Schlagwort-Archive: Pauschgebühr

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Gehören zu den „Sachakten“ auch die „Beiakten pp.“?

© haru_natsu_kobo Fotolia.com

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Am vergangenen Freitag hatte die Frage des Kollegen: Ich habe da mal eine Frage: Gehören zu den „Sachakten“ auch die „Beiakten pp.“? weiter gegeben. Darauf hatte ich ihm kurz geantwortet:

„Hallo, m.E. sollten Sie es versuchen.

Die Pflicht des Verteidigers, sich einzuarbeiten, bezieht sich auf alle dem Gericht vorliegenden Akten. Dazu gehören auch Beiakten.“

Ich weiß: Im OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.06.2015 – III-3 AR 65/14 ist die Rede von „Einarbeitung in die Ermittlungsakten, die sich bis zum Beginn der Hauptverhandlung auf ca. 35.500 Seiten (95 Sachakten-Stehordner) beliefen„. Aber: Nur ein Versuch macht klug und nur durch einen ensprechenden Antrag erhält das OLG die Möglichkeit, seine Rechtsprechung fortzuschreiben und/oder zu präzisieren. Ich bin gespannt, was daraus wird. Ich räume aber ein: So ganz viel Hoffnung habe ich nicht. Allerdings wird das OLG dann begründen müssen,warum die Einarbeitung in Beiakten pp. keine „Einarbeitung“ i.S. der Nr. 4100 VV RVG ist.

Dem Verteidiger kann man in solchen Fällen nur empfehlen, rein vorsorglich – wenn er nicht alle Beiakten gelesen hat – festzuhalten, in welche er sich eingearbeitet hat und dazu dann entsprechend bei der Pauschgebührenantragstellung vorzutragen.

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Kann/muss das OLG ungleiche Pauschgebühren ausgleichen?

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Die Frage vom vergangenen Freitag: Ich habe da mal eine Frage: Kann/muss das OLG ungleiche Pauschgebühren ausgleichen? – war nicht neu bzw. das Porblem war nicht neu. Die Problematik hatte nämlich die OLG auch schon ab 2004 nach dem Übergang von der BRAGO zum RVG befasst. Daher konnte ich dem Kollegen sehr schnell antworten mit:

„Hallo Herr Kollege Thielemann,

die von Ihnen angesprochen Frage ist in der Rechtsprechung bereits entschieden, allerdings nicht in Ihrem Sinne. Und zwar hat das OLG Hamm in Zusammenhang mit der Problematik Übergang BRAGO/RVG im OLG Hamm, Beschl, v. 22. 9. 2005, 2 (s) Sbd. VIII – 181/05 entschieden: „Sind in einem Verfahren mehrere Pflichtverteidiger tätig, von denen der eine seine gesetzlichen Gebühren nach der BRAGO erhält, der andere aber schon nach RVG, lässt sich eine höhere als die nach der BRAGO angemessene Pauschgebühr für den Rechtsanwalt, der nach BRAGO abrechnet, nicht damit begründen, dass sein Mitverteidiger insgesamt nach dem RVG abrechnet und ihm damit für die gleiche Tätigkeit höhere Gebühren zustehen.“ Sie finden die Entscheidung auf meiner HP .

Die Auffassung vertrete ich auch im RVG-Kommentar und im Gerold/Schmidt. Ist m.E. auch richtig, der OLG Hamm-Beschluss übrigens auch. Ich war damals, wenn ich mich richtig erinnere – BE. Tut mir leid, dass ich keinen besseren Bescheid geben kann. Allerdings: Versuchen Sie doch, bei „Ihrem“ OLG eine andere Entscheidung zu erzielen. Die OLG ziehen ja nicht unbedingt an einem Strang…….“

Burhoff argumentiert nicht „systemkonform“, sondern „systemwidrig“

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„Burhoff argumentiert nicht „systemkonform“, sondern „systemwidrig“? Ja, richtig gelesen. Das ist der Vorwurf/Vorhalt, den ich mir vom Einzelrichter/von der Einzelrichterin des KG im KG, Beschl. v. 02.10.2015 – 1 ARs 26/13 – in einer Gebührensache betreffend eine Pauschgebühr nach § 51 RVG habe machen lassen müssen bzw. der aus dem Beschluss abzuleiten ist. Ausgangspunkt ist ein beim LG Berlin anhängig gewesenes Umfangsverfahren, nach dessen Abschluss die Verteidigerin eines Angeklagten eine Pauschgebühr nach § 51 RVG beantragt hatte. Sie hatte ihren Antrag auf die Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG und die Verfahrensgebühr Nr. 4118 VV RVG beschränkt und jeweils eine über die Wahlanwaltshöchstegbühren hinausgehende Pauschgebühr verlangt. Das KG hat eine Pauschgebühr gewährt, diese aber auf die Wahlanwaltshöchstgebühr (nach altem Recht) beschränkt.

