Archiv für den Monat: Dezember 2021

Das war das Jahr 2021 – beruflich und/oder privat, oder: Mein persönlicher Jahresrückblick 2021

Bild von samueliefue auf Pixabay

Auch in diesem Jahr 2021 gibt es wie schon in den vergangenen Jahren als letztes Posting des Jahres für meine Freunde/Follower 🙂 einen kurzen „quasi privaten“ Jahresrückblick. Alle anderen „Rückblicke“ – zu Fragen, Antworten, Postings und Witze – hatte ich schon bzw. sie kommen noch.

Heute also der persönliche Rückblick. Und wenn man sich so zurückblicke, was es in den letzten Jahren gegeben hat: Es ist auch in 2021 weitgehend gleich geblieben.

Leider auch mit dem Spitzenthema des Jahres: Corona. Wer hätte zum Jahreswechsel 2020/2021 gedacht, dass wir es mit dem Thema zum Wechsel von 2021 nach 2022 immerhin noch zu tun haben und dann wohl auch noch zu tun haben werden. Ich bin mit der Familie allerdings gut auch durch das zweite Pandemiejahr gekommen. Natürlich war es ein wenig viel Lockdown, aber ok, was sein muss, musste sein. Da nützt das ganze Klagen und Lamentieren nicht – und Querdenken schon gar nicht. Das macht es nur noch schlimmer für alle. Also: Leute, geht Impfen, dann geht es sicherlich schneller. Ja, ok, wir konnten uns auch in 2021 nicht so bewegen, wie wir es gern getan hätten und manche (Freizeit)Aktivitäten waren wieder/immer noch eingeschränkt. Aber es war alles machbar. Mir soll keiner mit Diktatur usw. kommen. In meinen Augen Blödsinn. Das mag der ein oder andere anders sehen, was m.E. aber nicht berechtigt ist. Ich habe mir für 2022 vorgenommen – wie auch schon für 2021: Man muss die Dinge positiv sehen und nicht jammern, was man nicht kann oder darf, sondern man muss sich über das freuen, was möglich ist.

Das vorab und dann wie immer: Auch in diesem Jahr an der Spitze unsere beiden Prinzessinnen. Sie werden größer oder auch erwachsener, meinen sie 🙂 . Sie gehen recht souverän mit der Situation in der Pandemie um. Obwohl: Auch das zweite Schuljahr kann man bei der „Großen“ abhaken. Nichts richtig Schönes, was schade ist.

Im Übrigen: Auch dieses Jahr ein coronabedingt häusliches Jahr. Große Reisen waren nicht, waren auch nicht geplant. Außer Borkum nichts gewesen, aber es gibt nun wahrlich Schlimmeres.

Beruflich war es ein recht erfolgreiches Jahr: Vier neue Bücher, und zwar den RVG-Kommentar, das OWi-Handbuch, das Handbuch Ermittlungsverfahren und das Handbuch, Hauptverhandlung, ein Ebook und dann auch noch der Gerold/Schmidt. Da ist keine Langeweile aufgekommen, obwohl ein Teil der erforderlichen Arbeiten natürlich schon in 2020 gelaufen sind. Bei den beiden Handbüchern hat sich die Entscheidung, die Werke nicht mehr allein zu stemmen, als goldrichtig erwiesen. Es hat sich ein tolles Team gefunden, das die Werke jetzt gemeinsam bearbeitet. Da ist mir vor der Zukunft nicht bange.

Und dann natürlich die offizielle Verleihung des „pro reo 2020“ am 13.11.2021 in Leipzig durch die ARGE Strafrecht. Über die Auszeichnung habe ich mich sehr gefreut. Und: Es war eine schöne Veranstaltung – trotz der pandemiebedingten Erschwernisse. Ist natürlich auch ein wenig Ansporn, weiter zu machen. Wer rastet, rostet.

