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Vollzug II: Treulich ausgeführt zur Bruderhochzeit?, oder: Was schert die JVA Burg die Auffassung der StVK?

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Die zweite Entscheidung kommt – wie gesagt – auch vom OLG Naumburg.

Es handelt sich um den OLG Naumburg, Beschl. v. 18.06.2024 – 1 Ws 254/24 RB-Vollzug. In der Entscheidung hat das OLG noch einmal wegen einer Genehmigung zur Ausführung eines Strafgefangenen aus wichtigem Anlass, nämlich der Hochzeit des Bruders, Stellung genommen.

Die JVA Burg hatte diesen Antrag zunächst am 06.03,2024 mündlich abgelehnt, Die StVK hatte am  27.03.2024 die Ablehnungsentscheidung aufgehoben und die Sache zur Neubescheidung über den Ausführungsantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer, wonach der Anwendungsbereich des § 46 JVollzGB I LSA eröffnet sei, da es sich bei der Hochzeit des Bruders um einen wichtigen Anlass im Sinne dieser Vorschrift handele, zurückverwiesen. Die JVA Burg lehnte den Ausführungsantrag dann am 11.04. 2024 erneut ab, da es sich bei der Hochzeit des Bruders des Antragstellers nicht um einen wichtigen Anlass im Sinne des § 46 JVollzGB I LSA handele.

Hiergegen wandte sich der Antragsteller dann mit einem erneuten Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 12.04.2024, beim LG eingegangen am 15.04.2024. Auf diesen Antrag hob das LG mit einem ersichtlich fälschlich auf den 24.03.2024 datierten, tatsächlich am 24.04.2024 erlassenen Beschluss die Entscheidung der JVA Burg vom 11.04.2024 auf und verpflichtete diese, den Antragssteller zur Hochzeit seines Bruders auszuführen. Gegen den ihr am 24.04.2024 zugestellten Beschluss wendet sich die JVA Burg dann mit ihrer Rechtsbeschwerde vom 24.05.2024, die am selben Tag beim LG einging und mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das OLG hat die Rechtsbeschwerde als unzulässig angesehen bzw. ansehen müssen:

„Die form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde ist unzulässig.

Mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung begehrte der Antragsteller die Ausführung zur Hochzeit seines Bruders. Diese Hochzeit hat jedoch bereits am 4. Mai 2024 stattgefunden. Damit hatte sich der Verfahrensgegenstand nach der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer, aber vor Einlegung der Rechtsbeschwerde erledigt. In diesem Fall ist die Rechtsbeschwerde unzulässig (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 12. Dezember 2019 – 2 Ws 172/19 Vollz –, Rn. 16; Arloth in Arloth/Kräh, StVollzG, 5. Auflage, § 116 Rn. 2).

Ergänzend merkt der Senat an, dass entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin durch die rechtskräftige Entscheidung der Strafvollstreckungskammer vom 27. März 2024, mit der die Beschwerdeführerin unter Beachtung der Rechtauffassung der Kammer zur Neubescheidung verpflichtet wurde, im Hinblick auf diese Rechtsauffassung Bindungswirkung eingetreten ist (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 12. April 2021 – 2 Ws 167/20 Vollz –, Rn. 26, zitiert nach juris). Die Beschwerdeführerin wäre daher verpflichtet gewesen, bei ihrer erneuten Entscheidung über den Ausführungsantrag die Auffassung der Strafvollstreckungskammer, es handele sich bei der Hochzeit des Bruders um einen wichtigen Anlass im Sinne des § 46 JVollzGB I LSA, zugrunde zu legen.“

Das Verhalten/die Vorgehensweise der JVA Burg ist schon – gelinde ausgedrückt – „keck“. Denn: Da kassiert man sofort wegen der Ablehnung eine Abfuhr bei der StVK und soll „unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer“ neu entscheiden, was man aber offenbar nicht tut, sondern den Antrag erneut ablehnt. Als dann das passiert, was passieren musste, nämlich auf Antrag des Gefangenen eine erneute Abfuhr, nimmt man das nicht hin, sondern geht in die Rechtsbeschwerde. Die legt man aber nicht so zeitig ein, dass noch vor dem Ereignis, für das die Ausführung beantragt worden ist, entschieden werden kann. Nein, man wartet – genüsslich? – einen Monat und legt dann Rechtsbeschwerde ein. Deren Unzulässigkeit nimmt man – offenbar gern – in Kauf. Hat man doch das Ziel: Nämlich keine Ausführung des Gefangenen zur Hochzeit seines Bruders erreicht. Dass man dadurch die Rechte des Gefangenen missachtet und zu Lasten der Landeskasse auch noch unnötige Kosten verursacht hat, nimmt man in Kauf. Man ist ja mit dem Kopf durch die Wand.

