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Trennungsvermögen fehlt ab 1 ng/ml THC-Konzentration, oder: Das haben wir schon immer so gemacht

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Im Kessel Buntes heute dann zwei verwaltungsgerichtliche Entscheidung mit verkehrsrechtlichem Einschlag. Zunächst kommt der VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 03.01.2019 – VGH 10 S 1928/18, den mir der Kollege Urbanzyk aus Coesfeld vor einiger Zeit geschickt hat. Ergangen in einem Widerspruchsverfahren betreffend die Entziehung der Fahrerlaubnis. Es geht noch mal/mal wieder um den „Grenzwert“ betreffend das sog. Trennungsvermögen. Der VGH hält an der alten Rechtsprechung fest:

1. Der Senat geht trotz der neuen Empfehlungen der Grenzwertkommission vom September 2015 (Blutalkohol 2015, 322) nach wie vor bereits ab einer festgestellten THC-Konzentration von 1 ng/ml im Blutserum von einem fehlen­den Trennungsvermögen im Sinne der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV aus (vgl. Senatsbeschlüsse vom 07.03.2017 – 10 S 328/17VRS 132, 87 und vom 22.07.2016 – 10 S 738/16VRS 130, 272). Entscheidend ist insoweit – wie das Verwaltungsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat (Beschlussabdruck, S. 5 f.) -, dass es sich hierbei um einen Risikogrenzwert handelt (vgl. BVerwG, Be­schluss vom 23.10.2014 – 3 C 3.13NJW 2015, 2439) und Verkehrsbeeinträch­tigungen sowie damit verbunden eine Gefährdung höchstrangiger Rechtsgüter auch nach Auffassung der Grenzwertkommission bereits ab diesem Wert nicht praktisch ausgeschlossen werden können. Die neueren Empfehlungen der Grenzwertkommission, erst ab einer THC-Konzentration von 3 ng/ml im Blutserum vom fehlenden Trennungsvermögen des Cannabiskonsumenten auszugehen, rechtfertigen es deswegen nicht, vom bisherigen Grenzwert abzuweichen (so auch OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 27.06.2018 – 4 MB 45/18 – Blutalkohol 55, 380; SächsOVG, Beschluss vom 12.12.2017 – 3 B 282/17 – Blut­alkohol 55, 266; OVG Hamburg, Beschluss vom 15.11.2017 – 4 Bs 180/17 ­VRS 132, 140; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 06.09.2017 – 3 M 171/17 ­Blutalkohol 55, 85; HessVGH, Beschluss vom 17.08.2017 – 2 B 1213/17 – Blut­alkohol 54, 390; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.03.2017 – 16 A 432/16 – Blutalkohol 54, 328; BayVGH, Beschluss vom 23.05.2016 – 11 CS 16.690 – VRS 130, 164).

2. Bis zur grundsätzlichen Klärung im anhängigen Revisionsverfahren hält der Senat jedenfalls im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes an seiner Recht­sprechung fest, derzufolge bei einem Betroffenen, der gelegentlich Cannabis konsumiert, die Kraftfahreignung nach Nummer 9.2.2 der Anlage 4 der FeV be­reits dann fehlt, wenn eine Fahrt mit einer THC-Konzentration ab 1,0 ng/ml im Blutserum belegt ist (vgl. hierzu bereits Senatsbeschluss vom 07.03.2017, a.a.O.). Die systematischen Erwägungen, mit denen der Bayerische Verwal­tungsgerichtshof dem entgegengetreten ist, zwingen nicht zu einer Abkehr von dieser Rechtsansicht, die von den anderen Obergerichten noch immer ganz überwiegend geteilt wird (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 31.08.2018 – 3 M 290/18 – Blutalkohol 55, 449; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 27.06.2018, a.a.O.; OVG Bremen, Beschluss vom 30.04.2018 – 2 75/18 – VRS 134, 31; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 01.03.2018 – 10 10060/18 – VRS 133, 47; SächsOVG, Beschluss vom 26.01.2018 – 3 B 384/17 – VRS 133, 44; HessVGH, Beschluss vom 21.09.2017 – 2 D 1471/17 ­VRS 132, 79; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.06.2017 – 1 S 27.17 – juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.03.2017, a.a.O.; NdsOVG, Beschluss vom 07.04.2017 – 12 ME 49/17 – Blutalkohol 54, 274). So verbleibt für § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV auch danach ein Anwendungsbereich. Es fehlt überdies an Anhaltspunkten dafür, dass der Verordnungsgeber eine völ­lige Gleichbehandlung von Cannabis- und Alkoholkonsum beabsichtigt hätte oder eine solche zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen erforderlich sein könnte.“

Haben wir schon immer so gemacht.

