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Die Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Terminsgebühr für Gespräch mit dem StA?

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Mit dem Posting: Ich habe da mal eine Frage: Terminsgebühr für Gespräch mit dem StA? habe ich vor einigen Tagen die neue Reihe zu RVG-Fragen eröffnet, über die ich in Zukunft immer mal wieder diskutieren (lassen) will. Nun ja, Gott sei Dank, es sind auch zwei Antworten eingegangen, die zu der angesprochenen Problematik Stellung genommen haben, ob es nämlich für ein Gespräch, das der Verteidiger mit einem Staatsanwalt führt, ggf. eine (Vernehmungs)Terminsgebühr Nr. 4102 VV RVG gibt? Der Kollege, der mir die Frage gestellt hatte, hatte darauf hingewiesen, dass es sich bei einem solchen „Gespräch“ auch um eine Vernehmung des Beschuldigten handelt, wenn er als Verteidiger über eine Vertretungsvollmacht verfügt. Der Beschuldigte werde bei der Vernehmung durch ihn vertreten.

Nun, wäre schön, aber: M.E. entsteht eine Terminsgebühr nicht. Es handelt sich nicht um eine Vernehmung i.e.S. der Nr. 4102 VV RVG. Gemeint sind damit nach Sinn und Zweck die „klassischen“ Vernehmungen des Beschuldigten, an denen der Verteidiger als dessen Beistand teilnimmt. Voraussetzung ist im Grunde die Teilnahme von mindestens drei Teilnehmern: Vernommener, Vernehmender und Verteidiger. Daran fehlt es in der Fragestellung. Alle anderen Termine werden über die jeweilige Verfahrensgebühr abgegolten.

Damit haben  die beiden Antwortenden im Ergebnis Recht. Zutreffend ist es auch, wenn sie eine analoge Anwendung der Nr. 4102 VV RVG verneinen. Die ist nicht möglich. Es gibt in der Nr. 4102 VV RVG, die schon eine Ausnahmeregelung ist, einen enumerativen Katalog, wann die Gebühr entsteht. Das lässt sich nicht erweiternd auslegen. Die zitierte Entscheidung des LG Braunschweig ist zwar verteidigerfreundlich, aber falsch.

Ich habe da mal eine Frage: Terminsgebühr für Gespräch mit dem StA?

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Der Kollege vom „Strafraum“ hatte neulich ja ein Rätsel gestellt bzw. ein Spiel gespielt. Schöne Idee, die ich dann aufgreife und mit unserer Serie: „Ich habe da mal eine Frage“ fortsetze. Nun kann man nichts alles abkupfern, aber eine Nische wird es geben, nämlich zum Gebührenrecht. Da habe ich auch schon häufiger Fragen von Kollegen weitergegeben. Und das werde ich dann jetzt regelmäßiger tun, ich will es jedenfalls versuchen.

Starten will ich heute mit einer Frage zur (Vernehmungs)Terminsgebühr Nr. 4102 VV RVG. Der Kollege schildert folgende Situation:

Verfahren mit dem Vorwurf des unerlaubten Entfernens (§ 142 StGB), es ergeht ein § 111a-Beschluß. Der Kollege sieht von der Einlegung einer Beschwerde zunächst ab. Er geht allerdings mit Beschwerde und der Akte in der Hand zum Staatsanwalt, um dort die Sache durchzusprechen und um z.B. Unterlagen von Versicherung vorzulegen zur Schadenshöhe usw. Die Staatsanwaltschaft nimmt dann ihren Antrag zurück – so der Kollege – und der Führerschein ist wieder da.

Frage: Nr. 4102 VV RVG für das Gespräch bei der StA mit dem Staatsanwalt?

Lösungen/Antworten werden gern entgegen genommen. Vielleicht hat ja der ein oder andere Lust, über das Wochenende mit zu denken?

 

Frage: Was bedeutet „Verhandeln“?

GeldsackDas RVG verwendet in Nr. 4102 Ziff. 3 VV RVG bei der Vernehmungsterminsgebühr den Begriff des „Verhandelns“. Danach entsteht die Terminsgebühr (nur) für die Teilnahme an Terminen außerhalb der Hauptverhandlung , in denen über die Anordnung oder Fortdauer der Untersuchungshaft oder der einstweiligen Unterbringung verhandelt wird. Was ist nun ein „Verhandeln“ i.S. dieser Vorschrift. Da gehen die Meinungen auseinander.

