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Absprache II: Zulässiger Inhalt einer Verständigung, oder: Verzicht auf sichergestelltes Geld

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Und dann im zweiten Posting der BGH, Beschl. v. 09.10.2024 – 5 StR 433/24 – zum zulässigen Inhalt einer Verständigung.

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt und die erweiterte Einziehung von 4.675 EUR angeordnet. Die u.a. auf die Verfahrensrüge gestützte Revision hatte mit der Beanstandung Erfolg, dass das Urteil auf einer Verletzung von § 257c Abs. 2 Satz 1 StPO und mithin auf einer gesetzeswidrigen Verständigung beruht.

Der Verfahrensrüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde: Nach Belehrung des Angeklagten gemäß § 257c Abs. 5 StPO stellte die Strafkammer in der Hauptverhandlung für den Fall eines Geständnisses des Angeklagten betreffend die abgeurteilte Tat und bei Verzicht auf die Herausgabe des sichergestellten Bargeldes und weiterer, in der Verständigung bezeichneter Gegenstände die Verhängung einer Strafe von mindestens drei und höchstens vier Jahren in Aussicht. Der Angeklagte, sein Verteidiger und die Staatsanwaltschaft stimmten dem Vorschlag zu. Anschließend wurde die Verständigung protokolliert. Der Angeklagte ließ sich geständig ein. Hinsichtlich des sichergestellten Geldes ordnete das Gericht die erweiterte Einziehung von Taterträgen nach § 73a Abs. 1 StGB an.

Die Revision hatte Erfolg:

„2. Das Vorgehen der Strafkammer begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil sie mit den Verfahrensbeteiligten durch die Aufnahme des Verzichts in die Verständigung einen vom Gesetz nicht vorgesehenen Inhalt vereinbart und damit eine gesetzeswidrige Verständigung getroffen hat.

a) Gegenstand einer Verständigung im Sinne des § 257c Abs. 1 StPO dürfen nach § 257c Abs. 2 Satz 1 StPO nur solche Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten.

aa) Verzichtserklärungen wie die hier in Rede stehenden sind materiell-rechtliche Erklärungen des Angeklagten, weil damit eine Änderung der Rechte an dem sichergestellten Gegenstand verbunden sein können. Sie werden daher – indes missverständlich – auch als „formlose Einziehungen“ bezeichnet, welche eine an sich gesetzlich zwingende förmliche Anordnung der Nebenfolgen nach §§ 73 ff. StGB oder eine im Ermessen des Tatgerichts stehende Entscheidung nach §§ 74 ff. StPO in der Urteilsformel ersetzen können (vgl. BGH, Urteil vom 10. April 2018 – 5 StR 611/17, BGHSt 63, 116 Rn. 5 ff.). Ihre rechtlichen Folgen sind auf die Sachrüge hin zu überprüfen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. Dezember 2018 – 5 StR 198/18, BGHSt 63, 305 Rn. 9 ff.; vom 14. November 2023 – 1 StR 142/23 Rn. 7). Es handelt sich daher nicht um verfahrensbezogene Maßnahmen (des Gerichts) oder ein Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten im Sinne des § 257c Abs. 2 Satz 1 StGB (vgl. hierzu LR-Stuckenberg, StPO, 27. Aufl., § 257c Rn. 39 ff.; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 67. Aufl., § 257c Rn. 13 ff.). Die Verzichtserklärung des Angeklagten wäre mithin nur dann ein zulässiger Verständigungsgegenstand im Sinne des § 257c Abs. 2 Satz 1 StPO, wenn sie eine Rechtsfolge darstellte, die Inhalt des Urteils oder eines dazugehörigen Beschlusses sein kann. Dies ist nicht der Fall.

bb) Der Verzicht auf sichergestelltes Geld oder andere Gegenstände ist keine Rechtsfolge, die Inhalt eines Urteils sein kann. Einen zum Urteil gehörenden Beschluss mit einem solchen Inhalt sieht das Gesetz ebenfalls nicht vor.