In dem Zusammenhang hat das KG dann ausgeteilt, und zwar bei der Frage der Kompensation. Da geht es darum, ob auch bei einem auf einzelne Verfahrensabschnitte beschränkten Pauschgebührenantrag stets im Wege der Gesamtschau zu prüfen ist, ob die dem Verteidiger für seine Tätigkeit im gesamten Verfahren gewährte Regelvergütung insgesamt noch zumutbar ist oder ob ihm wegen besonderer Schwierigkeiten in einem Verfahrensabschnitt mit der dafür vorgesehenen Gebühr ein ungerechtfertigtes Sonderopfer abverlangt wird. Das KG bejaht die Kompensation:

„Der Senat hält an dieser Auffassung fest. Die Zulässigkeit einer Kompensation im Wege der Gesamtschau ist nicht „systemwidrig“ (so aber Burhoff StRR 2012, 458, 459), sondern im Gegenteil systemkonform. Bereits nach dem früheren Recht (§ 99 BRAGO) konnte dem gerichtlich bestellten Rechtsanwalt für das ganze Verfahren „oder für einzelne Teile des Verfahrens“ auf Antrag eine Pauschvergütung bewilligt werden. Auch in letzterem Fall war nach einhelliger Meinung auf eine Gesamtschau aller von dem Rechtsanwalt erbrachten Tätigkeiten abzustellen. Wird der Rechtsanwalt nämlich, wie es der Regelfall ist, für das ganze Verfahren bestellt und in Anspruch genommen, lässt sich die Frage, ob dem Rechtsanwalt mit der gesetzlichen Vergütung ein Sonderopfer für besondere Erschwernisse in einzelnen Teilen des Verfahrens abverlangt würde, nur dann zuverlässig beurteilen, wenn man nicht nur diese einzelnen Verfahrensteile, sondern die gesamte Inanspruchnahme des Rechtsanwalts in den Blick nimmt. An diesem Grundgedanken hat sich nichts dadurch geändert, dass nunmehr nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz für das ganze Verfahren „oder für einzelne Verfahrensabschnitte“ auf Antrag eine Pauschgebühr zu bewilligen ist. Dies gilt umso mehr als der Gesetzgeber, was verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist (vgl. BVerfG NJW 2007, 3420), die Bewilligung einer Pauschgebühr nach § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG von dem zusätzlichen Merkmal der Unzumutbarkeit abhängig gemacht hat, welches den Anwendungsbereich des § 51 Abs. 1 RVG zugleich einschränken und den Ausnahmecharakter dieser Regelung zum Ausdruck bringen soll (vgl. BT-Drucks. 15/1971, S. 291). Die Pauschgebühr soll dem Rechtsanwalt keinen zusätzlichen Gewinn bringen, sondern lediglich besondere Härten ausgleichen (vgl. Hartmann, Kostengesetze 45. Aufl., § 51 RVG Rdn. 2).“

Na ja, mir ist ja in Zusammenhang mit dem RVG und Anwaltsgebühren schon viel vorgeworfen worden, aber, dass ich „systemwidrig“ argumentiere, noch nicht. Und dann schon gar nicht dann, wenn m.E. derjenige, der den Vorwurf erhebt, selbst „systemwidrig“ handelt 🙂 , wenn er die Kompensation zulässt. Denn aus der Gesetzesbegründung zu § 51 RVG (BT-Drucks. 15/1971 S. 201) folgt eindeutig,  dass es bei der verfahrensabschnittsweisen Beantragung einer Pauschgebühr bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 51 RVG immer auch nur auf diesen Verfahrensabschnitt und die in ihm erbrachten Tätigkeiten ankommen kann. Alles andere führt dazu, dass „Birnen mit Äpfeln“ verglichen werden, bzw.: Man negiert (auch) den Willen des Pflichtverteidigers, der sich mit den gesetzlichen Gebühren für andere Verfahrensabschnitte zufrieden gibt und sie als zumutbar ansieht. Etwas anderes folgt auch nicht aus der vom KG in dem Zusammenhang bemühten Entscheidung des BVerfG NJW 2007, 3420. Denn deren Grundsätze sind bei einer verfahrensabschnittsweise beantragen Pauschgebühr auf den Verfahrensabschnitt zu beschränken, der auf dem Prüfstand stand.

