Und als Mittagsentscheidung dann ein kleines Schmankerl vom BGH, nämlich den BGH, Beschl. v. 11.04.2018 – 5 StR 609/17. Gerügt worden war in der Revision gegen ein Urteil (wohl) wegen Wohnungseinbruchdiebstahls mit der Verfahrensrüge ein Verst0ß gegen § 163a StPO, also ein Verstoß gegen die Selbstbelastungsfreiheit (nemo-tenetur-Grundsatz). Dazu vom BGH nur:
„Zur Verfahrensrüge einer Verletzung des § 163a Abs. 4 StPO bemerkt der Senat:
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Selbstbelastungsfreiheit überhaupt berührt ist. Jedenfalls besteht kein Beweisverwertungsverbot, da das Anheben der Füße zum Anfertigen von Lichtbildern der Schuhsohlen eine Mitwirkungshandlung von allenfalls geringer Intensität ist und die Erlangung des Beweismittels auch auf strafprozessual unangreifbare Weise möglich war.“
Na ja. Da fragt man sich natürlich, was ist bei größerer Intensität und wer legt den Grad der Intensität fest? Und wenn „die Erlangung des Beweismittels auch auf strafprozessual unangreifbare Weise möglich war„, warum schlägt man dann den Weg nicht ein?
Warum man den Weg nicht einschlägt? Weil er ggf. deutlich lästiger ist? Beschlagnahme (mit richterlichem Beschluss?), Schuhe ausziehen lassen oder mit unmittelbarem Zwang ausziehen, eintüten, an die KTU schicken, damit es auch besonders schöne Fotos werden, und dann nach ein paar Wochen wieder am Ort der Verwahrung abholen lassen wenn die Fotos gefertigt sind. Für den Beschuldigten in Freiheit lästig,für den potentiellen U-Häftling noch mehr, wenn er erst einmal barfuß in die JVA eingeliefert wird.
Das ist eben der Zwiespalt zwischen einem extrem formalisierten Strafprozess wie etwa in den USA, wo (ich übertreibe) ein schief angebrachter Stempel eine Urkunde unverwertbar macht und der Linie des BGH beim hypothetischen (und ggf. um EIniges für den Beschuldigten lästigeren) Ersatzeingriff.
Ich sehe da auch nicht wirklich ein Problem mit dem nemo-tenetur-Grundsatz, der verbietet nämlich durchaus nicht, den Beschuldigten nett nach freiwilliger aktiver Mitwirkung zu fragen, bevor man strafprozessual zulässig das lediglich passive Dulden erzwingt. Wenn die Schuhabdrücke eine relevantes Indiz sind, hätten die Schuhe ohne weiteres dem Beschuldigten mit unmittelbarem Zwang ausgezogen und beschlagnahmt werden können (um sie dann ggf, nach Abfotografieren zurückzugeben). Das Beweismittel hätte so in gleicher Qualität gewonnen werden können, für den Beschuldigten wäre diese Maßnahme jedoch deutlich lästiger gewesen, als mal eben selber die Füße zu heben und seine Schuhsohlen herzuzeigen.
woraus entnehmen Sie, dass „den Beschuldigten nett nach freiwilliger aktiver Mitwirkung “ gefragt worden ist…. falls das der Fall wäre, wäre die Beanstandung, die in der Revision erheoben worden ist, Unsinn.