Archiv für den Monat: Juli 2018

Auslieferung III: In die Türkei soll es gehen, oder: Nicht grundsätzlich unzulässig

entnommen wikimedia.org
Author David Benbennick

Und zum Tagesschluss dann noch zwei Entscheidungen, die sich mit der Auslieferung an die Türkei befassen. Es handelt sich um den OLG Hamm, Beschl. v. 11.12.2017 – 2 Ausl. 147/17 – Auslieferung aus Deutschland in die Türkei zur Strafverfolgung – und um den KG, Beschl. v. 21.12.2017 – (4) 151 AuslA 77/16 (107/16) – Auslieferung an die Türkei zur Strafvollstreckung.

Beider Gerichte sagen: Die Auslieferung in die Türkei ist nicht grundsätzlich unzulässig.

Dazu aus dem Beschluss des OLG Hamm:

Der Senat ist – in Übereinstimmung mit dem Oberlandesgericht Köln (vgl. Beschluss vom 01.02.2017, Az. 6 Ausl A 70/16 – 58), dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main (vgl. Beschluss vom 12.05.2017, Az. 2 Ausl A 76/15), dem Kammergericht Berlin (vgl. Beschluss vom 17.01.2017, Az. (4) 151 AuslA 11/16 (10/17)) und dem Oberlandesgericht München (vgl. Beschluss vom 16.08.2016, Az. 1 AR 252/16) – auch nicht der Auffassung, dass die Auslieferung eines Verfolgten aus der Bundesrepublik Deutschland in die Türkei zur Strafverfolgung oder Strafvollstreckung derzeit generell unzulässig ist (Beschlüsse des Senats vom 12.06.2017, Az. Az. III – 2 Ausl. 94/17, und vom 08.06.2017, Az. III – 2 Ausl. 133/16).

Die aktuellen politischen und sozialen Umstände und Entwicklungen in der Türkei seit der Verhängung des Ausnahmezustandes im Juli 2016 und deren Auswirkungen auf die Rechtsstaatlichkeit und die Haftbedingungen dort können zwar insbesondere im Hinblick auf die Haftbedingungen ein Auslieferungshindernis im Sinne des § 73 IRG begründen, ein diesbezügliches mögliches Auslieferungshindernis kann jedoch aus Sicht des Senats dadurch ausgeräumt werden, dass die türkischen Behörden eine völkerrechtlich verbindliche Zusicherung in Bezug auf das in Rede stehende Auslieferungshindernis abgeben. Im Auslieferungsverkehr zwischen Deutschland und anderen Staaten ist dem ersuchenden Staat im Hinblick auf die Einhaltung der Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit und des Menschenrechtsschutzes grundsätzlich Vertrauen entgegenzubringen (BVerfG, Beschluss vom 09.03.2016, Az. 2 BvR 348/16; Beschluss vom 15.12.2015, Az. 2 BvR 2735/14; Beschluss vom 05.11.2003, Az. 2 BvR 1243/03), wobei die von einem ersuchenden Staat im Auslieferungsverkehr abgegebenen völkerrechtlich verbindlichen Zusicherungen aufgrund des gegenseitigen Vertrauens grundsätzlich auch geeignet sind, etwaige Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Auslieferung auszuräumen, sofern nicht im Einzelfall zu erwarten ist, dass die Zusicherung nicht eingehalten wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.03.2016, Az. 2 BvR 348/16; Beschluss vom 09.04.2015, Az. 2 BvR 221/15; Beschluss vom 01.12.2003, Az. 2 BvR 879/03; Beschluss vom 23.02.1983, Az. 1 BvR 1019/82).

Aufgrund des Schreibens des Bundesamtes für Justiz vom 24.02.2017 über die Auswirkungen des Ausnahmezustandes in der Türkei auf die Rechtsstaatlichkeit und die dortigen Haftbedingungen, wonach die von den türkischen Behörden abgegebenen Zusicherungen nach dem derzeitigen Kenntnisstand belastbar seien und bei Bedarf auch überprüft werden können, sieht der Senat derzeit auch weiterhin keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass die von den türkischen Behörden im abgegebenen Zusicherungen auch tatsächlich beachtet und eingehalten werden sowie bei Bedarf auch überprüft werden können.

