Archiv für den Monat: November 2010

Arbeitshilfe: Wie helfe ich mir bei BGHR-Fundstellen?

In BGH-Entscheidungen tauchen in letzter Zeit vermehrt BGHR-Fundstellen auf, obwohl die zitierten Entscheidungen teilweise auch in anderen Entscheidungssammlungen und Fachzeitschriften veröffentlicht sind. Während letztere dem Verteidiger sicherlich zur Verfügung stehen, ist BGHR in der Praxis weniger häufig in Verteidigerbüros vertreten. Das Zitat lässt einen dann etwas ratlos zurück.

Eine ganz gute Hilfe ist in dem Zusammenhang die im Internet frei verfügbare BGH-Edition des Carl Heymanns Verlag, die man hier findet. Dort kann man die (bekannte) BGHR Fundstelle eingeben und findet so die Entscheidung, um mit den dadurch ermittelten Daten dann weiter nach anderen Fundstellen recherchieren zu können.

Wenn zur Zeit auch keine Saison ist: Hier noch einmal das Bierbike, oder: Was erstaunlich ist an der Entscheidung

Vor einigen Wochen ist die Entscheidung des VG Düsseldorf v. 06.10.2010 – 16 K 8009/09 durch die Blogs gezogen, vgl. hier, hier und hier. In dem hatte die 16. Kammer des VG Düsseldorf die Untersagung der Benutzung eines „Bierbikes“ als rechtmäßig angesehen, da beim Einsatz des Bierbikes aus der maßgeblichen Sicht eines unbefangenen Betrachters nicht der Personentransport und die Nutzung der öffentlichen Straßen zu Verkehrszwecken im Vordergrund stehe. Soweit, so gut.

Was dann aber doch an der Entscheidung erstaunt: Kein Wort verliert das VG zu dem des auch für seinen Gerichtsbezirk zuständigen OVG Münster vom 15.12.2009 – 11 B 1616/09. Dort wurde in einem vergleichbaren Fall des untersagten Betriebs eines Bierbikes die aufschiebende Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO wiederhergestellt, wobei Vorinstanz ebenfalls die 16. Kammer des VG Düsseldorf war. Dort heißt es:

„Angesichts des unstrittigen Umstandes, dass sich ein „Partybike“ (oder auch ein „Bierbike“) im Straßenverkehr bewegt, wird dessen Betrieb u. a. zu vergleichen bzw. ggf. abzugrenzen sein von anderen dem (bezahlten) „Vergnügen“ dienenden Fahrten, z. B. mit Planwagen oder Kutschen. Mit „pedalbetriebener Abnormität“ lässt sich der Charakter des Fahrbetriebs eines solchen „Partybikes“ als Sondernutzung jedenfalls ebenso wenig begründen wie mit möglichen oder angeblich vorgekommenen einzelnen Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung, wie sie in der Ordnungsverfügung des Antragsgegners aufgezählt werden. Solchen etwaigen Gefahren kann und muss mit Mitteln der Gefahrenabwehr, sei es nach Straßenverkehrsrecht oder nach allgemeinem Ordnungsrecht begegnet werden.“

Dem ist nichts hinzuzufügen. Angesichts dieser Divergenz ist es (mir) unverständlich, dass das VG die Berufung nicht zugelassen hat (§ 124 Abs. 2 Ziff. 2 und 4 VwGO).

Da geht es los das „fröhliche“ Hauen und Stechen: FDP gegen die Änderung des § 81a Abs. 2 StPO

Da wird sich der Bundesratbeauftragte zur teilweisen Abschaffung des Richtervorbehalts in § 81a Abs. 2 StPO, JM Busemann, sicherlich sehr freuen :-). Die Gesetzesinitiative des BR ist noch gar nicht im Bundestag angekommen, da mosert schon die FDP. In einer PM vom 05.11.2010 (vgl. hier) heißt es u.a.:

„AHRENDT: Richtervorbehalt darf nicht der Kassenlage der Länder geopfert werden

BERLIN. Zum heutigen Beschluss des Bundesrates, potenziellen Alkoholsündern im Straßenverkehr ohne richterliche Anordnung eine Blutprobe entnehmen zu dürfen, erklärt der rechtspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion und Parlamentarische Geschäftsführer Christian AHRENDT:

Jede Blutentnahme ist eine Körperverletzung und damit ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit. Ein solcher Eingriff ist aus guten Gründen nur zulässig, wenn er von einem Richter erlaubt wird. Das muss auch so bleiben und darf nicht zugunsten der Kassenlage der Länder geopfert werden. Der elementare Schutz durch den Richtervorbehalt darf dafür nicht aufgegeben werden. Blutalkoholwerte können heutzutage sehr genau ermittelt werden, ohne eine Blutentnahme durchzuführen.

Der Richtervorbehalt ist ein zentraler Schutz gegen staatliche Eingriffe. Ihn aufzugeben, hieße einen Verlust an Rechtschutz für den Einzelnen und würde einer Erosion des Grundrechtsschutzes gleichkommen. Nicht umsonst hat das Bundesverfassungsgericht zuletzt bei dieser Frage die Beachtung des Richtervorbehaltes ausdrücklich verlangt. Diese Entscheidung ist Anlass für die Bundesratsinitiative. Es ist nicht gut, wenn der Sparzwang jetzt dazu führt, die Grundrechte der Menschen zu verkürzen.“

Manchmal ist auf die Liberalen dann doch Verlass. Durch ist die Änderung noch nicht, was nicht nur JM Busemann nicht freuen wird, sondern auch alle die, die mehr oder weniger laut nach der Abschaffung – aus welchen Gründen auch immer – rufen.

Bist du frei, muss ich die Rechtmäßigkeit der Haft nicht mehr prüfen

In „Haftsachen“ stellt sich nicht selten die Frage nach dem sog. Fortsetzungsfeststellungsinteresse. So auch in dem der Entscheidung des OLG Jena v. 25.08.2010 – 1 Ws 345/10 zugrunde liegenden Verfahren. Gegen den in der Hauptverhandlung ausgebliebenen Angeklagten war Haftbefehl nach § 230 Abs. 2 StPO ergangen. Der Verteidiger legte Beschwerde ein, die das LG verworfen hat. Dagegen weitere Beschwerde. Bevor das OLG darüber entschieden hat, ist der Angeklagte dann in der neu anberaumten Hauptverhandlung frei gelassen worden.

Das OLG Jena sagt: In diesem Fall gebietet es der Anspruch des Angeklagten auf effektiven Grundrechtsschutz nicht, ihm die Möglichkeit zu geben, die Rechtmäßigkeit des erledigten Haftbefehls durch die (weitere) Beschwerde überprüfen zu lassen. Das kann  man auch anders sehen, so z.B. das OLG Düsseldorf und das OLG Celle, wie das OLG Jena das OLG Frankfurt (vgl. dazu meine Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 5. Aufl., Rn. 1439).