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Wiedereinsetzung ist schwer – wirklich?

Man sollte meinen, dass dann, wenn Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung einer Frist beantragt wird – eine Sache/ein Verfahren also so oder schon auf der Kippe steht – besonders sorgfältig gearbeitet wird, was die Begründung des Wiedereinsetzungsantrags (§§ 44 ff. StPO) angeht. Das sollte man sich eine „Checkliste“ anlegen, die man abarbeitet. Das hilft im Zweifel, Fehler zu vermeiden, die zur Unzulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags führen. Das hatte der Kollege, der den dem BGH, Beschl. v. 08.12.2011 – 4 StR 430/11 zugrundeliegenden Wiedereinsetzungsantrag gestellt hat, offensichtlich nicht getan. So ist ihm nicht aufgefallen, dass sein Antrag einen wesentlichen Mangel hatte.

„1. Mit Schriftsatz seines Pflichtverteidigers vom 6. Januar 2011 hat der Angeklagte form- und fristgerecht Revision gegen das Urteil des Landgerichts vom selben Tag eingelegt. Sein Rechtsmittel hat er mit dem innerhalb der Frist
des § 345 Abs. 1 Satz 2 StPO beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz vom 29. April 2011 begründet und die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt. Dieser Schriftsatz war jedoch nicht vom Pflichtverteidiger, sondern von dem mit diesem in Bürogemeinschaft verbundenen Rechtsanwalt R. , dem Pflichtverteidiger des ebenfalls revisionsführenden Mitangeklagten B. , mit dem Vermerk „für den ortsabwesenden Rechtsanwalt“ unterzeichnet worden.
Mit am selben Tag beim Landgericht eingegangenem Schriftsatz seines Verteidigers vom 22. August 2011 hat der Angeklagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Revisionsbegründung beantragt und hierzu ausgeführt, sein Verteidiger habe den Schriftsatz vom 29. April 2011 aufgrund von Ortsabwesenheit per E-Mail an sein Büro übersandt und gebeten, diesen von einem Kollegen unterschreiben zu lassen. Dabei habe sein Verteidiger weder die Formvorschrift des § 345 Abs. 2 StPO noch den Umstand bedacht, dass die anderen Kollegen ebenfalls in dem Verfahren Mitangeklagte vertreten hätten. Er habe seinen Verteidiger „sowohl mit der Fristenkontrolle als auch der Ausfertigung der Revision“ beauftragt. Dem Wiedereinsetzungsantrag war eine vom Pflichtverteidiger unterzeichnete Revisionsbe-gründung beigefügt.

2. Der Wiedereinsetzungsantrag hat keinen Erfolg. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist auf Antrag demjenigen zu gewähren, der ohne Verschulden verhindert war, eine Frist einzuhalten (§ 44 Satz 1 StPO). Der Antrag ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 45 Abs. 1 Satz 1 StPO); innerhalb der Wochenfrist muss der Antragsteller auch Angaben über den Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses machen (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 45 Rn. 5 m.w.N.). An dieser Zulässigkeitsvoraussetzung fehlt es hier. Der Antrag enthält keine Angaben dazu, wann das Hindernis, das der Fristwahrung entgegenstand, weggefallen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. April 2003 – 3 StR 30/03 und vom 13. September 2005 – 4 StR 399/05, NStZ 2006, 54, 55; Meyer-Goßner, aaO). Entscheidend für den Fristbeginn ist der Zeitpunkt der Kenntnisnahme durch den Angeklagten (BGH, Beschlüsse vom 3. April 1992 – 2 StR 114/92 und vom 13. September 2005, aaO). Wann diesem die Versäumung der Revisionsbegründungsfrist bekannt geworden ist, wird ungeachtet des erheblichen Zeitablaufs nicht vorgetragen. Jedenfalls in den Fällen, in denen wie hier die Wahrung der Frist des § 45 Abs. 1 StPO nach Aktenlage nicht offensichtlich ist, gehört zur formgerechten Anbringung des Wiedereinsetzungsantrags, dass der Antragsteller mitteilt, wann das Hindernis, das der Fristwahrung entgegenstand, weggefallen ist (BGH, Beschlüsse vom 26. Februar 1991 – 1 StR 737/ 90, BGHR StPO § 45 Abs. 2 Tatsachenvortrag 7 m.w.N., und vom 5. August 2010 – 3 StR 269/10, NStZ-RR 2010, 378 m.N.). Dies gilt selbst dann, wenn der Verteidiger ein eigenes Verschulden geltend macht, das dem Angeklagten nicht zuzurechnen wäre (BGH, Beschluss vom 4. August 2010 – 2 StR 365/10). „

Ergebnis: Wiedereinsetzungsantrag unzulässig und damit auch die Revision nicht fristgemäß begründet mit der Folge: Verwerfung nach § 349 Abs. 1 StPO. Das muss der Verteidiger seinem Mandanten dann jetzt mal erklären.