Archiv für den Monat: Juni 2021

Wochenspiegel für die 23. KW., das war Corona, beA, Rechtsbeugung, Online-Pokern und Omas for future

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Und dann hier am Ende der 23. KW. der Wochenspiegel mit folgenden Beiträgen:

  1. Impfen am Arbeitsplatz – Es geht los!?

  2. Der Richter und sein Lenker – Von Rechtsbeugung und anderen schrägen Sachen, 
  3. Nicht jeder, der im beA als Empfänger adressierbar ist, ist darüber zu erreichen!,
  4. LG Stuttgart zur Beschwerde gegen Nichtverlegung der Hauptverhandlung im Bußgeldverfahren

  5. Videoüberwachung und die Grenzen des Eigentumsschutzes,

  6. Großmütter for Future,

  7. Europäische Staatsanwälte vor nationalen Gerichten,

  8. FG Münster: Gewinne aus Online-Pokerspielen können der Einkommen- und Gewerbesteuer unterliegen ,

  9. AG Kaiserslautern zur Offenlegung der Messreihe: Wir wollen nicht, müssen aber ggf.,

  10. und aus meinem Blog: Corona II: Impfung von Rechtsanwälten in NRW?, oder: Nein, nur die “Justiz” – aber: So nicht, meint das VG

Betrieb II: Einsatz eines Traktors beim Baumfällen, oder: Als Arbeitsmaschine eingesetzt oder als Kfz?

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Die zweite „Betriebsentscheidung“ kommt vom OLG Hamm. Das hat im OLG Hamm, Beschl. v. 18.05.2021 – 9 W 14/21 – zum „Betrieb“ bei einer Arbeitsmaschine Stellung genommen.

Der Kläger hat die Bewilligung von PKH beantragt für eine Klage, und zwar für folgenden Sachverhalt:

„Der Antragsgegner zu 1) betreibt einen Hof nebst forstwirtschaftlich genutzter Fläche. Er bat den in der direkten Nachbarschaft wohnenden Antragsteller am 00.04.2019, mehrere trockene Tannen auf dessen Grundstück zu fällen. Bei dem Fällen einer solchen Tanne ereignete sich der streitgegenständliche Unfall. Der Antragsgegner zu 1) legte hierbei eine Kette um den Baum und befestigte diese an einer an seinem Traktor befindlichen Stange, um den Baum zu sichern und den gefällten Baum im Anschluss daran abzutransportieren. Der Traktor, der bei dem Antragsgegner zu 2) krafthaftpflichtversichert ist, war auf der an das Grundstück des Antragsgegners zu 1) angrenzenden öffentlichen Straße abgestellt, welche der Antragsgegner zu 1) vor Durchführung der Arbeiten absperren ließ. Der Antragsgegner zu 1) wies den Antragsteller an, den Baum möglichst weit unten am Boden abzusägen. Der Baum  landete sodann unmittelbar neben dem Führerhaus des Traktors bis zur gegenüberliegenden Straßenseite, so dass der Antragsgegner zu 1) nicht auszusteigen vermochte. Der Baum, der zu lang war, um ihn mit dem Traktor abzutransportieren, hatte sich zudem mit dem Stammende an einem Zaun und auf der gegenüberliegenden Straßenseite mit seiner Krone an einem Busch verkeilt. Daraufhin erfolgte Versuche des Antragsgegners zu 1), den Baum mit dem Traktor wegzuziehen bzw. wegzudrücken, blieben erfolglos. Der Antragsgegner zu 1) wies den Antragsteller daher an, die Tanne an der Spitze abzusägen, um den Stamm aus der Verkeilung zu lösen. Nachdem der Antragsteller zu sägen begann, brach der trockene Stamm, dessen Spannung durch die vorangegangenen Rangierversuche des Antragsgegners zu 1) erhöht war, und stieß den Antragsteller zu Boden. Der Antragsteller stürzte hierbei rückwärts auf einen Ast und wurde zwischen diesem und dem Stamm eingequetscht, wodurch er sich schwerwiegende Verletzungen, insbesondere im Brustwirbelbereich, zuzog.“

Das LG Münster hatte den Antrag mangels hinreichender Erfolgsaussicht gemäß § 114 ZPO abgelehnt, da weder Ansprüche aus § 7 Abs. 1 StVG noch aus den §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB sowie aus § 823 Abs. 1 BGB bestünden. Das OLG folgt dem:

„1. Das Landgericht hat zu Recht einen Schadensersatzanspruch aus § 7 Abs. 1 StVG verneint.

