Archiv für den Monat: September 2012

Die Rückkehr der alten Kfz-Kennzeichen…..

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Die Rückkehr der alten Kennzeichen steht ggf. bevor. Denn der Bundesrat hat am 21.09.2012 eine entsprechende Verordnung zur Änderung der Fahrzeug-Zulassungsverordnung akzeptiert.

Der Bundesrat hat damit den Plänen der Bundesregierung, die alten Kraftfahrzeugnummernschilder wieder zuzulassen,  zugestimmt. Damit haben Städte und Gemeinden künftig deutlich mehr Auswahl bei ihren Zulassungskürzeln. Den weitergehenden Plänen der Bundesregierung, auch völlig neue Nummernschilder zuzulassen und damit die Zulassungsstellen ihre Ortskürzel praktisch frei wählen zu lassen, erteilte der Bundesrat allerdings eine Absage. Diese Regelung führe zu einer unübersichtlichen Vielzahl neuer zusätzlicher Kennzeichen und sei daher abzulehnen.

Die Bundesregierung muss nun entscheiden, ob sie die geänderte Verordnung in Kraft setzt. Das hätte dann zur Folge, dass hier im Münsterland so schöne Kennzeichen wie „BF“ für „Burgsteinfurt“ wieder erscheinen würde. Übersetzt hat man das früher mit „Bauer fährt“.

Material zu dieser Frage:

  • Die Verordnung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und des Bundesministeriums des Innern: BR-Drs. 371/12 (PDF)

Quelle: PM des Bundesrates Nr. 141 v. 21.09.2012

Anfängerfehler – so wird eine Revision dann ein Selbstläufer…

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Manchmal versteht man es nicht. Da verurteilt das LG den Angeklagten wegen „besonders schwerer räuberischer Erpressung“ nach § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB. Bei den Taten spielt offenbar eine geladene Schreckschusspistole – Näheres zum Sachverhalt teilt der BGH, Beschl. v. 25.07.2012 – 2 StR 138/12 – nicht mit.

Jedenfalls werden nähere Feststellungen im landgerichtlichen Urteil zur Beschaffenheit der Schreckschußpistole nicht getroffen. Dass das nicht halten kann in der Revision liegt m.E. auf der Hand. Und der BGH hat dann auch aufgehobene:

Das Landgericht hat rechtsfehlerhaft keine näheren Feststellungen zur Beschaffenheit der von den Angeklagten bei den Taten verwendeten geladenen Schreckschusswaffe getroffen. Die Voraussetzungen des Qualifikationstatbe-stands des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB sind deshalb nicht belegt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unterfällt eine geladene Schreck-schusspistole nur dann dem Waffenbegriff des § 250 StGB, wenn feststeht, dass beim Abfeuern der Waffe der Explosionsdruck nach vorne aus dem Lauf austritt und deshalb die Waffe nach ihrer Beschaffenheit geeignet ist, erhebliche Verletzungen hervorzurufen (BGH, Beschluss vom 4. Februar 2003 – GSSt 2/02, BGHSt 48, 197, 201 f.). Hierzu hat der Tatrichter grundsätzlich besondere Feststellungen zu treffen, denn der Austritt des Explosionsdrucks nach vorne mag zwar üblich sein, kann aber nicht als selbstverständlich vorausgesetzt werden (BGH, Beschluss vom 9. Februar 2010 – 3 StR 17/10, NStZ 2010, 390).

Dieser Rechtsfehler wirkt sich auf den Schuldspruch aus, da infolge der lückenhaften Feststellungen zur Tatwaffe nicht erkennbar ist, ob die Angeklag-ten lediglich den Qualifikationstatbestand des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB verwirklicht haben. Das Urteil ist deshalb im vorgenannten Umfang auf-zuheben. Von der Aufhebung werden jedoch nur die Feststellungen zur Be-schaffenheit der Tatwaffe erfasst; hingegen können im Übrigen die Feststellun-gen zum objektiven und subjektiven Tatgeschehen bestehen bleiben, weil sie von dem Rechtsfehler nicht betroffen sind.

Anfängerfehler – m.E. ja. Das darf einer StK nicht passieren. Und die Revision wird damit dann ein Selbstläufer.

Die Anklage – ich schätze die Schätzung, erlaubt oder nicht?

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Die Frage, ob ordnungsgemäß Anklage erhoben worden ist, spielt im Strafverfahren ggf. eine erhebliche Rolle. Ist das nämlich nicht der Fall, liegt eine ausreichende Verfahrensgrundlage nicht vor und es kommt ggf. noch im Revisionsverfahren zur Einstellung. Die mit dieser Problematik zusammenhängenden Rechtsfragen tauchen immer wieder in Steuer- und Wirtschaftsstrafverfahren eine Rolle.Mit ihnen hat sich jetzt auch noch einem der BGH, Beschl. v. 00.08.2012 – 1 StR 296/12 auseinander gesetzt und zu den Anforderungen an die Anklageschrift bei geschätzter Höhe der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge und hinterzogener LohnsteuerStellung genommen.

