Archiv für den Monat: August 2012

Der Rechtsmittelverzicht des nicht verteidigten Angeklagten – immer unwirksam?

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In der Rechtsprechung der OLG wird darum gestritten, ob im Fall der notwendigen Verteidigung der Rechtsmittelverzicht des nicht verteidigten Angeklagten immer unwirksam ist oder nur, wenn weitere Voraussetzungen hinzu kommen. In der Frage hat jetzt das KG Stellung bezogen und sich im KG, Beschl. v. 02.05.2012 – 4 Ws 41/12 – der – m.E. zutreffenden – Auffassung angeschlossen, die in diesen Fällen den Rechtsmittelverzicht immer als unwirksam ansieht. Dazu heißt es:

„b. Zwar ist ein Rechtsmittelverzicht grundsätzlich als Prozesserklärung unwiderruflich und unanfechtbar. Vorliegend fehlte es jedoch an der nach § 140 Abs. 2 StPO notwendigen Mitwirkung eines Verteidigers.

 Im Rahmen des § 140 Abs. 2 StPO gibt schon die Straferwartung von mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe Anlass zur Beiordnung eines Verteidigers (vgl. Meyer-Goßner, StPO 54. Aufl., § 140 Rdn. 23 m.w.Nachw.); bei einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren ist eine solche zwingend geboten. Damit war der Beschwerdeführer vor Abgabe der Prozesserklärung des Rechtsmittelverzichts ohne den bei der Verhandlung vor dem Jugendschöffengericht vorgeschriebenen Beistand eines Verteidigers; ihm fehlte folglich die rechtstaatlich unverzichtbare Rechtsberatung. Infolge dieser gravierenden, gemessen an den Anforderungen an ein faires Verfahren nicht hinnehmbaren Einschränkung der Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers muss sein Rechtsmittelverzicht als von Anfang an unwirksam gewertet werden (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Februar 2002 – 5 StR 617/01 –; OLG Hamm, Beschluss vom 26. März 2009 – 5 Ws 91/09 -; KG, Beschluss vom 18. Juli 2007 – 3 Ws 355/06 -) [alle bei juris]. Die Gegenmeinung (vgl. Hanseatisches OLG Beschluss vom 30. Januar 1996 – 1 Ws 29/96 -; Beschluss vom 17. Mai 2005  – 1 Ss 61/05 ; OLG Brandenburg Beschluss vom 7. Februar 2000 – 1 Ss 4/00 – [alle bei juris]), die im wesentlichen darauf abstellt, dass der eindeutig ausgesprochene Rechtsmittelverzicht nur in wenigen Ausnahmefällen angefochten werden kann und ein solcher nicht vorliegt, wenn der Angeklagte sich der Bedeutung und Tragweite seiner Entscheidung bewusst war, kann aus vorrangigen rechtsstaatlichen Gründen nicht überzeugen. Angesichts der Bedeutung der Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers ist deshalb auch unerheblich, dass er ausweislich des Protokolls mit dem Urteil zufrieden war und erst, als der Widerruf der Strafaussetzung drohte, an eine Einlegung eines Rechtsmittels gedacht hat (vgl. BGH aaO.).“

Computerbetrug – schon Versuch?

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Nach § 263a StGB macht sich strafbar, wer das Ergebnis eines Datenverarbeitungs­vor­gangs durch unrichtige Gestaltung des Programms, Verwendung unrichtiger oder unvollständiger Daten, unbefugte Verwendung von Daten oder sonst unbefugte Einwirkung auf den Ablauf beeinflusst, um sich oder einem Dritten auf Kosten eines anderen einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. Mit dieser Gesetzesformulierung sind die Weichen gestellt für die Abgrenzung von schon strafbarem Versuch des § 263a StGB zur noch straflosen Vorbereitungshandlung. Das KG führt dazu in seinem KG, Beschl. v. 02.05.2012- (3) 121 Ss 40/12 (26/12) – aus:

„Hat ein Täter widerrechtlich Konto-, Identifikations- und Transaktionsnummern sowie Zugangscodes von anderen Benutzern des Internets mittels Phishing erlangt, liegt ein Ansetzen zur Verwirklichung des Straftatbestands des Computerbetrugs in Sinne des § 22 StGB erst dann vor, wenn er diese Daten verwendet, indem er sie beispielsweise in den Computer eingibt, um so eine von dem tatsächlich Berechtigten nicht autorisierte Überweisung zu tätigen. Die Einrichtung von Zielkonten, eine fingierte polizeiliche Anmeldung und das Abfangen von Kontounterlagen können  dagegen zwar auf einer Täuschungshandlung beruhen, stellen jedoch noch keinen versuchten Computerbetrug dar.“

 

 

 

Nachschlag: Sonntagswitz außer der Reihe – zu „Philipp Lahm ist Vater geworden“

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Ein Sonntagswitz außer der Reihe – zu der Meldung Philipp Lahm ist Vater geworden. Nicht, dass das ein Witz wäre. Aber ich habe gerade dazu gelesen:

Philipp Lahm ist Vater geworden. Dem Kleinen geht es gut. Dem Baby auch.