Achtung!!! Auch bei (vielen) Parkverstößen MPU!!

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Als „Verkehrsrechtler“ kann man dem Mandanten, der mit einem Bußgelbescheid wegen eines Parkverstoßes in die Praxis kommt, am Ende der Beratung/des Mandats nur sagen: Nun aber Achtung/Vorsicht, denn nach dem VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 20.11.2014 – 10 S 1883/14 – droht ggf. – bei einer Vielzahl von Verstößen – die MPU. Ist sicherlich außergewöhnlich, war aber auch ein außergewöhnlicher Sachverhalt, der dem Verfahren zugrunde gelegen hatte. Der Antragsteller hatte in dem Zeitraum von Januar 2004 bis Mai 2010 in mindestens 151 Fällen Verstöße gegen Vorschriften des ruhenden Verkehrs begangen, zu denen besonders häufig das Parken im Halteverbot und auf Gehwegen gehörte, aber auch Parkverstöße in einer Feuerwehreinfahrt, auf einem Radweg, in weniger als 5 Meter Abstand zu einer Kreuzung, auf Behindertenparkplätzen, in zweiter Reihe und in Fußgängerbereichen. Die Verkehrsverstöße erfolgten zeitweise in einer dichten Abfolge; der Antragsteller hat in einzelnen Fällen mehrere Verwarnungen an demselben Tag erhalten. Die überwiegende Zahl der festgestellten Verstöße ist allerdings wegen der Höhe der Verwarnungs- oder Bußgelder nicht in das Verkehrszentralregister eingetragen worden und damit nicht mit Punkten bewertet.

Der VGH hat die Auffassung des VG, das mit der Verwaltungsbehörde von einem Eignungsmangel ausgegangen war. Dazu die amtlichen Leistätze der Entscheidung:

„Bedenken gegen die Kraftfahreignung können ausnahmsweise jedenfalls dann auch durch die langjährige und hartnäckige Begehung einer Vielzahl von Verkehrsordnungswidrigkeiten entstehen, die nicht mit Punkten bewertet sind (hier: Parkverstöße), wenn sich darin in Verbindung mit einschlägigen Eintragungen im Fahreignungsregister eine verfestigte gleichgültige Grundeinstellung gegenüber Verkehrsvorschriften jedweder Art offenbart.

Für die Einschätzung, ob häufige Verkehrsverstöße im Bagatellbereich die Anordnung der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens rechtfertigen, kommt es auf eine einzelfallbezogene Gesamtbewertung aller eignungsrelevanten Umstände an. Dies schließt es aus, der Häufigkeit von geringfügigen Verkehrsverstößen im Sinne einer Faustformel nur dann eine Aussagekraft zuzuerkennen, wenn im Jahresdurchschnitt nahezu wöchentlich ein geringfügiger Verkehrsverstoß zur Anzeige gelangt (entgegen OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.10.2008 -1 M 10.08 -).“

Und zu dem Einwand: Nicht wöchentlich, sondern nur zweimal/Monat, wird ausgeführt:

„Der Einwand der Beschwerde, der Antragsteller sei nicht wöchentlich – wie es das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg für begründete Eignungsbedenken verlange -, sondern im Durchschnitt nur zweimal pro Monat zur Anzeige gelangt, greift nicht durch. Der Senat teilt nicht die Auffassung, dass der Häufigkeit von geringfügigen Verkehrsverstößen im Sinne einer Faustformel nur dann eine Aussagekraft zuzuerkennen ist, wenn im Jahresdurchschnitt nahezu wöchentlich ein geringfügiger Verkehrsverstoß zur Anzeige gelangt (so OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.10.2008 -1 M 10.08 -a.a.O., ähnlich Beschluss vom 10.12.2007 – 1 S 145.07 – a.a.O.). Abgesehen von der allgemein bekannten erheblichen Dunkelziffer bei der Begehung von Verkehrsordnungswidrigkeiten, kommt es für die Feststellung, ob dem Verkehrsverhalten des Betroffenen bereits ein solches Gewicht zukommt, dass Bedenken gegen seine charakterliche Eignung begründet sind, auf eine Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Umstände an. Auch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat verdeutlicht, dass im Einzelfall auch eine geringere Zahl geringfügiger Verstöße über einen verhältnismäßig längeren Zeitraum genügen kann, um die Eignung als fehlend zu bewerten oder zumindest als aufklärungsbedürftig anzusehen (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.12.2007 – 1 S 145.07 – […] Rn. 5). Im vorliegenden Fall spricht jedenfalls die besonders verfestigte Fehleinstellung zur Straßenverkehrsordnung, die der Antragsteller nach seinem Gesamtverhalten seit vielen Jahren zeigt, in Verbindung mit den gewichtigen, im Fahreignungsregister dokumentierten Indizien dafür, dass er auch im fließenden Verkehr die Straßenverkehrsordnung nicht hinreichend beachtet, gegen die oben dargestellte Durchschnittsbetrachtung.“

Allerdings: „ mit den gewichtigen, im Fahreignungsregister dokumentierten Indizien“ – da scheint dann noch mehr als nur notorisches Falschparken vorgelegen zu haben,

Das ungeliebte Fahrtenbuch: Der Fahrer aus Japan – sieht er „japanisch“ aus?

entnommen openclipart.org

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Die Fahrtenbuchauflage nach § 31a StZO ist unbeliebt, vor allem deshalb, weil sie Arbeit macht. Deshalb wird im Verwaltungsrecht an der Stelle und dagegen heftig gekämpft, was auch die Vielzahl der zu § 31a StZO veröffentlichten Entscheidungen der OVG/VGH und auch VG zeigt. In die Reihe gehört auch der VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 21.07.2014 – 10 S 1256/13 -, der einige Frage noch einmal behandelt – Verwertbarkeit des Messergebnisses aus dem Bußgeldverfahren, Unmöglichkeit der Feststellung des verantwortlichen Fahrzeugführers und Fragen der Ermessensausübung. Im Zusammenhang mit der Frage ausreichender Ermittlungen durch die Verwaltungsbehörde behandelt der Beschluss dann einen Klassiker, nämlich den vom Betroffenen angegebenen Fahrer im Ausland, hier war es Japan. Damit setzt sich der VGH u.a. wie folgt auseinander:

„Die vage bleibende Angabe der „Zuordnung“ ohne Benennung des Fahrers – erst im vorliegenden gerichtlichen Verfahren vermischt der Kläger „Zuordnung“ und Fahrerbenennung – war insoweit unergiebig, insbesondere nicht geeignet, die Aufsichts- und Dokumentationsobliegenheit des Klägers bezüglich der Fahrzeugnutzung zu relativieren. Dass es sich vor dem Hintergrund der von der Beklagten in der Klageerwiderung plausibel dargelegten schwierigen und zeitaufwendigen Realisierbarkeit von Ermittlungs- und Verfolgungsmaßnahmen in Japan um eine zielgerichtete – der Bußgeldbehörde einen Verfolgungsverzicht nahelegende Schutzbehauptung handelte, lag nicht zuletzt deshalb nahe, weil der Kläger den ihm zugesandten, entgegen seiner Behauptung mit einem Fahrerlichtbild versehenen Anhörungsbogen nicht zurückgesandt hat und die Benennung des Japaners auch schon viel früher möglich gewesen wäre. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang meint, die Bußgeldbehörde hätte sich an die angegebene japanische (Firmen-) Adresse wenden und damit eine „Hemmung“ der Verfolgungsverjährung herbeiführen sowie sich hinreichend Zeit zur weiteren Aufklärung verschaffen können, verkennt er, dass es der Bußgeldbehörde nicht angesonnen werden kann, auf völlig ungewisser Tatsachengrundlage hinsichtlich der Täterschaft gewissermaßen ins Blaue hinein verjährungsunterbrechende Maßnahmen wie die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen Personen einzuleiten, deren Täterschaft fernliegend ist – wie hier auf Grund der vom Kläger nicht in Zweifel gezogenen Einschätzung der Bußgeldbehörde, dass das Fahrerlichtbild keine Ähnlichkeit mit einer japanischen Person des vom Kläger angegebenen Namens aufwies (vgl. auch Senatsbeschluss vom 24.05.2012 – 10 S 2722/11 -).“

Tja, wenn schon, denn schon = wenn schon ein Fahrer aus Japan gefahren sein soll, dann sollte das Lichtbild, das vom Verkehrsverstoß vorliegt und sich in den Akten befindet, auch eine „japanisch aussehende Person“ aufweisen. Sonst scheitert das „Verteidigungsvorbingen“ mit Sicherheit.