Wie gesagt: Gelinde ausgedrückt – „keck“. Mir fielen noch andere Bezeichnungen ein. Aber die verkneife ich mir lieber.

„Menschenverachtend“? – keine Ausführung zum lebensgefährlich erkrankten Vater

© frank peters - Fotolia.com

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Mit manchen obergerichtlichen Beschlüssen habe ich Probleme bzw. mit den ihnen zugrunde liegenden Entscheidungen der Instanzen. So ist es mir auch beim Lesen des OLG Celle, Beschl. v. 04.09.2013 – 1 Ws 337/13 (StrVollz) – gegangen, der die Ausführung eines Strafgefangenen aus wichtigem Grund behandelt.

Das OLG geht von folgendem Sachverhalt aus: „Der Antragsteller verbüßt derzeit wegen Mordes eine lebenslange Freiheitsstrafe. 15 Jahre wird er im Juni 2024 verbüßt haben. Weil sein Vater schwer erkrankt und dessen Lebenserwartung nicht sicher abzusehen war, gestattete die Antragsgegnerin dem Antragsteller im September 2012 aus wichtigem Grund eine Ausführung, die beanstandungsfrei verlief. Einen erneuten Antrag auf eine entsprechende Ausführung hat die Antragsgegnerin abgelehnt und hierzu ausgeführt, seit der Ausführung im September 2012 habe sich der Zustand des Vaters nicht verschlechtert, weshalb ein wichtiger Grund im Sinne von § 14 NJVollzG nicht vorliege. Kontakt zum Vater könne der Antragsteller auch durch Briefe oder telefonisch pflegen. Zudem stehe eine Entlassung aus dem Strafvollzug voraussichtlich nicht vor Juni 2024 an, so dass der Vater dann bereits verstorben sein dürfte; von daher sei die Bedeutung einer Ausführung vor dem Hintergrund der Resozialisierung zu relativieren.“ Sorry, aber wie muss ich das den verstehen? Weil der Vater eh im Juni 2014 wahrscheinlich tot ist, gibt es keine Ausführung? Da liegt das Argument, dass der Verteidiger dagegen gebracht – nämlich „menschenverachtend“ nicht so weit weg.

Darauf stellt das OLG aber nicht ab, sondern geht einen anderen Weg:

„2. Aber auch soweit die Kammer das Vorliegen eines wichtigen Anlasses verneint, hält dies im Rahmen voller gerichtlicher Nachprüfbarkeit einer Nachprüfung durch den Senat nicht stand. Insofern steht vielmehr zu besorgen, dass die Antragsgegnerin – und nachfolgend die Strafvollstreckungskammer – den Begriff des wichtigen Anlasses im Sinne von §§ 14 NJVollzG, 35 StVollzG verkannt hat. Das Gesetz selbst nennt als wichtigen Anlass eine lebensgefährliche Erkrankung eines Angehörigen. Eine solche liegt in der Person des Vaters des Antragstellers offenkundig vor – was Anlass bot, dem Antragsteller im September 2012 aus wichtigem Anlass eine entsprechende Ausführung zu bewilligen. Das Vorliegen einer lebensbedrohlichen Erkrankung kann nunmehr aber nicht mit der Erwägung verneint werden, der Zustand des Vaters habe sich seit der letzten Ausführung nicht wesentlich verändert – zumal ausweislich des vom Antragsteller vorgelegten Attests die Lebenserwartung nach wie vor stark eingeschränkt ist. Das Attest teilt hierzu mit, ein plötzliches Ableben sei bei auch nur geringer Verschlechterung einer Komponente der Multimorbidität zu erwarten. Ein lebensbedrohlicher Zustand liegt also weiterhin dem Grunde nach vor. Alles Weitere ist keine Frage des wichtigen Anlasses, sondern kann erst und nur auf Rechtsfolgenseite im Rahmen der vorzunehmenden Ermessensentscheidung Berücksichtigung finden.

Nun, ein kleiner Stückchen weiter ist der Inhaftierte damit, am Ziel aber noch nicht…

Um Kommentaren vorzubeugen: Ich habe nicht übersehen, dass das OLG auf den erheblichen personellen Aufwand hinweist, den die Ausführung des Gefangenen ggf. verursacht. Vermutlich lebt der Vater in Tschetschenien. Das ändert aber an der „Macke“ in der Argumentation der StVK und der JVA nicht.