Der 1. Strafsenat geht davon aus, dass eine Anklageschrift nicht deshalb unwirksam ist, weil sie keine Ausführungen zur Berechnung der hinterzogenen Steuer bzw. der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträgen enthält. Der Umgrenzungsfunktion sei Genüge geleistet, wenn das relevante Verhalten und der Taterfolge, also bei der Steuerhinterziehung Steuerart und jeweiliger Steuerabschnitt dargestellt seien. Insofern seien auch nicht die strengen Anforderungen, die für die Darstellung in einem Urteil gelten, auf die Anklageschrift übertragbar .

Das vor einiger Zeit das OLG Celle noch anders gesehen. Das OLG Celle hatte im OLG Celle, Beschl. v. 19.07.2011 – 1 ws 271 – 274/11 eine Nichteröffnung des Hauptverfahrens gehalten, die damit begründet worden war, dass die Staatsanwaltschaft eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen bzw. der Höhe der vorenthalten Sozialversicherungsbeiträge vorgenommen hatte, obgleich die Voraussetzungen für eine Schätzung nicht vorlagen, weil eine exakte Berechnung möglich war. Das macht der BGH anders.

Der BGH-Beschluss vom 08.08.2012 ist für uns noch aus einem anderen Grund wichtig/erfreulich. Der BGH bezieht sich in seiner Begründung auf die Veröffentlichung des OLG Celle- Beschluss im StRR 2011, 388 und die dortige Anmerkung des Kollegen Hunsmann. Schön, dass wir nun auch beim BGH angekommen sind 🙂 :-D.

 

Pflichtverteidigebestellung – gilt sie auch noch für das Wiederaufnahmeverfahren?

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Die Frage, ob eine im Erkenntnisverfahren erfolgte Pflichtverteidigerbestellung im Wiederaufnahmeverfahren fortwirkt, ist durch eine Entscheidung des OLG Oldenburg aus dem Jahr 2009 in die Diskussion geraten. Das OLG Oldenburg hatte das abgelehnt/verrneint. Mit der Problematik hat sich vor einiger Zeit der KG, Beschl. v. 23.05.2012 – 4 Ws 46/12 befasst. Anders als das OLG Oldenburg hat das KG eine Fortwirkung bejaht:

 „…a) An der von der Generalstaatsanwaltschaft zitierten Rechtsprechung, die die Fortwirkung einer Pflichtverteidigerbestellung bis zu einem rechtskräftigen Abschluss des Wiederaufnahmeverfahrens angenommen hat, ist im Hinblick auf die aktuelle Rechtslage festzuhalten.

 Zwar ist der Gesetzeswortlaut mehreren Interpretationen zugänglich, denn mit dem in §§ 364a und b StPO aufgeführten Verteidiger kann sowohl der im Erkenntnisverfahren bestellte Verteidiger als auch – im Falle fehlender Fortwirkung der Bestellung – ausschließlich der erst im Wiederaufnahmeverfahren gewählte Verteidiger gemeint sein. Auch ist der Gegenmeinung (vgl. OLG Oldenburg, Beschluss vom 15. April 2009 – 1 Ws 205/09 – = NStZ-RR 2009, 208; LG Mannheim, Beschluss vom 2. August 2010 – 6 Qs 10/10 – ) zuzugeben, dass die in Rechtsprechung und Literatur überwiegend vertretene Ansicht (vgl. Schmidt in KK-StPO, 6. Aufl., § 364a Rdn. 2, m.w.Nachw.) in Einzelfällen zu sachwidrigen Ergebnissen führen kann. Jene Ansicht hat die Fortwirkung der Bestellung verneint. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen darauf abgestellt, dass eine Verteidigerbestellung grundsätzlich mit dem Eintritt der Rechtskraft des Urteils ende und eine Kontinuität mit dem Ursprungsverfahren häufig schon wegen des Zeitablaufs bis zum Wiederaufnahmeverfahren nicht gegeben sei. Zudem trete eine schwerlich zu rechtfertigende Belastung des Steuerfiskus dadurch ein, dass ein Pflichtverteidiger durch die Einreichung aussichtsloser Wiederaufnahmeanträge einen zusätzlichen Gebührenanspruch erwerbe, ohne dass ihm das Korrektiv einer Prüfung nach §§ 364a und b StPO entgegengehalten werden kann.

