Archiv für den Monat: Juli 2012

Der etwas andere Knastbesuch, oder: Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um

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In die Abteilung „Kurioses“ gehört die Meldung (vgl. u.a. hier) zu einem etwas anderen Knastbesuch eines 67-Jährigen, der mit Haftbefehl gesucht wurde.

Hinter Gittern endete der Besuch eines 67-Jährigen bei einem Bekannten im Gefängnis in Werl. Als die JVA-Beamten am Freitag (13.07.2012) routinemäßig die Personalien des Mannes aus Wetter prüften, stellten sie fest, dass dieser wegen verschiedener Delikte per Haftbefehl gesucht wird. Die herbeigerufene Polizei dankte und nahm den Mann nach eigenen Angaben vom Sonntag (15.07.2012) gleich mit.

Statt im Besucherraum landete er so zunächst auf der Wache und dann selbst in einer Zelle, wie es in der Mitteilung weiter hieß.“

Dumm gelaufen, kann man da nur sagen.

 

BGH: Es gibt keinen aufschiebend bedingten Haftbefehl…

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Darauf muss man ja erst mal kommen, nämlich einen aufschiebend bedingten Haftbefehl zu beantragen. Die Idee hatte kein geringerer als der GBA.  Der führt gegen den ausländischen Beschuldigten ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland in Tateinheit mit Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat gemäß § 129b Abs. 1 Satz 1, § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 89a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 52 StGB. In dem Verfahren beantragt er den Erlass eines Haftbefehls.

Der BGH lehnt das im BGH, Beschl. v. 02.07.2012 – 2 BGs 152/12 – ab, da das dem Beschuldigten angelastete Verhalten nicht dem deutschen Strafrecht unterfällt. Nach Begründung dieser Ablehnung setzt sich der BGH dann mit dem Antrag auf Erlasse eines aufschiebend bedingten Haftbefehls auseinander:

Der hilfsweise beantragte Erlass eines aufschiebend bedingten Haftbefehls ist rechtlich nicht zulässig. Der Strafprozessordung sind richterliche Anordnungen strafprozessualer Ermittlungsmaßnahmen unter einer aufschiebenden Bedingung fremd. Das in den § 112 ff. StPO abschließend geregelte Untersuchungshaftrecht kennt eine solche Möglichkeit nicht. Die Vorschrift des § 456a Abs. 2 Satz 3 StPO, die die Vollstreckungsbehörde ermächtigt, bereits bei der Zurückstellung der Strafvollstreckung für den Fall der Rückkehr des Verurteilten die Nachholung der Vollstreckung anzuordnen und einen Vollstreckungshaftbefehl zu erlassen, beinhaltet eine allein auf die Vollstreckungssituation zugeschnittene Ausnahmeregelung. Zudem wäre eine aufschiebend bedingte Untersuchungshaftanordnung vergleichbaren verfassungsrechtlichen Einwänden ausgesetzt, wie sie gegen auf „Vorrat“ erlassene richterliche Beschlüsse zur Anordnung strafprozessualer Grundrechtseingriffe bestehen (vgl. BVerfGE 96, 44; BGH, Beschlüsse vom 23. Dezember 1999, 2 ARs 487/99, NStZ 2000, 212; vom 11. September 2002 – 2 ARs 257/02, NStZ-RR 2003, 289). Die durch den strikten Richtervorbehalt des Art. 104 Abs. 2 und 3 GG gewährleistete vorgängige richterliche Kontrolle jeder Freiheitsentziehung bietet nur dann einen wirksamen Grundrechtsschutz, wenn der Richter seine Prüfung der Voraussetzungen eines Eingriffs in die Freiheit der Person auf der Grundlage der zum Entscheidungszeitpunkt tatsächlich gegebenen Sachlage vornimmt.
Für den Erlass eines für den Fall der Wiedereinreise des Beschuldigten aufschiebend bedingten Haftbefehls fehlt schließlich ein sachliches Bedürfnis, da über eine gegebenenfalls notwendige Haftanordnung gegen den Beschuldig-ten ohne weiteres nach einer tatsächlich erfolgten Wiedereinreise entschieden werden kann. Soweit der Generalbundesanwalt in seiner Antragschrift vom 22. Juni 2012 einen bedingten Haftbefehl unter Hinweis auf beabsichtigte nationale Fahndungsmaßnahmen für geboten hält, ist anzumerken, dass eine aufschie-bend bedingte Haftanordnung bis zum Eintritt der aufschiebenden Bedingung ohne Rechtswirkungen bliebe und damit vor Bedingungseintritt auch nicht Grundlage einer Ausschreibung nach § 131 Abs. 1 StPO sein könnte.

 

Allgemeines „Geplausche“ in der HV reicht nicht für Sicherungsverwahrung

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Beim BGH hatte jetzt ein Verteidiger7Angeklagter mit einer Verfahrensrüge (beim 1. Strafsenat [!!]) Erfolg, der folgender Sachverhalt zugrunde lag: In der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage der Staatsanwaltschaft Augsburg findet sich im Anklagesatz kein Hinweis darauf, dass die Anordnung einer Sicherungsverwahrung gegen den Angeklagten in Betracht kommt. Die Ladung zur Hauptverhandlung, allerdings nur an den Verteidiger gerichtet, enthielt demgegenüber folgenden maschinenschriftlichen Zusatz: „Gem. § 265 StPO wird darauf hingewiesen, dass aufgrund des Gutachtens des SV A. vom 21.09.11 die Unterbringung des Angeklagten im Maßregelvollzug nach § 66 StGB in Betracht kommt. Auf richterliche Anordnung: …“. Im Hauptverhandlungsprotokoll vom 14. 11.2011 findet sich folgende Eintragung: Der Angeklagte wurde vom Vorsitzenden gemäß § 243 Abs. 5 StPO darüber belehrt, dass es ihm freistehe, sich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Dabei wurden vom Vorsitzenden einerseits die durch ein mindestens teilweises Geständnis möglichen Verfahrensvorteile, andererseits – ohne dass ein nochmaliger förmlicher Hinweis nach § 265 StPO erfolgte – die im Falle einer Verurteilung auch wegen Vergewaltigung drohende An-ordnung der Sicherungsverwahrung angesprochen. Dazu der BGH, Beschl. v. 26.06.2012 – 1 StR 158/12:

„.. Da weder die Revisionsgegenerklärung noch dienstliche Äußerungen das Gegenteil bekunden, ist danach davon auszugehen, dass dem Angeklagten ein förmlicher Hinweis entsprechend § 265 StPO nicht erteilt wurde (zu dessen Erforderlichkeit vgl. BGH NStZ-RR 2004, 297 und NStZ 2009, 227). Dabei kann dahinstehen, ob der Zusatz in der Terminsladung hierfür ausreichend gewesen wäre, denn insoweit wurde dieser Hinweis nur dem Verteidiger, nicht aber dem Angeklagten erteilt, was aber gemäß § 265 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 StPO (KK-StPO/Engelhardt, 6. Aufl., § 265 Rn. 19) erforderlich gewesen wäre.
3. Der Angeklagte konnte – anders als bei dem der Entscheidung BGH NStZ 1992, 249 zugrunde liegenden Sachverhalt – einen entsprechenden Hinweis auch nicht aus einem Gerichtsbeschluss entnehmen, wonach die Einholung eines Gutachtens zur Frage der Anordnung der Sicherungsverwahrung beschlossen wurde; denn ein solches Gutachten war nicht vom Gericht, sondern noch vor Anklageerhebung von der Staatsanwaltschaft in Auftrag gegeben worden.
Nachdem sich insoweit weder aus dem Hauptverhandlungsprotokoll, noch aus der Revisionsgegenerklärung der Staatsanwaltschaft und dienstlichen Äußerungen Hinweise hierauf ergeben, muss der Senat davon ausgehen, dass der Angeklagte aus dem Gang der Hauptverhandlung nicht unzweifelhaft und eindeutig entnehmen konnte, dass im Urteil gegen ihn die Sicherungsverwahrung angeordnet werden könnte.

Und – was dann beim 1. Strafsenat überrascht:

4. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Urteil bezüglich der Anordnung der Sicherungsverwahrung auf dem Rechtsfehler beruht. Die Revision begründet überzeugend, dass der Angeklagte, wenn er vom Gericht einen entsprechenden Hinweis erhalten hätte, sich anders und wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Insbesondere hätte er, abweichend von seiner Verteidigungsstrategie, weder Angaben zur Sache noch zu seinen persönlichen Verhältnissen zu machen, sich dann zur Sache eingelassen und auch Angaben zu den persönlichen Verhältnissen gemacht. Jedenfalls hätte er auch Angaben

Mal wieder ausländische Fahrerlaubnis – ganz schön kompliziert das Ganze

Hinweisen will ich heute mal wieder auf eine Entscheidung zur ausländischen Fahreralubnis bzw. zum Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 21 StVG). Und zwar handelt es sich um den OLG Celle, Beschl. v. 20.05.2012 – 32 ss 59/12 – mit folgendem Leitsatz:

Eine in einem anderen EU-Staat vor dem Inkrafttreten der Richtlinie 2006/126/EG (sog. 3. EG-Führerscheinrichtlinie) erteilte Fahrerlaubnis berechtigt dann nicht zum Führen von fahrerlaubnispflichtigen Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet, wenn dem Inhaber zuvor die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik bestandskräftig versagt worden war und die übrigen Voraussetzungen des § 28 Abs. 4 FeV erfüllt sind.

Ich räume ein: Für mich ist die Rechtsprechung in diesem Bereich inzwischen unüberschaubar.

Warum dauert es 8 Monate von Dortmund nach Karlsruhe?

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Warum dauert es 8 Monate von Dortmund nach Karlsruhe, fragt man sich, oder auch: Warum kommen die Verfahrensakten nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist erst nach acht Monaten beim GBA/BGH an? Jedenfalls hat es lt. BGH, Beschl. v. 19.06-2012 – 4 StR 83/12 nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist am 01.07. 2011 bis zum 02.03.2012 gedauert, bis die Verfahrensakten beim GBA eingegangen sind.

Dem verurteilten Angeklagten bringt es 2 Monate Kompensation auf die Freiheitsstrafe:

„Zur Kompensation einer während des Revisionsverfahrens eingetretenen, der Justiz anzulastenden Verfahrensverzögerung ist ein angemessener Teil der gegen den Angeklagten verhängten Freiheitsstrafe als vollstreckt zu erklären (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Januar 2008 – GSSt 1/07, BGHSt 52, 124). Nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist am 1. Juli 2011 ist seitens der Justizbehörden das Gebot zügiger Verfahrenserledigung (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK) verletzt worden, weil die Verfahrensakten erst am 2. März 2012 beim Generalbundesanwalt eingegangen sind. Durch diese Sachbehandlung ist – wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausführt – im Vergleich zum üblichen Verfahrensgang eine unangemessene Verfahrensverzögerung von ca. sechsein-halb Monaten eingetreten. Um diese auszugleichen, stellt der Senat entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts fest, dass zwei Monate der er-kannten Freiheitsstrafe als vollstreckt gelten. Eine höhere Kompensation ist auch unter Berücksichtigung des Vorbringens in der Gegenerklärung des Verteidigers nicht angezeigt.“