kommt eine Heilung des Zustellmangels nicht in Betracht.
Der Aufwand, der für die Aufklärung der Frage des Zugangs des Bußgeldbescheids beim Betroffenen erforderlich werden würde, steht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache, zumal der Betroffene verkehrsrechtlich unvorbelastet ist und kein Regelfahrverbot verwirkt wurde. Die gem. § 47 Abs. 2 S. 1 OWiG für eine Einstellung außerhalb der Hauptverhandlung erforderliche Zustimmung der Staatsanwaltschaft ist erteilt worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 467 Abs. 1 StPO. Hinsichtlich der notwendigen Auslagen des Betroffenen hat das Gericht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, diese nicht der Staatskasse aufzuerlegen (§ 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 467 Abs. 4 StPO). Das Gericht hat dabei berücksichtigt, dass dem Betroffenen in diesem Verfahrensstadium noch keine bußgeldrechtliche Vorwerfbarkeit zugeschrieben werden kann; da er nach Aktenlage jedoch weiterhin dringend verdächtig ist, die ihm zur Last gelegte Ordnungswidrigkeit (ungeachtet der Frage ihrer Verfolgbarkeit) begangen zu haben, ist es im vorliegenden Fall sachgerecht, seine notwendigen Auslagen ausnahmsweise nicht der Staatskasse aufzuerlegen.“