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Vergütung nach Kündigung des Mandats, oder: Muss der Rechtsanwalt abmahnen?

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So, Feierlichkeiten sind am Ende. Jetzt wird wieder gearbeitet. Heute hier – es ist Freitag 🙂 – mit gebührenrechtlichen Entscheidungen und dem Rätsel.

Und ich beginne den (kurzen) Reigen mit dem LG Bremen, Urt. v. 29.05.2020 –  4 S 102/19. Es geht um die Frage, ob Rechtsanwalt vor Kündigung eines Mandates dem Mandanten eine Frist zu setzen hat, sich vertragskonform zu verhalten.

Dem Urteil liegt ein Sachverhalt zugrunde, nach dem der klagende Rechtsanwalt ein Mandat „vorzeitig“ beendet hat. Nun wird noch um die Gebühren gestritten. Das AG hatte der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Anders das LG. Das spricht nur einen Teil zu:

„Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 234,37 € aus §§ 611, 612, 675 BGB, §§ 1 ff. RVG.

1. Der Anspruch des Rechtsanwalts auf Vergütung gründet sich auf die §§ 611, 612 Abs. 1, 675 Abs. 1 BGB, ergänzt durch die Sonderregelungen des RVG betreffend die Fälligkeit (§ 8 RVG), den Vorschuss (§ 9 RVG) und die Einforderung (§ 10 RVG).

Gemäß § 8 Abs. 1 RVG wird die Vergütung fällig, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist. Gemäß § 10 Abs. 1 RVG ist die Vergütung nur aufgrund einer vom Rechtsanwalt unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung einforderbar.

Für den Fall der vorzeitigen Kündigung werden diese Regelung ergänzt durch § 628 BGB, der durch das RVG nicht ausgeschlossen wird (BGH, NJW-RR 2012, 294 m.w.N.). § 628 Abs. 1 S. 1 BGB regelt, dass im Falle der Kündigung des Dienstverhältnisses nach den §§ 626 BGB oder 627 BGB, der Verpflichtete, hier also der beauftragte Rechtsanwalt, einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung verlangen kann. Kündigt er, ohne durch vertragswidriges Verhalten des anderen Teiles dazu veranlasst zu sein, oder veranlasst er durch sein vertragswidriges Verhalten die Kündigung des anderen Teiles, so steht ihm gemäß § 628 Abs. 1 S. 2 BGB ein Anspruch auf die Vergütung insoweit nicht zu, als seine bisherigen Leistungen infolge der Kündigung für den anderen Teil kein Interesse haben.

Von einem entsprechenden Interessenwegfall für den Dienstberechtigten ist nach ständiger Rechtsprechung des BGH dann auszugehen, wenn dieser die Leistung nicht mehr wirtschaftlich verwerten kann, sie also für ihn nutzlos geworden ist. Einer entsprechenden Lage sieht sich der Auftraggeber eines Rechtsanwalts gegenüber, wenn er wegen einer von seinem bisherigen Rechtsanwalt grundlos ausgesprochenen Kündigung einen anderen Rechtsanwalt neu bestellen muss, für den die gleichen Gebühren nochmals entstehen. Die Aufwendungen für den zuerst bestellten Rechtsanwalt sind dann für den Auftraggeber nutzlos geworden, der Vergütungsanspruch geht unter (BGH, NJW-RR 2012, 294, 295; BGH, NJW 2009, 3297, 3300; BGH, BGHZ 174, 186, 192 = NJW 2008, 1307, 1308 f.; BGH, NJW 1997, 188, 189; BGH, NJW 1995, 1954; BGH, NJW 1985, 41; MüKoBGB/Henssler BGB, 8. Auflage 2020, § 628 Rn. 32-35).

Hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast gilt, dass der Dienstpflichtige im Rahmen des Teilvergütungsanspruchs nach Abs. 1 S. 1 darlegen und beweisen muss, dass und welche Dienstleistungen bis zur Kündigung erfolgt sind.

§ 628 Abs. 1 S. 2 BGB enthält einen Ausnahmetatbestand gegenüber Satz 1 dieser Vorschrift, wonach im Fall der Kündigung der Dienstverpflichtete grundsätzlich einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung zu beanspruchen hat. Das Vorliegen dieses Ausnahmetatbestands hat der Dienstberechtigte darzulegen und zu beweisen (BGH, NJW 1982, 437 (438); BGH, NJW 1997, 188, 189). Der Dienstberechtigte muss daher nachweisen, dass der Dienstverpflichtete ohne Veranlassung gekündigt hat oder die Kündigung des Dienstberechtigten durch vertragswidriges Verhalten veranlasst hat und dass an den Leistungen infolge der Kündigung für ihn kein Interesse besteht (MüKoBGB/Henssler BGB, 8. Auflage 2020 § 628 Rn. 48-49, beck-online).