Aber so weit, so gut. Ich bin mir im Übrigen darüber im Klaren, dass ich das KG nicht überzeugen kann. Wer kann schon ein OLG von einer einmal gefassten Meinung abbringen? 🙂 Damit muss ich leben. Das KG muss aber m.E. damit leben, dass ihm nun selbst vorgehalten wird, „systemwidrig“ zu entscheiden. Die antragstellende Rechtsanwälting muss schließlich mit und von der gewährten Pauschgebühr leben, auch das wird sie wahrscheinlich überleben. Womit sie aber an sich nicht leben müssen sollte ist, dass über ihren Antrag offenbar erst nach gut zwei Jahren entschieden worden ist. Das lässt sich m.E. unschwer aus dem Aktenzeichen „1 ARs 26/13“ erkennen. Warum es so lange gedauert hat, erschließt sich aus dem vorliegenden Beschluss nicht. Aber vielleicht hat das KG ja so lange gebraucht, um zu erkennen, was nach seiner Ansicht „systemkonform“ oder aber „systemwidrig“ ist. M.E. ist das aber ganz einfach.

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Haben Fahrtzeiten Auswirkungen bei der Pauschgebühr?

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Hier dann die Lösung zu der Frage, die keine Frage war, nämlich zu Ich habe da mal eine Frage: Haben Fahrtzeiten Auswirkungen bei der Pauschgebühr? Zur Lösung verweise ich auf den BGH, Beschl. v. 01.06.2015 – 4 StR 267/11. Ergangen ist er in einem beim BGH anhängigen Revisionsverfahren. Da war der aus Dortmund stammende Verteidiger durch Verfügung des Vorsitzenden des 4. Strafsenats des BGH als Verteidiger für die Hauptverhandlung vor dem BGH bestellt worden. Gegenstand des Verfahrens war eine Revision der Staatsanwaltschaft. Der Verteidiger hat an der Revisionshauptverhandlung vom 11.08.2011 teilgenommen. Diese dauerte von 9.15 Uhr bis 10.10 Uhr. In der Zeit von 9.40 Uhr bis 10.00 Uhr war die Sitzung unterbrochen. Der Rechtsanwalt hat dann später beantragt, ihm für die Wahrnehmung des Hauptverhandlungstermins gem. § 51 RVG eine Pauschgebühr zu bewilligen, weil für ihn ein zweitägiger Aufwand erforderlich gewesen sei, um den Termin wahrnehmen zu können. Das gesetzliche Abwesenheitsgeld reiche für eine Abgeltung nicht aus. Der Antrag hatte keinen Erfolg. Dazu der BGH:

„…..Entscheidend ist, ob die konkrete Straf-sache selbst umfangreich war und infolge dieses Umfangs eine zeitaufwändige-re, gegenüber anderen Verfahren erhöhte Tätigkeit des Verteidigers erforderlich geworden ist. Dabei ist nur der Zeitaufwand berücksichtigungsfähig, der allein aus verfahrensbezogenen Tätigkeiten des Pflichtverteidigers herrührt, nicht hin-gegen solcher, der seinen Grund in nur verteidigerbezogenen/persönlichen Umständen hat (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 24. August 2010 – 1 AR 2/09, Rn. 18 zitiert nach juris; OLG Hamm, NStZ 2007, 343).

