Archiv für den Monat: September 2012

Bewährungsauflagen – bitte genau/genauer

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Einen Fehler, der in Zusammenhang mit Bewährungsauflagen häufiger gemacht wird,  hat das OLG München im OLG München, Beschl. v. 24.08.2012 – 3 Ws 716/12 gerügt: Nämlich die zu ungenaue Bestimmung einer Bewährungsauflage bzw. die Überlassung der Bestimmung an den Bewährungshelfer. Das ist unzulässig. Dazu der Leitsatz des Beschlusses:

Das Gericht darf sich bei der Bestimmung einer Auflage nicht darauf beschränken, nur den Umfang von gemeinnützigen Leistungen festzulegen. Vielmehr muss in der Auflage auch die Zeit, innerhalb derer ggf. die Arbeitsleistung zu erfüllen ist, die Art und nach Möglichkeit auch der Ort dieser Arbeitsleistung und die Institution, bei der sie abzuleisten ist, festgesetzt werden. Diese ihm allein obliegende Befugnis zur inhaltlichen Ausgestaltung der Arbeitsauflage darf das Gericht nicht an Dritte, auch nicht an den Bewährungshelfer, delegieren.

 

Die elterliche Aufsichtspflicht im Straßenverkehr

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Die Frage Haftung der Eltern wegen Verletzung der Aufsichtspflicht bzgl. der Teilnahme des Kindes am Straßenverkehr kann – sowohl für das Kind und die Eltern als auch für einen Geschädigten – erhebliche Bedeutung haben. Mit der Problematik hat sich vor einiger Zeit das OLG Karlsruhe, Urt. v. 03.05.2012 – 1 U 186/11 – befasst, das zu folgenden Leitsätzen gekommen ist:

1. Es wird daran festgehalten, dass § 1664 BGB auch anzuwenden ist, wenn ein Anspruch aus einer Verletzung der elterlichen Aufsichtspflicht hergeleitet wird und es um die Teilnahme des Kindes am Straßenverkehr geht (Senatsurteil NZV 2008, 511).
2. Ein Anspruch wegen Aufsichtspflichtverletzung ist nach § 277 BGB nicht schon dann ausgeschlossen, wenn den Eltern grobe Fahrlässigkeit nicht vorzuwerfen ist. Für die eigenübliche Sorgfalt kommt es nicht darauf an, wie die Eltern der Aufsichtspflicht über ihre am Straßenverkehr teilnehmenden Kinder ansonsten nachkommen, sondern darauf, welche Sorgfalt sie in eigenen Angelegenheiten an den Tag legen.

Sexueller Missbrauch einer Widerstandsunfähigen – das Opfer muss zum Widerstand gänzlich unfähig

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Das LG verurteilt wegen Verstoßes gegen § 179 StGB. Das OLG Koblenz hebt im OLG Koblenz, Beschl. v. 16.02.2012 – 2 Ss 30/12 auf, weil:

„Die rechtliche Würdigung beschränkt sich auf folgende Ausführungen:

„Aufgrund der getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte sich des sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen durch Vollzug des Beischlafs gemäß § 179 Abs. 1, Abs. 5 StGB, begangen im Zustand nicht ausschließbarer verminderter Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB schuldig gemacht“.

 Opfer einer Tat nach § 179 StGB kann nur sein, wer aufgrund einzelner, im Tatbestand des Absatzes 1 näher beschriebener Gegebenheiten unfähig ist, einen ausreichenden Widerstandswillen gegen das sexuelle Ansinnen des Täters zu bilden, zu äußern oder durchzusetzen (BGH, Urteil vom 15. März 1989 – 2 StR 662/88, BGHSt 36, 145, 147; Beschluss vom 28. Oktober 2008 – 3 StR 88/08, NStZ 2009, 324, 325). Die Feststellung der Widerstandsunfähigkeit ist eine normative Entscheidung (BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2008 – 2 StR 385/08, NStZ-RR 2009, 14, 15; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 179 Rdnr. 4b); sie erfordert die Überzeugung des Tatrichters, dass das Opfer zum Widerstand gänzlich unfähig war (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2008 – 3 StR 88/08, NStZ 2009, 324, 325).