a) Voraussetzung des § 7 Abs. 1 StVG ist, dass eines der dort genannten Rechtsgüter „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges“ verletzt bzw. beschädigt worden ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des VI. Zivilsenats des BGH ist dieses Haftungsmerkmal entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Norm weit auszulegen. Denn die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG ist der Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Kraftfahrzeuges erlaubterweise eine Gefahrenquelle eröffnet wird; die Vorschrift will daher alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe erfassen. Ein Schaden ist demgemäß bereits dann „bei dem Betrieb“ eines Kraftfahrzeuges entstanden, wenn sich in ihm die von dem Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren ausgewirkt haben, d.h. wenn bei der insoweit gebotenen wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kraftfahrzeug (mit)geprägt worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 05.07.1988 – VI ZR 346/87 -). Erforderlich ist aber stets, dass es sich bei dem Schaden, für den Ersatz verlangt wird, um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handelt, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden soll, d.h. die Schadensfolge muss in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen worden ist. Für die Zurechnung der Betriebsgefahr kommt es damit maßgeblich darauf an, dass der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeuges steht (vgl. BGH, Urteil vom 20.10.2020 – VI ZR 158/19 -; Urteil vom 21.01.2014 – VI ZR 253/13 -).

b) Bei Kraftfahrzeugen mit Arbeitsfunktionen ist es hierbei erforderlich, dass ein Zusammenhang mit der Bestimmung des Kraftfahrzeuges als eine der Fortbewegung und dem Transport dienenden Maschine (vgl. § 1 Abs. 2 StVG) besteht. Eine Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG entfällt daher, wenn die Fortbewegungs- und Transportfunktion des Kraftfahrzeuges keine Rolle mehr spielt und das Fahrzeug nur noch als Arbeitsmaschine eingesetzt wird oder bei Schäden, in denen sich eine Gefahr aus einem gegenüber der Betriebsgefahr eigenständigen Gefahrenkreis verwirklicht hat (vgl. BGH, Urteil vom 24.03.2015 – VI ZR 265/14 -). Eine Verbindung mit dem „Betrieb“ als Kraftfahrzeug kann jedoch zu bejahen sein, wenn eine „fahrbare Arbeitsmaschine“ gerade während der Fahrt bestimmungsgemäß Arbeiten verrichtet.

c) Nach diesen Grundsätzen hat das Landgericht das Unfallgeschehen zu Recht nicht der von dem Traktor des Antragsgegners zu 1) ausgehenden Betriebsgefahr zugerechnet, weil das Risiko, das sich vorliegend verwirklicht hat, nicht in den Schutzbereich des § 7 StVG fällt. Erforderlich ist hierbei stets, dass es sich bei dem Schaden, für den Ersatz verlangt wird, um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handelt, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden soll, d.h. die Schadensfolge muss in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen worden ist. Deshalb lässt sich nur im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände entscheiden, wann haftungsrechtlich nur noch die Funktion als Arbeitsmaschine in Frage steht. Dabei ist im vorliegenden Fall insbesondere auch zu berücksichtigen, dass die Straße, auf welcher sich der Traktor im maßgeblichen Zeitpunkt befunden hat, während des Unfallgeschehens für den allgemeinen Verkehr abgesperrt war und ein – ursprünglich vorgesehener – Abtransport des Baumes mit dem Traktor aufgrund der Stammlänge nicht möglich war, so dass der konkrete zum Unfall führende Einsatz des Traktors auf die Arbeitstätigkeit vor Ort beschränkt war. Hinzu kommt, dass der Schaden nicht unmittelbar durch den Einsatz des Traktors selbst, sondern erst nach seinem erfolglosen Versuch des Wegziehens bzw. Wegdrückens des Stammes durch die nachfolgende Sägetätigkeit des Antragstellers eingetreten ist. Demnach ergibt sich bei der notwendigen Gesamtbetrachtung, dass bei dem konkreten Einsatz des Traktors in Gestalt des Wegziehens bzw. Wegdrückens des Baumes die Funktion als Arbeitsmaschine im Vordergrund stand und der Schadensablauf nicht durch den Betrieb des Traktors als Kraftfahrzeug geprägt wurde…..“

Betrieb I: Enger örtlicher/zeitlicher Zusammenhang, oder: Kfz-Brand zwei Stunden nach dem Abstellen

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Im „Kessel Buntes“ heute Zivilrecht – und zwar zwei Entscheidungen zu § 7 StVG und da zum Begriff „beim Betrieb“.

Den Anfang macht das OLG Celle, Urt. v. 12.05.2021 – 14 U 189/20. Die Problematik: Das Fahrzeug der Klägerin war zwei Stunden nach dem Abstellen in Brand geratne. Die Frage, die das OLG beantworten musste: Reicht das noch aus, um das Merkmal „beim Betrieb“ zu bejahen?

