© Timur Emek/dapd
Lange war es einigermaßen ruhig um den ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wullf, auch in den Blogs; der letzte Beitrag zu Christian Wulff datiert m.E. vom 13.01.2013 (vgl. hier). Nun geht es aber sicher wieder los, wenn auch die Meldungen über das „Einstellungsangebot“ der Staatsanwaltschaft Hannover nicht mehr die ersten Seiten der Tagespresse beherrschen, sondern weit(er) nach hinten gerutscht sind (in den „Westfälischen Nachrichten“ reichte es gerade noch für ein paar Zeilen auf der Seite 2 unter der Rubrik „Menschen“).
Es liegt also nun das „Angebot“ an den ehemaligen Bundespräsidenten auf dem Tisch: 20.000 € für eine Einstellung nach § 153a StPO und dann sind auch die Vorwürfe wegen „Vorteilsannahme“ vom Tisch. Mehr ist nämlich nicht geblieben am Ende eines umfangreichen Ermittlungsverfahrens, in dem 90 Zeugen vernommen worden sein sollen, als der Vorwurf der Vorteilsannahme wegen des Hotelupgrades in München. Es geht also noch um 770 € für zwei Übernachtungen (vgl. hier u.a. aus Zeit-online).
Ganz schön teures Upgrade für Christian Wullf, zu dem er bis zum 08.04.2013 eine Entscheidung treffen soll. Und die möchte ich nicht treffen müssen, ebenso möchte ich ihm nicht raten müssen, wie man sich verhält. Denn:
- Sicher, überall heißt es: Dann sind die Vorwürfe endgültig vom Tisch – juristisch. Aber: Der „Makel“, nicht frei gesprochen worden zu sein, bleibt. Ich brauche an der Stelle jetzt keinen Kommentar dahin, dass es nach der Rechtsprechung des BVerfG bei einer Einstellung nach § 153a StPO nicht zu einer endgültigen Schuldfeststellung kommt. Das weiß ich – und das wissen Christian Wulff und seine Verteidiger auch. Aber wie sagten schon die (alten) Römer: Semper aliquid haeret.
- Und: Die Einstellung nach § 153a StPO setzt zumindest einen hinreichenden Tatverdacht voraus, sonst kann das „Angebot“ nicht gemacht werden. Also wird man sich als Beschuldigter immer damit auseinander setzen müssen, dass „irgendetwas dran“ war, denn sonst hätte die Staatsanwaltschaft ja nicht § 153a StPO angeboten. Und das ist mehr als man bei Zeit-Online meint: „Die Zahlung impliziere lediglich die Übernahme der strafrechtlichen Verantwortung für den hinreichenden Tatverdacht, also für den Beginn der Ermittlungen, die letztlich zu Wulffs Rücktritt geführt hatten…“ Der Beginn der Ermittlungen setzt keinen „hinreichenden Tatverdacht“ voraus, sondern einen Anfangsverdacht. Jetzt ist man schon eine Stufe weiter und bejaht im Grunde die Voraussetzungen für eine Anklageerhebung, also den „genügenden Anlass“ i.S. des § 170 Abs. 2 StPO. Von der Anklage wird (nur) abgesehen, weil man meint, dass sich das öffentliche Interesse an der Anklageerhebung durch die Erfüllung der Geldauflage ausräumen lässt. Allerdings: Das klang hier noch anders (“Affäre um Hotelrechnungen: Wulff bleibt Korruptionsprozess wohl erspart”).
- Und zum öffentlichen Interesse: Besteht wirklich kein „öffentliches Interesse an der Strafverfolgung“, was ja auch impliziert, dass die Vorwürfe, die noch verblieben sind in öffentlicher Hauptverhandlung geklärt werden?
Das alles sind Fragen, mit denen sich Christian Wulff und seine Verteidiger befassen müssen. Dazu dann auch noch die allgemeine Frage, ob man sich denn eine öffentliche Hauptverhandlung antun will, zwar mit der Chance eines Freispruchs – aber was ist der (noch) wert und was ist er wert, wenn er nach wochen- oder monatelanger Hauptverhandlung (90 Zeugen!!) kommt und bis dahin die Sau wieder durchs Dorf getrieben worden ist. Wie gesagt: Ich möchte nicht in Christian Wulffs Haut stecken und mich (richtig) entscheiden müssen.
Allerdings: Wie man es dreht und wendet: Es bleibt jedenfalls ein teures Upgrade.