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Versicherungsfall Vandalismus und Kaskoversicherung, oder: Wer muss was beweisen?

Im zweiten Posting geht es ebenfalls um einen Vandalismusschaden und an die Anforderungen an dessen Nachweis für den Eintritt der Kfz-Kaskoversicherung. Dazu hat sich das OLG Köln im OLG Köln, Beschl. v. 01.08.2024 – 9 U 85/24 – geäußert.

Der Kläger verlangte von der der beklagten Vollkaskoversicherung eine Leistung wegen des Versicherungsfalls „Vandalismus“ und berief sich dabei auf eine umfassende Beschädigung seines Fahrzeuges. Das Schadensbild war in der Sache allerdings besonders auffällig, da eine Vielzahl an oberflächlichen Kratzern an zahlreichen Fahrzeugteilen angebracht worden waren, die an der Fahrzeugoberfläche verbleiben und einen hohen Kostenaufwand mit einer Reparaturkostenkalkulation bei einer markengebundenen Fachwerkstatt erfordern, aber mit vergleichsweise geringen Mitteln einfach optisch instandgesetzt werden können.

Sowohl das LG als auch das OLG sind davon ausgegangen, dass vor diesem Hintergrund ein atypischer Vandalismusschaden vorliegen würde, der keine Entschädigungspflicht der beklagten Vollkaskoversicherung auslöst:

„Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch aus dem Vollkaskoversicherungsvertrag auf Zahlung des geltend gemachten Schadens.

1. Das Landgericht ist von dem zutreffenden Ansatz ausgegangen, dass der Kläger als Versicherungsnehmer den Eintritt eines Versicherungsfalles darzulegen und zu beweisen hat.

In der Kfz-Kaskoversicherung gewährt die Rechtsprechung dem Versicherungsnehmer für den durch die Vollkaskoversicherung abgedeckten Fall der Beschädigungen durch Unfall oder mut- oder böswillige Handlungen unberechtigter Personen (hier gemäß Teil A.2 Kaskoversicherung – für Schäden an Ihrem Fahrzeug, Ziff.A.2.2.2.2 und Ziffer A. 2.2.2.3 der zum Vertragsbestandteil gewordenen AKB) nicht die für den Diebstahlsfall anerkannten Beweiserleichterungen, sondern er muss den Vollbeweis für das Vorliegen derartiger Beschädigungen erbringen. Grund dafür ist, dass das Vorliegen von derartigen Schäden grundsätzlich anhand des Schadensbildes an dem für eine Beurteilung zur Verfügung stehenden Fahrzeug festgestellt werden kann. Im Gegenzug werden auch dem Versicherer, wenn die Beschädigung durch solche Handlungen bewiesen ist, keine Beweiserleichterungen für seinen Einwand zuerkannt, dass die Schäden nicht durch betriebsfremde bzw. nicht berechtigte Personen verursacht worden sind (BGH r+s 1997, 446 f.; OLG Frankfurt, Urt. v. 08.08.2017 – 7 U 24/17 –, juris Rn. 25; OLG Köln r+s 1998, 232 f. sowie 2008, 464f .). Der zunächst von dem Versicherungsnehmer zu führende Nachweis einer bedingungsgemäßen Beschädigung kann damit bereits am Schadensbild scheitern, wenn aus der Art der Schäden zu schließen ist, dass die Beschädigungen nicht durch eine mut- oder böswillige Handlung verursacht worden sind (OLG Frankfurt, Urt. v. 08.08.2017 – 7 U 24/17 -, juris Rn. 27; Senat, Urt. v. 13.12.2011 – 9 U 83/11 -, VersR 2012, 1297; Senat, Beschl. v. 13.08.2013 – 9 U 96/13 –, juris Rn. 4).

Dies bedeutet, dass der Kläger zunächst den Vollbeweis für das Vorliegen von Beschädigungen durch einen Unfall oder mut- oder böswillige Handlungen erbringen muss. Erst wenn er diesen Vollbeweis erbracht hat, ist es Sache der Beklagten zu beweisen, dass die Schäden nicht durch betriebsfremde bzw. nicht berechtigte Personen verursacht worden sind.

Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass vorliegend die Schäden an dem Fahrzeug von ihrer Art und ihrem Erscheinungsbild her keinen positiven Aufschluss für einen Vandalismusschaden geben. Die Kammer hat ihre Bewertung darauf gestützt, dass die Beklagte nachvollziehbar dargelegt hat, dass die vielfältigen, oberflächlichen Kratzer an zahlreichen Fahrzeugteilen für eine fachgerechte und vollständige Beseitigung zwar einen hohen Kostenaufwand gemäß der Reparaturkostenkalkulation erfordern, sie zugleich aber mit vergleichsweise geringen Mitteln eine optische Instandsetzung erlauben.

Diese Bewertung der Kammer begegnet – entgegen dem Vorwurf des Klägers – keinen rechtlichen Bedenken. Die Bewertung der Kammer deckt sich mit der Senatsrechtsprechung, wonach dann, wenn die fachgerechte und vollständige Beseitigung vielfältiger, aber sehr oberflächlicher Kratzer an zahlreichen Karosserieteilen nach der Reparaturkostenkalkulation zwar einen hohen Kostenaufwand erfordert und eine optische Instandsetzung im Sinne der Beseitigung der äußerlichen Erkennbarkeit mit vergleichsweise geringen Mitteln möglich ist, der Nachweis einer bedingungsgemäßen Fahrzeugbeschädigung nicht schon anhand des Schadensbildes als durch den Versicherungsnehmer als geführt angesehen werden kann (OLG Köln, Beschl. v. 13.08.2013 – 9 U 96/13 –, juris Rn. 5). Diese Ausführung greift der Kläger mit der Berufung nicht an.

Ohne Erfolg beruft sich der Kläger darauf, für die Annahme, der Vandalismusschaden sei von unberechtigten Dritten verübt worden, spreche, dass er mangels Eigentümerstellung keinen eigenen wirtschaftlichen Vorteil aus der Beschädigung des Fahrzeugs gezogen hätte, weil die Versicherungsleistung auf das Darlehenskonto hätte eingezahlt werden müssen. Diesem Aspekt kommt vor dem von der Beklagten dargelegten und dem Kläger nach anfänglichem Bestreiten zwischenzeitlich eingeräumten Umstand kein maßgebliches Gewicht zu, dass das Darlehen im Januar 2023 mit einer Schlussrate von 28.000,00 € insgesamt abzulösen war. Die Gutschrift der Reparaturkosten hätte die Darlehensschuld insgesamt verringert, was jedenfalls mit einem wirtschaftlichen Vorteil für den Darlehensnehmer und mittelbar auch für den Kläger als Anwartschaftsberechtigten verbunden gewesen wäre.

Soweit der Kläger im Schriftsatz vom 12.06.2024 rügt, das Landgericht habe nicht begründet, warum es ihm ein unredliches Vorgehen unterstelle, verkennt er, dass das Landgericht in der Betrachtung der Gesamtumstände des vermeintlichen Schadensereignisses nach allgemeinen Darlegungs- und Beweislastgrundsätzen seine Behauptung, das Fahrzeug sei durch einen unberechtigten Dritten mut- oder böswillig beschädigt worden, auch vor dem Hintergrund seiner Anhörung lediglich als nicht erwiesen erachtet hat. Dies beinhaltet nicht die Überzeugung davon, er habe den Versicherungsfall selbst herbeigeführt, was im Übrigen – insoweit wird auf die einleitenden Ausführungen Bezug genommen – die Beklagte zu beweisen hätte.“

Versicherungsfall Vandalismus und Kaskoversicherung, oder: Verteilung der Beweislast

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Heute dann mal wieder Verkehrszivilrecht, und zwar Versicherungsrecht. Ich stelle zwei Entscheidungen zum Vandalismusschaden in der Kaskoversicherung vor.