2. Zwischen den Parteien ist ein Anwaltsvertrag (§§ 611, 675 BGB) zustande gekommen. Unstreitig hat der Beklagte den Kläger nach dem Tod seiner Mutter mandatiert, Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche gegen seinen Bruder als Alleinerben außergerichtlich und gerichtlich gelten zu machen.

3. Die Fälligkeit des Vergütungsanspruches (§ 8 RVG) ist gegeben, da das Mandat infolge Kündigung durch den Kläger beendet worden ist. Die Einforderbarkeit der Honorarforderung liegt ebenfalls vor, da der Kläger dem Beklagten eine dem RVG entsprechende Kostennote erteilt hat (§ 11 RVG). Die Höhe der abgerechneten Vergütungsforderung iHv von 1.159,60 € brutto für die außergerichtlichen und gerichtlichen Tätigkeiten des Klägers (Streitwert: 4.738,12 €; nicht anrechenbarer Teil der Geschäftsgebühr, Verfahrensgebühr, Terminsgebühr, Auslagenpauschale und Umsatzsteuer) entspricht dem RVG und steht zwischen den Parteien nicht im Streit.

4. Der Kläger kann von dem Beklagten in Höhe von 925,23 € gleichwohl nicht den Ausgleich der streitgegenständlichen Kostennote verlangen, da die Voraussetzungen, unter denen der Kläger aufgrund vertragswidrigen Verhaltens des Beklagten seinerseits berechtigt war, den Anwaltsvertrag zu kündigen, nach Auffassung der Kammer nicht vorliegen.

Die Kündigung des Anwalts kann mit erheblichen finanziellen Folgen für den Mandanten verbunden sein, der – wenn die Kündigung während eines laufenden Prozesses erfolgt – vielfach noch einmal die gleichen (Prozess-)Gebühren an einen anderen Anwalt bezahlen muss (OLG Karlsruhe, Urteil vom 15. September 2009 – 4 U 192/07 –, Rn. 23 – 25, juris). Das freie Kündigungsrecht des Rechtsanwalts korrespondiert daher mit der Regelung in § 628 Abs. 1 S. 2 BGB, wonach der kündigende Rechtsanwalt die verdienten Gebühren nur insoweit behalten darf, als dem Mandanten keine Mehrkosten durch die Kündigung entstehen. Etwas Anderes gilt nur bei einem „vertragswidrigen Verhalten“ des Mandanten, welches die Kündigung verursacht hat OLG Karlsruhe, Urteil vom 15. September 2009 – 4 U 192/07 –, Rn. 23 – 25, juris).

Da die finanziellen Folgen für den Mandanten erheblich sein können, setzt ein „vertragswidriges Verhalten“ im Sinne von § 628 Abs. 1 S. 2 BGB eine schwerwiegende Pflichtverletzung voraus (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 15. September 2009 – 4 U 192/07 –, Rn. 23 – 25, juris; OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.06.2000 – 24 U 133/99 -, Rdnr. 5, juris; OLG Schleswig, Urteil vom 14.12.2006 – 11 U 21/06 -, Rdnr. 14, juris). Der Mandant ist grundsätzlich berechtigt, seine eigenen Interessen auch im Rahmen des Anwaltsvertrages gegenüber dem Rechtsanwalt zu vertreten. Das heißt, dass der Rechtsanwalt in der Regel sachliche Kritik hinnehmen muss OLG Karlsruhe, Urteil vom 15. September 2009 – 4 U 192/07 –, Rn. 23 – 25, juris). Er muss berücksichtigen, dass der Mandant in der Regel nicht rechtskundig ist, was zu unberechtigter Kritik am Rechtsanwalt führen kann. Schließlich muss auch die Bedeutung einer bestimmten Angelegenheit für den Mandanten berücksichtigt werden; gegebenenfalls muss der Rechtsanwalt es auch hinnehmen, wenn der Mandant seine Interessen gegenüber dem Anwalt mit einem gewissen Nachdruck oder mit gewissen Emotionen verfolgt (OLG Karlsruhe, Urteil vom 15. September 2009 – 4 U 192/07 –, Rn. 23 – 25, juris). Es ist zu verlangen, dass der Anwalt eine Pflichtverletzung des Mandanten zunächst abmahnen muss, bevor er von einem vertragswidrigen Verhalten im Sinne von § 628 Abs. 1 S. 2 BGB ausgehen kann (vgl. OLG Düsseldorf, Versicherungsrecht 1988, 1155, Borgmann/Jungk/Grams, Anwaltshaftung, 4. Aufl. 2005, Kapitel III, Rdnr. 109).