Offen bleibt vorliegend bereits, ob die Kammer eine Widerstandsunfähigkeit der Zeugin infolge einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung nach § 179 Abs. 1 Nr. 1 StGB, die wegen der vorangegangenen Medikamenten- und Drogeneinnahme der Zeugin hier naheliegend wäre, oder infolge eines körperlichen „Defektes“ nach § 179 Abs. 1 Nr. 2 StGB bejaht hat.

 

Einsicht-/Steuerungsfähigkeit – das muss man schon auseinander halten

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Das LG verurteilt den Angeklagten wegen Totschlags. Es wird Schuldunfähigkeit verneint, was der Angeklagte mit der Revision angreift. Der BGH hebt im BGH, Beschl. v. 24.07.2012 – 2 StR 82/12 auf, und zwar mit der Begründung:

1. Die Erwägungen, aus denen das Landgericht einen Zustand der Schuldunfähigkeit des Angeklagten zum Zeitpunkt der Tötung seiner Lebensgefährtin ausgeschlossen hat, sind unzureichend. Auf UA. S. 6 hat es zunächst festgestellt, die Einsichts-Fähigkeit des Angeklagten sei erheblich vermindert gewesen. Dies wird im weiteren Verlauf der Urteilsgründe dahin korrigiert, dass durch das vorhandene hirnorganische Psychosyndrom in Verbindung mit der Alkoholisierung zur Tatzeit die Steuerungs-Fähigkeit des Angeklagten erheblich eingeschränkt gewesen sei, da er in einem Zustand der Bewusstseinseinen-gung durch einen schwerwiegenden Affekt „quasi haften geblieben“ sei. Zum Ausschluss einer vollständigen Aufhebung der Steuerungsfähigkeit ist nur aus-geführt: „Dies sei nach Erläuterung des Sachverständigen unschwer daran zu erkennen, dass das Handeln des Angeklagten – vom Holen und Laden der Waf-fe, dem Hinaufgehen in den ersten Stock bis hin zum Entladen und wieder Wegschließen der Waffe – nur aus gesteuertem Verhalten heraus zu erklären ist“ (UA S. 21). Diese Ausführung legt nahe, dass das Landgericht sich ohne eigene Beurteilung einer Ansicht des Sachverständigen angeschlossen hat, die ihrerseits auf einer unzutreffenden und eingeengten Vorstellung vom Inhalt des Begriffs der Steuerungsunfähigkeit beruht.

 

 

Mal wieder die Gebühren des Terminsvertreters… nur die Terminsgebühr

Nach längerer Zeit mal wieder ein Beschluss zur Frage, wie und was der Terminsvertreter des Pflichtverteidigers an Gebühren für seine Teilnahme an der Hauptverhandlung abrechnen kann. Nur die Terminsgebühr, oder auch noch die Grundgebühr und ggf. auch die Verfahrensgebühr: Der AG Sinzig, Beschl. v. 11.07.2012 – 2090 Js 71483/10 jug 3 Ds – meint:

Ist die Beiordnung eines Rechtsanwalts als Terminsvertreter für einen Pflichtverteidiger für einen Hauptverhandlungstermin erfolgt und hat der originär bestellte Verteidiger die Gebühren für die vorgelagerte Tätigkeit schon verdient (Grundgebühr nach Nr. 4100 VV RVG und Verfahrensgebühr nach Nr. 4106 VV RVG), hat die Landeskasse nur noch die Terminsgebühr nach Nr. 4108 VV RVG nebst Umsatzsteuer zu erstatten.

M.E. nicht richtig, da auch der Rechtsanwalt eigenständiger Verteidiger ist und sich einarbeiten muss. Also ist die Grundgebühr zumindest auch festzusetzen. So steht es auch bei uns im Kommentar, für den ich hier dann mal wieder Werbung mache :-).

Hinweis: Überschrift nachträglich berichtigt