Im vorliegenden Fall stehen der Auslieferung des Verfolgten in die Türkei wegen der aktuellen politischen und sozialen Umstände und Entwicklungen in der Türkei seit der Verhängung des Ausnahmezustandes im Juli 2016 und deren Auswirkungen auf die Rechtsstaatlichkeit und die Haftbedingungen aber Auslieferungshindernisse im Sinne des § 73 IRG entgegen………..“

Und vom KG-Beschluss die Leitsätze:

  1. Die Auslieferung an die Türkei (jedenfalls) zum Zwecke der Strafvollstreckung der wegen einer Straftat der Allgemeinkriminalität verhängten Strafe ist in der Regel zulässig, wenn die Türkei völkerrechtlich verbindlich zusichert, dass der Verfolgte im Falle seiner Auslieferung während der Strafhaft in einer Haftanstalt untergebracht wird, deren Bedingungen Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und den Europäischen Strafvollzugsgrundsätzen – Empfehlung des Europarates REC(2006)2 – entsprechen, dass er keiner Folter oder unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK unterworfen wird und dass der zuständigen deutschen Auslandsvertretung die Möglichkeit eingeräumt wird, den Verfolgten durch einen Mitarbeiter zu besuchen und sich vor Ort über die bestehenden Verhältnisse zu informieren.
  2. An seinen weitergehenden, erstmals im Beschluss vom 17. Januar 2017 – (4) 151 AuslA 11/16 (10/17) – (juris = StraFo 2017, 70 = NJ 2017, 114 = StV 2017, 249 [LS]) formulierten Anforderungen hält der Senat für diesen Fall nicht mehr fest.

Auslieferung II: Nach Great Britain soll es gehen, oder: Potentielle lebenslange Freiheitsstrafe steht nicht entgegen

entnommen wikimedia.org
Author: Ricardo Stuckert/PR – Agência Brasil

Bei der zweiten Entscheidung handelt es sich ebenfalls um einen KG-Beschluss, und zwar um den KG, Beschl. v. 21.12.2017 – (4) 151 AuslA 191/17 (221/17). Es geht um die Zulässigkeit einer Auslieferung an das Vereinigte Königreich, alos Great Britain, bei nach schottischem Recht angedrohter lebenslanger Freiheitsstrafe. Das KG hatte keine Bedenken:

„Hindernisse, die der Auslieferung des Verfolgten entgegenstehen, sind nicht ersichtlich.

Dies gilt insbesondere für den Umstand, dass die Tat nach schottischem Recht im Höchstmaß mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe geahndet werden kann. Zwar ist die Verhängung einer Strafe in dieser Höhe nach den Mitteilungen der britischen Behörden unwahrscheinlich. Bei der Prüfung eines Auslieferungshindernisses nach § 83 Abs. 1 Nr. 4 IRG ist jedoch auf die abstrakte Strafandrohung abzustellen (vgl. Senat NStZ-RR 2014, 290).

Nach den durch die Kronanwaltschaft mit Schreiben vom 14. Dezember 2017 übermittelten ergänzenden Informationen besteht nach schottischem Recht jedoch ein Gnadenverfahren, das demjenigen nach § 30 Crime (Sentences) Act 1997 entspricht, für das der Senat bereits in seinem Beschluss vom 8. April 2014 – (4) 151 AuslA 199/13 (300/13) – festgestellt hat, dass es den Anforderungen des § 83 Abs. 1 Nr. 4 IRG genügt. Auch nach schottischem Recht  – § 3 des Prisoners and Criminal Proceeding (Scotland) Act 1993 – können die zuständigen Schottischen Minister Strafgefangene jederzeit nach Konsultation einer Bewährungskommission „aus Gründen der Barmherzigkeit“ (compassionate grounds) aus der Haft entlassen. Bei dieser Entscheidung, auf die der Strafgefangene antragen kann und die sowohl hinsichtlich des Votums der Bewährungskommission als auch hinsichtlich der ministeriellen Gnadenentscheidung gerichtlich überprüfbar ist, sind sowohl die Situation des Gefangenen und seiner Familie als auch die Entwicklung des Gefangenen im Vollzug, seine Vorstrafen und seine Zukunftsplanungen zu berücksichtigen. Auch Schottland verfügt damit über ein Gnadenverfahren, das auch schon vor Ablauf von 20 Jahren die Aussetzung der Vollstreckung einer lebenslangen Freiheitsstrafe ermöglicht und dem Verfolgten einen Anspruch auf eine sachliche Kriterien berücksichtigende Entscheidung über sein Gnadengesuch einräumt (vgl. BGHSt 57, 258, 266).

