Der KG, Beschl. v. 08.07. 2015 – (3) 121 Ss 69/15 (47/15) – betritt kein Neuland, sondern zurrt nur noch einmal fest, was in der obergerichtlichen Rechtsprechung zu § 142 StPO Konsens ist: Der Vorsatz nach § 142 Abs. 1 StGB muss sich auf alle Merkmale des äußeren Tatbestandes erstrecken, wozu eben auch gehört, dass der Täter weiß, dass es zu einem Unfall i. S. d. § 142 StGB (vgl. dazu Burhoff in: Ludovisy/Eggert/Burhoff, Praxis des Straßenverkehrsrechts, 6. Aufl., 2015, § 4 Rn 392 ff.. m.w.N.) gekommen sei. Dass er es hätte erkennen können und müssen, reicht eben nicht (vgl. dazu auch OLG Düsseldorf VRS 95, 254, 255 = zfs 1998, 312; OLG Hamm VRS 93, 166 = zfs 1997, 73; OLG Jena VRS 110, 15, 16, 17 = StV 2006, 529; OLG Köln DAR 2002, 88). Und das gilt vor allem, wenn es sich um einen Bagatellschaden handelt. Gerade dann werden von den AG häufig Fehler gemacht bzw. Formulierungen verwendet, die zur Darstellung des Vorsatzes nicht ausreichen. Aus dem Beschluss dazu:
„Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht. Es legt zwar noch ausreichend dar und belegt auch hinsichtlich der inneren Tatseite, dass die Angeklagte, bemerkt hatte, dass es zu einem Anstoß der Fahrzeuge gekommen war. Weder aus den ausdrücklichen Sachverhaltsfeststellungen noch aus der Beweiswürdigung, der rechtlichen Bewertung oder einer Gesamtschau des Urteils ergibt sich jedoch, dass sich die Angeklagte einen aus der Berührung der Fahrzeuge herrührenden nicht ganz belanglosen Schaden zumindest als möglich vorgestellt hat. Dies versteht sich auch nicht von selbst, da nach den Feststellungen an beiden Fahrzeugen auf den ersten Blick lediglich ein Farbaufrieb erkennbar war.
Das Amtsgericht gelangt zwar zu dem Schluss, dass die Angeklagte davon ausging, dass ein nicht unerheblicher Sachschaden am Fahrzeug der Geschädigten Lange entstanden war (UA S. 5). Es vermag aber hinsichtlich der subjektiven Tatseite nicht durch Rückschlüsse vom äußeren Tatgeschehen auf die inneren Tatsachen (vgl. BGH NStZ 1991, 400) nachvollziehbar zu machen, welche Vorstellungen die Angeklagte hinsichtlich eines möglicherweise angerichteten Schadens tatsächlich hatte, als sie die Unfallstelle verließ. Die Urteilsgründe weisen lediglich aus, dass „für die Angeklagte erkennbar“ war (UA S. 5), dass die Beschädigung die Grenze eines Bagatellschadens überschreitet. Dies reicht zur Begründung allein strafbaren vorsätzlichen Handelns nicht aus, weil offen bleibt, ob die Angeklagte diese Möglichkeit auch tatsächlich erkannt hat. Zumal nach den Feststellungen des Amtsgerichts (UA S.4) die Angeklagte lediglich einen länglichen weißen Strich an der Stoßstange des geschädigten Fahrzeuges festgestellt habe und damit nicht von relevanten Schäden ausgegangen sei (UA S.3).“
Mir erscheint erstaunlich, wie ein und derselbe Spruchkörper gleichartige Fragen nach einem mir bisher nicht nachvollziehbarem Turnus so wechselnd entscheiden kann.
Wie kann man bei dieser (richtigen und gutzuheissenden) Auffassung zur Vorsatzdarlegung in VU-Fluchtsachen bei Geschwindigkeits-OWis dann scheinbar handstreichartig einen 40-Prozent-Automatismus anwenden und all diese hohen Anforderungen plötzlich wieder für überflüssig halten?
Anderes Beispiel: Der gleiche SV, dessen Sachkunde ein Amtsgericht vergisst mitzuteilen führt einmal zur Aufhebung, ein anderes Mal bei exakt gleichem Sachverhalt zur Verwerfung, weil die Sachkunde aufgrund jahrelanger Tätigkeit des SV doch allgemein bekannt sei.