Archiv für den Monat: Mai 2012

Die Reparatur der „Schildawaldnovelle“ – sie steht noch aus

© Marcito - Fotolia.com

Als ich vorhin meinen Beitrag zur Schublade von Peter Ramsauer schrieb, fiel mir ein, dass dort wohl noch mehr liegen müsste, nämlich die immer noch ausstehende Reparatur der Schilderwaldnovelle aus dem Jahr 2010. Der ein oder andere wird sich an das Theater erinnert, was es um die 46. ÄnderungsVO zur StVO im Hinblick auf das Zitiergebot gegeben hatte.

Ich erinnerte mich, dass ich dazu vor kurzem in einer Fachzeitschrift etwas gelesen hatte, weiß aber – leider – nicht mehr genau wo. Auch die Recherche im Internet hat mir nicht so richtig weiter geholfen (vgl. aber hier).

Inhalt dieses Berichtes war es, wenn ich mich richtig erinnere, dass es einen Neuerlass der gesamten StVO geben soll – damit man wohl frühere Fehler, die es bei Änderungen gegeben hat bzw. haben könnte, gleich mit reparieren. Das Ganze dauert aber wohl noch.

Warten wir es ab. Ist allerdings sonst nicht so der Stil von Herrn Ramsauer. An sich ist er ja „forsch“ 🙂 😉

Haftbeschränkungen – nur bei konkretem Anlass

© chris52 - Fotolia.com

§ 119 StPO ist durch das Gesetz zur Änderung des Untersuchungshaftrechts vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2274) mit Wirkung zum 01.01.2010 neu gefasst worden. Die Anwendung der Änderungen hat in der Praxis Schwierigkeiten gemacht und macht sie teilweise heute noch bzw. hat seine Nachwehen. das zeigt sich sehr schön an einem Rechtsprechungsmarathon, der nun im KG, Beschl. v. 24.02.2012 – 4 Ws 53/10 sein Ende gefunden hat:

Folgender Verfahrensablauf:

  • Am 23. 12.2009 trifft der Strafkammervorsitzende eine Sicherungsanordnung getroffen. Er ordnet an: Der Empfang von Besuchen und die Telekommunikation bedürfen der Erlaubnis; Besuche, Telekommunikation und der Schrift- und Paketverkehr des Angeklagten sind zu überwachen; die Übergabe von Gegenständen bei Besuchen bedarf – mit Ausnahme der in der JVA aus den Automaten erworbenen Waren – der Erlaubnis; der Angeklagte ist von dem (damaligen) Mitangeklagten D. zu trennen.
  • Dagegen die Beschwerde.
  • Das KG hebt dann am 18.05.2010 die Anordnung des Vorsitzenden hinsichtlich der Übergabe von Gegenständen bei Besuchen und der Trennungsanordnung auf und verwirft die weitergehende Beschwerde.
  • Dagegen die Verfassungsbeschwerde zum Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin
  • Der stellt fest, dass der Beschluss des KG den Angeklagten in seinen Grundrechten auf Schutz seiner Privatsphäre und auf Schutz seines Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses verletzt, soweit darin die Beschwerde gegen die vom Vorsitzenden der Strafkammer angeordnete Überwachung der Besuche und der Telekommunikation sowie des Schrift- und Paketverkehrs verworfen worden ist. Insoweit Aufhebung und Zurückverweisung an das KG.
  • Dort dann der KG, Beschl. v. 24.02.2012, in dem sich das KG nun dem VerfGH Berlin anschließt:

„Der Antrag ist begründet. Anordnungen nach § 119 Abs. 1 StPO sind nur dann zu treffen, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte eine reale Gefahr für die darin genannten Haftzwecke (Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr) besteht. Die bloße Möglichkeit, dass ein Untersuchungsgefangener seine Freiheiten missbraucht, genügt nicht (vgl. BerlVerfGH StV 2011, 165).

Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Haftzweck durch den unkontrollierten Kontakt des Untersuchungsgefangenen mit der Außenwelt gefährdet war, bestanden nicht. Sie folgten nicht automatisch aus dem Haftgrund der Fluchtgefahr, denn eine Flucht aus der Untersuchungshaftanstalt bedarf anderer Planungen und Anstrengungen als das Untertauchen eines Beschuldigten, der noch oder wieder auf freiem Fuß befindet (vgl. BerlVerfGH a.a.O.). Aus diesem Grund hätte die Überwachung der Kontakte des Verurteilten mit der Außenwelt nach § 119 StPO nicht angeordnet und durchgeführt werden dürfen.“

Die Schublade von Peter Ramsauer – lieber nicht öffnen…

© Christian-P. Worring - Fotolia.com

Nun also doch? Was? Na, die Pkw-Maut.