(1) Inhalt eines Urteils im Sinne des § 257c Abs. 2 Satz 1 StPO meint die Urteilsformel. Denn was in ihr Ausdruck findet, ist entschieden (KK-StPO/Tiemann, 9. Aufl., § 260 Rn. 8); nur sie allein erwächst in Rechtskraft und bildet die Grundlage für die Vollstreckung (vgl. LR-Stuckenberg, aaO, § 260 Rn. 27, 31). Sämtliche Rechtsfolgen einer abgeurteilten Straftat müssen daher in der Urteilsformel aufgenommen werden (Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 260 Rn. 28). Rechtsfolgen im Sinne von § 257c Abs. 2 Satz 1 StPO sind mithin nur solche, die das Gesetz vorsieht und die durch das Urteil verhängt werden können (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 257c Rn. 8; KK-StPO/Moldenhauer/Wenske, 9. Aufl., § 257c Rn. 8, 15; siehe für die Kompensation für eine rechtsstaatsrechtswidrige Verfahrensverzögerung BGH, Beschluss vom 25. November 2015 – 1 StR 79/15, BGHSt 61, 43, 46).

Dies wird durch systematische Erwägungen gestützt. Die Vorschrift des § 257 Abs. 2 Satz 3 StPO verbietet eine Verständigung über den Schuldspruch und Maßregeln der Besserung und Sicherung; die Regelung des § 257 Abs. 3 Satz 2 StPO sieht ausdrücklich die Möglichkeit der Verständigung über eine Strafober- und -untergrenze vor und betrifft mithin den Strafausspruch. Beide Vorschriften, die § 257 Abs. 2 Satz 1 StPO konkretisieren, beziehen sich mithin auf Gegenstände, die in die Urteilsformel aufzunehmen sind.

Schließlich bieten die Gesetzesmaterialien einen dieses Ergebnis bestätigenden Anhalt. Danach können in materiell-rechtlicher Hinsicht Inhalt einer Verständigung die Maßnahmen sein, die das erkennende Gericht verfügen, also Maßnahmen, die es im Erkenntnis treffen kann (vgl. BT-Drucks. 16/11736, S. 11). Die Abgabe einer Verzichtserklärung durch den Angeklagten und die Reaktion der Staatsanwaltschaft nebst den hieraus folgenden materiellen Rechtsfolgen (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2018 – 5 StR 198/18, aaO Rn. 15 ff.) unterliegen jedoch nicht der Verfügung des Gerichts. Vielmehr steht es dem Angeklagten frei, eine Verzichtserklärung abzugeben, so wie die Staatsanwaltschaft in ihrer Reaktion hierauf frei ist. Die Rechtsfolgen ergeben sich ohne weiteres aus den einschlägigen rechtlichen Regelungen. Sie können daher nicht mit konstitutiver Wirkung durch das Gericht im Urteil bestimmt werden.

(2) Daran ändert nichts, dass die „formlose Einziehung“ rechtlich nicht ausgeschlossen ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. April 2018 – 5 StR 611/17, aaO) und das Gericht ungeachtet eines wirksamen Verzichts die förmliche Einziehung anordnen kann (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2018 – 3 StR 307/18, BGHSt 63, 314; Beschlüsse vom 20. März 2019 – 3 StR 67/19 Rn. 12 f.; vom 20. Mai 2020 – 4 StR 539/19 Rn. 3; vom 12. September 2019 – 5 ARs 21/19). Denn was ein gesetzlich zulässiger Teil einer Verständigung sein kann, richtet sich gemäß § 257c Abs. 1 Satz 1 StPO allein „nach Maßgabe“ des § 257c Abs. 2 StPO. Darin ist mithin abschließend festgelegt, über welche Rechtsfolgen sich das Gericht mit den Verfahrensbeteiligten verständigen darf. Alle in der Vorschrift nicht erwähnten Verhaltensweisen der Verfahrensbeteiligten sind daher als Verständigungsgegenstände ausgeschlossen (LR-Stuckenberg, StPO, 27. Aufl., § 257c Rn. 36); solche Vereinbarungen – wie hier die über den Verzicht auf sichergestellte Gegenstände – sind untersagt (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 – 2 BvR 2628/10, BVerfGE 133, 168 Rn. 76).

