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Urheber J. Hammerschmidt
Als zweite Entscheidung dann eine „Haftungsentscheidung“ zu einem recht neuen Verkehrsmittel, nämlich dem Pedelec.
Bei der Entscheidung handelt es sich um den OLG Hamm, Beschl. v. 10.04.2018 – 7 U 5/18. Der Beschluss – ergangen im Verfahren nach § 522 bs. 2 ZPO – ist also schon etwas älter, ich bin auf ihn durch ein Posting des Kollegen Gratz im Verkehrsrechtsblog gestoßen (worden).
Zu entscheiden hatte das OLG folgenden Sachverhalt:
Der Kläger macht gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche aufgrund eines Unfalls, an dem er am 27.9.2015 gegen 13:38 h auf der L in T als Pedelec-Fahrer beteiligt war, geltend.
Zusammen mit seiner Ehefrau, der Zeugin O, sowie den beiden Zeugen C war der damals 80-jährige Kläger zunächst von der I Straße nach rechts auf den Mehrzweckstreifen der L in Fahrtrichtung F abgebogen. In dem Bereich gilt eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h. Die Radfahrergruppe beabsichtigte, in der Nähe des Hauses I2 von der L nach links in das sog. W abzubiegen. Zu diesem Zweck fuhr der Kläger auf die Hauptfahrbahn, um diese in Richtung Linksabbiegerstreifen zu überqueren. Die einzelnen Umstände sind zwischen den Parteien streitig. Es kam zur Kollision mit dem sich von hinten nähernden vom Beklagten zu 2) gehaltenen und gesteuerten Fahrzeug Typ Opel D, amtliches Kennzeichen pp., das bei der Beklagten zu 1) haftpflichtversichert ist.
Der Kläger wurde zu Boden geworfen; sein Pedelec wurde beschädigt. Der PKW wurde auf der rechten Seite beschädigt.
Der Kläger hat behauptet, er sei von dem Mehrzweckstreifen aus nach links über die Straße in Richtung Linksabbiegerspur gefahren. Als er sich bereits auf der linken Seite der Fahrbahn befunden habe, habe der Beklagte zu 2) trotz unklarer Verkehrslage versucht zu überholen. Dabei habe er die gebotene Sorgfalt außer Acht gelassen. Vorher sei der Zeuge C als erster der Gruppe bereits über die Fahrbahn auf die Linksabbiegerspur gefahren. Der Beklagte zu 2) hätte daher damit rechnen müssen, dass weitere Radfahrer aus der Gruppe folgen würden. Zudem habe der Beklagte zu 2) die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten. Angesichts des Alters des Klägers wäre besondere Rücksichtnahme erforderlich gewesen.
…..
Die Beklagten haben ….. behauptet, dass der Beklagte zu 2), als er die Radfahrergruppe auf dem Mehrzweckstreifen gesehen habe, seine Geschwindigkeit auf 80 km/h reduziert habe und links auf dem Fahrstreifen gefahren sei, um ausreichend Abstand zu halten.
Der Kläger sei plötzlich, ohne Handzeichen und ohne auf den rückwärtigen Verkehr zu achten, von der Mehrzweckspur nach links rübergefahren. Ein Ausweichen sei dem Beklagten zu 2) nicht mehr möglich gewesen.“
Das LG hat nach Beweisaufnahme die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte beim OLG keinen Erfolg.
Hier die Leitsätze zu dem recht umfangreichen Beschluss des OLG:
„Pedelecs, bei denen der Motor ausschließlich unterstützend arbeitet und bei denen die maximale Höchstgeschwindigkeit auf 25 km/h begrenzt ist, sind verkehrsrechtlich als Fahrrad einzuordnen.
Wer an einem auf dem Seitenstreifen fahrenden Verkehrsteilnehmer vorbeifährt, überholt nicht im Sinne des § 5 StVO.
Ein außerhalb des Anwendungsbereichs des § 5 StVO begonnener Überholvorgang wird nicht zu einem Überholen im Sinne des § 5 StVO, wenn der langsamere Verkehrsteilnehmer seine Fahrspur wechselt.
Wechselt ein älterer Verkehrsteilnehmer aus plötzlicher Sorglosigkeit, die nichts mit seinem Alter und einer dadurch bedingten Unfähigkeit, auf Verkehrssituationen zu reagieren, zu tun hat, ohne Beachtung des nachfolgenden Verkehrs vom Radweg auf die Fahrspur, verstößt ein PKW-Fahrer bei einer Kollision nicht gegen § 3 Abs. 2a StVO.“
Die Entscheidung ist wegen der Ausführungen des OLG zur Eigenschaft des Pedelec als Fahrrad ggf. auch für Bußgeld- und Strafverfahren von Bedeutung.