Nichts Neues nach der Punktereform/dem FAER – weiterhin kein Ermessen bei der Entziehung der Fahrerlaubnis

© sashpictures - Fotolia.com

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Ups, das ging aber schnell, habe ich gedacht, als ich Ende der vergangenen Woche auf den VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 03.06.2014 – 10 S 744/14 – gestoßen bin, der (bereits) zum neuen Fahreignungsregister (FAER) Stellung nimmt. Gerade mal einen Monat nach Inkrafttreten der „Punktereform“ am 01.05.2014 die – m.E. erste – bekannt gewordene – Entscheidung. Und da will ich mal eben so schnell sein und den Beschluss dann gleich hier einstellen. Er führt einiges zur Übergangsregelung aus und vor allem auch dazu, ob der Verwaltungsbehörde auf der sog. dritten Maßnahmestufe – Entziehung der Fahrerlaubnis – Ermessen zusteht. Das wird – wie auch schon zur alten Regelung verneint:

„3. Nach alldem hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG a.F. zwingend ohne Ermessensbetätigung zu entziehen. Das im Zeitpunkt der Entziehungsverfügung geltende Fahrerlaubnisrecht beurteilt einen mehrfach auffällig gewordenen Fahrerlaubnisinhaber kraft Gesetzes als eine nicht mehr hinnehmbare Gefahr für den Straßenverkehr und damit unwiderleglich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, wenn er trotz der vorgeschalteten Maßnahmen nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 StVG a.F. Verkehrszuwiderhandlungen begangen hat, die im Verkehrszentralregister mit 18 oder mehr Punkten zu erfassen sind. Diese unwiderlegliche gesetzliche Ungeeignetheitsvermutung mit der zwingenden Folge der Entziehung der Fahrerlaubnis bei dem genannten Punktestand wird damit begründet, dass die weitere Teilnahme von solchen Kraftfahrern am Straßenverkehr, die trotz Hilfestellung durch Aufbauseminare und gegebenenfalls durch vorausgegangene verkehrspsychologische Beratung sowie trotz Bonus-Gutschriften und der Möglichkeit von zwischenzeitlichen Tilgungen im Verkehrszentralregister 18 oder mehr Punkte erreichen, für die übrigen Verkehrsteilnehmer eine Gefahr darstellen. Dabei fällt insbesondere ins Gewicht, dass es sich um Kraftfahrer handelt, die eine ganz erhebliche Anzahl von noch nicht getilgten Verkehrsverstößen, die im Verkehrszentralregister erfasst sind bzw. nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem zu speichern sind, begangen haben (vgl. hierzu die Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze vom 07.02.1997, BT-Drs. 13/6914, S. 50; zu diesem Normzweck auch Beschluss des Senats vom 07.12.2010 – 10 S 2053/10VBlBW 2011, 194 m.w.N.).

An dieser gesetzgeberischen Wertung hat sich auch durch die Einführung des Fahreignungs-Bewertungssystems, das neben der Vereinfachung des Punktsystems auch der Erhöhung der Verkehrssicherheit dienen soll (vgl. BT-Drs. 17/12636 S. 17), nichts geändert. Auch nach der gesetzlichen Neuregelung ist auf der dritten Maßnahmestufe die Fahrerlaubnis zwingend zu entziehen, ohne dass der Fahrerlaubnisbehörde ein Ermessen eingeräumt ist (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG n.F.). Der Fahrerlaubnisinhaber gilt unwiderleglich als ungeeignet, wenn er trotz Durchlaufens der ersten und zweiten Maßnahmenstufen nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 und 2 StVG n.F. – wie etwa Ermahnung und Verwarnung – und trotz der Möglichkeit der Tilgung so viele fahreignungsrelevante Straftaten oder verkehrssicherheitsbeeinträchtigende Ordnungswidrigkeiten begangen hat, dass er acht und mehr Punkte erreicht (vgl. zum Ganzen BT-Drs. 17/12636 S. 17, S. 41).“

