Archiv für den Monat: April 2016

Täter-Opfer-Ausgleich: Kleine Checkliste vom 2. Strafsenat

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Im Rahmen der Strafzumessung spielen häufig die mit einem Täter-Opfer-Ausgleich (TOA) (§ 46a StGB) zusammenhängenden Fragen ein Rolle. Liegt ein TOA vor kann ja nach der Vorschrift des § 46a StGB die Strafe gemildert werden. Allerdings müssen dafür die von der Rechtsprechung, vor allem der des BGH, aufgestellten Voraussetzungen vorliegen. Das ist vor allem der sog. kommunikative Prozess zwischen Täter und Opfer.

Zu den Voraussetzungen des TOA nach § 46a Nr. 1 StGB hat vor einiger Zeit noch einmal der BGH Stellung genommen, und zwar im BGH, Urt. v. 23.12.2015 – 2 StR 307/15. Da ging es erneut um die drei wesentlichen Fragen:

  1. Welche Auswirkungen hat es, wenn aufgrund der Vermögenslage des Angeklagten auf absehbare Zeit nicht mit einer auch nur (teilweisen) Zahlung von Schmerzensgeld zu rechnen ist?.
  2. Welche Auswirkungen hat es, dass der Angeklagte den Tatvorwurf nicht vollumfänglich eingeräumt hat?
  3. Wie ist der kommunikative Prozess im Urteil festzustellen?

Alle drei Fragen hat der BGH in seinem Urteil beantwortet, und zwar wie folgt:

  1. Es steht der Anwendbarkeit des § 46a Nr. 1 StGB nicht grundsätzlich entgegen, wenn aufgrund der Vermögenslage des Angeklagten auf absehbare Zeit nicht mit einer auch nur (teilweisen) Zahlung von Schmerzensgeld zu rechnen ist. Im Rahmen des § 46a Nr. 1 StGB genügt – anders als bei § 46a Nr. 2 StGB – das ernsthafte Erstreben einer Wiedergutmachung; ein Wiedergutmachungserfolg wird deshalb nicht vorausgesetzt.
  2. Dem von der Rechtsprechung des BGH verlangten Verhalten des Täters, das sich als Ausdruck der Übernahme von Verantwortung darstellt, steht dem nicht entgegen, dass der Angeklagte den Tatvorwurf nicht vollumfänglich eingeräumt hat. Das Beschönigen einzelner Tatumstände schadet nicht.
  3. Für eine Annahme des § 46a Nr. 1 StGB sind tatrichterliche Feststellungen dazu erforderlich, wie sich das Opfer zu den Anstrengungen des Täters gestellt hat. Für die Anwendung der Vorschrift bedarf es grundsätzlich zwar keines persönlichen Kontakts zwischen dem Angeklagten und dem Geschädigten. Der sog. kommunikative Prozess kann auch über die jeweiligen Rechtsanwälte erfolgen. Die schlichte Behauptung, es habe ein kommunikativer Prozess stattgefunden, genügt allerdings nicht. Es müssen insbesondere Feststellungen dazu getroffen werden, wie sich der Tatgeschädigte zu den Ausgleichsbemühungen des Angeklagten verhalten hat, insbesondere dazu, ob der Geschädigte die (zugesagten) Leistungen als „friedensstiftenden Ausgleich“ akzeptiert hat.

Daran kann man also einen TOA „abarbeiten“.

Mord ohne Leiche, oder: Weiterer Sex nur bei Geständnis

entnommen wikimedia.org Urheber Badgon

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Urheber Badgon

Das LG Bonn hatte den Angeklagten in einem/dem „Mord ohne Leiche“-Verfahren wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt. Nach den vom LG getroffenen Feststellungen hatte der Angeklagte seine Ehefrau, die sich von ihm trennen wollte, nach einem gescheiterten Versöhnungsversuch in Tötungsabsicht zunächst die Treppe hinuntergestoßen. Als dieser Tötungsversuch misslang, versuchte er, ihr das Genick zu brechen und würgte sie schließlich, bis der Tod eintrat. Das LG hat dann aber keine Feststellungen dazu treffen können, wie der Angeklagte die Leiche seiner Ehefrau, die trotz umfangreicher Suchmaßnahmen nicht gefunden worden ist, beseitigt hat. Seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten hat das Schwurgericht im Urteil dann maßgeblich auf die Aussage einer Zeugin gestützt, die nach Ausstrahlung des Falles in der Fernsehsendung „Aktenzeichen XY ungelöst“ in einem Internetforum über die Täterschaft des Angeklagten spekuliert hatte und später mit dem Angeklagten nicht ausschließbar deshalb ein intimes Verhältnis eingegangen war, um auf diese Weise „etwas aus ihm herauszukriegen“. Der Angeklagte schilderte der Zeugin im Verlaufe der Beziehung die Tatbegehung und berichtete ihr, er habe die Leiche zerstückelt und beseitigt – so die Kurzfassung nach der PM des BGH zum BGH, Beschl. v. 27.10.2015 – 2 StR 4/15.

