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Zeitpunkt für die Pauschgebühr des Wahlanwalts, oder: Erst Pauschgebühr, dann Kostenfestsetzung

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Und zur Mittagszeit dann der BGH, und zwar der BGH, Beschl. v. 03.11.2021- 3 StR 86/21 – zu einem Antrag auf Feststellung einer Pauschgebühr für das Revisionsverfahren nach § 42 RVG, also Pauschgebühr des Wahlanwalts.

Der BGH nimmt zur Frage der Besetzung des Senats für die Entscheidung und zum Zeitpunkt der Antragstellung Stellung:

„Der Antrag ist bereits unzulässig.

1. Über den Antrag entscheidet der Senat in einer Spruchgruppe mit fünf Bundesrichtern. Eine Zuständigkeit des Einzelrichters, wie sie § 42 Abs. 3 RVG für die Oberlandesgerichte ermöglicht, kommt nach geltendem Recht nicht in Betracht. § 122 Abs. 1 GVG sieht für das Oberlandesgericht vor, dass in bestimmten Fällen der Einzelrichter entscheiden kann. Eine entsprechende Regelung für den Bundesgerichtshof enthält das GVG hingegen nicht (vgl. § 139 GVG; s. BGH, Beschluss vom 8. Juni 2005 – 2 StR 468/04, NStZ 2006, 239). Dem steht nicht entgegen, dass nach der Entscheidung des Großen Senats für Zivilsachen dem § 139 GVG die Vorschrift des § 1 Abs. 3 RVG vorgeht und daher ein Einzelrichter am Bundesgerichtshof über einen Antrag nach § 33 RVG zuständig ist (vgl. BGH, Beschluss vom 9. August 2021, GSZ 1/20, NJW 2021, 3191). Denn während sich der insoweit maßgebliche § 33 Abs. 8 RVG auf „das Gericht“ bezieht und damit auch den Bundesgerichtshof erfasst, gilt § 42 Abs. 3 RVG nach seinem unmissverständlichen Wortlaut allein für das „Oberlandesgericht“. Dies gegebenenfalls zu ändern, obläge allein dem Gesetzgeber.

2. Der Antrag ist unzulässig, weil die Kosten für das Revisionsverfahren bereits rechtskräftig festgesetzt worden sind.

Der Wahlverteidiger hat am 14. Januar 2019 Kostenfestsetzung bezüglich des Revisionsverfahrens und am 4. Februar 2019 die Bewilligung einer Pauschgebühr beantragt. Am 26. April 2019 hat das Landgericht einen Kostenfestsetzungsbeschluss auch hinsichtlich der Kosten des Revisionsverfahrens erlassen. Gegen diesen Beschluss hat der Verteidiger kein Rechtsmittel eingelegt.

Die Unzulässigkeit des Antrags nach § 42 RVG in Fällen wie dem vorliegenden, in denen die gesetzlichen Gebühren bereits festgesetzt worden sind, folgt aus der in § 42 Abs. 4 RVG statuierten Bindungswirkung, die der Feststellung der Pauschgebühr für das Kostenfestsetzungsverfahren zukommt. In dem zweistufigen Verfahren zu einem vollstreckbaren Gebührentitel kann die festgestellte Pauschvergütung nur Bindungswirkung entfalten, können divergierende Entscheidungen allein dann vermieden und die angestrebte Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung nur erreicht werden, wenn die Pauschgebühr zu einem Zeitpunkt beantragt wird, in dem die getroffene Feststellung im Kostenfestsetzungsverfahren noch Berücksichtigung finden kann. Der Verteidiger muss daher dem rechtskräftigen Abschluss des Kostenfestsetzungsverfahrens entgegenwirken, um zunächst das vorrangige Verfahren nach § 42 RVG durchführen zu lassen (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 17. Januar 2011 – 2 AR 24/10, juris Rn. 7 ff.; Thüringer OLG, Beschlüsse vom 9. August 2010 – 1 AR (S) 25/10, juris Rn. 18 ff.; vom 30. Oktober 2007 – 1 AR (S) 72/07, juris Rn. 10 ff.; Burhoff/Volpert, RVG, 6. Aufl., § 42 Rn. 18 f.; Mayer/Kroiß, RVG, 8. Aufl., § 42 Rn. 17). Daran fehlt es hier. Der Zulässigkeit des Antrags steht der rechtskräftig gewordene Kostenfestsetzungsbeschluss vom 26. April 2019 entgegen.“