Dies gilt hinsichtlich des als Tatertrag sichergestellten Bargeldes umso mehr, als die Einziehung von Taterträgen nach §§ 73 ff. StGB aufgrund ihres zwingenden Charakters nicht zu den einer Verständigung zugänglichen Rechtsfolgen gehört (BGH, Beschlüsse vom 6. Februar 2018 – 5 StR 600/17 Rn. 8, NStZ 2018, 366; vom 25. Januar 2023 – 1 StR 288/22 Rn. 6, NStZ 2023, 696), was mit der Zulassung einer „formlosen Einziehung“ als Gegenstand einer Verständigung umgangen würde (aA möglicherweise SSW-StPO/Ignor/Wegener, 5. Aufl., § 257c Rn. 63; KMR-StPO/von Heintschel-Heinegg, 56. EL § 257c Rn. 28).

b) Das Urteil beruht auf dem Verfahrensfehler (§ 337 Abs. 1 StPO). Zwar hat der Generalbundesanwalt zutreffend darauf hingewiesen, dass die mit dem vereinbarten Verzicht beabsichtigten Rechtsfolgen auch durch entsprechende gerichtliche Anordnungen nach § 74 StGB, § 33 BtMG und § 73a Abs. 1 StGB (ggf. iVm § 73b Abs. 1 Nr. 2 StGB) erreichbar gewesen wären; zudem hat das Landgericht letztlich die erweiterte Einziehung des sichergestellten Bargeldes nach § 73a Abs. 1 StGB angeordnet und sich mithin insoweit nicht mit dem Verzicht begnügt. Dies ändert aber nichts daran, dass die Strafkammer zuvor eine Vereinbarung mit den Verfahrensbeteiligten mit einem gemessen an § 257c Abs. 2 Satz 1 StPO unzulässigen Inhalt geschlossen hatte, die in ihrer Gesamtheit daher keine nach § 257 Abs. 1 StPO zulässige Verständigung, sondern eine teilweise gesetzeswidrige Absprache darstellte. In einem solchen Fall kann regelmäßig nicht ausgeschlossen werden, dass die Verständigung ohne den fehlerhaften Bestandteil nicht zustande gekommen wäre und der Angeklagte das verständigungsbasierte Geständnis nicht abgegeben hätte (LR-Stuckenberg, aaO Rn. 86; MüKo-StPO/Jahn, 2. Aufl., § 257c Rn. 204).“

Absprache II: Vollständig auf Prozessanträge verzichtet, oder: Das ist kein zulässiger Inhalt für eine Absprache

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Die zweite Entscheidung zum Komplex „Absprache/Verständigung“ kommt dann vom BGH. Das zugrunde liegende Verfahren ist/war nicht ganz so „schlimm“ wie das Verfahren, das zum BVerfG, Beschl. v. 20.12.2023 – 2 Bvr 2103/20 – geführt hat (dazu Absprache I: Die Amtsaufklärungspflicht gilt immer, oder: „Nachhilfe“ für AG Halle und OLG Naumburg). aber „unschön“ ist es auch, und zwar:

Das LG Stuttgart hatte den Angeklagten mit Urteil vom 20.08.2020 wegen Steuerhinterziehung in sieben Fällen, Fälschung technischer Aufzeichnungen in sechs Fällen und der Vorbereitung von Datenveränderungen in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und gegen ihn eine Einziehungsentscheidung getroffen. Der BGH hatte mit Beschluss vom 02.06.2021 (1 StR 44/21) das Urteil wegen der Verletzung der Mitteilungspflicht (§ 243 Abs. 4 Satz 2 StPO) aufgehoben.

Im zweiten „Rechtsgang“ hat das LG den Angeklagten nunmehr wegen Fälschung technischer Aufzeichnungen in sechs Fällen und der Vorbereitung von Datenveränderungen in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat und von der ein Monat wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung als vollstreckt gilt. Ferner hat es die Einziehung des Wertes von Taterträgen und von Gegenständen angeordnet.

