Archiv für den Monat: Mai 2012

Der Fahrlehrer und sein Mobiltelefon

© Mac Dax - Fotolia.com

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Ist er oder ist er nicht – Führer des Kraftfahrzeuges – der Fahrlehrer.Die Frage stelle ich mir immer wieder, wenn Fahrschulwagen sehe, in denen auf dem Beifahrersitz telefonierende Beifahrer sitzen.Zu der Frage hat es vor einiger Zeit eine Entscheidung des OLG Bamberg (Beschl. v. 24.03.2009 – 2 Ss OWi 127/09) gegeben, die die Frage bejaht hat. Jetzt hat sich das Problem im AG Herne, Urt. v. 24.11.2011 – 21 OWi-64 Js 891/11-264/11 – noch einmal gestellt. Das AG Herne geht davon aus, dass der Fahrlehrer nur ausnahmsweise Führer eines Kraftfahrzeugs im Sinne der Bußgeldvorschriften/StVO ist. Nach dem StVG gelte zwar bei Ausbildungsfahrten der Fahrlehrer als Führer des Kraftfahrzeugs. Aus der entsprechenden Vorschrift sei jedoch nicht zu folgern, dass der Fahrlehrer in diesen Fällen als Führer eines Kraftfahrzeugs im Sinne der Bußgeldvorschriften aufzufassen ist. Der Fahrlehrer sei vielmehr nur dann „Führer“ eines Kraftfahrzeugs im Sinne des StVG, wenn sein Einwirken auf den Fahrschüler über die bloße Überwachung der Fahrt hinausgehe. Nur dann komme, wenn er ein Mobiltelefon benutzt, eine Ordnungswidrigkeit in Betracht. Denn für die straf- oder ordnungswidrigkeitenrechtliche Verantwortung kommt es allein darauf an, wer das Fahrzeug eigenhändig führt.

Die Frage dürfte vom AG Herne-Wanne, Urt. v. 24.11.2011 – 21 OWi-64 Js 891/11-264/11 – wohl richtig gelost sein. Das OLG Bamberg hat sich mit dem insoweit in der Literatur bestehenden Streit nicht näher auseinander gesetzt.

„Ohne Moos, nix los“ – das Drängen des Pflichtverteidigers auf eine Vergütungsvereinbarung

© Gina Sanders - Fotolia.com

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Das beigefügte Bild signalisiert, es geht um Gebühren. Aber: Diese mal nicht um eine gebührenrechtliche Entscheidung im Hinblick auf Anfall und/oder Höhe der anwaltlichen Gebühren, sondern um eine allgemeine vergütungsrechtliche Problematik in Zusammenhang mit der Pflichtverteidigung. Dass auch der Pflichtverteidiger  eine Honorafvereinbarung abschließen darf, ist unbestritten. Die Frage ist nur, wie gelangt man dort hin. Nun, jedenfalls nicht mit Druck. Das KG hat deswegen im KG, Beschl. v. 23.01.2012 – 4 Ws 3/12 – 141 AR 42/12 – einen Pflichtverteidiger nach § 143 StPO wegen Störung des Vertrauensverhältnisses entpflichtet. Begründung – so der Leitsatz der Entscheidung:

„Die Zurücknahme der Beiordnung wegen einer ernsthaften Störung des Vertrauensverhältnisses kommt in Betracht, wenn der Pflichtverteidiger den Angeklagten ungeachtet dessen erklärter Ablehnung wiederholt bedrängt, eine schriftliche Vereinbarung über ein Honorar abzuschließen, das die gesetzlichen Gebühren um ein Mehrfaches übersteigen würde, und hierbei zum Ausdruck bringt, ohne den Abschluss dieser Vereinbarung sei seine Motivation, für den Angeklagten tätig zu werden, eingeschränkt.“

Die Mandantin hatte u.a. vorgetragen:

Sie habe sich schon bei Gesprächen in der Untersuchungshaft von ihrem Verteidiger unter Druck gesetzt gefühlt, da dieser sie öfter darauf angesprochen habe, dass er „eine Menge Arbeit mit dem Ermittlungsverfahren“ habe und – unabhängig von seiner Bestellung zum Pflichtverteidiger – „dafür natürlich auch Geld sehen“ wolle, ohne aber konkrete Summen zu nennen. Nach ihrer Entlassung aus der Untersuchungshaft habe sie sodann erfahren, dass der Verteidiger bereits kurz nach ihrer Festnahme auch ihrem (damals im Ausland befindlichen, später ebenfalls inhaftierten) Vater gegenüber erklärt habe, dass er „nicht umsonst arbeitet“ und ca. 10.000 Euro Honorar verlange. Ihre Mutter und ihr Onkel hätten den Anwalt daraufhin in dessen Kanzlei aufgesucht, wo der Rechtsanwalt diese Aussage sinngemäß wiederholt und einen Betrag von 8.000 Euro gefordert habe. Darauf habe ihr Onkel entgegnet, die Angeklagte könne keine Honorarvereinbarung unterschreiben; aber sobald man Geld übrig habe, werde man etwas überweisen, damit die Beschwerdeführerin „gut verteidigt“ werde. Nach ihrer Entlassung habe sie ihrerseits dem Rechtsanwalt mitgeteilt, dass sie – auch nur, solange sie noch nicht aus dem Polizeidienst entlassen sei und ihre Bezüge erhalte – allenfalls monatliche Raten in Höhe von ca. 300 bis 500 Euro zahlen könne. Den Vorschlag des Rechtsanwalts, das Geld von Verwandten zu besorgen, habe sie abgelehnt, da auch diese kein Geld hätten. Sie habe dem Anwalt nie zugesagt, eine schriftliche Honorarforderung über die von ihm geforderten 9.500 Euro zu unterschreiben.“

Das KG begründet den Rauswurf/die Entpflichtung mit:

Es sind aber im Zusammenhang mit der Honorarfrage Verhaltensweisen des Verteidigers festzustellen, die auch bei einem verständigen Angeklagten Grund zu der Sorge geben können, der Rechtsanwalt sei zu einer sachgerechten Verteidigung nicht (mehr) bereit. Die Beschwerdeführerin hat unwidersprochen die wiederholten Honorarforderungen des Rechtsanwalts in beträchtlicher Höhe vorgebracht. Sie hat plausibel geltend gemacht, dass sie sich insbesondere durch die Erklärung des Anwalts, seine Motivation, einen Termin für die Angeklagte wahrzunehmen, sei gesunken, weil sie die Honorarvereinbarung nicht unterzeichnet habe, unter Druck gesetzt fühle, diese Vereinbarung doch noch zu unterzeichnen und so eine Verpflichtung einzugehen, die sie in erhebliche finanzielle Bedrängnis bringen würde. Damit sind konkrete Umstände dargelegt, die eine nachhaltige Störung des Vertrauensverhältnisses zu dem Verteidiger und die Besorgnis der Angeklagten verständlich erscheinen lassen, objektiv nicht mehr sachgerecht – weil nicht mehr hinreichend engagiert – verteidigt zu werden, wenn und weil es zu der schriftlichen Vereinbarung über ein Honorar von 9.500 Euro nicht kommen wird. Nachvollziehbar ist auch ihre Darstellung, dass sie infolge der durch den Anwalt herbeigeführten Drucksituation Angst vor Gesprächen mit ihm hat, ihm nicht mehr ins Gesicht sehen und mit ihm deshalb auch während der Verhandlung nicht mehr vertrauensvoll sprechen könne. Tatsächlich haben die Angeklagte und der Verteidiger seit dem 29. November 2011 nicht mehr miteinander kommuniziert.