Ich beginne mit dem OLG Celle, Urt. v. 08.08.2024 – 11 U 64/23 -, dem folgenden Sachverhalt zugrunde liegt: Der Kläger verlangt eine Entschädigungsleistung aus der Kaskoversicherung wegen der Beschädigung seines Fahrzeuges in Form eines „Vandalismusschadens“. Unbekannte Täter sollen das abgestellte und ordnungsgemäß verschlossene Fahrzeug von außen rundherum mit entsprechenden Kratzspuren böswillig beschädigt haben. Der Versicherer hatte dagegen den Einwand erhoben, dass diese Kratzspuren, die sich nur auf einzelnen Fahrzeugteilen wiederfinden und an der Oberfläche verbleiben, als Grundlage für eine gewinnbringende fiktive Abrechnung vom Kläger selber herbeigeführt worden wären. Nach einer durchgeführten Beweisaufnahme hat sich herausgestellt, dass die im hinteren Bereich des Fahrzeuges vorhandene Kratzspur im Bereich des hinteren Stoßfängers nur entstanden sein kann, wenn die Heckklappe des Fahrzeuges auch geöffnet gewesen ist.

Vor diesem Hintergrund haben das LG wie auch das OLG die Leistungsklage des Klägers abgewiesen:

„Zur Herstellung der Entscheidungsreife hat der Senat den Sachverhalt, wie bereits im Beweisbeschluss vom 1. November 2023 begründet, weiter aufklären müssen, weil das Landgericht von einer unzutreffenden Verteilung der Beweislast ausgegangen ist. Nach der vom Senat durchgeführten Erweiterung der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger oder sein Sohn oder eine von einem von beiden beauftragte dritte Person den erheblichen Lackschaden an dem Audi A 8 herbeiführte, um sich die streitgegenständliche Versicherungsleistung rechtswidrig zu erschleichen. Wegen dieses betrügerischen Verhaltens besteht nach Maßgabe sowohl der Regelung A.2.3.3 der zwischen den Parteien vereinbarten Versicherungsbedingungen (AKB) als auch nach § 81 VVG kein Anspruch auf die Klageforderung.

1. Soweit es um eine Anspruchsentstehung gemäß A.2.3.3 der AKB der Beklagten geht, also wegen einer mut- oder böswilligen Beschädigung des Fahrzeugs durch „Personen, die nicht berechtigt [waren], das Fahrzeug zu gebrauchen“, muss allerdings keineswegs allein der Versicherungsnehmer alle Anspruchsvoraussetzungen beweisen.

a) Vielmehr ist nach Maßgabe der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu unterscheiden: Die (bös- oder) mutwillige Zerstörung oder Beschädigung des versicherten Kraftfahrzeugs als Anspruchsvoraussetzung hat grundsätzlich der Versicherungsnehmer zu beweisen. Allerdings wird es dieses Beweises zumeist nicht bedürfen, weil das versicherte Objekt zur Feststellung, ob der Versicherungsfall eingetreten ist, besichtigt werden kann (BGH, Urteil vom 25. Juni 1997 – IV ZR 245/96, juris Rn. 7; vgl. auch Prölss/Martin/Klimke, WG, 31. Aufl., AKB 2015 A.2.2.2.3, Rn. 38 m.w.N.). Demgegenüber hat der Versicherer – und zwar ohne jede Beweiserleichterung – den Beweis zu führen, dass die Schäden nicht auf ein Verhalten Dritter zurückzuführen sind und dass die erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung von Vandalismus durch betriebsfremde Personen gegeben ist (BGH, a.a.O. Rn. 8).

b) Dem Senat ist bewusst, dass es mehrere obergerichtliche Urteile sowie auch aktuelle Kommentierungen gibt, die jedenfalls im praktischen Ergebnis – wie auch das hier angefochtene Urteil – bedeuten, dass den Versicherungsfall des Vandalismus der Versicherungsnehmer zu beweisen habe. Dieses Ergebnis beruht darauf, dass die betreffenden Gerichte die Böswilligkeit oder Mutwilligkeit der Schadensentstehung immer dann ausschließen, wenn es erhebliche Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Versicherungsnehmer oder sein Repräsentant die Schäden selbst verursacht hat. Dieser Rückschluss („selbst verursachter Schaden schließt Mutwilligkeit aus“) findet sich etwa in den (auch von der Beklagten in ihrer Klageerwiderung zitierten) Urteilen des Oberlandesgerichts Köln vom 13. Dezember 2011 (9 U 83/11, juris Rn. 14) und vom 13. August 2013 (9 U 96/13, juris Rn. 5), überdies – besonders deutlich („[..1 der Kläger daher allein mit dem äußeren Schadensbild den von ihm zu führenden Vollbeweis für eine mut- oder böswillige Beschädigung durch unberechtigte Personen nicht erbracht hat […]“) – in dem Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 8. August 2017 (7 U 24/17, juris Rn. 28) und auch ausdrücklich etwa in der Kommentierung bei Stiefel/Maier/Stadler (Kraftfahrtversicherung, 19. Aufl., AKB 2015 A.2.2.2.3. Rn. 386).

