Im Bereich des § 316 StGB gibt es einen Dauerbrenner, der immer wieder zu Aufhebung amtsgerichtlicher Urteile führt. Das ist die Frage nach den Anforderungen an das Urteil, wenn der Angeklagte wegen einer vorsätzlichen Trunkenheitsfahrt verurteilt wird. In diese Serie der Aufhebungen reiht sich der OLG Brandenburg, Beschl. v. 05.02.2013 – (2) 53 Ss 1/13 (4/13) – ein. Das AG hatte den Angeklagten bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,51 Promille wegen eines vorsätzlichen Verstoßes verurteilt. Seine „nicht ganz unerheblichen Ausfallerscheinungen“ seien dem Angeklagten nicht entgangen, so dass er zumindest billigend in Kauf genommen habe, zum sicheren Führen seine Motorrades nicht mehr in der Lage gewesen zu sein. Er habe „erhebliche Ausfallerscheinungen“ gehabt, die „dem lebenserfahrenen, 62jährigen Angeklagten nicht entgangen“ sein können. Ihm sei auch bei Antritt der Fahrt bewusst gewesen, „dass er noch am Vormittag weiteren Alkohol zu sich genommen“ habe, der einen „Abbau des Restalkohols vom Vorabend zumindest verlangsamte“.
Dem OLG reicht das für den Vorsatz nicht.
„Eine Bestrafung wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr setzt voraus, dass der Fahrzeugführer seine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit kennt oder zumindest mit ihr rechnet und sie billigend in Kauf nimmt. Allein die hohe Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit rechtfertigt anerkanntermaßen nicht den Schluss auf eine vorsätzliche Tatbegehung; vielmehr müssen weitere auf einen Vorsatz hindeutende Umstände hinzutreten. Zu würdigen sind dabei insbesondere — soweit feststellbar — die Täterpersönlichkeit, der Trinkverlauf, der Zusammenhang zwischen Trinkverlauf und Fahrtantritt sowie das Verhalten des Täters vor und während der Fahrt (vgl. Senat, Beschl. vom 13. Juli 2010 — 2 Ss 21/10; OLG Hamm, Beschluss vom 16. Februar 2012 — 3 RVs 8/12).
Das Amtsgericht hat die insoweit zu berücksichtigenden Umstände nur lückenhaft gewürdigt und zu einseitig auf die — auch erst beim Absteigen vom Motorrad festgestellten — motorischen Unsicherheiten abgestellt. Bei einer hohen Blutalkoholkonzentration treten häufig Ausfallerscheinungen auf, die für eine Kenntnis des Fahrers von seiner Fahruntüchtigkeit sprechen können. Insoweit ist jedoch stets zu beachten, dass bei fortschreitender Trunkenheit das kritische Bewusstsein und die Fähigkeit zur realistischen Selbsteinschätzung abnehmen, das subjektive Leistungsgefühl des Alkoholisierten hingegen infolge der Alkoholeinwirkung häufig gesteigert wird mit der Folge, dass der Fahrer seine Fahruntüchtigkeit falsch einschätzt (vgl. OLG Hamm, a.a.O.). Die Fähigkeit einer entsprechenden Selbsteinschätzung ist dabei regelmäßig umso geringer, je weiter der Entschluss zur Fahrt vom Trinkende entfernt liegt (OLG Frankfurt NStZ-RR 1996, 86).
Unter diesem Gesichtspunkt hätte das Amtsgericht sich näher mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob der Angeklagte hier womöglich die Wirkung des auf den Konsum am Vorabend zurückzuführenden Restalkohols verkannt hat. Dazu bestand insbesondere deshalb Veranlassung, weil nach den Urteilsfeststellungen nicht auszuschließen ist, dass die Fahruntüchtigkeit wesentlich auf den Alkoholkonsum am Vortag zurückzuführen ist und der Alkoholgenuss am Vormittag des Tattages „einen Abbau des Restalkohols vom Vorabend“ lediglich verlangsamt hat. …..“