Was kommt nun in 2022? Nun, wer kann das heute schon sagen? Das hängt doch letztlich davon ab, wie es mit Covid-19 weitergeht. Ich hoffe auf (noch) bessere Zeiten. Reisen sind erst mal nicht geplant, außer natürlich Borkum, aber das ist ja im Grunde nur eine zeitweise Sitzverlegung. Wenn mehr nicht geht, geht eben nicht mehr. Dann bleiben wir daheim und fahren mit dem Fahrrad über den Deich – das haben wir dieses Jahr auch gemacht. Oder ich schreibe noch ein Buch 🙂 .

So, das war dann der Rückblick 2021 und der Ausblick auf 2022.

Und zum Schluss zitiere ich aus des Postings der vergangenen Jahre:

„Abschließend – wie jedes Jahr – herzlichen Dank an alle Freunde, Bekannte, Leser, Abonnenten, Follower usw., die mich auch im  Jahr 2022 bei meinen Aktivitäten mit Rat, Tat und Hilfe unterstützt haben. Danke für das Interesse am BOB und an meiner Homepage Burhoff-Online. Ich bedanke mich bei allen Lesern meiner Beiträge, bei allen Lieferanten von Entscheidungen und Anregungen von und für Beiträge und auch bei allen Kommentatoren, wenn ich auch nicht unbedingt jeden Kommentar „unterschrieben“ hätte. Ihnen allen einen guten Jahreswechsel, wo immer Sie ihn auch verbringen.“

Ich bin – zum ersten Mal seit gut 10 Jahren wieder – an Silvester wieder auf Borkum. Das war früher immer eine Menge los an Silvester, das ist dieses Mal zwar nicht der Fall, aber ein Tapetenwechsel tut ja immer gut. Fenna 🙂 und Leni 🙂 feiern mit Freunden – coronagerecht nur zu viert (!!). Sie besuchen uns dann in den ersten Tagen des neuen Jahres auf Borkum. Ich denke, das geht. Alle dreimal geimpft und dann mit Test.

In dem Sinne: Ein gutes Neues.

Jahresrückblicksong 2021 – etwas anders als früher

Auch in diesem Jahr keine Entscheidungen, sondern an Silvester-High-Noon wie in den vergangenen Jahre einen Song, na ja nicht ganz. Denn es ist leider nicht mehr so einfach seitdem die “Zwergpisncher” ihren Jahresrückblicksong nicht mehr machen. Da muss man ein wenig suchen. Und das war in diesem Jahr nicht so ganz einfach. Ich weiß, woran es liegt. Ob es das Jahr war, dass ja nun nicht unbedingt zum Scherzen aufruft, obwohl ich finde, dass wir noch ganz gut durchgekommen sind.

Ich bin dann aber doch fündig geworden. Es ist allerdings etwas mehr als ein Song. Es handelt sich nämlich um den  Jahresrückblick 2021  von Extra 3 vom 16.12.2021 im Ersten (ja:  ÖRR 🙂 ). Vielleicht hat ja der ein oder andere Zeit zum Schauen, zumindest teilweise.

Verbunden ist auch dieses Posting natürlich wieder mit allen guten Wünschen für 2022 an alle Leser/Follower/Freunde und Bekannten. Auf in ein Neues Jahr 2022. Egal, was es bringt:  Wir müssen es so nehmen, wie es kommt. Tun wir es, dann ist schon mal eine Menge erreicht. Also: Packen wir es an. Und: Wir schaffen das.

Ich habe da mal eine Frage: Kann ich die Vergütungsvereinbarung nachträglich „zeitlich“ begrenzen?

© AllebaziB – Fotolia

Und dann noch die Gebührenfrage, die letzte im Jahr 2021 und auch das letzte „Arbeitsposting“. Das passt heute – wie heute morgen schon geschrieben – ganz gut, weil es dann am ersten Montag im neuen Jahr „normal“ mit der Lösung weiter gehen kann.

Hier dann die Frage:

„Sehr geehrter Herr Kollege Burhoff,

…..

Auch ich würde mich gerne mit einer quasi gebührenrechtlichen Fragestellung an Sie wenden, bei der ich selbst derzeit keine Idee habe.

