Die Fälligkeit des Anspruchs des Pflichtverteidigers auf eine Pauschgebühr (§ 51 RVG) spielt in der Praxis eine nicht unerhebliche Rolle. Das gilt sowohl für die Frage, wann (erstmals) eine Pauschgebühr verlangt werden kann, als auch für die Frage, wie lange der Pflichtverteidiger eine Pauschgebühr verlangen kann, also wann Verjährung eintritt. Mit der Frage der Fälligkeit hat sich jetzt noch einmal der OLG Celle, Beschl. v. 16.06.2016 – 1 ARs 34/16 P – befasst.
Der Sachverhalt der Entscheidung war wie folgt: Die Rechtsanwältin ist seit August 2012 Pflichtverteidigerin des Angeklagten in einem BtM-Verfahren.. Die Hauptverhandlung vor dem LG begann am 10. 09. 12 2012 und endete mit Urteil am 19. 06. 2014. Der BGH hat dieses Urteil am 31.03.2015 aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen. Auf den hiernach gestellten Antrag auf Bewilligung einer Pauschvergütung erklärte die Vertreterin der Landeskasse bei ihrer Anhörung, dass vor rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens mangels Fälligkeit eine Pauschvergütung jedenfalls derzeit nicht bewilligt werden könne. Die Rechtsanwältin hat hierauf erklärt, sie bestehe auf einer rechtsmittelfähigen Entscheidung. Das OLG hat den Pauschgebührantrag derzeit abgelehnt. Begründung:
„Der Antrag auf Bewilligung einer Pauschvergütung ist – jedenfalls derzeit – abzulehnen, weil ein etwaiger Anspruch der Antragstellerin mangels rechtskräftigen Verfahrensabschlusses nicht fällig ist. Zwar sieht die Regelung des § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG ausdrücklich die Möglichkeit vor, eine Pauschgebühr nicht nur für das ganze Verfahren, sondern auch für einzelne Verfahrensabschnitte zu bewilligen. Hiervon zu trennen ist indessen die Frage, wann der Anspruch auf Bewilligung einer Pauschgebühr überhaupt fällig wird. Während dies – bereits auch unter Geltung der früheren Regelung in § 99 BRAGO – in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte vormals unterschiedlich beurteilt wurde, besteht nunmehr im Grunde Einigkeit, dass der Anspruch auf Bewilligung einer Pauschvergütung jedenfalls bei Fortbestand der Beiordnung erst nach endgültigem, mithin rechtskräftigem Abschluss des gesamten Verfahrens entsteht (OLG Braunschweig vom 25.4. 2016 [1 ARs 9/16]; KG Berlin, NStZ-RR 2015, 296; OLG Düsseldorf, NStZ-RR 2006, 224; OLG Köln, RVGreport 2006, 148; OLG Hamm, StraFo 1996, 189; ThürOLG, StraFo 1997, 253; OLG Bamberg, JurBüro 1990, 1282; Gerold/Schmidt-Burhoff, RVG, 22 Aufl., § 51 Rn. 53 und Burhoff, RVG, 2. Aufl., § 51 RVG Rn. 61). Soweit zuletzt noch das Kammergericht (JurBüro 2011, 254) sowie das Oberlandesgericht Braunschweig (JurBüro 2001, 308) eine hiervon abweichende Auffassung vertreten hatten, wurde hieran mit den zuvor benannten Entscheidungen ausdrücklich nicht mehr festgehalten.“
Also: Noch nichts (endgültig) verloren, nur derzeit gibt es eben keine Pauschvergütung.
Jedes Ding hat nun aber mal zwei Seiten. So auch hier. Denn einerseits ist die Rechtsprechung, die die Fälligkeit des Pauschgebühranspruchs an den rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens knüpft zu begrüßen, weil sie für den Pflichtverteidiger günstig ist, da damit auch der Zeitpunkt der Verjährung des Pauschgebühranspruchs hinausgeschoben wird. Andererseits ist aber die Rechtsprechung nachteilig, da – wie auch der vorliegende Fall zeigt – der Zeitpunkt, wann über eine Pauschgebühr entschieden und der Verteidiger eine ggf. angemessere Bezahlung enthält, hinausgeschoben wird. Dem kann der Pflichtverteidiger nur dadurch begegnen, dass er ggf. nach § 51 Abs. 1 Satz 5 RVG einen Antrag auf Bewilligung eines Vorschusses auf eine zu erwartende Pauschgebühr zu stellt Insoweit ist aber zu beachten, dass er einen solchen Antrag eingehend begründen muss. Dazu ist es nach der Rechtsprechung des BVerfG regelmäßig erforderlich, dass dargelegt wird, warum ein Abwarten auf die Gewährung einer Pauschgebühr trotz des Anspruchs auf einen Vorschuss auf die gesetzlichen Gebühren nach § 47 Abs. 1 RVG nicht zumutbar ist (so BVerfG NJW 2005, 3699). Dazu ist, was Verteidiger häufig scheuen, eine detaillierte Einnahmen- und Ausgabenaufstellung ihres Kanzleibetriebs vorzulegen ist, weil nach Auffassung des BVerfG nur dadurch das OLG in der Lage ist zu prüfen, ob angesichts der wirtschaftlichen Situation dem Pflichtverteidiger ein weiteres Zuwarten auf eine Pauschgebühr nicht zugemutet werden kann.