Auslieferung I: Nach Litauen soll es gehen, oder: Die Haftbedingungen stehen nicht entgegen

entnommen wikimedia.orgBy Central Intellegence Agency – The World Factbook: Lithuania,

Heute dann mal ein Tag mit Auslieferungsentscheidungen. Die Thematik kommt hier immer ein wenig kurz. Jetzt ist es aber mal wieder so weit.

Im schon etwas älteren KG, Beschl. v. 22.08.2017 –  (4) 151 AuslA 78/17 (95/17) – geht es um eine Auslieferung nach Litauen. Das KG sagt: Die Haftbedingungen in Litauen stehen einer Auslieferung nicht entgegen:

Auch aus den Haftbedingungen in der Republik Litauen erwächst kein Auslieferungshindernis. Die vom Senat im Anschluss an den Beschluss des OLG Saarbrücken vom 5. Oktober 2016 – OLG Ausl 9/16 (47/16) – und den Bericht des Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) vom 4. Juni 2014 – CPT/Inf (2014) 18 – geäußerten Bedenken hält er im Hinblick auf die im hiesigen Verfahren abgegebenen Erklärungen des Justizministeriums der Republik Litauen nicht mehr aufrecht. Die in seinem Beschluss vom 3. Juli 2017 erforderten konkreteren Beschreibungen der Haftbedingungen, die bisher nicht vorliegen, erachtet der Senat nicht mehr für erforderlich.

Insoweit war zu beachten, dass der RbEuHb darauf gerichtet ist, durch die Einführung eines neuen vereinfachten und wirksameren Systems der Übergabe von Personen, die wegen einer Straftat verurteilt wurden oder einer Straftat verdächtigt werden, die justizielle Zusammenarbeit zu erleichtern und zu beschleunigen, um zur Verwirklichung des der Union gesteckten Ziels beizutragen, zu einem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu werden, und dass er ein hohes Maß an Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten voraussetzt. Denn der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung, auf den sich das System des Europäischen Haftbefehls stützt, beruht seinerseits auf dem gegenseitigen Vertrauen der Mitgliedstaaten darauf, dass ihre jeweiligen nationalen Rechtsordnungen in der Lage sind, einen gleichwertigen und wirksamen Schutz der auf Unionsebene und insbesondere in der Charta anerkannten Grundrechte zu bieten.

Sowohl der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens zwischen den Mitgliedstaaten als auch der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung haben im Unionsrecht fundamentale Bedeutung, da sie die Schaffung und Aufrechterhaltung eines Raums ohne Binnengrenzen ermöglichen. Konkret verlangt der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens, namentlich in Bezug auf den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, von jedem Mitgliedstaat, dass er, abgesehen von außergewöhnlichen Umständen, davon ausgeht, dass alle anderen Mitgliedstaaten das Unionsrecht und insbesondere die dort anerkannten Grundrechte beachten (vgl. zum vorstehenden insgesamt EuGH NJW 2016, 1709, 1711 mwN).