Damit wird der grundlegende Inhalt des im Vorstehenden zitierten höchstrichterlichen Urteils jedoch geradezu in sein Gegenteil verkehrt. Das Tatbestandsmerkmal „Schadensverursachung durch eine betriebsfremde Person“, das nach Maßgabe jenes höchstrichterlichen Urteils der Versicherer im Wege des Vollbeweises zu widerlegen hat, wird gleichsam zum Untermerkmal des Tatbestandsmerkmals „bös- oder mutwillig“ umgedeutet und dem Versicherungsnehmer wird – entgegen dem zitierten höchst-richterlichen Urteil – der Beweis dafür abverlangt, dass der Schadenverursacher betriebsfremd war. Der Bundesgerichtshof hat dem Tatbestandsmerkmal der Bös- oder Mutwilligkeit in der zitierten Entscheidung indes gerade keine besondere eigene Be-deutung beigemessen, sondern eher knapp ausgeführt, dass der Fall der mutwilligen Zerstörung (schon) nach dem unstreitigen Sachverhalt feststehe, der dadurch gekennzeichnet war (a.a.O. Rn. 3, 10), dass das Fahrzeug „in der Nähe eines Baggerlochs“ mit „massiven Beulen und Schlagspuren“, die „offensichtlich auf Hammerschlägen beruhten“, aufgefunden wurde; Sitze und Kopfstützen waren zerschnitten. Der Innenraum des Fahrzeugs war mit dem gleichen Sprühlack verschmiert, mit dem ein beleidigender Schriftzug aufgebracht war. Das äußere Bild einer letztlich objektiv sinnlosen vorsätzlichen Beschädigung oder Zerstörung – landläufig „Vandalismus“ genannt -genügte mithin; eines vom Versicherungsnehmer zu erbringenden weiteren Beweises bedurfte es nicht, wiewohl sich auch im dortigen Fall nicht von vornherein sicher aus-schließen ließ, dass der Versicherungsnehmer oder die zwischenzeitlichen Käufer des Fahrzeugs den Schaden verursacht hatten. Den Beweis, dass diese Zerstörung nicht durch „betriebsfremde“ Personen verursacht worden war, erlegte der Bundesgerichtshof dem Versicherer auf (in diesem Sinne auch instruktiv OLG Naumburg, Urteil vom 21. November 2013 – 4 U 237/13, juris 13; OLG Saarbrücken, Urteil vom 11. Dezember 2020 – 5 U 820, juris Rn. 22; Stiefel/Meyer/Stadler, a.a.O Rn. 387).

2. Übertragen auf den vorliegenden Fall folgt daraus, dass zunächst auf der Grundlage des unstreitigen Schadensbildes das Vorliegen eines bös- und mutwilligen Handelns festgestellt werden kann, weil das Schadensbild nur durch eine jedenfalls objektiv sinnlose und vorsätzliche Beschädigung erklärt werden kann (vgl. auch erneut OLG Naumburg, a.a.O. Rn. 11), die insbesondere auch nicht im Zusammenhang mit einem etwaigen Aufbruchsversuch stand (vgl. zu dieser Abgrenzung gegenüber Mutwilligkeit Bruck/Möller/Koch, VVG, 9. Aufl., A.2 Kaskoversicherung, Rn. 333; OLG Frankfurt, Urteil vom 8. Januar 1988 – 1 U 208/86, VersR 1988, 1122). Die Beklagte muss indes den Beweis erbringen, dass die Schäden an dem versicherten Fahrzeug von dem Kläger, seinem Sohn oder einer von ihm beauftragten dritten Person verursacht wurden, mithin nicht von einem Unbekannten, der im Sinne von A.2.3.3 AKB nicht zum Gebrauch des versicherten Fahrzeugs berechtigt war.