Ist wahrscheinlich auch schon woanders aufgetaucht, aber ich fand die „Meldung“ gut. 🙂

 

Sonntagswitz: Dämliche Diebe XII

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Nach drei Wochen Sportlerwitzen aus Anlass der Olympiade heute mal wieder etwas aus dem Fundus: „Dämliche Diebe“

Der 50jährige Invalidenrentner wollte mit einer Erpressung seine mickrige Rente aufbessern.
Der nur 1,50 grosse und in der deutschen Rechtschreibung nicht gerade bewanderte Mann warf folgenden handgeschriebenen Brief bei der Sparkasse ein:
Wir möchten Sie Doch bitten ohne Polizei 50 000 MARG An der Hermann Hesse Str. Kaufhalle Hinder Den Imbiss China Absulegen biss heute 15.30 Uhr, sonst Steht das Haus in Flammen. Wier sind Mährere Leute.“
Statt des Geldes erwarteten ihn die Ordnungshüter.

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In Harnisch geriet der Amtsrichter Eduard Blaimont während einer Gerichtsverhandlung in Pau, Frankreich, weil ihm zum 17. Mal in seiner siebenjährigen Amtszeit der Einbrecher George Bruelle gegenüberstand.
Diesmal hatte ein Handlungsreisender, in dessen Wohnung George eingestiegen war, den Halunken schnarchend auf dem Kanapee erwischt. George war eingeschlafen, weil er sich zu ausgiebig am Cognac des Wohnungsinhabers gütlich getan hatte.
„Einen unfähigeren Einbrecher als Sie kann ich mir gar nicht vorstellen“, kanzelte der Richter seinen alten Bekannten ab, „das nächste Mal weigere ich mich, ein Verfahren gegen sie zu eröffnen. Dann können sie selbst zusehen, wer Sie verurteilt, Sie Null.“
Ob George nach Verbüßung seiner Haftstrafe „das Geschäft“, zu dem er so gar nicht berufen war, aufgegeben hat, ist nicht bekannt.

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Bei einem Überfall eines Geldtransporters vor einem Metro-Markt kletterte einer der Räuber in den Panzerwagen, um die Geldsäcke auszuladen.
Sein Kumpan verstaute gerade geraubte Koffer in den Fluchtwagen. Allerdings haben sie nicht mit der Reaktion des Geldboten gerechnet: Dieser schlug die Tür zu, schwang sich zu seinem Kollegen ins Führerhaus und verriegelte den Wagen. Der verhinderte Räuber konnte das Fahrzeug erst in der nächsten Polizeikaserne verlassen,

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Anstatt des erwarteten Geldes bekam ein Ganove, der die Sparkassenfiliale im Recklinghäuser Stadtteil Hochlarmark überfiel, nur einen Rüffel vom Filialleiter:
„Hau ab, du Arsch, hier gibt es kein Geld.“ Er flüchtete ohne Beute.

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Und hier dann noch ein „Nachschlag“ zu Philipp Lahm.

„Spürbares Abweichen von der Mittelgebühr nach oben“..

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Am Sonntag dann mal ein wenig Gebührenrecht mit dem Hinweis auf den in meinen Augen positiven AG Grimma, Beschl. v. 18.07.2012 – 9 OWi 14/11, der sich mit der Gebührenhöhe im straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren befasst. Das AG Grimma geht – m.E. zutreffend – davon aus, dass in Verfahren wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten grundsätzlich die die Mittelgebühr angemessen ist, sie also Ausgangspunkt der Gebührenbemessung ist.  Und dann:

Ausgehend hiervor rechtfertigen Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie die Bedeutung der Angelegenheit für den Betroffenen hier den Ansatz einer maßvoll über der Mittelgebühr liegenden Gebühr von 100,00 EUR ( bei Nr. 5100 VV RVG) bzw. 160,00 EUR (bei Nr. 5103 VV RVG). Die sich stellenden Fragen zur Verwertbarkeit der Messung, der zu ihrer Klärung zu betreibende Aufwand, die Höhe der Geldbuße in Verbindung mit dem drohenden Fahrverbot sowie die Konsequenz der Bewertung der Tat mit 4 Punkten bei bestehenden erheblichen Voreintragungen im Verkehrszentralregister wichen vom Durchschnittsfall spürbar nach oben ab.