Die Beweislast dafür, dass die Kündigung des Anwalts nicht durch ein vertragswidriges Verhalten verursacht wurde, obliegt grundsätzlich dem Mandanten (vgl. BGH, NJW 1997, 188). Nach allgemeinen Grundsätzen obliegt dem Anwalt allerdings eine sekundäre Darlegungslast. Das bedeutet: Der Mandant hat ein „vertragswidriges Verhalten“ nur insoweit auszuräumen, als der Anwalt bestimmte Pflichtverletzungen geltend macht. (OLG Karlsruhe, Urteil vom 15. September 2009 – 4 U 192/07 –, Rn. 23 – 25, juris).

An diesen Grundsätzen gemessen, hat der Kläger schon keinen Grund dargelegt, der ihn berechtigt hat, ohne vorherige Abmahnung und Hinweis auf eine mögliche Mandatsniederlegung, den Anwaltsvertrag am 02.05.2018 zu kündigen.

Soweit der Kläger auf den Nichtausgleich der Rechnung vom 22.03.2018 trotz Fristsetzung bis zum 30.04.2018 abstellt, ist zu berücksichtigen, dass die Rechnung nicht als Vorschussrechnung gekennzeichnet war. Eine vollständige Abrechnung der angefallenen Gebühren war zu diesem Zeitpunkt, mangels Beendigung der Angelegenheit iSd § 8 RVG nicht zulässig und ohne besonderen Hinweis kann ein Mandant bei einem im Jahr 2015 erteilten Auftrag im Jahr 2018 nicht erkennen, dass es sich um eine Vorschussrechnung iSd § 9 RVG handelt. Zahlt der Mandant einen angeforderten Vorschuss nicht, kann der Rechtsanwalt erst dann, wenn er für den Fall der nicht rechtzeitigen Zahlung die Niederlegung angedroht hat, die dadurch gemäß § 8 RVG fällig werdenden Gebühren anfordern (vgl. Gerold/Schmidt/Mayer, 24. Aufl. 201, RVG § 9 Rn. 19; Mayer/Kroiß, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, RVG § 9, Rn. 41, beck-online; Fischer, Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Aufl., Rn. 113; OLG Düsseldorf, 24 U 212/10, Rz. 7, juris).

Soweit der Kläger darauf verwiesen hat, dass sich der Beklagte in dem Vorprozess direkt an das Amtsgericht Bremerhaven gewendet hat, so ist kein Verhalten des Beklagten erkennbar, aufgrund dessen der Kläger berechtigt gewesen wäre, ohne vorherige Abmahnung mit Kündigungsandrohung und Hinweis auf die Folgen den Anwaltsvertrag zu kündigen. In den bei dem Amtsgericht Bremerhaven im Februar und März 2018 eingegangenen Schreiben hat sich der Beklagte sachlich zu Fragen der Beweisaufnahme eingelassen, ohne darin den Kläger zu diskreditieren. Es ist zwar für den beauftragten Anwalt und auch das Gericht wünschenswert, wenn bei einem beauftragten Prozessbevollmächtigten die gesamte Korrespondenz ausschließlich über den Prozessbevollmächtigten läuft. In konfliktbeladenen Verfahren ist gleichwohl immer wieder zu beobachten, dass Mandanten sich direkt an das Gericht wenden; dies aus unterschiedlichen Motiven. Für die Kammer ist es zwar mehr als verständlich, wenn ein Prozessbevollmächtigter dies nicht wünscht, auch um Nachteile für sich und seinen Mandanten zu vermeiden. Auch kann möglicherweise in besonderen Einzelfällen bei derartigen Konstellation der Verlust des notwendigen Vertrauensverhältnisses zwischen Anwalt und Mandat gegeben sein oder sich entwickeln. Gleichwohl hat ein Rechtsanwalt, der direkte Schreiben seines Mandanten an das Gericht für beeinträchtigend hält, nach Auffassung der Kammer in der Regel vorher darauf hinzuweisen, wie verfahren werden soll, und ggf. die Kündigung mit Darstellung der Kündigungsfolgen anzudrohen. Dies ist nicht erfolgt. Etwas Anderes mag zwar in Ausnahmefällen gelten, in denen die Schreiben des Mandanten den Anwalt herabsetzen und gegenüber Dritten in ein „schlechtes Licht“ rücken, zB bei offensichtlich herabwürdigenden Äußerungen und Schmähungen. Dies ist bei den Schreiben hier jedoch nicht der Fall. Gleiches gilt für das Schreiben des Beklagten vom 26.04.2018, bei dem der Beklagte das Anliegen geäußert hat, direkt die Korrespondenz zu erhalten.

