Und als zweite Entscheidung dann der BayObLG, Beschl. v. 11.09.2020 – 201 ObOWi 1109/20. Er bringt nichts wesetnliche Neues, sondern bestätigt nur noch einmal eine Frage, in der sich die Rechtsprechung der OLG aber einig ist. Nämlich: Der Umstand, dass im Bußgeldbescheid die Schuldform nicht angegeben ist, hat zur Folge, dass vom Vorwurf fahrlässigen Handelns auszugehen ist und ggf. in der Hauptverhandlung ein Hinweis nach § 265 StPO erteilt werden muss, wenn wegen Vorsatz verurteilt werden soll.
„Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, weil es geboten ist, das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben (§ 80 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 OWiG).
Die Verfahrensrüge, das Gericht habe einen rechtlichen Hinweis dahingehend unterlassen, dass es möglicherweise von vorsätzlichem Verhalten des Betroffenen ausgehe, ist zulässig und auch begründet. Weder der Betroffene noch sein Verteidiger waren auf diese Möglichkeit hingewiesen worden und hatten insoweit Gelegenheit, ihr prozessuales Verhalten auf die neue Situation einzustellen. Dieses Vorgehen verletzt zugleich den Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör.
1. Der Umstand, dass im Bußgeldbescheid die Schuldform nicht angegeben war, hatte zur Folge, dass vom Vorwurf fahrlässigen Handelns auszugehen war (BayObLG DAR 1988, 368, 369; OLG Bamberg, Beschl. v. 02.05.2017 — 2 Ss OWi 293/17 = DAR 2017, 383 m.w.N.), zumal sich die Zentrale Bußgeldstelle mit ihrer Rechtsfolgenentscheidung ersichtlich an dem für Fahrlässigkeits-delikte (§ 1 Abs. 2 Satz 2 BKatV) geltenden Regelsatz der Nr. 17 BKat orientiert hatte. Ohne vor-hergehenden Hinweis über die Veränderung der Schuldform durfte der Betroffene nicht wegen einer vorsätzlichen Tat verurteilt werden (BayObLG a.a.O.; OLG Bamberg a.a.O.).
2. Ein Hinweis dahingehend, dass die Verurteilung wegen einer vorsätzlich begangenen Tat erfolgen könne, ist ausweislich der Verfahrensakte und des Hauptverhandlungsprotokolls weder dem Betroffenen selbst noch dessen Verteidiger erteilt worden, insbesondere auch nicht in der Haupt-verhandlung, in der weder der Betroffene noch der Verteidiger anwesend waren. Mangels eines entsprechenden Hinweises musste der Betroffene nicht davon ausgehen, dass das Gericht eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Tatbegehung in Erwägung zog.“