3. Im Übrigen kommt neben der vom Landgericht in Betracht gezogenen Anspruchsgrundlage eine weitere in Betracht. Die nach Maßgabe des äußeren Bildes der Beschädigungen anzunehmende Einwirkung mit einem oder mehreren Gegen-ständen auf das versicherte Fahrzeug stellten auch einen Unfall im Sinne von A.2.3.2. Abs. 1 AKB dar, nämlich ein von außen her auf das Fahrzeug plötzlich mit mechanischer Gewalt einwirkendes Ereignis (vgl. BGH, a.a.O. Rn. 10). Auch gegen unfallbedingte Zerstörungen und Beschädigungen war das in Rede stehende Fahrzeug versichert. Jedenfalls für dieses versicherte Risiko bestimmt das Gesetz selbst, nämlich § 81 VVG, ausdrücklich, dass den Versicherer die Beweislast für die Richtigkeit seiner Behauptung trifft, dass der Versicherungsnehmer den Schadensfall vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt habe. Auch in diesem rechtlichen Rahmen muss daher die Beklagte ihre Behauptung beweisen, dass der Sohn des Klägers der Urheber der Schäden gewesen sei.

Es entstünde ein Wertungswiderspruch, wenn die Beweislast bei der Prüfung der Vor-aussetzungen gemäß A.2.3.3 AKB („Vandalismusschäden“) anders als vom Senat beurteilt würde.

4. Das Ergebnis der vom Senat aufgrund dieser rechtlichen Beurteilung erweiterten Beweisaufnahme ist allerdings eindeutig. Der – als solcher unstreitige – Vandalismusschaden kann nur durch eine Person verursacht worden sein, die berechtigten Zugriff auf das Fahrzeug hatte. Die Beklagte hat folglich den ihr obliegenden Beweis erbracht. Denn bei der Erzeugung der um das ganze Fahrzeug umlaufend angebrachten Kratzspur muss die Heckklappe des Fahrzeugs offen gestanden haben. Ein – wenn auch kleiner – Abschnitt der Kratzspur befindet sich nämlich auf der Oberseite des Heckstoßfängers in einem Bereich, der sich mit jedwedem zur Erzeugung der Kratzspur geeigneten Werkzeug nur erreichen lässt, wenn die Hackklappe geöffnet ist.

…..“

 

Manipulierter Vandalismusschaden, oder: Zahlreiche/ Einige Indizien sprechen für eine Manipulation

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Heute im „Kessel Buntes“ seit längerem mal wieder zwei Entscheidungen zu „manipulierten“ Unfällen/Beschädigungen – „get……“ darf ich ja nicht mehr schreiben 🙂  .  In beiden Entscheidungen geht es letztlich darum, wie und das nachgewiesen werden kann, dass es sich nicht um tatsächliche Schadensgeschehen handelt.

Ich beginne mit dem OLG Saarbrücken, Urt. v. 11.12.2020 – 5 U 8/20. Der Kläger – „ein frühpensionierter Polizeibeamter“ nimmt die beklagte Versicherungauf Entschädigung wegen Vandalismus aus einer Fahrzeugversicherung in Anspruch. Wegen der Einzelheiten verweise ich auf den Volltext. Geltend gemacht werden rund 10.000 EUR. Das LG hat die Klage abgewiesen. Ihr fehle es schon am ausreichenden Nachweis eines Versicherungsfalles; denn es lasse sich insoweit schon nicht feststellen, dass die streitgegenständlichen Schäden von ihrer Art und ihrem Erscheinungsbild als bedingungsgemäßer Vandalismusschaden zu werten seien, weil sie augenscheinlich darauf angelegt seien, mit einem relativ geringen Beschädigungsaufwand einen kalkulatorisch hohen Reparaturaufwand zu verursachen. Der Versicherer brauche auch dann nicht zu zahlen, wenn es ihm gelinge, konkrete Tatsachen nachzuweisen, die die Annahme einer Vortäuschung des Versicherungsfalles mit erheblicher Wahrscheinlichkeit nahelegen; auch diesbezüglich stünden mehrere Tatsachen fest, nachdem der Kläger in der Vergangenheit bereits mehrfach vergleichbare Schäden geltend gemacht und abgerechnet habe.