Die Verpflichtung der öffentlichen Hand, unsinnige Anträge oder Rechtsmittel (vor-)finanzieren zu müssen, kann allerdings in ähnlicher Weise auch im Erkenntnisverfahren bestehen. Auch das zeitliche Argument schlägt nicht durch. Zum einen stellt die Antragstellung erst Jahre nach einem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens nicht den Regelfall dar. Im Fall einer zeitnahen Antragstellung verfügt ein im Ursprungsverfahren bestellter Verteidiger, der an der Beweisaufnahme mitgewirkt hat, schon aufgrund der noch präsenten Kenntnisse grundsätzlich über die größere Sachkunde als ein neuer Verteidiger. Dies gilt gerade auch in Bezug auf die Besonderheiten von Wiederaufnahmeverfahren, in denen die Geeignetheit der vorgebrachten neuen Tatsachen oder Beweismittel in Verbindung mit den im Ursprungsverfahren erhobenen Beweisen zu prüfen sind  (§ 359 Nr. 5 StPO). Zum anderen können auch im Erkenntnisverfahren, zum Beispiel aufgrund einer vorläufigen Einstellung gemäß § 205 StPO, längere Verzögerungen des Verfahrens eintreten, die eine (erneute) Einarbeitung des bereits bestellten Verteidigers erforderlich werden lassen, ohne dass dies seine Auswechslung rechtfertigte.  

 Entscheidend für die hier vertretene Rechtsauffassung sprechen darüber hinaus die den §§ 364a und b StPO zugrunde liegenden Vorstellungen des Gesetzgebers. Dieser ist ausweislich des von dem Bundestag unverändert beschlossenen Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Reform des Strafverfahrensrechts vom 9. Dezember 1975 (1. StVRG; BGBl. 1974, 3393) von einer Fortwirkung der Pflichtverteidigerbestellung bis zum rechtskräftigen Wiederaufnahmebeschluss ausgegangen (vgl. BT-Drucksache 7/551, 12 und 88 f.). Eine von diesem Verständnis abweichende Interpretation hat sich auch im Gesetzeswortlaut nicht niedergeschlagen, wie der wegen des engen Sachzusammenhangs zwischen den beiden Gesetzesmaterien zur Wortlautinterpretation angebrachte Vergleich der §§ 143 sowie 364a und b StPO verdeutlicht. Während in den letztgenannten Normen lediglich allgemein von einem Verteidiger die Rede ist, bezieht sich § 143 StPO einschränkend nur auf den gewählten Verteidiger. Wäre der Gesetzgeber nicht von einer Fortwirkung der Bestellung ausgegangen, hätte er einen ähnlichen Wortlaut auch in den §§ 364a und b StPO gewählt.

Nun, ganz glücklich scheint da KG mit dieser Rechtslage nicht zu sein. M.E. kann man die „Bauchschmerzen“ deutlich aus der Entscheidung herauslesen. Dafür spricht auch der abschließende Satz: „Eine im Hinblick auf die erwähnten Kritikpunkte gewünschte Änderung der gesetzlichen Regelungen bliebe allein der gesetzgeberischen Entscheidung vorbehalten.“ Als Verteidiger muss man solchen Streit immer im Auge behalten und ggf. zur Sicherheit auf eine Klarstellung/Bestätigung der Pflichtverteidigerbestellung hinwirken.

 

Bierbikes – Ende am BVerwG?

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Die Bierbikes haben mit der Frage: Sondernutzung im Straßenverkehr – ja oder nein? in der vergangenen Zeit die verwaltungsrechtliche Rechtsprechung beschäftigt. Ausgangspunk war eine Entscheidung des VG Düsseldorf (vgl. hier), das die Nutzung als Sondernutzung angesehen hatte. Über das OVG Münster ist die Rechtsfrage dann schließlich beim BVerwG gelandet. Dort war über die Frage der vom OVG Münster nicht zugelassenen Revision zu entscheiden. Das hatte, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, in einem Eilverfahren schon mal eine andere Rechtsauaffassung als das VG vertreten, dann aber das VG-Urteil v. 06.10.2010 bestätigt.

Das BVerwG hat dem „Rechtsstreit“ nun ein Ende gemacht. Es hat im BVerwG, Beschl. v. 28.082.012 – 3 B 8.12 die Revision nicht zugelassen.

Begründung: Die Nichtzulassungsbeschwerde könne mangels grundsätzlicher Bedeutung nicht auf die Rechtsfrage gestützt werden, ob der Betrieb eines „BierBike“ auf öffentlichen Wegen und Plätzen eine straßenrechtliche Sondernutzung oder straßenrechtlichen Gemeingebrauch darstelle. Es sei bereits geklärt, dass eine straßenrechtliche Sondernutzung vorliege, wenn ein anderer Nutzungszweck als der der Verkehrsteilnahme überwiege. Dies bedeutet in Bezug auf den Betrieb eines „BierBike“ auf öffentlichen Straßen, dass der Gemeingebrauch überschritten werde soweit die überwiegende Zweckbestimmung das Durchführen von Feiern, Partys und ähnlichen Veranstaltungen auf der Straße sei und damit der Eventcharakter gegenüber der Ortsveränderung im Vordergrund stehe.

Also: Ende der Bierbikes?