Ich erlaube mir einfach einmal Ihnen mein Problem zu schildern:

In einem Mordverfahren, in dem der Mandant sich in Untersuchungshaft befindet, habe ich mit diesem eine Zeit-Honorarvereinbarung getroffen. Hierbei wird minutengenau abgerechnet. Eine Zuordnung von Gebühren auf bestimmte Verfahrensabschnitte ist hierbei, wie es in einer Zeit -Honorarvereinbarung wohl üblich ist(?), nicht erfolgt.

Mein Honorar wird, bisher immer anstandslos, von der Familie des Mandanten bezahlt. Da es sich um einen reinen Indizien-Prozess handelt, ist zu erwarten, dass es eine langwierige und damit sehr teure Hauptverhandlung geben wird.

Ich befürchte nun, dass für den Fall, dass der Mandant oder dessen Familie nicht mehr zahlen möchte  /oder kann, mir quasi das Wahl-Mandat entzieht und ich gegebenenfalls als Pflichtverteidiger beigeordnet werde.

Es geht mir hierbei nicht um die Frage, wie ich gegebenenfalls eine Pflichtverteidigerbeiordnung dann verhindern kann, sondern darum, ob es Möglichkeiten gibt, jetzt noch nachträglich das Honorar so zu gestalten, dass eine Anrechnung mir bei der PflichtverteidigerGebühren-Abrechnung nicht schadet. Ansonsten wäre nämlich zu befürchten, dass ich quasi aufgrund der bereits abgerechneten Wahl-Verteidiger Gebühren die anstehenden Hauptverhandlungstage quasi umsonst wahrnehmen würde.

Hätten Sie diesbezüglich einen kleinen Tipp?

Müsste die Zeit Honorarvereinbarung umgeschrieben und auf einen Verfahrensabschnitt nachträglich begrenzt werden? Verwenden Sie gegebenfalls andere Vertragsgestaltungen bei Zeit-Honorarvereinbarungen?“

Lösung dann im nächsten Jahr 🙂

Pflichtverteidigerbestellung im Adhäsionsverfahren, oder: 5. Strafsenat stiftet Verwirrung, jedenfalls bei mir

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Im Mittagsposting geht es dann in diesem Jahr noch einmal um das Adäsionsverfahren und die Frage des Umfangs der Pflichtverteidigung. Ich erinnere dazu an den BGH, Beschl. v. 27.07.2021 – 6 StR 307/21 – und dazu meinen Beitrag: BGH: Die Pflichtverteidigerbestellung umfasst auch das Adhäsionsverfahren, oder: Endlich, endlich!!

Dazu hat mir jetzt der Kollege Michl aus Oschatz einen Beschlus des 5. Strafsenats des BGH geschickt, der den Kollegen etwas ratlos zurücklässt. Mich übrigens aus :-).

Folgender Verfahrensablauf:

Der Kollege verteidigt den Angeklagten als Pflichtverteidiger in einem Strafverfahren wegen Sexualdelikten. Der Angeklagte bestreitet alle Taten. Die Nebenklage beteiligt sich mit Adhäsionsanträgen. Das LG verurteilt den Angeklagten wegen der Sexualdelikte und auch im Adhäsionsverfahren.

Gegen das Urteil und auch gegen die Adhäsionsentscheidung wird Revision eingelegt. Dre Kollege beantragt, ihn im Revisionsverfahren auch für das Adhäsionsverfahren beizuordnen. Er stellt ausdrücklich keinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe.

Der 5. Strafsenat des BGH entscheidet im BGH, Beschl. v. 27.10.2021 – 5 StR 162/21 -über die Revision, die zum Teil erfolgreich ist. Allerdings wird der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und auf Beiordnung des Verteidigers für das Adhäsionsverfahren in der Revisionsinstanz abgelehnt:

Begründung: Die für das Prozesskostenhilfeverfahren notwendige Darlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse fehle!

