Archiv für den Monat: November 2010

Versteckte Rüge für StA und Strafkammer – der BGH macht es vornehm

Wenn man zwischen den Zeilen lesen kann, dann weiß man, was man von diesen Formulierungen im BGH-Beschl. v. 07.10.10 – 1 StR 484/10 zu halten hat:

„2. Für die Beurteilung der Verfahrensrüge, die Anklageschrift sei dem Angeklagten entgegen Art. 6 Abs. 3 Buchst. a MRK nicht in die serbokroatische Sprache übersetzt worden, wäre es hilfreich gewesen, wenn die Staatsanwaltschaft in ihrer im Übrigen sorgfältig verfassten Gegenerklärung (§ 347 Abs. 1 Satz 2 StPO) dargelegt hätte, ob und ggf. in welchem Umfang der Angeklagte, der nach den Feststellungen bereits im Jahr 1990 nach Deutschland gekommen und in der Folge u.a. Geschäftsführer einer GmbH gewesen ist, seine in der Hauptverhandlung erfolgte Einlassung zu seiner Person und zur Sache in deutscher Sprache abgegeben hat. Ein diesbezüglicher Vermerk der am angegriffenen Urteil beteiligten Richter wäre ebenfalls zweckmäßig gewesen (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juli 2003 – 1 StR 207/03; ferner BGH, Beschluss vom 22. November 2001 – 1 StR 471/01, NStZ 2002, 275, 276).“

„Wäre es hilfreich gewesen“ heißt: Ein bisschen mehr Mühe hättet ihr euch machen können :-).

Lesetipp III: Rahmengebühren in Strafsachen

Seit gestern steht auf meiner Homepage www.burhoff.de der von mir stammende Beitrag „Rechtsprechungsübersicht zu § 14 RVG in Strafsachen (Teil 4 VV RVG) aus den Jahren 2008 – 2010“ aus StRR 2010, 413.

Den Beitrag finden sie zum kostenlosen Download hier.

Lesetipp II: Rahmengebühren in Bußgeldsachen

Seit gestern steht auf meiner Homepage www.burhoff.de der von mir stammende Beitrag: „Rechtsprechungsübersicht zu § 14 RVG in Bußgeldsachen (Teil 5 VV RVG) aus den Jahren 2008 – 2010“ aus VRR 2010, 416. Sie finden den Beitrag im Volltext zum kostenlosen Donwload hier.

Vom Affen gebissen…

Vor einigen Tagen bin ich auf die PM des LG Magdeburg zum Urt. v. 02.11.2010 – 10 O 1082/10 gestoßen.

Überschrift: Zoobetreiber haftet nicht für Affenbiss – In der PM heißt es dann weiter:

Die 10. Zivilkammer hat heute die Klage der AOK auf Ersatz der Behandlungskosten für einen Affenbiss abgewiesen. Die Stadt Aschersleben als Zoobetreiberin hat damit den Zivilprozess gewonnen.

Das Gericht ist zu der Überzeugung gelangt, dass der verletzten 65jährigen Zoobesucherin ein Mitverschulden von 100 % anzulasten ist. Der Besucherin war aufgrund der Hinweisschilder klar, dass sie sich beim Betreten des Geheges einer wenn auch überschaubaren Gefahr (Affenbiss) aussetzt. Wer sich bewusst aufgrund einer freien eigenverantwortlichen Entscheidung in eine Gefahrensituation begeben hat, kann dann aber nicht Schadensersatz verlangen, wenn sich gerade diese Gefahr realisiert hat.

Die gesetzliche Krankenkasse AOK nimmt die Stadt Aschersleben wegen Behandlungskosten ihrer Versicherten Monika S. in Anspruch. Die Frau besuchte am 23. Mai 2009 den Zoo in Aschersleben und betrat dort auch das Affengehege. Bei dem Gehege handelt es sich um ein für Besucher zugängiges Freilaufgehege, das über eine Schleuse betreten werden kann. Gleich nach dem Betreten des Geheges sprang der Frau ein Totenkopfäffchen auf den Kopf. Erschrocken riss die Frau ihre Hände nach oben, woraufhin der Affe der Versicherten in einen Finger biss. Die Wunde entzündete sich, so dass die Frau stationär behandelt werden musste. Die AOK bezahlte die Behandlungskosten von rund 5.400,00 € und wollte das Geld nun von der Stadt als Zoobetreiberin erstattet haben.

An dem Freigehege waren unterschiedliche Schilder und Hinweise angebracht waren, die die Besucherin sowohl zu einem bestimmten Verhalten ermahnten als auch deutlich machten, dass mit dem Betreten des Geheges gewisse Gefahren verbunden sind.

Allein die Frau vermochte zu beurteilen, ob sie sich dieser Situation aussetzen wollte. Sie konnte sich frei entscheiden das Gehege zu besuchen oder sich nur den restlichen Zoo anzuschauen. Wen die Frau sich aber für den Besuch entscheidet ist ihr auch bewusst, dass sie sich in möglicherweise selbst gefährdet. Um das Risiko weiter zu minimieren, war sie verpflichtet, sich an die Verhaltensregeln zu halten und auch in einem vorhersehbaren Überraschungsmoment keine schnellen und hastigen Handbewegungen zu machen. Gegen dieses Gebot hat die Zoobesucherin verstoßen, weil sie ihre Hände nach Ansicht des Gerichts wenigstens schnell hoch gerissen hat, obwohl wenigstens ein Hinweisschild die Besucher dazu anhielt, keine hastigen Handbewegungen zu machen. Das Verhalten ihrer Versicherten muss sich die AOK zurechnen lassen.

Auf den Schildern standen folgende Hinweise:

Betreten auf eigene Gefahr“ „Affen sind sehr neugierig, können aber auch empfindlich zubeißen“ Bitte Ruhe! Machen Sie keinen Lärm und keine hastigen Bewegungen!“ und „Hände weg! Auch kleine Affen können empfindlich zubeißen!“

Zusätzlich zu den Texten waren auf diesen Schildern Bilder angebracht, die u.a. einen blutenden Finger sowie einen brüllenden Affen symbolisieren.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die AOK hat die Möglichkeit binnen 1 Monats nach Zustellung des schriftlichen Urteils Berufung beim Oberlandesgericht in Naumburg einzulegen.“

Was lernen wir daraus: Wir bleiben da weg; dann besteht keine Gefahr und es kann auch nicht heißen: Du bist wohl vom wilden Affen gebissen :-).