Dagegen dann die Berufung des Klägers zum OLG, das die Berufung zurückgewiesen hat. Das OLG wertet folgende Indizien gegen den vom Kläger behaupteten Vandalismusschaden:

„3. Hiervon ausgehend, kann vorliegend offen bleiben, ob die vom Kläger behaupteten Beschädigungen an seinem Fahrzeug, die diesem zwischen dem 15. Dezember 2017 und dem 3. Januar 2018 in Gestalt von zahlreichen tiefen Kratzern in unterschiedlicher Form, Aussehen und Richtung mit einem offensichtlich spitzen bzw. scharfkantigen Gegenstand zugefügt worden sein sollen, überhaupt einen „Unfall“ oder eine „mutwillige Beschädigung“ des „versicherten Fahrzeuges“ und damit ein über den vorliegenden Vertrag versichertes entschädigungspflichtiges Ereignis darstellen. Der Senat folgt dem Landgericht nämlich in seiner weiteren Einschätzung, dass dieser zur Begründung eines Versicherungsfalles angeführte Zustand des versicherten Fahrzeugs durch den Kläger oder eine von diesem beauftragte Person bewusst und gewollt herbeigeführt wurde, weil zahlreiche konkrete – unstreitige oder bewiesene – (Indiz-)Tatsachen vorliegen, die in ihrer Gesamtheit diesen Schluss mit der nach § 286 ZPO erforderlichen Gewissheit rechtfertigen. Über die in dem angefochtenen Urteil bereits erwähnten Umstände hinaus (LGU, Seite 7) liegen auch noch zahlreiche weitere Auffälligkeiten vor, die sich schon aus den Akten ergeben, auf die auch die Beklagte zuletzt ausdrücklich verwiesen hat, und die bei der gebotenen Gesamtschau die Überzeugungsbildung rechtfertigen, dass eine vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalles durch den Kläger oder von ihm beauftragter Personen mit hinreichender Sicherheit feststeht:

a) Wie das Landgericht in dem angefochtenen Urteil zu Recht ausführt, ist insoweit schon auffällig, dass der Kläger in der Vergangenheit bereits wiederholt vergleichbare angebliche „Vandalismusschäden“ an verschiedenen Fahrzeugen bei unterschiedlichen Versicherungsgesellschaften geltend gemacht und abgerechnet hat. ……

b) Hinzu kommen in allen hier bekannten Schadensfällen weitere Auffälligkeiten hinsichtlich der Fahrzeuge und ihrer Beschädigungen. Sämtliche (angeblichen) Versicherungsfälle betreffen ältere deutsche Markenfabrikate mit dementsprechend hohen Wiederbeschaffungswerten, die selbst kostenträchtige Reparaturen immer noch wirtschaftlich erscheinen lassen. Die geltend gemachten Schäden sind nach Darstellung des Klägers jeweils ausnahmslos großflächig und, wie die beanspruchten Beträge zeigen, sämtlich geeignet, im Falle ihrer fachgerechten Reparatur – die hier jeweils nicht durchgeführt wurde – sehr hohe Kosten für den Schadensversicherer zu generieren. …..

c) Darüber hinaus weisen alle hier bekannt gewordenen Schadensfälle in geradezu ungewöhnlicher Weise auffällige Gemeinsamkeiten auf, die das Geschehen sprichwörtlich „verdächtig“ machen. So ist jedes Mal unklar geblieben, wann und wo genau die Beschädigungen an dem jeweiligen Fahrzeug durch Dritte verursacht worden sein sollen. ….

d) Darauf deuten auch die wechselnden und widersprüchlichen Angaben des Klägers zum (mutmaßlichen) Verursacher des Schadens hin. ….

e) Beachtlich sind des Weiteren die bis zuletzt verbleibenden Zweifel an der Herkunft und dem Zustand des versicherten Fahrzeuges, die die Beklagte auch schon dazu veranlasst haben, die Identität des von ihrem Gutachter in Augenschein genommenen beschädigten Fahrzeugs in Frage zu stellen.