Dem OLG hat es gereicht:

„Gem. § 7 Abs. 1 StVG muss der Schaden bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges entstanden sein. Dies ist der Fall, wenn sich in ihm die von dem Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren ausgewirkt haben, d.h. wenn bei der insoweit gebotenen wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kraftfahrzeug (mit)geprägt worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 1988 – VI ZR 346/87, BGHZ 105, 65, 66 f.; vom 19. April 1988 – VI ZR 96/87, VersR 1988, 641; vom 6. Juni 1989 – VI ZR 241/88, VersR 1989, 923, 924 f.; vom 3. Juli 1990 – VI ZR 33/90, VersR 1991, 111, 112; vom 27. November 2007 – VI ZR 210/06, VersR 2008, 656 Rn. 7; vom 31. Januar 2012 – VI ZR 43/11, BGHZ 192, 261 Rn. 17 und vom 26. Februar 2013 – VI ZR 116/12, VersR 2013, 599 Rn. 15). Für die Zurechnung der Betriebsgefahr kommt es damit maßgeblich darauf an, dass der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeuges steht (BGH, Urteil vom 21. Januar 2014 – VI ZR 253/13 –, Rn. 5 m.w.N., juris). Dies ist der Fall, solange die einmal geschaffene Gefahrenlage fort- und nachwirkt (BGH, Urteil vom 26. März 2019 – VI ZR 236/18 –, Rn. 9, juris).

Nach diesen Grundsätzen ist der geltend gemachte Brandschaden dem Grunde nach der von dem Beklagtenfahrzeug ausgehenden Betriebsgefahr gem. § 7 Abs. 1 StVG zuzurechnen. Nach den Feststellungen des Landgerichts geriet das Fahrzeug ca. zwei Stunden nach dem Abstellen unter dem Vordach der Klägerin in Brand.

Dass sich dieser Schaden erst nach einer zweistündigen Verzögerung durch den Brand realisiert hat, ändert nichts daran, dass die einmal geschaffene Gefahrenlage durch den Betrieb des Fahrzeuges nachgewirkt hat (vgl. BGH, Urteil vom 26. März 2019 – VI ZR 236/18 –, Rn. 9, juris, bei dem sich die Gefahrenlage erst nach eineinhalb Tagen realisierte). Auch steht eine Entfernung des Fahrzeugs aus dem öffentlichen Verkehrsraum einer Haftung aus der Betriebsgefahr nicht entgegen (BGH, Urteil vom 21. Januar 2014 – VI ZR 253/13 –, juris, zum Brand eines Fahrzeuges in einer privaten Tiefgarage; BGH, Urteil vom 20. Oktober 2020 – VI ZR 158/19 –, Rn. 5, juris, zum Brand eines Fahrzeuges in einer geschlossenen Werkstatthalle).

Soweit das Landgericht darauf abgestellt hat, die Klägerin habe nicht beweisen können, dass der Brand durch eine Betriebseinrichtung des Fahrzeuges verursacht worden sei, ist dies für eine Zurechnung nicht erforderlich. Die Klägerin muss nicht beweisen, welche Betriebseinrichtung oder auf welche Weise eine Betriebseinrichtung des Fahrzeugs zum Brand geführt hat. Es reicht aus, dass der Brand in einem engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem Betriebsvorgang oder einer Betriebseinrichtung des Fahrzeuges entstanden ist (st. Rspr. vgl. BGH, Urteil vom 20. Oktober 2020 – VI ZR 158/19 –, Rn. 14; BGH, Urteil vom 21. Januar 2014 – VI ZR 253/13 –, BGHZ 199, 377-381, Rn. 5; BGH, Urteil vom 21. Januar 2014 – VI ZR 253/13 –, Rn. 5, alle juris m.w.N.). Diese Voraussetzung liegt vor. Vorliegend wurde das Fahrzeug der Beklagten noch zwei Stunden vor dem Brand gefahren.

Nach den Untersuchungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen H., denen das erstinstanzliche Gericht gefolgt ist, habe kein Nachweis dafür geführt werden können, dass eine Einwirkung von außen, namentlich Brandstiftung, stattgefunden hat…….“

Ich habe da mal eine Frage: Was bedeutet „rechtzeitig“ beim „geplatzten Termin“?

