Der Beschl. des BVerfG v. 11.08.2009 – 2 BvR 941/08 hat für viel Wirbel und Aufregung gesorgt, den m.E. das BVerfG hätte vermeiden können/müssen, wenn es gleich in der Entscheidung zur Frage der Ermächtigungsgrundlage für die Messungen im Straßenverkehr Stellung genommen hätte. Das hat es aber nicht – lassen wir dahingestellt, ob es musste.
Folge davon war dann ein Rechtsprechungswirrwarr und zwei „Reparaturbeschlüsse“ aus Karlsruhe, nämlich 2 BvR 759/10 und 2 BvR 1447/10, in denen dann die fachgerichtliche Ermächtigungsgrundlage § 100h StPO festgezurrt worden ist :-(.
Nun gibt es einen dritten Reparaturbeschluss, der allerdings nicht unbedingt von Karlsruhe selbst zu verantworten ist, sondern von denjenigen, die die erste Entscheidung nicht aufmerksam gelesen haben. Dort hatte das BverfG nämlich schon ausgeführt, „dass es möglich erscheint, „dass die Fachgerichte einen Rechtsverstoß annehmen, der ein Beweisverwertungsverbot nach sich zieht“…“. Daraus konnte man nun wahrlich nicht ableiten, dass nach Auffassung des BVerfG in all diesen Fällen von einem Beweisverwertungsverbot auszugehen sei. Dazu nimmt jetzt das BVerfG, Beschl. v. 20.05.2011 – 2 BvR 2072/10 noch einmal ausdrücklich Stellung und verweist auf diese Passage.
M.E. dürfte damit die Verteidigung in diesem Bereich mit 2 BvR 941/08 – so es denn überhaupt noch geht – endgültig erledigt sein.
Erledigt schon, überzeugend begründet bis heute nicht. Eine teleologische, grammatikalische und historische Auslegung von § 100h StPO vermisse ich vom BVerfG bis heute. Bislang haben wir nichts als apodiktische Behauptungen, daß die Norm „paßt“ und diese Auslegung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei.
Und die Rechtsprechung zu den Beweisverwertungsverboten wird ja auch immer trauriger. Der Gerechtigkeit kann also nur zum Durchbruch verholfen werden, wenn Beweise, wie auch immer sie gewonnen werden, verwertet werden dürfen? Eine sonderbares Verständnis von Gerechtigkeit. Natürlich sind Beweisverwertungsverbote unter bestimmten Voraussetzungen denkbar und selbstverständlich müssen die Fachgerichte immer ganz doll abwägen. Das Ergebnis dieser Abwägung fällt jedoch fast immer so aus, daß der Beweis verwertet werden oder der Beschuldigte überraschenderweise auch ohne den fraglichen Beweis, den man zuvor für unverzichtbar hielt, überführt werden kann.
Ich habe zwar rechtsstaatliche Bedenken, aber im Ergebnis kein Problem damit, Beweisverwertungsverbote nicht anzunehmen und jeden Beweis, wie immer er gewonnen wurde, zuzulassen. Das wäre zumindest aufrichtig und kalkulierbar. Aber immer diese Pseudoabwägungen, die ohnehin in 99% der Fälle zu dem Ergebnis der Verwertbarkeit führen, sind nichts weiter als rechtsstaatliche Rethorik.
ich stimme mir Ihnen überein. Nur: Es nutzt ja in Sachen Videomessung nicht, Gehirnschmalz an einer Stelle zu verwenden, wo es nichts (mehr) bringt. Das zeichnet einen guten Verteidiger aus. 🙂
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