Der 2. Strafsenat des BGH hat das LG-Urteil wegen Rechtsfehlern in der Beweiswürdigung aufgehoben und die Sache an das LG Bonn zurückverwiesen. Der BGH hatte einiges an der Beweiswürdigung des LG auszusetzen, So hatte das LG u.a. nicht hinreichend begründet, warum es die Schilderung des Angeklagten zum Tatgeschehen als Indiz für dessen Täterschaft herangezogen hat, während es der Darstellung des Angeklagten zur Leichenbeseitigung nicht gefolgt ist. Und:

„ee) Soweit die Kammer den Angaben des Angeklagten gegenüber der Zeugin A. Beweiswert mit der Erwägung beigemessen hat, schon der Umstand, dass der Angeklagte die Tötung eines Menschen gegenüber einem Dritten eingeräumt habe, sei ein gewichtiges Beweisanzeichen für die Tatbegehung, und dies damit begründet hat, dass die Beziehung zu dem Dritten durch eine solche Mitteilung „immer“ schwer belastet werde, lassen diese Ausführungen besorgen, dass die Kammer den Besonderheiten des Einzelfalls nicht hin-reichend Rechnung getragen hat. Denn der Angeklagte hatte sich – soweit ersichtlich nicht unplausibel und unwidersprochen – dahin eingelassen, dass die Zeugin A. den Fortbestand der intimen Beziehung zu ihm davon abhängig gemacht hatte, dass er ihr gestehe, seine Ehefrau getötet zu haben. Mit diesen Besonderheiten hätte sich das Schwurgericht auseinander setzen müssen.“

Einfacher wird es im zweiten „Rechtsgang“ sicher nicht….

„Rebellensenat“/2. Strafsenat gibt nicht auf und bessert nach – ob das dem Großen Senat dann reicht?

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Nur mal so ein kleiner Zwischenstand 🙂 , und zwar: Ich war überrascht als ich den Vorlagebeschlus des 2. Strafsenats des BGH, den BGH, Beschl. v. 24.02.2016 – 2 StR 656/13 – gestern auf der Homepage des BGH entdeckt habe. Denn ich meinte mich zu erinnern, dass es bereits einen Vorlagebeschluss in dem Verfahren gegeben hat. Und ich habe mich auch richtig erinnert. Das ist/war nämlich der BGH, Beschl. v. 18.03.2015 – 2 StR 656/13 mit der Vorlagefrage:

„Ist die Einführung und Verwertung einer früheren Aussage eines Zeugen, der erst in der Hauptverhandlung von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht, durch Vernehmung der richterlichen Vernehmungsperson nur dann zulässig, wenn diese den Zeugen nicht nur über sein Zeugnisverweigerungsrecht, sondern auch über die Möglichkeit der Einführung und Verwertung seiner Aussage im weiteren Verfahren belehrt hatte?“

Und genau dieselbe Vorlagefrage hat nun der Beschl. v. 24.02.2016. Man fragt sich, was ist/war da los? Haben die Mitglieder des 2. Strafsenats bei den vielen Anfragen und Vorlagen die Übersicht verloren? Nein, natürlich nicht. Sondern? Nun, das, was hinter dem „neuen“ Vorlagebeschluss steckt ergibt sich aus IV. der Beschlussgründe: Der Große Senat für Strafsachen hat wegen der 1. Vorlage wohl gemeckert (den Beschluss kenne ich nicht und finde ihn auch nicht auf der Homepage des BGH) und da hat der 2. Strafsenat dann nachgebessert; warum gemeckert, kann man ein wenig aus dem BGH, Beschl. v. 24.02.2016 – 2 StR 656/13 – entnehmen. Und ein neues Anfrageverfahren gibt es auch nicht:

IV.
Eines neuen Anfrageverfahrens bei den anderen Senaten bedarf es nicht.

1. Zwar setzt eine Vorlage an den Großen Senat im Fall einer Divergenz gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG regelmäßig voraus, dass der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Se-nats erklärt hat, dass er an seiner Rechtsauffassung festhalte. Eine Anfrage ist nach Ansicht des 2. Strafsenats aber ausnahmsweise entbehrlich, wenn der Zweck des Anfrageverfahrens, zu klären, ob im Zeitpunkt der Vorlageentscheidung (noch) eine Divergenz besteht (vgl. Hannich, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 7. Aufl., § 132 GVG Rn. 13), auf andere Weise erreicht und sichergestellt ist, dass eine überflüssige Anrufung des Großen Senats vermieden wer-den kann. So liegt es hier.

Der 2. Strafsenat hat mit Beschluss vom 4. Juni 2014 bei allen übrigen Strafsenaten angefragt, ob diese der beabsichtigten Änderung der Rechtsprechung zustimmen oder an entgegenstehender Rechtsprechung festhalten. Alle Strafsenate sind mit Beschlüssen zwischen dem 16. Dezember 2014 und dem 27. Januar 2015 der Auffassung des anfragenden Senats entgegengetreten, drei Senate haben mitgeteilt, dass Rechtsprechung ihrer Senate entgegenstehe. Angesichts einer in der Sache unveränderten Vorlage, die lediglich im Hinblick auf die vom Großen Senat geäußerten Bedenken zur Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage geringfügig ergänzt worden ist, und mit Blick darauf, dass zwischen den ursprünglichen Antworten der übrigen Senate und der erneuten Vorlage nach Rücknahme des Vorlagebeschlusses vom 18. März 2015 nur kurze Zeit vergangen ist, geht der 2. Strafsenat als sicher davon aus, dass eine zur Vorlage berechtigende Divergenz fortbesteht. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass auch nur einer der übrigen Strafsenate zwischenzeitlich seine Rechtsauffassung geändert haben könnte. Bei dieser Sachlage wäre es in der Sache ohne Nutzen, erneut ein Anfrageverfahren durchzuführen.

Hinzu kommt, dass sich der Angeklagte im zugrunde liegenden Strafverfahren seit 23. September 2012 in Untersuchungshaft befindet. Eine allein aus formalen Gründen erfolgende Durchführung eines erneuten Anfrageverfahrens würde zu einer Verzögerung des Verfahrens um mindestens ein halbes Jahr führen. Dies wäre nach Ansicht des 2. Strafsenats mit Blick auf das aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Beschleunigungsgebot nicht vertretbar.“

Also: „Rebellensenat“ gibt nicht auf und bessert nach. Bin mal gespannt, ob das dem Großen Senat jetzt reicht oder ob die Vorlage „abgeschmiert“ wird.

Nochmal: Fehlerhafte Pflichtverteidigerbestellung wegen Interessenkonflikt?

© fotomek - Fotolia.com

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Der BGH hat erst Ende 2015 zur ggf. infolge eines Interessenkonflikts fehlerhaften Pflichtverteidigerbestellung Stellung genommen. Das war der  BGH, Beschl. v. 01.12.2015 – 4 StR 270/15 (vgl. dazu Interessenkonflikt und fehlerhafte Pflichtverteidigerbestellung; aber: Beruht das Urteil darauf?). Gestern ist zu der Problematik das BGH, Urt. v. 24.02.2016 – 2 StR 319/15 – eingestellt worden, dem folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde gelegen hat:

„Der Angeklagte D. beauftragte am 21. August 2013 den Rechtsanwalt P. mit seiner Verteidigung. Dieser erwirkte am Folgetag unter Niederlegung des Mandats als Wahlverteidiger seine Bestellung zum Verteidiger durch die Haftrichterin. Am 17. September 2013 zeigte Rechtsanwalt M. an, dass er den Geschädigten als Zeugenbeistand vertrete. Am 28. Oktober 2013 zeigte Rechtsanwältin Me. an, von dem Angeklagten D. mit seiner Verteidigung beauftragt worden zu sein. Rechtsanwältin Me. war – gerichtsbekannt – mit Rechtsanwalt M. in einer Bürogemeinschaft verbunden und auch privat mit diesem liiert. Am 18. Februar 2014 beauftragte der Angeklagte D. zusätzlich Rechtsanwalt A. mit seiner Verteidigung und erklärte, dass das Vertrauensverhältnis zu Rechtsanwalt P. zerrüttet sei. Unter dem 4. März 2014 beantragte Rechtsanwalt A. Rechtsanwalt P. zu entpflichten. Der Vorsitzende der Strafkammer schrieb nach einem vorausgegangenen Telefonat an Rechtsanwalt P. , dass er davon ausgehe, dieser sei mit seiner Entpflichtung und der Bestellung von Rechtsanwältin Me. einverstanden. Rechtsanwältin Me. hatte zwischenzeitlich ihre gerichtliche Bestellung als Verteidigerin beantragt. Der Angeklagte D. und Rechtsanwalt A. wurden davon nicht unterrichtet.

Mit Verfügung vom 7. März 2014 entpflichtete der Vorsitzende den Rechtsanwalt P. und ordnete dem Angeklagten D. Rechtsanwältin Me. als Verteidigerin bei. Unter dem 19. März 2014 erklärte Rechtsanwalt M. im Namen des Geschädigten Bo. dessen Anschluss als Nebenkläger und beantragte seine Bestellung zu dessen Beistand. Unter dem 26. März 2014 korrespondierte Rechtsanwalt M. mit Rechtsanwältin Me. schriftlich über die Frage eines Täter-Opfer-Ausgleichs durch außergerichtliche Zahlung eines Schmerzensgeldes. Diese Korrespondenz wurde auch Rechtsanwalt A. mitgeteilt. Am 20. April 2014 ließ das Landgericht den Geschädigten als Nebenkläger zu. Die Voraussetzungen für eine Beiordnung des Rechtsanwalts M. sah es zunächst nicht als erfüllt an, ordnete ihn aber später bei. Rechtsanwalt M. nahm als Vertreter des Nebenklägers an 21 von 24 Verhandlungstagen an der Hauptverhandlung teil.“

Der BGH hat die Verfahrensrüge als unbegründet angesehen. Eine Verletzung des Anspruchs des Angeklagten D. auf ein faires Verfahren in der Form des Rechts auf wirkungsvolle Verteidigung liege nicht vor. In dem Zusammenhnag dann folgende (grundsätzliche) Ausführungen:

„aa) Jeder Beschuldigte hat das Recht auf ein faires Strafverfahren, zu dem auch die Gewährleistung einer wirksamen Verteidigung gehört (Art. 6 Abs. 3 Buchst. c EMRK; Art. 20 Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG). Sofern kein Wahlverteidiger mitwirkt, bedarf es in Fällen der notwendigen Ver-teidigung der Bestellung eines Verteidigers durch das Gericht. Dabei ist auf ein bestehendes oder angestrebtes Vertrauensverhältnis zwischen dem Beschuldigten und dem Verteidiger möglichst Rücksicht zu nehmen (vgl. BVerfG, Be-schluss vom 25. September 2001 – 2 BvR 1152/01, NJW 2001, 3695, 3696).