Dieser Versuch ist erneut gescheitert. Denn die hiergegen vom Angeklagten u.a. mit der Beanstandung der Verletzung formellen geführte Revision hatte erneut mit einer Verfahrensrüge Erfolg, weil das LG nach Auffassung des BGH nun im Rahmen der Verfahrensverständigung § 257c Abs. 1 Satz 2 StPO verletzt hat.

Denn: Nach dem Vorschlag der (Wirtschafts)Strafkammer sollte der Angeklagte neben einem abzugebenden Geständnis zusätzlich als weitere Voraussetzung einer Verfahrensverständigung auch „keine Beweisanträge bzw. sonstige Anträge“ stellen. Im Gegenzug sicherte die Kammer zu, eine Gesamtfreiheitsstrafe zwischen einem Jahr zwei Monaten und einem Jahr fünf Monaten zu verhängen, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird.

Dazu der BGH im BGH, Beschl. v. 10.01.2024 – 1 StR 413/23:

„Mit diesem Vorschlag, den der Angeklagte und die Verfahrensbeteiligten zugestimmt haben, hat das Landgericht die Zusage eines bestimmten Strafrahmens unsachgemäß mit einem vom Angeklagten erwarteten Prozessverhalten geknüpft. Der Generalbundesanwalt hat hierzu ausgeführt:

„Den umfassenden Verzicht auf Prozessanträge gegen die Zusicherung eines Strafrahmens hat der Gesetzgeber als zu weitgehend erachtet (BT-Drucks. 16/12310, S. 13). Allenfalls einzelne Anträge können zum Gegenstand der Verständigung gemacht werden (vgl. § 257c Abs. 2 Satz 1 Variante 3 StPO). Anderenfalls wäre die Verletzung der Aufklärungspflicht zu besorgen, die der Verständigung entzogen ist (§ 257c Abs. 1 Satz 2, § 244 Abs. 2 StPO). Eine solch weitgehende Unterwerfung ist mit der Subjektstellung des Angeklagten unvereinbar, die auch bei Urteilsabsprachen zu wahren ist (Senat, Beschluss vom 21. September 2022 – 1 StR 479/21 -, NStZ 2023, 56; vgl. hierzu auch BGH, Beschluss vom 3. März 2005 – GSSt 1/04BGHSt 50, 40, 48; BGH, Beschluss vom 18. Mai 2006 – 4 StR 153/06 -, NStZ 2006, 586).“

Dem tritt der Senat bei. Der Rechtsfehler nötigt zur Aufhebung des Urteils, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Urteil auf diesem beruht.“

Auch hier: Nachhilfe, und die Empfehlung, dann vielleicht doch mal in einem Kommentar usw. – ich weiß, ich weiß, ich weiß 🙂 – nachzulesen. Dann klappt es vielleicht im 3. Anlauf.

Verständigung I: Man kann sich auch über eine (Teil)Einstellugn verständigen

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Wenn man die Rechtsprechung zu Verständigungsfragen verfolgt, meint man häufig, dass nur der BGh dazu „Recht spricht“. das ist aber nicht zutreffend. Denn es gibt dazu inzwischen auch eine ganze Reihe von OLG-Entscheidungen. Und drei davon stelle ich heute vor. Ich beginne mit dem OLG Nürnberg, Beschl. v. 11.08.2017 – 1 OLG 8 Ss 57/17. Sie betrifft den Verständigungsinhalt. Das OLG sagt:

Gegenstand einer Verständigung kann über den Wortlaut des § 257 c Abs. 2 S. 1 StPO hinaus auch eine Verfolgungsbeschränkung sein, soweit sich diese auf eine andere bei demselben Gericht anhängige Tat bezieht und somit innerhalb der Kompetenz des Gerichts liegt.