f) Letztlich geben auch die aus den Prozessakten ersichtlichen Erkenntnisse zu früheren (Ermittlungs-)verfahren betreffend den Kläger und seine Geschäftspraktiken im Zusammenhang mit dem An- und Verkauf von gebrauchten Fahrzeugen dem Senat Anlass, der Einschätzung des Landgerichts zu folgen und sich mit dem erforderlichen Maß an Gewissheit davon zu überzeugen, dass insbesondere der hier geltend gemachte Versicherungsfall von ihm selbst bzw. in seinem Auftrag herbeigeführt worden ist…..

g) Unter Berücksichtigung aller vorstehenden Umstände und Auffälligkeiten des vorliegenden Falles, die zwar jeweils für sich möglicherweise noch zu erklären wären, in der Gesamtschau aber ein eindeutiges, in der Sache überaus fragwürdiges Bild ergeben, sieht es der Senat als erwiesen (§ 286 ZPO) an, dass der geltend gemachte Versicherungsfall, mag man ihn als „Unfall“ oder als „mutwillige Beschädigung“ ansehen, vom Kläger selbst herbeigeführt wurde; jedenfalls aus diesem Grunde ist die Beklagte nicht zur Leistung verpflichtet (§ 81 Abs. 1 VVG; C.1.10 AKB), wie schon das Landgericht in dem angefochtenen Urteil mit knapper, der Sache nach aber vollkommen zutreffender Begründung angenommen hat. …..“

Nochmals Vandalismusschaden: Der „Höllenlärm“ beim Schlagen mit dem „Latthammer“

entnommen wikimedia.org Urheber Mig

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Hier ist ja schon am vergangenen Samstag unter dem Titel Vandalismusschaden am Pkw – wie beweist man den? So jedenfalls nicht ein Posting zum LG Duisburg, Urt. v. 17.04.2014 – 12 S 61/13 – gelaufen. Die Thematik „Vandalismusschaden“ greife ich dann heute noch einmal auf und weise auf das LG Köln, Urt. v. 11.12.2013 – 20 O 434/12 – hin, das sich ebenfalls mit einem (vom Versicherungsnehmer zu beweisenden) Vandalismusschaden befasst. Und auch da hat es nicht „geklappt“. Denn:

„….Vorliegend stehen dem Kläger bereits keine Zeugen zur Verfügung, die bekunden können, das Fahrzeug im relevanten Zeitpunkt vollkommen unbeschädigt und kurze Zeit ,später mit erheblichen Beschädigungen gesehen zu haben. Der Kläger selbst – selbst wenn man seine Anhörung trotz der ihm nicht zuzubilligenden Beweiserleichterungen überhaupt in Betracht zöge — kann nicht einmal einen konkreten Ort Und Zeitpunkt benennen, zu dem die Beschädigungen an seinem Fahrzeug angebracht worden sein sollen: auf dem Parkplatz in der Nähe des Dänischen Bettenlagers oder in der Tiefgarage unter dem Markplatz in Dorsten-Wulfen? Da sich der Kläger zudem zum fraglichen Zeitpunkt räumlich entfernt von seinem Wohnort aufgehalten hat, ist auch sein Hinweis auf die üblichen Neider lebensfremd.

Letztlich kann dies aber alles dahinstehen, Das Gutachten des gerichtsbekannt kompetenten Sachverständigen pp., dessen Ausführungen von den Parteien nicht angegriffen werden, hat festgestellt, dass die Beschädigungen an dem Fahrzeug mittels eines Latthammers verursacht werden sind. Soweit der Kläger dies wiederum einem gezielt agierenden Feind zuschreibt, spricht dagegen bereits der erwähnte Umstand, dass es mehr als unwahrscheinlich ist, dass ein mit einem Latthammer ausgerüsteter „Feind“ hinter dem Kläger herreist, um die fraglichen Schäden an dessen Fahrzeug anzubringen. Wie der Sachverständige weiter nachvollziehbar ausgeführt hat, spricht gegen einen zufälligen Vandalen, dass die Hammerschläge — wie die Versuche gezeigt haben — einen „Höllenlärm“ verursachen, was an einem öffentlichen Platz sicherlich aufgefallen wäre. Der Sachverständige pp. kommt ferner zu dem Ergebnis, dass auf sämtlichen Blechteilen – mit Ausnahme der Motorhaube — jeweils nur ein Schlag platziert worden ist, was einerseits die Instandsetzung und Neulackierung des gesamten Teils begründet, tatsächlich aber mit einem Minimum an Instandsetzungsarbeit bewältigt werden kann. Am linken Vorderrad ist zudem mit besonderer Sorgfalt und Konzentration gearbeitet worden. Auch hat der Schädiger auffallender weise darauf verzichtet, das Material zu durchschlagen, was eine Instandsetzung des betroffenen Teils unmöglich gemacht hätte. Das Kratzspurenbild an Scheinwerfer und Rückleuchte betrifft nur die Randbereiche, so dass die Funktionsfähigkeit dieser Teile nicht beeinträchtigt ist; dazu passt die weitere vom Sachverständigen bei der Nachbesichtigung getroffenen Feststellung, dass diese Teile auch nicht ersetzt worden sind. Insgesamt lässt das Schadenbild den Schluss zu, dass es dem Verursacher darum ging, den Differenzbetrag zwischen ordnungsgemäß kalkuliertem Schaden und tatsächlich ausgeführter Reparatur zu maximieren.“