Gründe, die gegen eine wirksame Verteidigung des Beschuldigten durch einen bestimmten Rechtsanwalt sprechen, sind bei der Bestellungsentscheidung zu berücksichtigen. Ein absehbarer Interessenkonflikt in der Person eines als Verteidiger in Betracht kommenden Rechtsanwalts kann dessen Bestellung im Einzelfall entgegenstehen, wenn deshalb geringere Effektivität seines Einsatzes als Strafverteidiger zu befürchten ist (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Januar 2003 – 5 StR 251/02, BGHSt 48, 170, 173; Urteil vom 11. Juni 2014 – 2 StR 489/13, NStZ 2014, 660, 662; Beschluss vom 1. Dezember 2015 – 4 StR 270/15; krit. Müller/Leitner in Widmaier/Müller/Schlothauer, Münchener Anwaltshandbuch Strafverteidigung, 2. Aufl., § 39 Rn. 119; von Stetten ebenda § 16 Rn. 46). Hierin kann mit Blick auf die auch durch Art. 6 Abs. 3 Buchst. c EMRK geforderte subsidiäre Verantwortung des Staates für eine wirksame Verteidigung (vgl. Gaede, Fairness als Teilhabe – Das Recht auf konkrete und wirksame Teilhabe durch Verteidigung gemäß Art. 6 EMRK, 2007, S. 858 ff. mwN) ein wichtiger Grund im Sinne von § 142 Abs. 1 Satz 3 StPO liegen, von der Bestellung dieses Rechtsanwalts zum Verteidiger abzusehen. Ergeben sich nachträglich Hinweise auf die Möglichkeit eines Interessenkonflikts, so kann dies ein wichtiger Grund dafür sein, eine bereits erfolgte Verteidigerbestellung aufzuheben. Jedoch ist die Situation im Abberufungsverfahren anders als bei der Bestellung zum Verteidiger. Die Entpflichtung eines Verteidigers ist – von den in § 143 StPO ausdrücklich genannten Gründen abgesehen – dann zulässig, wenn der Zweck der gerichtlich bestellten Verteidigung, dem Beschuldigten einen geeigneten Beistand zu sichern und den ordnungsgemäßen Verfahrens-ablauf zu gewährleisten, ernsthaft gefährdet ist. Die Grenze für die Begründet-heit vorgebrachter Einwände gegen den vom Gericht beigeordneten Verteidiger wird in der Situation der Entpflichtung enger gezogen (vgl. BVerfG aaO, NJW 2001, 3695, 3697).

Dem Vorsitzenden des zuständigen Spruchkörpers kommt insoweit ein Beurteilungsspielraum zu (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Januar 2003 – 5 StR 251/02, BGHSt 48, 170, 175). Dabei kann auch das Ziel einer Verfahrenssicherung durch die Verteidigerbestellung berücksichtigt werden. Nicht in jedem Fall, in dem die abstrakte Gefahr einer Interessenkollision besteht, ist der Vorsitzende verpflichtet, die Bestellung eines bestimmten Rechtsanwalts zum Verteidiger zu unterlassen oder nachträglich aufzuheben. Zu beachten ist auch, dass ein Rechtsanwalt grundsätzlich selbst für die Wahrung seiner beruflichen Pflichten verantwortlich ist (vgl. BGH aaO, BGHSt 48, 170, 174). Er hat im Fall eines tatsächlich bestehenden Interessenkonflikts seinerseits darauf hinzuwirken, dass er nicht zum Verteidiger bestellt oder eine bestehende Bestellung aufgehoben wird.

Der Vorsitzende hat in Fällen, in denen eine Interessenkollision möglich erscheint, regelmäßig Anlass, den Beschuldigten und den als Verteidiger in Betracht gezogenen Rechtsanwalt zu dem prozessualen Sachverhalt anzuhören (vgl. BGH aaO, SSW/Beulke, StPO, 2. Aufl., § 143 Rn. 20). Werden bei der Anhörung oder im weiteren Gang des Verfahrens keine Bedenken gegen die Bestellung geäußert oder besondere Gründe dagegen vorgebracht, so kann auch dies dafür sprechen, dass die Entscheidung des Vorsitzenden zumindest vertretbar war…..“

 

Lösung zu: Ich habe da mal eine („fürchterliche“) Frage: Welche Gebühren denn bei Tätigkeiten für einen Sicherungsverwahrten?

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Nun, ich finde so „fürchterlich“ war meine Frage vom vergangenen Freitag: Ich habe da mal eine („fürchterliche“) Frage: Welche Gebühren denn bei Tätigkeiten für einen Sicherungsverwahrten? nicht. Ich konnte sie dem Kollegen auch ganz kurz beantworten, nämlich:

„Die Sache nach § 119a StVollzG müssen Sie m.E. nach Teil 3 VV RVG abrechnen – schauen Sie im RVG-Kommentar Teil A Rn. 2083 ff.

Das andere ist Teil 4 Abschnitt 2 VV RVG – m.E. zwei Angelegenheiten – ob auch in Bayern weiß ich nicht.

Wenn mehrere Angelegenheiten dann aber auch mehrere TG. wer A sagt, muss auch B sagen.“

Der Kollege war ganz zufrieden und will es auch so versuchen. Vor allem die Abrechnung nach Teil 3 VV RVG ist interessant. Dürfte ggf. mehr bringen als Teil 4 Abschnitt 2 VV RVG. Allerdings muss dafür dann erst mal ein Gegenstandswert festgesetzt werden.