Weitgehend einig ist man sich, dass bloß die Verkündung des Haftbefehls, z.B. in einem reinen „Verkündungstermin“ nicht zum Anfall der Gebühr führt, wohl aber die Teilnahme des Verteidigers an einem Haftprüfungstermin. Da scheiden sich dann aber die Geister, wann man es denn mit einem Haftprüfungstermin zu tun hat. Dazu hat jetzt noch einmal das OLG Jena im OLG Jena, Beschl. v. 15.10.2013 – 1 Ws 344/13:

„Nr. 4102 Ziff. 3 VV RVG sieht eine Terminsgebühr (nur) für die Teilnahme an Terminen außerhalb der Hauptverhandlung vor, in denen über die Anordnung oder Fortdauer der Untersuchungshaft oder der einstweiligen Unterbringung verhandelt wird. Ein „Verhandeln“ liegt nicht vor, wenn nur ein Haftbefehl verkündet wird. Reine Haftbefehlsverkündungstermine werden daher nicht gesondert honoriert; vielmehr entsteht eine Terminsgebühr nur, wenn in dem Termin mehr geschehen ist als die bloße Haftbefehlsverkündung (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 31.10.2008, (1) 2 StE 6/07 – 6 (6/07); OLG Hamm, Beschluss vom 27.11.2006, 2 (s) Sbd 9 – 117/06; OLG Hamburg, Beschluss vom 21.02.2006, Ausl 24/05; OLG; Gerold/Schmitt-Burhoff, RVG, 20. Aufl., VV 4102 Rn. 13). Ein „Verhandeln“ über die Anordnung oder Fortdauer der Untersuchungshaft ist insbesondere nicht schon dann gegeben, wenn der Verteidiger dem inhaftierten Angeklagten bei dessen Vorführung vor dem Haftrichter lediglich anrät, keine Angaben zur Sache zu machen und dieser hierauf schweigt (vgl. OLG Hamm a.a.O.). Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss des Landgerichts Meiningen verwiesen.

 Das Landgericht hat im Übrigen zu Recht angenommen, dass die Terminsgebühr auch nicht nach Nr. 4102 Ziff. 1 VV RVG entstanden ist, nach dem eine Terminsgebühr für die Teilnahme an richterlichen Vernehmungen und Augenscheinseinnahmen anfällt. Denn allein das Gewähren von rechtlichem Gehör an einen von der Möglichkeit zur Äußerung keinen Gebrauch machenden Angeklagten macht aus einer Vorführung noch keine „Vernehmung“ (vgl. Gerold/Schmitt-Burhoff, a.a.O. Rn. 9).“

Kann man auch anders sehen – und wird zum Teil in der Rechtsprechung auch anders gesehen.

 

35 Minuten – dafür gibt es auf jeden maximal Fall 137 € – der Hafttermin

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Das RVG sieht in der Nr. 4102, 4103 VV RVG eine sog. (Vernehmungs)Terminsgebühr für einige außerhalb der Hauptverhandlung stattfindende Termine vor. Letztlich sind die Gebühren nicht an besondere Voraussetzungen geknüpft, ausreichend ist – wie bei anderen Terminsgebühren auch – letztlich die Teilnahme des Rechtsanwalts an dem jeweils genannten Termin. Nur bei der Nr. 4203 Ziff. 3 VV RVG muss zusätzlich hinzukommen, dass in dem Hafttermin, um den es da geht , auch „verhandelt“ worden sein muss. Und um die Frage, wann denn „verhandelt“ worden ist bzw. was „Verhandlung“ bedeutet, gibt es immer wieder Streit.

Ausgehen muss man bei der Auslegung der Vorschrift von ihrem Sinn und Zweck. Der Begriff „Verhandeln“ soll verhindern, dass auch bloß kurzfristige Haftbefehlseröffnungen zu einer Terminsgebühr führen. Der Gesetzgeber ist wohl davon ausgegangen, dass Verteidiger nichts anderes zu tun haben, als ggf. an Haftbefehlseröffnungen teilzunehmen, um als Pflichtverteidiger dann später ggf. die Gebühr Nr. 4102, 4103 VV RVG mit einem Festbetrag von max. 137 € (für bis zu drei Termine!!!)  abrechnen zu können. Deshalb entsteht die Gebühr nicht, wenn im Termin lediglich eine Aushändigung und Bekanntgabe, also die Verkündung eines schon bestehenden Haftbefehls gemäß § 114 a StPO, stattfindet. Alles, was darüber hinaus passiert, wird aber i.d.R. zu der Gebühr N.r 4102, 4103 VV RVG führen

So auch der LG Traunstein, Beschl. v.  20.09.2012 – 1 Ks 201 Js. 3874/1 . Da hatte der Termin 35 Minuten gedauert und es ist auch einiges „passiert“ mit der Folge, dass die Gebühr gewährt worden ist.

