Heute dann drei OWi-Entscheidungen, und zwar zu den Rechtsfolgen.
Zunächst bringe ich den BayObLG, Beschl. v. 23.04.2019 – 202 ObOWi 460/19 – zu den Anforderungen an die Urteilsgründe betreffend die Rechtsfolgen. Das BayObLG moniert, dass das AG dazu nicht genug Feststellungen getroffen hat:
„2. Indes hält die Rechtsfolgenentscheidung des Amtsgerichts rechtlicher Überprüfung nicht stand, weil sich die Feststellungen zur Einlassung der Betroffenen und zu den Tatsachen, aufgrund derer das Amtsgericht eine das Absehen von dem Regelfahrverbot nach § 4 Abs. 2 Satz 2 BKatV rechtfertigende besondere Härte verneint hat, als lückenhaft erweisen und das verhängte Fahrverbot nicht tragen. Die Urteilsgründe enthalten insoweit keine den Mindestanforderungen der §§ 261, 267 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG genügende Darstellung.
a) Zwar sind im Bußgeldverfahren an die Abfassung der schriftlichen Urteilsgründe keine übertrieben hohen Anforderungen zu stellen Dennoch kann für deren Inhalt grundsätzlich nichts anderes als im Strafverfahren gelten, denn auch im Bußgeldverfahren sind die Urteilsgründe die alleinige Grundlage für die rechtliche Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge hin. Sie müssen daher so beschaffen sein, dass dem Rechtsbeschwerdegericht die Nachprüfung einer richtigen Rechtsanwendung ermöglicht wird (vgl. Göhler OWiG 17. Aufl. § 71 Rn. 42, 43 m.w.N.).
Hinsichtlich der Beweiswürdigung müssen die Urteilsgründe daher regelmäßig erkennen lassen, auf welche Tatsachen das Gericht seine Überzeugung gestützt hat, ob und wie sich der Betroffene eingelassen hat, ob das Gericht dieser Einlassung folgt und inwieweit es diese für widerlegt ansieht. Nur so ist gewährleistet, dass das Rechtsbeschwerdegericht die tatrichterliche Beweis-würdigung auf Rechtsfehler überprüfen kann (KK/Senge OWiG 5 Aufl. § 71 Rn. 107; Göhler a.a.O. Rn. 43, 43a jeweils m.w.N.).
Dies muss in gleicher Weise auch hinsichtlich der Rechtsfolgenentscheidung gelten. Auch insoweit müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, auf welche Tatsachen das Gericht seine Entscheidung hinsichtlich der Bemessung der Geldbuße und der Anordnung von Nebenfolgen gestützt, wie sich der Betroffene insoweit eingelassen und wie das Gericht diese Einlassung gewürdigt hat.
b) Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht.
Zu der Frage des Vorliegens einer das Absehen von einem Regelfahrverbot nach § 4 Abs. 2 Satz 2 BKatV rechtfertigenden besonderen Härte führt das Amtsgericht lediglich aus, dass es „auch unter Berücksichtigung der von der Betroffenen vorgetragenen Umstände hinsichtlich Folgen eines Fahrverbotes“ keinen Raum gesehen hat, hiervon abzuweichen (UA S. 4 unten). Die von der Betroffenen ,,geschilderten Umstände“ seien nicht so gravierend, dass diese nicht als Folge der Sanktionierung für einen überschaubaren Zeitraum von einem Monat hinzunehmen wären (UA S. 5 oben). Mit welchem konkreten Sachvortrag sich die Betroffene gegen die Verhängung des Fahr-verbotes gewandt hatte, wird indes nicht mitgeteilt.
Das Urteil nimmt damit zwar auf eine Einlassung der Betroffenen zur Frage eines Härtefalles Bezug und teilt auch mit, dass sich die Betroffene „mit ihrem Einspruch gegen das verhängte Fahrverbot“ wendet (UA S. 3 unten). Den Urteilsgründen ist indes nicht zu entnehmen, welchen Inhalt diese Einlassung hatte. Die konkreten Erklärungen der Betroffenen zu den Auswirkungen des im Bußgeldbescheid verhängten Fahrverbotes werden an keiner Stelle des tatrichterlichen Urteils inhaltlich wiedergegeben.
Der Senat kann daher mit den im Rechtsbeschwerdeverfahren auf die Sachrüge hin zulässigen Erkenntnisquellen nicht feststellen, inwieweit die Entscheidung des Amtsgerichts, von der Verhängung des in § 4 Abs. 2 Satz 2 BKatV vorgesehenen Regelfahrverbotes nicht abzusehen, frei von Rechtsfehlern ist. Die Nichteinhaltung der Mindestanforderungen an eine nachvollziehbare Urteilsdarstellung veranlasst die Aufhebung des angefochtenen Urteils (vgl. OLG Hamm zfs 2008. 348).“
Nur kurz: Auch hier wieder die Formulierung „vorläufig Erfolg“. Das ist in meinen Augen nicht richtig, denn diese Rechtsbeschwerde hat endgültig Erfolg, da das Urteil des AG aufgehoben wird. Was dann weiter passiert, ist nicht mehr Gegenstand dieses Rechtsbeschwerdeverfahrens. Es handelt sich doch nicht um eine Zwischenentscheidung.
Ist doch schön, dass das Bayerische Oberste Landesgericht für die Amtsgerichte ein Mindestmaß an Begründungsaufwand fordert, dies gibt dem Rechtsanwalt die Chance, eine im Urteil schemenhaft abgelehnte Aufhebung des Fahrverbots erfolgreich anzugreifen, der Wechsel von Bamberg nach München scheint Früchte zu tragen.