Die bis dato von dem Kläger im Vorprozess erbrachten Leistungen waren für den Beklagten nach der Kündigung von keinem Interesse mehr. Im Rahmen von Anwaltsverträgen ist von einem kündigungsbedingt fehlenden Interesse an etwaigen bereits erbrachten Anwaltsleistungen dann auszugehen, wenn der Mandant die vielleicht sogar nützlichen Arbeitsergebnisse seines Anwaltes nach Beendigung des Mandatsverhältnisses nicht ohne die Beauftragung eines neuen Anwaltes und den Anfall von weiteren, beim vormaligen Anwalt bereits angefallenen Gebühren weiterverwerten kann (vgl. BGH DB 2011, 2429). So liegt der Fall auch hier. Der Beklagte hat im Vorprozess seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten zur Fortführung des Prozesses beauftragen müssen, wodurch ein korrespondierender Gebührenanspruch iHv 925,23 € (Streitwert: 4.738,12 €; 1,3er Verfahrensgebühr 393,90 €, 1,2er Terminsgebühr 363,60 €, Auslagenpauschale 20,00 €, UmSt 147,73 €) entstanden ist. In dieser Höhe ist die Arbeitsleistung des Klägers von keinem Interesse mehr für den Beklagten, so dass der Kläger insoweit auch nicht Vergütung verlangen kann.

Nach alledem verblieb aus der gestellten Rechnung ein berechtigter Vergütungsanspruch in Höhe von 234,37 €.“

Revision zum BGH ist zugelassen.

Vergütungsvereinbarung zu hoch, oder: Sittenwidrig?

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Die zweite gebührenrechtliche Entscheidung, die ich heute vorstelle, ist das KG, Urt. v. 08.06.2018 – 9 U 41/16. Es behandelt zunächst/vornehmlich die Frage nach dem Entfallen des anwaltlichen Vergütungsanspruchs nach Mandatskündigung auch bei erst nachträglich entdecktem Kündigungsgrund. Dazu sagt das KG:

„Auch ein nachgeschobener Kündigungsgrund, der im Zeitpunkt der Kündigung schon bestand, dem kündigenden Dienstberechtigten aber seinerzeit noch nicht bekannt war, kann eine Kündigung im Sinne der Vorschrift des § 628 Abs. 1 S. 2 BGB veranlasst haben.“

Jetzt lassen wir mal dahin gestellt, ob das so richtig ist. Mir geht es hier heute um den Teil der Entscheidung, der sich mit der Sittenwidrigkeit der vereinbarten Vergütung befasst.

„Die dieser Rechnung zugrundeliegende Honorarvereinbarung ist nicht gemäß § 138 Abs. 1 oder 2 BGB unwirksam. Eine Sittenwidrigkeit im Sinne dieser Vorschrift ist weder konkret vorgetragen noch sonst ersichtlich.

a) Unabhängig davon, dass die Beklagte verkennt, dass der Kläger seine außergerichtliche Tätigkeit vergütet haben will, er mithin ohne Honorarvereinbarung eine Geschäftsgebühr nach RVG VV 2300 verlangen kann (insgesamt 1,3 x 354,00 Euro zzgl. Postpauschale zzgl. MWSt. = 571,44 Euro) und die von ihm geltend gemachte Vergütung danach lediglich knapp dreimal so hoch ist, kann die Sittenwidrigkeit einer Honorarvereinbarung nicht allein aus einem Vergleich mit den gesetzlichen Gebühren hergeleitet werden.