Das OLG dazu:

„Gegenstand einer Verständigung kann über den Wortlaut des § 257c Abs. 2 S. 1 StPO hinaus („sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrunde liegenden Erkenntnisverfahren“) auch eine Verfolgungsbeschränkung sein, soweit sich diese auf eine andere beim demselben Gericht anhängige Tat bezieht und somit innerhalb der Kompetenz des Gerichts liegt (Moldenhauer/Wenske in Karlsruher Kommentar, StPO § 257 c Rdnr. 15 und Meyer – Goßner/Schmitt, StPO, 60. Auflage, § 257 c Rdnr. 13, BGH Urteil vom   23.07.2015 NStZ 2016, 221-227 ). § 257c Abs. 2 StPO will nur sogenannte Gesamtlösungen unter Einbeziehung anderer

Verfahren und nicht in der Kompetenz des Gerichts liegender Zusagen verhindern (vgl. BVerfG in NJW 2013, 1058, 1064). Denn die Bindungswirkung einer Verständigung kann nur soweit gehen, wie das Gericht das Verfahren mitbestimmt (BGH NStZ 2017, 56). Soweit die Verfahrensherrschaft aber ausschließlich beim Gericht liegt und damit der Vertrauensschutz des Angeklagten umfassend gewährleistet ist, gibt es keinen sachlichen Grund die Regelungsmaterie zu beschränken.

So liegt der Fall hier. Die Zusage, das bei der gleichen Kammer vorläufig eingestellte Verfahren nicht wieder aufzunehmen unterlag der Bindungswirkung der Verständigung, denn die Entscheidung nach § 154 Abs. 4 StPO lag in der alleinigen Dispositionsbefugnis des Vorsitzenden, der damit auch eine Zusage bezüglich der Aufrechterhaltung der Einstellung abgeben durfte.“

Und ich? Ich bin heute in Malaysia 🙂

Über was man sich alles verständigen kann: Auch über die Verfahrensverzögerung

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Im Moment gibt es nicht ganz so viel Entscheidungen zur Verständigung (§ 257c StPO) bzw. zur damit korrespondierenden Mitteilungspflicht (§ 243 Abs. 4 Satz 1 StPO). Da erweckt dann ein Beschluss, der für BGHSt vorgesehen ist, schon (besonderes) Interesse, zumal es auch um den zulässigen Inhalt einer Verständigung geht. Dazu hat der 1. Strafsenat des BGH im BGH, Beschl. v. 29.11.2015 – 1 StR 79/15 – ausgeführt, dass die Höhe der Kompensation für eine hinsichtlich Art, Ausmaß und ihrer Ursachen prozessordnungsgemäß festgestellte überlange Verfahrensdauer ein zulässiger Verständigungsgegenstand ist:

„b) Danach erweist sich die Verständigung über Art und Ausmaß einer Kompensation für eine überlange Verfahrensdauer als zulässiger Verständigungsgegenstand (Moldenhauer/Wenske in KK-StPO, 7. Aufl., § 257c Rn. 15; Temming in Gercke/Julius/Temming/Zöller, StPO, 5. Aufl., § 257c Rn. 23; Wenske, DRiZ 2011, 393, 395; vgl. hierzu auch Eschelbach in BeckOK-StPO, 23. Ed., § 257c Rn. 11.3, der zwar Bedenken anmeldet, diese aber an der als problematisch erachteten Vollstreckungslösung festmacht, die jedoch st. Rspr. entspricht; aA Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 257c Rn. 10 freilich ohne Begründung).

aa) Die tatsächlichen Grundlagen, aufgrund derer das Gericht Art und Ausmaß der Verzögerung sowie ihre Ursachen ermittelt hat, sind – ungeachtet der nicht mit dieser Angriffsrichtung erhobenen Rüge – nicht Verständigungsgegenstand gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass das Gericht eine Verbindung zwischen der Feststellung einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung oder deren Umfang mit dem Einlassungsverhalten des Angeklagten hergestellt oder diese Feststellung als bloße Honorierung sonstigen prozessualen Wohlverhaltens des Angeklagten behandelt hätte (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 23. Juli 2015 – 3 StR 470/14), ergeben sich weder aus dem vorgetragenen Verfahrensgeschehen noch aus dem vom Gericht unterbreiteten Verständigungs-vorschlag. Zwar ist dem von der Revision vorgetragenen Schreiben der Verteidigung, welches an die Vorgespräche anknüpfte, zu entnehmen, dass das Gericht seine vorläufige Bewertung zu der sich aus den Akten ergebenden Dauer der Verzögerung, insbesondere des der Justiz zuzurechnenden Anteils, kundgetan und diese letztlich auch seinem Verständigungsvorschlag zugrunde gelegt hat. Das ist aber nicht zu beanstanden, vielmehr ist eine Klarstellung der materiellen Grundlagen der zu gewährenden Kompensation Voraussetzung für eine nachvollziehbare Bemessung derselben (vgl. zur strafzumessungsrechtlichen Bewertung des Anklagevorwurfs BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2013 – 3 StR 210/13 mit insoweit zust. Anm. Kudlich NStZ 2014, 284, 286). 