Man ist erstaunt, wenn man es hört bzw. liest. Sie ist wieder da.

Die Pkw-Maut, die unser Verkehrsminister mit seinem Konzept zur Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur „seit wenigen Wochen fertig in der Schublade“, liegen hat (so Welt-online). Etwas konkreter kann man bei n-tv lesen, was der Mann aus Bayern plant. Eine Papier-Vignette, weil es so schön einfach/billig ist. Ich bin gespannt, was daraus wird. Nur mal wieder verfrühtes Sommer-Theater oder macht man dieses Mal Ernst. Ich meine, mich richtig zu erinnern, dass es irgend wann Mal aus dem Kanzleramt geheißen hat, es solle keine Pkw-Maut geben. Aber: Die Zeiten ändern sich – und damit auch die Meinungen?

Rahmengebühr: Was ist ein durchschnittliches Verfahren?

Bei der Abrechnung gegenüber der Staatskasse nach einem Freispruch – aber auch gegenüber dem Mandanten – stellt sich für den Verteidiger immer wieder die Frage: was ist denn nun eigentlich ein durchschnittliches Verfahren i.S. des 3 14 RVG, das den Verteidiger berechtigt zunächst mal die Mittelgebühr anzusetzen und dann zu sehen, ob gebührenmindernde oder – erhöhende Umstände gegeben sind, die eine Anpassung seiner Gebühren erfordern oder ermöglichen. Wenn man sich in der Rechtsprechung umsieht, so gibt es m.E. keine Entscheidung, die sich mit der Frage mal näher auseinander setzt. Ist ja auch nicht so einfach, da es in der Regel auf den Einzelfall ankommt. Andererseits hat man aber häufig auch den Eindruck, dass es durchschnittlich Verfahren, in denen der Ansatz der Mittelgebühr gibt – meist aus der Sicht der Staatskasse – gar nicht gibt. Um so schöner ist es daher, wenn mal ein Gericht etwas zur Mittelgebühr sagt. So der AG Kleve, Beschl. v.16.05.2012 – 32 Cs 105 Js 596/11 – 298/11. Das AG sagt:

Als in jeglicher Hinsicht durchschnittlich anzusehen ist eine Verfahren mit zwei Angeklagten, zwei Hauptverhandlungsterminen, die 35 Minuten und 43 Minuten gedauert und in den zwei Zeugen vernommen worden sind.

Immerhin etwas. Damit ist natürlich nicht gesagt, dass Verfahren, in denen die Kriterien anders gewichtet sind, nicht auch durchschnittlich sind. Dazu und zu der Rechtsprechung steht einiges im RVG-Kommentar, für den ich dann mal wieder ein wenig die Trommel rühre.

Gewußt wohin?

Der Betroffene wird erkennungsdienstlich behandelt. Dagegen will er sich zur Wehr setzen. Die Frage für ihn und/oder seinen Rechtsanwalt: Wo muss ich mein Rechtsmittel einlegen? Nun – wie häufig: es kommt darauf an: Handelt es sich um eine Maßnahme nach § 81b Satz 1 StPO geht es im zweifel zum AG, handelt es sich hingegen um eine Maßnahme nach § 81b Satz 2 StPO, stellt sich die Frage: Antrag nach §§ 23 ff. EGGVG oder zum Verwaltungsgericht. Die h.M. sagt: Zuständig ist das Verwaltungsgericht bzw. der Verwaltungsrechtsweg ist der richtige Weg (§ 40 VwGO). So jetzt auch noch einmal der OLG Celle, Beschl. v. 16.04.2012 – 2 VAs 2/12, mit den Leitsätzen:

„Wehrt sich ein Betroffener gegen die auf Grundlage von § 81 b 2. Alt. StPO getroffene Anordnung zu seiner erkennungsdienstlichen Behandlung, ist hierfür der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

 Das Oberlandesgericht verweist in einem solchen Fall die Sache nach § 17 a Abs. 2 GVG von Amts wegen mit bindender Wirkung an das zuständige Verwaltungsgericht

Also: Gewusst wohin.