„Dem Angeklagten war die beantragte Prozesskostenhilfe für das Adhäsionsverfahren in der Revisionsinstanz zu versagen, weil der Antrag die für die Gewährung erforderliche Darlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse nicht enthält (§ 405 Abs. 5 Satz 1 StPO iVm § 117 Abs. 2, § 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO).“

So weit, so gut – oder auch nicht. Jedenfalls ist der Kollege ratlos und fragts sich: Wie kann der BGH einen Prozesskostenhilfeantrag ablehnen, den er nie gestellt hat? Wieso wird er nicht beigeordnet, obwohl die Beiordnung zwingend wäre?

Er erhebt Anhörungsrüge und beantragt, hinsichtlich der Prozesskostenhilfe die ablehnende Entscheidung aufzuheben und – klarstellend – die Beiordnung des (notwendigen) Verteidigers für das Adhäsionsverfahren auch in der Revisionsinstanz auszusprechen. Zur Begründung verweiset er auf die o.a. Entscheidung des 6. Strafsenats des BGH vom 27.07.2021 – 6 StR 307/21. Der 5. Strafsenat des BGH weist im BGH, Beschl. v. 08.12.2021 – 5 StR 162/21 – die Anhörungsrüge zurück. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs liege nicht vor. Und fügrt, was in meinen Augen zur Vrewirrung führt an:

„Ergänzend bemerkt der Senat:

Die Beiordnung des Verteidigers für das Adhäsionsverfahren nach § 404 Abs. 5 Satz 2 StPO setzt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und damit einen entsprechenden Antrag unter Beifügung einer Erklärung über die wirtschaftlichen Verhältnisse voraus (§ 405 Abs. 5 Satz 1 StPO iVm § 117 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, § 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Eine Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 GVG von der in der Gehörsrüge in Bezug genommenen Entscheidung des 6. Strafsenats des Bundesgerichtshofs liegt nicht vor. Denn der Antrag des dortigen Angeklagten, ihm für die Revisionsinstanz zur Verteidigung gegen den Adhäsionsantrag Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Verteidigerin zu bewilligen, blieb ebenfalls erfolglos (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Juli 2021 — 6 StR 307/21, NJW 2021, 2901).“

Tja, der Kollege ist verwirrt und ratlos. Und ich bin zumindest verwirrt. Denn ich frage mich: Was will der 5. Strafsenat dem Kollegen – und damit auch uns – sagen? Der Kollege war doch Pflichtverteidiger. Dann muss er doch nach der Rechtsprechnung des 6. Strafsenats nicht mehr extra für das Adhäsionsverfahren bestellt werden, sondern die Bestellung als Pflichtverteidiger umfasst automatisch auch das Adhäsionsverfahren. Sieht der 5. Strafsenat das genauso, hätte es doch genügt, wenn er – ebenso wie der 6. Strafsenat es getan hat – den Beiordnungsantrag unter Hinweis auf die umfassende Bestellung zurückgewiesen hätte. Auf die Frage der wirtschaftlichen Verhältnisse kam es dann nicht mehr an. Will der 5. Strafsenat hingegen die Frage anders sehen als der 6. Strafsenat, dann hätte man aber vielleicht doch ein Wort oder auch mehr dazu erwarten dürfen. Denn abgesehen davon, dass es sich um einen jahrelang andauernden Streit in der Rechtsprechnung handelt, der durch die Entscheidung des 5. Strafsenats entschieden schien, stellt sich dann doch Frage nach der vom 6. Strafsenat verneinten Abweichung vom 5. Strafsenat und vielleicht einer Vorlage gem. § 132 GVG. Es ist zwar richtig, dass der 5. Strafsenat in seinem Beschluss den Antrag des Verteidigers auch zurückgewiesen hat, aber doch eben mit einer ganz anderen Begründung.

Alles in allem bleibt die Frage offen, was der 5. Strafsenat meint und will. Mit der offenen Frage entlässt er uns dann in das neue Jahr 🙂 . Schade.

Der Kollege hatte dann noch gefragt, ob ich noch eine Idee habe, „was man hier gegen die offensichtlich falsche Entscheidung des 5. Strafsenats des BGH machen kann“? Nun ja, falsch bzw. lückenhaft zumindest hinsichtlich der Begründung, wenn sie von der Entscheidung des des 6. Strafsenats abweichen will. Im Ergebnis ist die Entscheidung allerdings ggf. richtig. Denn PKH kann und muss nicht mehr bewilligt werden – meint ja der 6. Strafsenat. Nur hätte der 5. Strafsenat das vielleicht auch sagen können. Gegen die Entscheidung „machen“ kann der Kollege nichts mehr.