 

Vandalismusschaden am Pkw – wie beweist man den? So jedenfalls nicht

© angelo sarnacchiaro - Fotolia.com

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Wenn Vandalismusschäden in der Kfz-Vollkaskoversicherung geltend gemacht werden, werden die Versicherungsgesellschaft mit der Regulierung häufig recht vorsichtig. Sie vermuten dann nicht selten einen fingierten Schadensfall. So auch in einem Fall, in dem der Pkw-Eigentümer von seiner Kfz-Vollkaskoversicherung rund 3.800 € verlangte, weil sein PKW Audi A 4 in dem Zeitraum zwischen dem 28.10. und 2.11.2011, in dem er vor der Garage seiner Schwester, der Zeugin K., abgestellt gewesen sei, durch Vandalismus ringsum zerkratzt worden sei. Der Kfz-Eigentümer hatte mit seiner Klage keinen Erfolg, und zwar weder beim AG noch beim LG. Das LG Duisburg hat nämlich im LG Duisburg, Urt. v. 17.04.2014 – 12 S 61/13 – die Klage abgewiesen. Dazu führt es aus:

Voraussetzung des geltend gemachten Anspruchs ist zunächst, dass der Kläger den vollen Beweis für ein Mindestmaß an Tatsachen erbringen muss, aus denen sich das äußere Bild eines Vandalismusschadens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erschließen lässt. Dazu gehört bei einem angezeigten Fahrzeugdiebstahl der Nachweis, dass das Fahrzeug zu bestimmter Zeit an einem bestimmten Ort abgestellt und dort später nicht mehr vorgefunden worden ist (vgl. BGH VersR 1992, 867 zum fingierten Fahrzeugdiebstahl). Übertragen auf den Vandalismusschaden bedeutet dies, dass der Kläger zur vollen Überzeugung zu beweisen hat, dass er das Fahrzeug zur behaupteten Zeit (28.10.2011) am behaupteten Ort (vor der Garage seiner Schwester) unverkratzt abgestellt und dort später zur angegebenen Zeit (02.11.2011) verkratzt vorgefunden hat. Dies ist im Rahmen der freien Würdigung des Verhandlungsergebnisses zu beurteilen (BGH a.a.O.).

Diesen Beweis hatte der Kläger nach Auffassung des LG aus folgenden Gründen nicht geführt:

  • Gegen einen Vandalismusschaden sprach, dass der Kläger den Schaden nicht bei der Polizei angezeigt hat.
  • Ein weiterer Gesichtspunkt dafür, an der Darstellung des Klägers zu zweifeln, war für das LG, dass der Umfang und die Art der Kratzspuren für einen „normalen“ Vandalismusschaden untypisch waren.
  • Weitere Zweifel ergaben sich daraus, dass der Kläger sich in einer schlechten wirtschaftlichen Lage befand. Im Januar 2011 hatte er die eidesstattliche Versicherung abgegeben, er lebte von Hartz 4.
  • Der zweifelsfreie Nachweis ist schließlich nicht geführt durch die Zeugin K., Schwester des Klägers. Die Zeugin hatte sich zum entscheidungserheblichen Sachverhalt in Widersprüche verwickelt, bevor sie im Berufungsverfahren die Aussage ganz verweigerte.