Ich hatte am 05.04.2011 über den Beschluss des OLG Nürnberg v. 22.02.2011 in 1 Ws 47/11 berichtet, in dem es um die Frage der weiteren Haft im Verfahren nach den §§ 121, 122 StPO ging. Das OLG hatte die U-Haft aufrechterhalten und u.a. damit argumentiert, dass die eingetretene Verfahrensverzögerung nicht so wesentlich sei.
M.E. nicht ganz zutreffend, da es darauf nach der neueren Rechtsprechung des BVerfG nicht (mehr) ankommt. Die Entscheidung schloss mit:
„Unter diesen Umständen ist es bei wertender Betrachtung noch gerechtfertigt, die von den Strafverfolgungsbehörden zurechenbar ausgelöste Verfahrensverlängerung als unerheblich anzusehen und den Freiheitsanspruch der Angeschuldigten auch weiterhin zurücktreten zu lassen. Allerdings werden die Strafverfolgungsbehörden gehalten sein, das weitere Verfahren ohne jede Verzögerung voranzutreiben. Der Senat hat daher beschlossen, bereits in sechs Wochen erneut in eine Haftprüfung einzutreten, um den Fortgang des Verfahrens zu prüfen. Soweit keine besonderen Hinderungsgründe auftreten, wird eine Haftverlängerung danach nur noch dann zu rechtfertigen sein, wenn über die Eröffnung des Hauptverfahrens entschieden und eine Terminsbestimmung erfolgt ist. Bis dahin war die Haftprüfung nach § 122 Abs. 3 S. 3 StPO dem nach den allgemeinen Vorschriften zuständigen Gericht zu übertragen.„
Nun geht das Verfahren weiter. Im Beschl. v. 26.04.2011 – 1 Ws 125-126 H hat das OLG jetzt erneut nach §§ 121, 122 StPO entschieden und hat, trotz der „Selbstbindung“ im Beschl. v. 22.02.2011 erneut Haftfortdauer beschlossen, obwohl über die Eröffnung noch nicht entschieden war. Nun heißt es:
- Entscheidet sich das nach § 202a Abs. 1 Hs. 1 StPO eine Eröffnung erwägende Gericht dazu, mit den Beteiligten in eine Erörterung einzutreten, weil es zutreffend davon ausgeht, dadurch eine Verfahrensförderung herbeiführen zu können (§ 202a S. 1 letzter Hs. StPO), kann darin grundsätzlich kein Verstoß gegen den Beschleunigungsgrundsatz gesehen werden.
- Eine Erörterung nach § 202a S. 1 StPO muss sich dabei nicht auf eine Besprechung der Möglichkeiten und Umstände einer Verständigung im Hauptverfahren beschränken.
- Wird eine Erörterung des Verfahrensstandes nach § 202a S. 1 StPO durchgeführt, muss das Gericht dafür Sorge tragen, dass alle anstehenden Fragen beantwortet und greifbare Ergebnisse erzielt werden. Erörterungstermine sind daher so zu gestalten, dass im Anschluss umgehend über die Eröffnung entschieden und die Hauptverhandlung anberaumt werden kann. Dabei kann auch die Klarheit schaffende Feststellung, dass derzeit keine konsensuale Verfahrensgestaltung erreichbar ist, ein das Verfahren förderndes Ergebnis sein.“
Nun ja, das kann bzw. muss man hier sogar anders sehen. Denn mit fortschreitender Dauer der U-Haft überwiegt der Freiheitssanspruch des Betroffenen das staatliche Interesse an Verfahrenssicherung immer mehr, zumal, wenn – wie offenbar hier – die Kammer nicht über die Eröffnung befindet. Das OLG sieht das anders und hat eine weitere Nachfrist von sechs Wochen gegeben.