Die Auffassung des BGH entspricht der h.M. Also: Zunächst Antrag nach § 42 RVG und dann Kostenfestsetzung…..

Pauschgebühr des Wahlanwalts/Auslagenerstattung oder: Antragsreihenfolge beachten

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Am RVG-Tag stelle ich heute zunächst den OLG Jena, Beschl. v. 21.05.2021 – (S) AR 104/20 – vor. Der befasst sich (noch einmal) mit der (Un)Zulässigkeit eines Antrages des Wahlverteidigers auf Feststellung einer Pauschgebühr gem. § 42 RVG nach Stellung eines Kostenfestsetzungsantrages und wirksamer Ausübung seines Bestimmungsrechts nach § 14 Abs. 1 RVG.

Der Wahlverteidiger hatte nach Einstellung des Verfahrens mit einer für den Mandanten günstigen Kostenentscheidung Auslagenerstattung beantragt. Das wird ablehnt. Dagegen dann die Beschwerde des Verteidigers, der im Beschwerdeverfahren noch einen Antrag nach § 42 RVG stellt. Den weist das OLg als unzulässig zurück:

„Der mit Schriftsatz vom 14.09.2020 im Beschwerdeverfahren 1 Ws 282/20 gestellte Antrag des Wahlverteidigers auf Feststellung einer Pauschgebühr gem. § 42 RVG ist als solcher unzulässig.

Der Senat hat zur Zulässigkeit eines Antrages nach § 42 RVG in zwei Verfahren Stellung genommen.

Im – auch vom Antragsteller in Bezug genommenen – Verfahren 1 AR S 72/07 (Beschluss vom 30.10.2007, bei juris) wurde über eine Fallgestaltung entschieden, in welcher der Verteidiger erst nach rechtskräftiger Festsetzung der gesetzlichen Gebühren einen Antrag auf Feststellung einer Pauschgebühr nach § 42 RVG gestellt hatte.

Dieser Umstand war für die Unzulässigkeit des Antrages maßgebend (vgl. Rdnr. 9 der bei juris veröffentlichten Entscheidung sowie den dortigen Leitsatz). Die Formulierung unter Rdnr. 12 dieses Beschlusses – „die Folge dieser in § 42 Abs. 4 RVG statuierten Bindungswirkung ist, dass der Wahlverteidiger die Pauschgebühr zu einem Zeitpunkt beantragen muss, in dem die durch das Oberlandesgericht getroffene Feststellung im Kostenfestsetzungsverfahren noch Berücksichtigung finden kann“ – kann insoweit aber nur als obiter dictum verstanden werden.

Dem weiteren Beschluss des Senats im Verfahren vom AR (S) 25/10 (Beschluss vom 09.08.2010, ebenfalls bei juris veröffentlicht), lag eine andere Fallgestaltung zugrunde. In diesem Verfahren war der Kostenfestsetzungsantrag des Verteidigers vom 23.10.2008 abgelehnt worden und im folgenden Abhilfeverfahren war vom Landgericht mit Beschluss vom 02.12.2009 eine Kostenfestsetzung erfolgt. Der bereits zuvor, ebenfalls am 23.10.2008, gestellte Antrag auf Bewilligung einer Pauschgebühr, der als Antrag nach § 42 RVG auszulegen war, wurde dem Senat erstmals am 08.04.2010 vorgelegt. Der Senat hat diesen Antrag als (nicht mehr) zulässig zurückgewiesen, weil der Verteidiger mit dem Kostenfestsetzungsantrag vom 23.10.2008 sein Ermessen gegenüber der Staatskasse ausgeübt hatte. Zwar hätten die Rechtspflegerin und die Vertreterin der Staatskasse nicht bedacht, dass bei einer gleichzeitigen Antragstellung auf Kostenfestsetzung und Feststellung einer Pauschgebühr nach § 42 RVG die Akten dem Oberlandesgericht zunächst zur Entscheidung über den Antrag nach § 42 RVG hätten vorgelegt werden müssen, jedoch habe es der Antragsteller selbst in der Hand gehabt, der rechtskräftigen Festsetzung der Gebühren unterhalb der Grenzen des § 42 RVG durch Einlegung von Rechtsmitteln entgegen zu wirken.

