Ich hatte in der vergangenen Woche über den BGH, Beschl. v. 08.01.2019 – VIII ZR 227/17 – berichtet (vgl. VW-Abgasskandal: BGH hat die “Faxen dicke”, oder: VW-Schummelsoftware ist Sachmangel). Der Bericht war aber nur auf der Grundlage der PM des BGH erfolgt.
Inzwischen steht der für eine Veröffentlich in BGHZ vorgesehene BGH, Beschluss online, und zwar mit folgenden Leitsätzen des BGH:
„1a. Ein Fahrzeug ist nicht frei von Sachmängeln, wenn bei Übergabe an den Käufer eine – den Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduzierende – Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 3 Nr. 10 VO 715/2007/EG installiert ist, die gemäß Art. 5 Abs. 2 Satz 1 VO 715/2007/EG unzulässig ist.
1b. Dies hat zur Folge, dass dem Fahrzeug die Eignung für die gewöhnliche Verwendung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB fehlt, weil die Gefahr einer Betriebsuntersagung durch die für die Zulassung zum Straßenverkehr zuständige Behörde (§ 5 Abs. 1 Fahrzeug-Zulassungsverordnung – FZV) besteht und somit bei Gefahrübergang der weitere (ungestörte) Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr nicht gewährleistet ist.
2a. Ob eine gemäß § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB begehrte Ersatzlieferung einer mangelfreien Sache nach Maßgabe des § 275 Abs. 1 BGB unmöglich ist, hängt nicht von der Unterscheidung zwischen Stück- und Gattungskauf, sondern vom Inhalt und der Reichweite der vom Verkäufer vertraglich übernommenen Beschaffungspflicht ab (Bestätigung von BGH, Urteile vom 7. Juni 2006 – VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn. 20; vom 17. Oktober 2018 – VIII ZR 212/17, NJW 2019, 80 Rn. 20 [zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt]).
2b. Bei der durch interessengerechte Auslegung des Kaufvertrags (§§ 133, 157 BGB) vorzunehmenden Bestimmung des Inhalts und der Reichweite der vom Verkäufer übernommenen Beschaffungspflicht ist zu berücksichtigen, dass die Pflicht zur Ersatzbeschaffung gleichartige und gleichwertige Sachen erfasst. Denn der Anspruch des Käufers auf Ersatzlieferung gemäß § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB richtet sich darauf, dass anstelle der ursprünglich gelieferten mangelhaften Kaufsache nunmehr eine mangelfreie, im Übrigen aber gleichartige und – funktionell sowie vertragsmäßig – gleichwertige Sache zu liefern ist (Bestätigung von BGH, Urteile vom 7. Juni 2006 – VIII ZR 209/05, aaO Rn. 23; vom 17. Oktober 2012 – VIII ZR 226/11, BGHZ 195, 135 Rn. 24; vom 24. Oktober 2018 – VIII ZR 66/17, NJW 2019, 292 Rn. 41 [zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt]).
Die Lieferung einer identischen Sache ist nicht erforderlich. Vielmehr ist insoweit darauf abzustellen, ob die Vertragsparteien nach ihrem erkennbaren Willen und dem Vertragszweck die konkrete Leistung als austauschbar angesehen haben (Bestätigung von BGH, Urteil vom 21. November 2017 – X ZR 111/16, NJW 2018, 789 Rn. 8).
2c. Für die Beurteilung der Austauschbarkeit der Leistung ist ein mit einem Modellwechsel einhergehender, mehr oder weniger großer Änderungsumfang des neuen Fahrzeugmodells im Vergleich zum Vorgängermodell nach der Interessenlage des Verkäufers eines Neufahrzeugs in der Regel nicht von Belang. Insoweit kommt es – nicht anders als sei ein Fahrzeug der vom Käufer erworbenen Modellreihe noch lieferbar – im Wesentlichen auf die Höhe der Ersatzbeschaffungskosten an. Diese führen nicht zum Ausschluss der Leistungspflicht nach § 275 Abs. 1 BGB, sondern können den Verkäufer gegebenenfalls unter den im Einzelfall vom Tatrichter festzustellenden Voraussetzungen des § 439 Abs. 4 BGB berechtigen, die Ersatzlieferung zu verweigern, sofern diese nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist.“
Ich weise dann heute der Volständigkeit halber auf die Entscheidung hier dann auch noch einmal hin.
Wenn ich das alles richtig vestehe 🙂 , handelt sich ja schließlich um Zivilrecht, dann hat der BGH den Sachmangel wegen der Gefahr, dass die Behörden dem Käufer untersagen, sein Auto weiter zu fahren, bejaht. Allerdings verstehe ich den Beschluss auch so, dass es offenbar einen Unterschied machen soll, ob der Pkw nachgerüstet wurde. Im entschiedenen Fall war es ja so, dass der Kläger kein dieser Software-Update hatte aufspielen lassen. Von einer „verminderten Eignung“ geht der BGH aber wohl bei solchen Fahrzeugen aus, „die mit (noch) nicht nachgerüsteten Motoren des Typs EA 189 ausgestattet sind“. Damit stellt sich dann die Frage: Welche Rolle sind den vom KBA angeordneten Software-Updates zuzuordnen? Packen wir es also an 🙂 .