Eine Vergütungsabrede ist nach ständiger Rechtsprechung gemäß § 138 Abs. 1 BGB nur dann sittenwidrig, wenn zwischen Leistung und Gegenleistung ein auffälliges Missverhältnis besteht und weitere Umstände hinzutreten, welche die Sittenwidrigkeit begründen, insbesondere etwa eine verwerfliche Gesinnung oder die Ausbeutung der schwierigen Lage oder Unerfahrenheit für das eigene unangemessene Gewinnstreben (BGH, Urteil vom 10. November 2016 – IX ZR 119/14 –, Rn. 17, juris). Für die Frage, ob ein Missverhältnis besteht, kommt es auf einen Vergleich zwischen dem objektiven Wert der beiderseitigen Leistungen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses an. Entscheidend ist der Marktwert, also der marktübliche Preis. Daher muss der Mandant, der ein sittenwidrig überhöhtes Entgelt behauptet, zu dem Preis vortragen, welcher der vom Anwalt versprochenen Leistung üblicherweise im sonstigen Geschäftsverkehr zukommt. Die gesetzlichen Gebühren allein sind vielfach keine ausreichende Vergleichsgrundlage für ein den Schluss auf eine Sittenwidrigkeit ermöglichendes Missverhältnis, weil sie nicht in allen Fällen die marktangemessene, adäquate Vergütung für die aufgrund eines konkreten Mandats geschuldete Leistung des Anwalts abbilden sollen, sondern auf einer anderen Grundlage festgesetzt werden (BGH, a.a.O., Rn. 18 f., juris).

Danach reicht der Vortrag der Beklagten nicht aus, eine Sittenwidrigkeit der Honorarvereinbarung festzustellen. Hinzukommt, dass das Landgericht seine Entscheidung darauf gestützt hat, dass die subjektiven Tatbestandsmerkmale gemäß § 138 Abs. 2 BGB nicht vorgetragen sind. Selbst wenn man ein auffälliges Missverhältnis annehmen würde, fehlt die Darlegung dieser subjektiven Merkmale, zu denen die Beklagte nichts vorgetragen hat.

b) Soweit sich die Beklagte darauf berufen will, es liege ein besonders grobes Missverhältnis vor, aus dem auf die verwerfliche Gesinnung des Klägers geschlossen werden könne, gilt nichts anderes.

Bei einem besonders groben Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung spricht eine Vermutung für ein Handeln aus verwerflicher Gesinnung (vgl. BGH, Urteil vom 30. Mai 2000 – IX ZR 121/99, juris: 5-fache der gesetzlichen Vergütung). Liegt die Diskrepanz aber unterhalb der für das besonders grobe Missverhältnis anerkannten Grenze, liegt nur ein auffälliges Missverhältnis vor, das keine Vermutung für eine verwerfliche Gesinnung begründet (BGH, Urteil vom 10. November 2016 – IX ZR 119/14 –, Rn. 18, juris). Da die gesetzlichen Gebühren nicht in allen Fällen die marktangemessene, adäquate Vergütung für die aufgrund eines konkreten Mandats geschuldete Leistung des Anwalts abbilden (s.o.), genügt für sich genommen das mehrfache Überschreiten der gesetzlichen Gebühren noch nicht, um den Schluss auf ein auffälliges oder gar besonders grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung im Sinne des § 138 BGB ziehen zu können (BGH, a.a.O., Rn. 19).

„Der Mandant, der geltend macht, die mit dem Anwalt getroffene Vergütungsvereinbarung sei sittenwidrig und daher nichtig, und sich hierzu auf ein auffälliges Missverhältnis zwischen der Leistung des Anwalts und dem vereinbarten Honorar beruft, muss also nicht nur dartun, dass die vereinbarte Vergütung die gesetzlichen Gebühren überschreitet, sondern zudem darlegen und beweisen, dass nach Umfang und Schwierigkeit der im Rahmen des konkreten Mandats geschuldeten anwaltlichen Tätigkeit objektiv nur eine geringere als die vereinbarte Vergütung marktangemessen ist. Erst wenn auf dieser Grundlage feststeht, dass die versprochene Vergütung das Honorar deutlich überschreitet, welches für die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nach dem konkreten Mandat im Gegenzug zu leistende anwaltliche Tätigkeit objektiv angemessen ist, liegt ein auffälliges Missverhältnis vor. Übersteigt sie das angemessene, adäquate Honorar in krasser Weise, liegt ein besonders grobes Missverhältnis vor, aus dem auf die verwerfliche Gesinnung des Rechtsanwalts geschlossen werden kann.” (BGH, Urteil vom 10. November 2016 – IX ZR 119/14 –, Rn. 21, juris) Dies hat die Beklagte nicht dargetan.“