Angesichts der vom Justizministerium der Republik Litauen geschilderten Weiterentwicklung des litauischen Justizvollzugs seit dem dem Bericht des CPT vom 4. Juni 2014 zugrundeliegenden Besuch im November/Dezember 2012 sowie der einer Gesamtschau der übermittelten Schreiben zu entnehmenden ausdrücklichen Versicherung des Justizministeriums, dass die Haftbedingungen in litauischen Gefängnissen internationalen Standards entsprechen und Art. 3 EMRK nicht verletzen, sieht der Senat unter Berücksichtigung des der Republik Litauen entgegenzubringenden hohen Vertrauens keinen weiteren Ausklärungsbedarf mehr. Der mit seiner vereinfachten Auslieferung einverstandene Verfolgte hat Bedenken in Bezug auf die Haftbedingungen in Litauen nicht geäußert. Die Angaben des Justizministeriums der Republik Litauen finden zudem Bestätigung von dritter Seite (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 25. April 2017 – III – 2 Ausl. 45/17 – unter Hinweis auf den Länderreport 2016 des US Department of State zur Menschenrechtslage in Litauen).

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Wie wird das Verfahren zur Prüfung der Anordnung der unbefristeten Führungsaufsicht abgerechnet

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Am Freitag hatte ich die kurze Frage nach Gebühren in der Strafvollstreckung gestellt mit: Ich habe da mal eine Frage: Wie wird das Verfahren zur Prüfung der Anordnung der unbefristeten Führungsaufsicht abgerechnet.

Die habe ich auch kurz mit einer Gegenfrage beantwortet, und zwar mit:

„Hallo,

die Frage können Sie sich selbst beantworten. Denn, wenn Sie unter Nr. 4200 VV RVG nichts finden, was dann?2

Was damit gemeint ist/war, war dem Kollegen klar. Denn er hat mir geantwortet, dass er gehofft hatte, seine Tätigkeiten über die Nr. 4200 VV RVG zu erfassen. Das geht aber nur, wenn sie unter einer der in den Nrn. 1 – 3 aufgeführten Fälle passt. Das tut die „Prüfung der Anordnung der unbefristeten Führungsaufsicht“ aber nicht, so dass eben „nur“ nach Nr. 4204 VV RVG – Verfahrensgebühr für sonstige Verfahren in der Strafvollstreckung – abgerechnet werden kann. Im Beschwerdeverfahren dann in Verbindung mit Vorbem. 4.2 VV RVG.

„Gescheiterte Verständigung“, oder: Keine Bindung an Strafrahmen

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Nach längerer Zeit mal wieder etwas zur Verständigung (§ 257c StPO) und zur Mitteilungspflicht (§ 243 Abs. 4 Satz 2 StPO) im BGH, Beschl. v. 06.02.2018 – 1 StR 606/17. Das „Verfahrensgeschehen“ ergibt sich aus dem Beschluss:

„1. Die Rüge eines Verstoßes gegen § 257c StPO und  dringt nicht durch.

a) Die Revision macht geltend, der Vorsitzende der Strafkammer habe bei Gesprächen mit der Verteidigung über eine Verständigung zugesichert, die vorgeschlagene Vorgehensweise auch mit der Staatsanwaltschaft zu erörtern. Im Laufe der Hauptverhandlung habe sich dann herausgestellt, dass das Landgericht die der Verteidigung angebotene Lösung nicht mit der Staatsanwaltschaft erörtert habe; zudem habe eine Protokollierung der Gespräche außerhalb der Hauptverhandlung nicht stattgefunden. Nur weil es die Strafkammer unterlassen habe, der Verteidigerin mitzuteilen, dass die weiteren Verfahrensbeteiligten nicht in die geplante Verständigung einbezogen worden seien, habe der Angeklagte in dem Glauben, auch diese seien über die seitens der Strafkammer angeregte und geplante Verfahrensabsprache unterrichtet und mit der Vorgehensweise einverstanden, seine Zustimmung zur Verständigung angekündigt. Von dieser Ankündigung des Angeklagten habe sich die Strafkammer „gedanklich“ nicht mehr lösen können und sei deshalb von einem geständigen bzw. „schuldigen“ Angeklagten ausgegangen.

b) Zum Verfahrensgeschehen trägt die Revision im Wesentlichen Folgendes vor:

Bei Beginn der Hauptverhandlung habe der Angeklagte die Tatvorwürfe im Rahmen einer Verteidigererklärung bestritten. Bereits zu diesem Zeitpunkt sei „Druck“ auf den Angeklagten ausgeübt worden, indem ihm für das Ablegen eines Geständnisses ohne weitere strafzumessungsrelevante Faktoren eine Reduktion der Strafe von 14 bis 26 Monaten angeboten worden sei. Im weiteren Verlauf habe dann der Vorsitzende die Verteidigerin des Angeklagten in der Gerichtscafeteria angesprochen und für den Fall eines Geständnisses eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren mit Strafaussetzung zur Bewährung angeboten. Da die Staatsanwaltschaft in dieses „Gespräch“ nicht eingebunden gewesen sei, habe die Verteidigerin den Vorsitzenden nochmals in dessen Büro aufgesucht und nachgefragt, ob dieses „Angebot“ tatsächlich ernst gemeint gewesen sei. Sie habe um Unterrichtung der Staatsanwaltschaft und der Nebenklage gebeten, bevor dieses Angebot mit dem Angeklagten im Rahmen eines Haftbesuches erörtert werde. Der Vorsitzende habe ihr mitgeteilt, er werde ihr rechtzeitig Bescheid geben, falls diese Verständigung nicht zustande komme. Selbst als die Verteidigerin telefonisch mitgeteilt habe, der Angeklagte könne sich eine solche Verfahrenslösung vorstellen, sei keine Klarstellung durch den Vorsitzenden erfolgt, dass eine Erörterung mit den weiteren Verfahrensbeteiligten nicht stattgefunden habe. Aktenvermerke über die Einzelgespräche seien nicht gefertigt worden. Es sei lediglich später eine in der Hauptverhandlung erfolgte Mitteilung des Vorsitzenden über den Inhalt eines zuvor in einer Sitzungspause stattgefundenen Rechtsgesprächs protokolliert worden, in welchem der Vorsitzende über die vorangegangenen, jeweils einzeln mit Verfahrensbeteiligten geführten, Gespräche berichtet habe.

c) Ein den Angeklagten beschwerender Verstoß gegen die Mitteilungspflicht aus § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO liegt nicht vor.

aa) Der Vorsitzende unterrichtete die Verfahrensbeteiligten in dem in einer Sitzungspause geführten Rechtsgespräch über die vorangegangenen im Hinblick auf eine mögliche Verständigung geführten Einzelgespräche und teilte den Inhalt dieses Rechtsgesprächs in der Hauptverhandlung mit, was in der Sitzungsniederschrift protokolliert wurde. Sowohl die Verfahrensbeteiligten als auch die Öffentlichkeit erlangten hierdurch Kenntnis vom wesentlichen Inhalt der Erörterungen, deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung im Sinne des § 257c StPO gewesen ist (§ 243 Abs. 4 StPO).

Angesichts dieser Mitteilung der Verständigungsgespräche in öffentlicher Hauptverhandlung bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass von der Strafkammer eine unzulässige informelle Verständigung beabsichtigt gewesen sein könnte.

bb) Sofern mit der Verfahrensrüge auch beanstandet werden sollte, die Mitteilung gemäß § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO sei nicht rechtzeitig erfolgt, ist sie bereits nicht zulässig erhoben. Zwar ist eine solche Mitteilung gegenüber dem Angeklagten in der Regel unverzüglich zu machen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Dezember 2015 – 3 StR 163/15, Rn. 26 und vom 27. Januar 2015 – 1 StR 393/14, NStZ 2015, 353). Der Beschwerdeführer teilt jedoch nicht mit – was aber erforderlich wäre (vgl. § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) – wann die Kontaktaufnahme des Vorsitzenden und die Einzelgespräche mit den einzelnen Verfahrensbeteiligten stattgefunden haben.