Fahrtenbuchauflage (auch) für den Fahrschulwagen

entnommen wikimedia.org Urheber:  Wiki-text

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Der VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 04.12.2013 – 10 S 1162/13 – behandelt (mal wieder) die (ungeliebte) Fahrtenbuchauflage (§ 31a StVZO). Sie bringt an sich nichts wesentlich Neues. Denn, dass bei einem Geschwindigkeitsverstoß von 21 km/h innerorts eine Fahrtenbuchauflage gerechtfertigt ist, haben wir auch schon in anderen Entscheidungen gelesen. Und auch die Ausführungen des VGH zum erforderlichen Umfang der Bemühungen der Verwaltungsbehörde zur Feststellung des verantwortlichen Fahrzeugführers und wann diese unmöglich sind/waren, sind nicht neu.

Interessant sind dann aber die Ausführungen zur Ermessensbetätigung der Verwaltungsbehörde:

„2. Entgegen der Auffassung der Beschwerde begegnet auch die – freilich knapp zum Ausdruck gebrachte – Ermessensbetätigung des Antragsgegners keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Dass eine Geschwindigkeitsüberschreitung um 21 km/h einen hinreichend gewichtigen Verkehrsverstoß darstellt, um eine Fahrtenbuchauflage für die Dauer eines Jahres zu rechtfertigen, hat das Verwaltungsgericht bereits zutreffend dargelegt.

Mit ihrem Beschwerdevorbringen, die mit der Fahrtenbuchauflage für ein Fahrschulfahrzeug einhergehende, wegen des damit verbundenen höheren Dokumentationsaufwands stärkere Belastung habe der Antragsgegner bei seiner Entscheidung nicht hinreichend Rechnung getragen, wird kein Ermessensfehler aufgezeigt. Bei einem Fahrschulwagen besteht durchaus ein erhöhtes öffentliches Interesse daran, den Fahrzeugführer nach einem groben Verkehrsverstoß zu ermitteln, weshalb sich die Erteilung einer Fahrtenbuchauflage der Behörde in einem solchen Fall geradezu aufdrängen wird. Wurde die Zuwiderhandlung von einem Fahrschüler begangen, so können Vorfälle dieser Art Bedenken gegen die fachliche Eignung des Fahrlehrers begründen, der für die Führung des Fahrzeugs verantwortlich ist; die Antragstellerin weist in diesem Zusammenhang selbst richtigerweise darauf hin, dass gemäß § 2 Abs. 15 StVG der Fahrlehrer als Führer des Fahrzeugs gilt. Zu Erwägungen in Bezug auf die fachliche Eignung des Fahrlehrers besteht überdies besonderer Anlass dann, wenn der Fahrlehrer selbst den Verkehrsverstoß begangen hat. Hiernach kann keine Rede davon sein, dass der Einsatz eines Fahrzeugs als Fahrschulwagen bei der zu treffenden Ermessensentscheidung privilegierend zu berücksichtigen wäre (vgl. dazu bereits Senatsurteil vom 03.05.1984 – 10 S 447/84 -, VBlBW 1984, 318).

Schließlich musste der Antragsgegner auch nicht deswegen von der Verhängung einer Fahrtenbuchauflage absehen, weil die Antragstellerin nach ihrem Vortrag mit ihren Fahrzeugen noch nicht verkehrsauffällig geworden sein mag. Es hätte ihr freigestanden, die verantwortliche Fahrerin zu benennen und damit die Auferlegung der Führung eines Fahrtenbuchs zu vermeiden. Ein „doppeltes Recht“, nach einem Verkehrsverstoß einerseits im Bußgeldverfahren die Aussage zu verweigern und zugleich trotz fehlender Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers auch von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben, besteht nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung nicht (vgl. nur Senatsbeschluss vom 30.11.2010 – 10 S 1860/10 -, NJW 2011, 628 m.w.N.).“

Und: Ceterum censeo: Hier geht es zur Abstimmung Beste Jurablogs Strafrecht 2014 – wir sind dabei, die Abstimmung läuft…