 Unerheblich ist, dass die Angeklagte und ihre Familie über einen Zeitraum von mehreren Monaten infolge ihrer Sorge um eine „gute Verteidigung“ Raten auf die mündliche Forderung des Anwalts gezahlt haben. Ob die Angeklagte dem Anwalt tatsächlich in Aussicht gestellt hat, eine schriftliche Vereinbarung zu unterzeichnen (und so deren Wirksamkeit herbeizuführen, § 3a Abs. 1 RVG), kann dahin stehen. Maßgeblich ist, dass der Verteidiger auf den Abschluss einer solchen Vereinbarung, die ihm ein die gesetzlichen Pflichtverteidigergebühren übersteigendes Honorar sichern soll, keinen Anspruch hat. Allerdings liegt es – auch angesichts des unwidersprochen gebliebenen Vortrags der Angeklagten betreffend die Erklärungen ihres (jeweils namentlich benannten) Freundes bzw. Onkels – nicht nahe, dass sie tatsächlich die Zahlung eines Honorars in einer vorgesehenen Höhe und den Abschluss einer entsprechenden schriftlichen Vereinbarung versprochen hat. Hierbei ist auch in Rechnung zu stellen, dass der Verteidiger seine erhebliche Honorarforderung noch zu einer Zeit aufrechterhalten und wiederholt hat, als bereits absehbar war, dass die Hauptverhandlung gegen die Beschwerdeführerin in kurzer Zeit durchgeführt werden würde. Legt man die in Aussicht genommene Hauptverhandlungsdauer von zwei Tagen zugrunde, übersteigt das vom Verteidiger geforderte Honorar die gesetzlichen Gebühren, die er – selbst bei einer Tätigkeit als Wahlanwalt unter Zugrundlegung der Höchstgebühr jedes Gebührentatbestandes – verdienen könnte, um ein Mehrfaches. Ein Angeklagter muss aber uneingeschränkt darauf vertrauen können, dass ein Pflichtverteidiger sein Engagement nicht danach bemisst, ob und ggf. in welcher Höhe der Angeklagte ein (zusätzliches) Honorar zahlt. Ein Verteidiger, der – subtil oder offen, wie hier, – zum Ausdruck bringt, er könne sich eine Tätigkeit als Verteidiger auf der Grundlage der gesetzlichen Gebühren wirtschaftlich nicht leisten und bedürfe der Motivation durch eine Honorarvereinbarung, beseitigt die Grundlage für ein solche Vertrauen.“

 

Die einfache Körperverletzung und die Sicherungsverwahrung

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Die in der Überschrift gestellte Frage kann man – mal wieder – mit: Ja, aber , beantworten, wenn man das BGH, Urt. v. 13.03.2012 – 5 StR 497/11 liest. Danach rechtfertigen „einfache vorsätzliche Körperverletzungen“ nicht ohne weiteres die Anordnung einer Sicherheitsverwahrung. Der BGH führt aus, dass die Sicherungsverwahrung derzeit nur nach Maßgabe einer besonders strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung angeordnet werden dürfe, wenn eine Gefahr schwerer Gewalt- oder Sexualstraftaten aus konkreten Umständen in der Person oder in dem Verhalten des Betroffenen abzuleiten ist. Vorsätzliche Körperverletzungshandlungen seien – so der BGH – zwar erheblich. Sie seien jedoch nicht ohne Weiteres schwere Gewaltstraftaten, die die Anordnung der Sicherungsverwahrung rechtfertigen können. Hierbei seien das Tatbild und die konkreten Umständen zu berücksichtigen, etwa ob die in Rede stehenden Angriffe nicht zu gravierenden körperlichen Verletzungen geführt haben.

Also: Es kommt darauf an..

Quarzhandschuhe – als gefährliches Werkzeug

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Bei Quarzhandschuhen ist es, wie häufig mit Gegenständen: Bei bestimmungsgemäßem Gebrauch sollten an sich keine Probleme auftreten, nur, es geht auch anders. Das zeigt der BGH, Beschl. v. 26.04.2012 – 4 StR 51/12. Der BGH hat das landgerichtliche Urteil aus anderen Gründen aufgehoben und das Verfahren zurückverwiesen. In einer Segelanweisung führt er aus:

a) Quarzhandschuhe sind in der Regel gefährliche Werkzeuge im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Ein gefährliches Werkzeug ist ein solches, das nach seiner objektiven Beschaffenheit geeignet ist, erhebliche Körperverletzun-gen auszuführen. Eingenähter Sand in Handschuhen verstärkt deren Schlagwirkung und hat eine solche Wirkung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. September 1997 – 4 StR 438/97 und vom 10. Januar 2011 – 5 StR 515/10, NStZ-RR 2011, 111 f.; vgl. auch Urteil vom 13. Januar 2005 – 4 StR 469/04 zu mit Plastik verstärkten Bikerhandschuhen).

Und dann auch noch einmal der Klassiker:

b) Der neue Tatrichter wird auch zu klären haben, ob das von den Angeklagten S. und M. bei ihren Tritten gegen den Kopf des Opfers getragene Schuhwerk als gefährliches Werkzeug zu bewerten ist (vgl. dazu BGH, Urteil vom 15. September 2010 – 2 StR 395/10).

„Zur Sprechstunde beim Jura-Doktor“

Unter der Überschrift „Zur Sprechstunde beim Jura-Doktor“ weist die LTO gerade auf einen Beitrag hin, in dem Constantin Körner über sog. Klausurkliniken informiert, in denen Studierende die „richtige Gutachtentechnik“ erlernen können. Ist vielleicht für mitlesende Studenten interessant.

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