b) Gemessen daran erscheinen dem Senat die gesetzlichen Gebühren als angemessen und ausreichend. Die rechtlich nicht schwierige Strafsache hatte keinen besonderen Umfang. Dass die Wahrnehmung des Hauptverhand-lungstermins für den Verteidiger mit einem erheblichen Zeitaufwand verbunden war, ändert daran nichts. Sie beruht auf in seiner Person liegenden Umständen und wird durch den Anspruch auf Erstattung der entstandenen Fahrt- und Übernachtungskosten sowie auf Zahlung eines Tages- und Abwesenheitsgel-des ausgeglichen (Nr. 7003 ff. VV zu § 2 Abs. 2 RVG), der von dem Verteidiger offensichtlich auch geltend gemacht worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 20. März 2002 – 4 StR 225/00 zu § 99 BRAGO; OLG Nürnberg, Beschluss vom 30. Dezember 2014 – 2 AR 36/14, Rn. 42 zitiert nach juris; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 24. August 2010 – 1 AR 2/09, Rn. 18 zitiert nach juris; OLG Hamm, NStZ 2007, 343; Kroiß in: Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl., § 51 Rn. 23 Stichwort Reisekosten; Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 3. Aufl., § 51 Rn. 99). Dass die Nichtberücksichtigung des erforderlichen Zeitaufwands für die Anreise zum Gerichtsort bei der Bemessung des Umfangs der Sache nach § 51 RVG zu einer Überschreitung der von Verfassungs wegen zu beachtenden Zumutbarkeitsgrenze führt, ist weder dargetan noch ersichtlich (vgl. BVerfG, NJW 2005, 1264, 1265).“

Dazu: Nach dem ersten Überfliegen des BGH-Beschlusses war ich erstaunt. Allerdings nicht über den BGH und dass er erneut/schon wieder, was m.E. unzutreffend ist, verlangt, dass für die Bewilligung einer Pauschgebühr die anwaltliche Mühewaltung „sich von sonstigen – auch überdurchschnittlichen Sachen – in exorbitanter Weise abheben“ müsse (vgl. dazu und zur Kritik an dieser Auffassung BGH StRR 2014, 198 = RVGreport 2014, 269). Nein, eher über den Verteidiger, der in einem Verfahren, in dem die Revisionshauptverhandlung netto 35 Minuten gedauert hat, eine Pauschgebühr beantragt hat. Dass das keinen Erfolg haben würde, dürfte m.E. auf der Hand gelegen haben. Der Antrag lässt sich, wenn überhaupt, nur mit den vom Verteidiger angeführten erheblichen Fahrt-/Abwesenheitszeiten rechtfertigen. Aber auch insoweit ist offenbar die h.M. in der Frage übersehen worden. Die geht nämlich dahin, dass Fahrtzeiten, wenn überhaupt, im Pauschgebührenverfahren erst dann Berücksichtigung finden, wenn aus anderen Gründen eine Pauschgebühr zu bewilligen war (vgl. zum Meinungsstand Burhoff in: Burhoff (Hrsg.), RVG Straf- und Bußgeldsachen, 4. Aufl. 2015, § 51 Rn. 134 f.; der BGH zitiert leider nur die 3. Aufl. 2012). Das war hier aber mit Sicherheit nicht der Fall, so dass der BGH die weitere Frage, ob die Fahrzeiten ggf. aber bei der Bemessung einer an sich zu gewährenden Pauschgebühr herangezogen werden können (vgl. dazu u.a. OLG, a.a.O.; weitere Nachw. bei Burhoff/Burhoff, RVG, 4. Aufl. § 51 Rn. 135).

Alles in allem mein Rat/Hinweis: Vielleicht sollte man doch vor einem Pauschgebührenantrag einen Blick in die einschlägige Rechtsprechung werden. Denn schnell gilt bei solchen Verfahren wie diesen der Satz: Bad case makes bad law. Das ist in meinen Augen hier gerade noch einmal gut gegangen.

Ich habe da mal eine Frage: Haben Fahrtzeiten Auswirkungen bei der Pauschgebühr?

© AllebaziB - Fotolia

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Nun, es ist keine Frage, die an mich in der letzten Zeit konkret gestellt worden ist, Anlass für diese Posting. Aber doch eine Problematik, die auf Fortbildungen in Zusammenhang mit der Pauschgebühr (§ 51 RVG) immer wieder eine Rolle spielt. Nämlich die Frage danach, ob Fahrtzeiten, die der Pflichtverteidiger aufgewendet hat, bei der Bewilligung/Bemessung der Pauschgebühr eine Rolle spielen oder nicht?

Also die Frage: Kann das Verfahren ggf. dadurch „besonders umfangreich“ i.S. des § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG werden, dass der Pflichtverteidiger längere Zeit aufwenden muss, um zum Gerichtsort zu kommen? Wie gesagt, an sich ein schon etwas älterer Hut, aber eben immer wieder getragen/nachgefragt.