Die Rüge wäre auch unbegründet, weil auszuschließen ist, dass der die Tatvorwürfe bestreitende Angeklagte die Mitteilung, mit den anderen Verfahrensbeteiligten seien noch keine Verständigungsgespräche geführt worden, zum Anlass genommen hätte, sich nun geständig einzulassen.

d) Soweit als Fairnessverstoß geltend gemacht wird, die Strafkammer habe es pflichtwidrig unterlassen, der Verteidigung rechtzeitig mitzuteilen, dass die weiteren Verfahrensbeteiligten nicht in die geplante Verständigung einbezogen waren, kann die Verfahrensrüge ebenfalls keinen Erfolg haben. Es bedarf keiner Entscheidung, ob das Landgericht hierzu überhaupt verpflichtet war. Jedenfalls ist die hieran anknüpfende Beanstandung der Revision unbegründet, die Strafkammer habe sich von der im Vertrauen auf das Einverständnis der anderen Verfahrensbeteiligten abgegebenen Mitteilung des Angeklagten, der Verständigung beizutreten und für diesen Fall ein Geständnis abzulegen, im Laufe der weiteren Verhandlung „gedanklich“ nicht mehr lösen können.

Eine Verständigung gemäß § 257c StPO ist – wie auch die Revision nicht in Abrede stellt – nicht zustande gekommen. Infolgedessen ist das Landgericht ausweislich der Urteilsgründe in der Beweiswürdigung auch vom Bestreiten der Tatvorwürfe durch den Angeklagten bzw. dessen Nichteinlassung ausgegangen (UA S. 19 f.). Angesichts dessen ist die Annahme der Revision, die Strafkammer könne die Erklärung des Angeklagten, der Verständigung beizutreten und für diesen Fall ein Geständnis abzulegen, „gedanklich“ seiner Überzeugungsbildung zugrunde gelegt haben und deshalb von einem geständigen bzw. „schuldigen“ Angeklagten ausgegangen sein, nicht nur nicht bewiesen, sondern auch fernliegend.

e) Sollte mit der Verfahrensrüge auch geltend gemacht werden, das Landgericht sei zum Nachteil des Angeklagten von einem zuvor geschaffenen Vertrauenstatbestand abgewichen, könnte die Revision mit dieser Verfahrensbeanstandung ebenfalls nicht durchdringen.

Die Revision macht zwar geltend, der Beitritt des Angeklagten zu dem Verständigungsangebot des Vorsitzenden sei im Vertrauen auf die Zusage der Strafkammer erfolgt, die weiteren Verfahrensbeteiligten seien unterrichtet und die Verständigung käme zustande (s. Schriftsatz der Verteidigung vom 15. Januar 2018). Die Schaffung eines Vertrauenstatbestands für den Angeklagten im Sinne einer bindenden Zusicherung des Landgerichts an die Einhaltung eines in Aussicht gestellten Strafrahmens wird hierdurch jedoch weder konkret dargelegt, noch ist eine solche bewiesen.

Außerhalb einer Verständigung gemäß § 257c StPO besteht keine Bindung des Tatgerichts an den von ihm für den Fall des Zustandekommens einer Absprache in Aussicht gestellten Strafrahmen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juli 2017 – 5 StR 176/17, NStZ-RR 2017, 351 mwN). Der Angeklagte musste daher, als er mitteilte, dem Verständigungsvorschlag des Vorsitzenden beitreten zu wollen, in Betracht ziehen, dass eine Verständigung auf dieser Grundlage nicht zustande kommt. Anhaltspunkte dafür, das Landgericht habe die verbindliche Zusage abgegeben, den vom Vorsitzenden unterbreiteten Verständigungsvorschlag für sich auch für den Fall als bindend anzusehen, dass die angestrebte Verständigung nicht zustande kommt, bestehen nicht (vgl. zur Bindungswirkung von Zusagen des Gerichts auch BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 – 3 StR 39/11, BGHR StPO vor § 1/faires Verfahren Hinweispflicht 7 und Moldenhauer/Wenske, KK-StPO, 7. Aufl., § 257c Rn. 45 ff.). Da der Angeklagte trotz der Äußerungen des Vorsitzenden kein Geständnis abgelegt hat, kann jedenfalls ausgeschlossen werden, dass das Urteil auf dem Verstoß gegen eine solche Zusage beruhen könnte.“