Aber ich hoffe, ich habe ihn zumindest ein wenig insoweit beruhigen können, dass durch die Entscheidung m.E. hinsichtlich seiner gesetzlichen Gebühren für das Adhäsionsverfahren nichts entschieden ist. Denn über die hat der 5. Strafsenat ja nicht entschieden, wenn man – was man m.E. tun muss – die Rechtsprechung des 6. Strafsenats zugrunde legt. Denn danach umfasst ja die Pflichtverteidigerbestellung auch das Adhäsionsverfahren.

Kosten-/Auslagenentscheidung, oder: Berufung der StA und des Nebenklägers mit unterschiedlichem Ausgang

Bild von Here and now, unfortunately, ends my journey on Pixabay auf Pixabay

So, und dann haben wir heute den letzten Arbeitstag des Jahres und auch den letzten Arbeitstag der Woche. Daher heute noch einmal gebühren- bzw. kostenrechtliche Entscheidungen.

Dazu stelle ich zunächst den OLG Brandenburg, Beschl. v. 06.12.2021 – 1 Ws 135/21 (S) – zu einer Kostententscheidung im Berufungsverfahren betreffend die notwendigen Auslagen des des Nebenklägers im Fall von Berufungen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklägers, die in unterschiedlichem Umfang Erfolg haben:

Dazu folgender Sachverhalt:

„Mit Urteil vom 29. September 2020 erkannte das Amtsgericht Schwedt/Oder wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs auf eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten gegen den Verurteilten. Zudem entzog es ihm die Fahrerlaubnis, zog seinen Führerschein ein und wies die Verwaltungsbehörde an, dem Verurteilten vor Ablauf von noch 18 Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Die Kosten des Verfahrens und die dem mit Beschluss vom 24. August 2020 gemäß § 396 Abs. 2 StPO als Nebenkläger zugelassenen Ehemann der Getöteten entstandenen notwendigen Auslagen legte das Amtsgericht dem Verurteilten auf.

Gegen dieses Urteil legten sowohl der Verurteilte als auch die Staatsanwaltschaft Neuruppin – diese zum Nachteil des Verurteilten – Berufung ein. Der Nebenkläger schloss sich am 11. Februar 2021 dem Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft an.

Auf die Berufung des Verurteilten setzte das Landgericht Neuruppin mit Urteil vom 17. Juni 2021 die Vollstreckung der bei einem Jahr und sechs Monaten belassenen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus. Die weitergehende Berufung des Verurteilten und diejenige der Staatsanwaltschaft verwarf die Berufungskammer als unbegründet. Das Landgericht ermäßigte die Gebühr für das Berufungsverfahren um ¾ und legte die notwendigen Auslagen des Verurteilten zu ¾ der Staatskasse auf. Die notwendigen Auslagen des Nebenklägers hatte nach der Entscheidung des Landgerichts dieser selbst zu tragen.“

Dagegen das Rechtsmittel des Nebenklägers, das zu folgender Kostenentscheidung betreffend den Nebenkläger geführt hat:

„Die notwendigen Auslagen des Nebenklägers im Berufungsrechtszug werden zu ¼ dem Angeklagten auferlegt. Im Übrigen trägt der Nebenkläger die ihm im Berufungsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen selbst.

Die Gebühr für das Beschwerdeverfahren wird um ¼ ermäßigt. Die notwendigen Auslagen des Nebenklägers im Beschwerdeverfahren werden zu ¼ der Staatskasse auferlegt.“

Das hat das OLG wie folgt begründet:

„1. Die sofortige Beschwerde des Nebenklägers ist gemäß § 464 Abs. 3 S. 1 StPO unabhängig davon statthaft, ob dieser die Hauptentscheidung nach § 400 Abs. 1 StPO anfechten konnte (vgl. KG, Beschluss vom 22. Dezember 2014, 4 Ws 120/14; OLG Hamm, Beschluss vom 27. Mai 2014, 1 RVs 31/14; OLG Köln, Beschluss vom 22. August 2008, 2 Ws 406/08; sämtlich zitiert nach Juris). Sie ist ferner entsprechend §§ 306 Abs. 1, 311 Abs. 2 StPO form- und fristgerecht eingelegt worden.