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Und dann noch die RVG-Frage zu einer Problematik, die in der Rechtsprechung immer wieder eine Rolle spielt. Hier dann wahrscheinlich demnächst auch. Es geht um folgendes Problem:

„S.g. Herr Kollege,

„aus gegebenem Anlass“ folgende Frage, vor folgendem FallHintergrund:

Ich reise aus dem Raum R. am Montagnachmittag zu einem Pflichtverteidigertermin vor dem OLG S. an (verlasse die Kanzlei um 14.30, sitze um 15.00 Uhr im Zug, Ankunft in S. kurz vor 19.00 Uhr). Am Folgetag, d.h. Dienstag ist für 09.00 Uhr die HV terminiert. Am Montag, kurz nach 21.00 Uhr versendet der Vorsitzende eine Mail an alle Verteidiger, dass die HV vom Di ausfallen muß, die Aufhebung per Fax fand ich nach meiner Rückkehr in die Kanzlei am Dienstagabend vor. Ich war – nicht als einziger! – am Dienstag um 9.00 Uhr vor dem Sitzungssaal. Dort steht der Vorsitzende und fragt, ob ich nicht in mein E-Mail-Postfach schaue? Spontane Antwort von mir: dazu sei ich nicht verpflichtet (hatte ich auch nicht getan). Er: „Da haben Sie Recht.“

Nach meinem Dafürhalten ist gem. Vorbemerkung 4 die Terminsgebühr angefallen (dies dürfte bei der Kostenfestsetzung der Rechtspfleger kaum anders sehen). Für zukünftige (Corona-)Fälle stellen sich allerdings folgende Fragen, die nach meiner Kommentar-Recherche wohl nicht eindeutig geklärt sind:

  1. Bin ich verpflichtet, mir während der Anreise, oder nach Ankunft am Zielort meine     Mails anzuschauen, oder spätestens am Folge = Verhandlungstag nach dem Frühstück?
  1. Angenommen – was im vorliegenden Fall nicht geschah – ich tue dies und sehe, dass der Termin nicht stattfindet: Fällt die Gebühr auch an, falls ich vernünftigerweise nicht vor dem Sitzungssaal erscheine?

Was bedeutet also „rechtzeitig“ im Sinne der Vorbemerkung 4 Abs. 3 Satz 3 VV?“

Verfahrensgebühr nach Rücknahme des Rechtsmittels des Gegners?, oder: Die LG können es….

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Und ich komme dann auf die Problemati aus dem ersten Posting des heutigen Tages zurück: Nämlich Erstattung der Verfahrensgebühr für das Rechtsmittelverfahren, wenn der Rechtsmittelgegner sein Rechtsmittel vor dessen Begründung zurücknimmt.

Ein Lichtblick in dieser Diskussion ist, dass die LG die Frage(n) zum Teil anders entscheiden als die OLG – also richtig. So z.B. jetzt auch das LG Bielefeld im LG Bielefeld, Beschl. v. 17.05.2021 – 8 Qs 125/21 – nach Rücknahme einer Berufung durch die StA:

„Ergänzend ist Folgendes anzumerken:

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin erscheinen die Erwägungen der von ihr zitierten obergerichtlichen Rechtsprechung für den vorliegenden Fall nicht einschlägig.

Das Ziel der Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das freisprechende Urteil in dem Verfahren, in dem sie eine sechsmonatige Gesamtfreiheitsstrafe ohne Strafaussetzung zur Bewährung beantragt hatte, lag auf der Hand.

Die Argumentation des Oberlandesgerichts Köln im Beschluss vom 03.07.2015 (Az. 2 Ws 400/15) wonach eine über allgemein gehaltene Informationen hinausgehende Beratung vor Ablauf der Rechtsmittelbegründungsfrist nicht notwendig sei, weil „in der Regel“ erst die Begründung des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft dessen Umfang und Zielrichtung erkennbar mache und den Verteidiger zur sachgerechten Beratung seines Mandanten in die Lage versetze, trifft den vorliegenden Fall nicht.

Auch kann nicht jegliche Tätigkeit des Verteidigers als zwecklos und damit nicht vergütungswürdig erachtet werden, die vor einer Begründung der staatsanwaltlichen Berufung, bzw. der Entscheidung über eine Berufungsrücknahme entfaltet wird.

Anders als im Revisionsverfahren besteht keine gesetzliche Pflicht zur Berufungsbegründung; eine solche folgt auch entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht aus § 320 S. 2 StPO, der lediglich die Zustellung einer gefertigten Berufungsrechtfertigung vorschreibt. Ein weiterer wesentlicher Unterschied zum Revisionsverfahren und der Bedeutung der Rechtsmittelbegründung dort ist auch darin zu sehen, dass die Berufung eine neue Tatsacheninstanz eröffnet und ihrer Begründung eine deutlich geringere Bedeutung zukommt.

Hiervon abgesehen, bestand im vorliegenden Fall schon wegen der Auswirkungen der Berufung auf die Vollzugssituation der inhaftierten Angeklagten ein „über allgemeine Informationen“ hinausgehender Beratungsbedarf.“

Richtig entschieden.