In dieser Entscheidung hat der Senat indes bereits unter Bezugnahme auf den Beschluss des OLG Celle vom 29.07.2008 (veröffentlicht in NStZ-RR 2009, 31) dargelegt:

„Mit dem Kostenfestsetzungsantrag hat der Verteidiger sein Ermessen nach § 14 Abs. 1 RVG gegenüber der Staatskasse ausgeübt. Der Rechtsanwalt ist an dieses einmal ausgeübte Ermessen bei der Bestimmung der angefallenen Gebühr innerhalb des Gebührenrahmens gebunden (vgl. Gerold/Schmidt-Madert, § 14 RVG Rdnr. 4; Hartmann Kostengesetze, § 14 Rdnr. 12)“.

Vorliegend hat der Senat – erstmals – über eine Fallgestaltung zu befinden, in der der Wahlverteidiger einen Kostenfestsetzungsantrag – hier am 23.04.2020 – gestellt und in dem er sein Ermessen nach § 14 RVG durch Beantragung der jeweiligen höchsten Rahmengebühren geltend gemacht, er gegen den ablehnenden Beschluss der Rechtspflegerin Beschwerde eingelegt und erst im Beschwerdeverfahren einen Antrag nach § 42 RVG gestellt hat.

Der unter dem 14.09.2020 gestellte Antrag ist unter Anwendung der bereits im Senatsbeschluss vom 09.08.2010 in Bezug genommenen Rechtsauffassung unzulässig.

Mit dem Kostenfestsetzungsantrag vom 23.04.2020 hat der Verteidiger sein Bestimmungsrecht nach § 14 Abs. 1 RVG wirksam ausgeübt. An dieses einmal ausgeübte Ermessen bei Bestimmung der Billigkeit der angefallenen Gebühren innerhalb des Gebührenrahmens ist der Verteidiger gebunden (vgl. Gerold/Schmidt-Mayer, RVG, 24. Aufl., § 14 Rdnr. 4). Die Ausübung des Ermessens ist Bestimmung der Leistung durch den Verteidiger und erfolgt gem. § 315 Abs. 2 BGB durch Erklärung gegenüber dem Mandanten bzw. aufgrund der in der Strafprozessvollmacht vereinbarten Abtretung von Erstattungsforderung gegenüber der Landeskasse dieser gegenüber (vgl. OLG Celle, a.a.O.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.10.2012, 3 RVGs 48/11, bei juris). Nur dann, wenn der Rechtsanwalt eine Gebührenerhöhung ausdrücklich vorbehalten hat, über die Bemessungsfaktoren getäuscht wurde oder einen gesetzlichen Gebührentatbestand übersehen hat, kommt eine Gebührenerhöhung in Betracht (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O.).

Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben.

Da der Verteidiger die Feststellung einer Pauschgebühr erst knapp 5 Monate nach dem Kostenfestsetzungsantrag gestellt hat, kann auch nicht schlüssig angenommen werden, dass er sich weitere, über die Rahmenhöchstgebühr hinausgehende Forderungen vorbehalten hat (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O.).“

Also: Auf die Reihenfolge der Anträge achten.