2. In Abweichung von der angefochtenen Entscheidung waren die notwendigen Auslagen des Nebenklägers 2. Instanz zu ¼ dem Verurteilten aufzuerlegen, im Übrigen hat der Nebenkläger seine notwendigen Auslagen selbst zu tragen.

a) Für die zu treffende Entscheidung ist zunächst zwischen der – in vollem Umfang erfolglosen – Berufung der Staatsanwaltschaft Neuruppin und der – teilweise erfolgreichen – Berufung des Verurteilten zu differenzieren.

aa) Bei erfolglosem Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft zuungunsten des Angeklagten hat der Nebenkläger, der sich diesem Rechtsmittel angeschlossen hat, die ihm im Rechtsmittelverfahren entstandenen notwendigen Auslagen selbst zu tragen (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Mai 2018, 4 StR 642/, Rz. 4 m. w. N.; Beschluss vom 20. Juni 2018, 5 StR 136/18, Rz. 3; jeweils zu den Kosten des Revisionsverfahrens und jeweils zitiert nach Juris). Danach ergibt sich hier mit Blick auf die beiderseitige Berufungseinlegung, dass der Nebenkläger die Hälfte der ihm im Rechtsmittelzug entstandenen notwendigen Auslagen selbst zu tragen hat.

bb) Bezogen auf die Berufung des Verurteilten greift zunächst die Bestimmung des § 472 Abs. 1 S. 1 StPO. Sie gilt für die im Rechtsmittelverfahren zu treffende Entscheidung über die Nebenklageauslagen entsprechend (Münchener Kommentar – Maier zu § 472, Rz. 41). Danach sind die dem Nebenkläger erwachsenen notwendigen Auslagen dem Angeklagten aufzuerlegen, wenn er wegen einer Tat verurteilt wird, die den Nebenkläger betrifft. Diese Voraussetzung liegt hier unproblematisch vor. Gründe dafür, aus Billigkeitsgründen von dieser Auferlegung der notwendigen Auslagen ganz oder teilweise abzusehen (§ 472 Abs. 1 S. 3 StPO), liegen nicht vor.

Die Vorschrift des § 472 Abs. 1 S. 1 StPO ist allerdings zu derjenigen des § 473 Abs. 4 StPO in Relation zu setzen. Danach hat das Gericht bei teilweisem Erfolg eines Rechtsmittels – wie hier betreffend die Berufung des Verurteilten – die notwendigen Auslagen der Beteiligten ganz oder teilweise der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Die Bestimmung gilt beim Teilerfolg eines Rechtsmittels des Angeklagten im Fall der Nebenklage entsprechend, deren notwendige Auslagen sind dann zwischen dem Nebenkläger und dem Angeklagten zu verteilen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14. Februar 2011, III-4 Ws 59/11, Rz. 22; Beschluss vom 04. Oktober 1991, 4a Ws 184-186/91; Beschluss vom 30. März 1990, 4 Ws 44/90; OLG Celle, Beschluss vom 23. April 1999, 3 Ws 120/99, Rz. 3; sämtlich zitiert nach Juris; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Auflage, zu § 473 Rz. 29 m. w. N. auch zur abw. Auff.). Danach sind die Kosten der Berufung des Verurteilten jeweils hälftig diesem und dem Nebenkläger aufzuerlegen.

b) Zusammengefasst bedeutet dies, dass der Verurteilte ¼ der dem Nebenkläger im Berufungsrechtszug entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen hat. Dies hat im Nachgang zu seiner Urteilsverkündung auch das Landgericht erkannt, wie sich aus seiner Begründung der Kostenentscheidung am Ende der schriftlichen Urteilsgründe ergibt.“