Anders als in dem Sachverhalt, der dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 6. Oktober 2010 – 2 StR 354/10 (JR 2011, 167) zugrunde lag, gab es kein gerichtliches „Angebot“ einer die tatsächlichen Grundlagen entbehrenden Feststellung einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung. Lag es dort „auf der Hand, dass eine Art. 6 Abs. 1 MRK widersprechende Menschenrechtsverletzung nicht vorlag“ (BGH aaO; abl. auch Ignor in Satzger/Schluckebier/ Widmaier, StPO, 2. Aufl., § 257c Rn. 43), konnte hier angesichts des zwischen der ersten Anklage und der Eröffnungsentscheidung liegenden Zeitraums von annähernd 45 Monaten – auch unter Berücksichtigung von Phasen nicht der Justiz zuzurechnender Verzögerung – ein kompensationspflichtiger Konventionsverstoß gegen den Beschleunigungsgrundsatz des Art. 6 Abs. 1 MRK nicht zweifelhaft sein.“

Keine Kungelei – der zulässige Inhalt einer Absprache

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Seit 2009 gibt es die Absprache-/Verständigungsregelung in der StPO. In § 257c StPo ist festgelegt, was Gegenstand einer Absprache sein kann und was nicht. Und eigentlich sollte es m.E. eine Selbstverständlichkeit sein, dass Gegenstand einer Verständigung nach § 257 c Abs.2 Satz 1 StPO auch nur solche Rechtsfolgen sein, die im Gesetz im konkreten Fall vorgesehen und zulässig sind. Aber man ist immer wieder erstaunt, auf welche Ideen die Praxis kommt. So beim LG Berlin. Da wird in Aussicht gestellt, dass man aus einer Geld- und einer Freiheitsstrafe eine Gesantgeldstrafe bildet, wenn der Angeklagte seine Berufung beschränkt.

Das KG macht das aber später nicht mit. Sondern hebt das landgerichtliche Urteil im KG, Urt. v. 23.04.2012 – (3) 121 Ss 34/12 (28/12) – auf. Dazu die Leitsätze:

1. Gegenstand einer Verständigung nach § 257c Abs. 2 Satz 1 StPO können nur solche Rechtsfolgen sein, die das Gesetz im konkreten Fall vorsieht.

2. Wird aus einer Geld- und einer Freiheitsstrafe eine Gesamtgeldstrafe gebildet, so verstößt dies nicht nur gegen die gesetzliche Regelung des § 54 Abs.1 Satz 2 StGB, sondern auch gegen das sich aus Art. 3 Abs.1 GG ergebende Willkürverbot.

2. Eine Beschränkung der Berufung des Angeklagten auf den Rechtsfolgenausspruch ist unwirksam, wenn sie im Vertrauen auf die Gesetzmäßigkeit einer zuvor getroffenen verfahrensbeendenden Absprache erklärt worden ist, diese jedoch tatsächlich nicht nur der gesetzlichen Regelung widerspricht, sondern auch wegen Verstoßes gegen das Willkürverbot verfassungswidrig ist. Das auf der Grundlage der Verständigung vom Angeklagten abgelegte Geständnis ist unverwertbar, da es mit dem Grundsatz des fairen Verfahrens unvereinbar wäre, ihn an seiner auf einer gesetzwidrigen Grundlage abgegebenen Erklärung festzuhalten.

Ich denke, dass das richtig war/ist.