Insgesamt dauerte der Termin vor der Ermittlungsrichterin des Amtsgerichts Rosenheim 35 Minuten. Schon aufgrund des dargestellten Ablaufs und der Dauer dieses Termins steht für die Strafkammer hier außer Frage, dass ein ‚Verhandeln“ stattfand, das Grundlage für den Erlass des Haftbefehls und für den Beschluss über die Pflichtverteidigerbestellung war. Es fand nicht nur die bloße Aushändigung oder Bekanntgabe eines schon bestehenden Haftbefehls gemäß § 114 a StPO statt, sondern eine Verhandlung mit Anhörung und Antragstellung, deren Ergebnis der Erlass des Haftbefehls (ohne Außervollzugsetzung), also eine Entscheidung über Anordnung und Fortdauer der Untersuchungshaft war. Ein stärker belastendes und bindendes Ergebnis dieser „Verhandlung“ vor der Ermittlungsrichterin ist kaum denkbar.

Insoweit an sich nichts Besonderes. Aber: Das LG setzt sich dann auch noch mit der Frage auseinander, wie es mit mit dem Anfall der Gebühr aussieht, wenn der Beschuldigte im Termin schweigt/sich nicht einlässt. Und die Ausführungen bieten Argumentationshilfe in anderen Fällen:

Der Beschuldigte hatte nach Eröffnung des Tatvorwurfs und nach Belehrung über seine Verfahrensrechte über seinen Verteidiger nicht bloß geschwiegen, sondern die ausdrückliche Erklärung abgegeben, dass er derzeit keine weiteren Angaben mache; damit hat er von einer ihm zuvor eröffneten Möglichkeit, nämlich inhaltlich sich nicht zur Sache zu äußern, Gebrauch gemacht; prozessual hat er sich aber insoweit geäußert,

 Würde an diese dem Beschuldigten frei zur Auswahl stehende Wahlmöglichkeit nachträglich im Wege des Kostenrechts die Folge geknüpft, dass der Verteidiger für die Teilnahme an dem Termin keine Gebühr erhielte, so würde über den Umweg des Kostenrechts Druck auf den Beschuldigten ausgeübt und er in seiner Entscheidungsfreiheit beschränkt, weil ihm wegen der kostenrechtlich nachteiligen Folgen für seinen Verteidiger es zweckmäßiger erscheinen könnte und müsste, sich Inhaltlich zur Sache zu äußern, damit sein Verteidiger keinen Gebührennachteil erleidet Dies würde aber im Widerspruch zu der dem Beschuldigten vorher eröffneten Wahlfreiheit stehen, sich inhaltlich zur Sache zu äußern oder nicht, und dieses Verfahrensgrundrecht („nemo tenetur se ipsum accusare“) aushöhlen.

AG Oschatz: Der Rechtspfleger entscheidet dann doch nicht, an welchem Termin der Verteidiger teilnehmen darf.

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Vor gut einem Monat hatte ich über den Beschluss des Rechtspflegers in einem Verfahren beim AG Oschatz wegen des Vorwurfs des unerlaubten Entfernens vom Unfallort berichtet. In dem war vom gerichtlich bestellten Sachverständigen ein Termin anberaumt worden, die Unfallbeteiligten waren aufgefordert worden, mit ihren Fahrzeugen zu erscheinen. Der Verteidiger erhielt nur eine Terminsmitteilung. Er nahm aber an dem Termin teil und rechnete dann nach Einstellung des Verfahrens gegenüber der Staatskasse auch eine Vernehmungsterminsgebühr Nr. 4102 VV RVG ab. So ist/war der Sachverhalt des AG Oschatz, Beschl. v. 04.04.2012, 1 Ds 253 Js 25756/11.

Der Rechtspfleger hatte weder die Nr. 4102 VV RVG festgesetzt noch die Teilnahme am Termin über § 14 RVG bei der Verfahrensgebühr berücksichtigt. Ersteres ist/war m.E. richtig, das letztere falsch. Die Kommentatoren zu meinem Posting haben es zum Teil anders gesehen (vgl. hier).

Nun liegt die Rechtsmittelentscheidung des AG vor. Der AG Oschatz, Beschl. v. 08.05.2012 – 1 Ds 253 Js 25756/11 – setzt die Gebühr Nr. 4102 VV RVG fest. Nach Auffassung des Amtsrichters kann die Vorschrift analog angewendet werden. M.E. falsch, wenn auch anwaltsfreundlich. Jedenfalls aber insoweit richtig, dass, um die Überschrift des Postings vom 24.04.2012 aufzugreifen: Der Rechtspfleger bestimmt dann doch nicht, an welchem Termin der Verteidiger teilnehmen darf.